Den Artikel im Wall Street Journal könnte man fast für einen Aprilscherz halten. Jedenfalls werden alle wichtigen Schlagworte angesprochen: Ein Laser, das mittlerweile doch recht angestaubte amerikanische SDI-Raketenabwehrsystem (besser unter dem Namen “Star Wars-Programm” bekannt), Bauteile von eBay, und ein griffiger Name: WMD, Weapon of Mosquito Destruction.

Es geht um ein ehrgeiziges Projekt, mit dem Malaria bekämpft werden soll, und über das ich heute zum Welt-Malaria-Tag scheiben will, der von Roll Back Malaria organisiert wird: Die Entwicklung eines Lasers, der gezielt Moskitos abschießt. Aufgestellt vor einem Haus oder auf einem Dorfplatz soll er wie ein virtuelles Mückennetz die Moskitos von den Menschen fernhalten.

Das Funktionsprinzip ist dabei recht einfach zu verstehen: Man benötigt Taschenlampen, einen reflektierenden Hintergrund, eine Digitalkamera, einen Computer und eben den Laser. Die Taschenlampen erzeugen einen Schatten auf dem Hintergrund, wenn ein Moskito davor vorbeifliegt. Dieser Schatten wird von der Kamera erfasst, und der Computer berechnet daraus – mit Hilfe von SDI entwickelten Technologien – die Positionsinformation, auf die der Laser dann schießt. Und treffen kann er die Moskitos, das wurde in einer Präsentation vor kurzem vorkegführt. Irgendwann sollen dann pro Laser über eine Milliarde Moskitos in jeder Nacht abgeschossen werden.

Zumindest über finanzielle Probleme muss sich das Projekt keine Sorgen machen. Geleitet wird es von der Firma Intellectual Ventures LLC., deren Chef Nathan Myhrvold früher Manager bei Microsoft war. Die Gates-Stiftung steht darum auch hinter dem Projekt. Auch die wissenschaftliche Betreuung ist überraschen interdisziplinär. Neben einem Entomologen mit Erfahrung in der Arbeit mit Moskitos und zwei Astrophysikern ist auch Lowell Wood mit an Bord, der in den 1980ern den ursprünglichen Plan für das SDI-Projekt entwarf, mit Hilfe von Lasern sowjetische Raketen abzufangen.

Doch selbst wenn das System so gut funktioniert, wie es von seinen Entwicklern angepriesen wird, gibt es noch einige Probleme, bis es wirklich einsatzbereit ist. Nur eines von den vielen, die mir einfallen, kommt im Artikel zur Sprache: Wie wählt man die Energie aus, mit der der Laser schießt? Man will schließlich zwar die Stechmücken töten, aber nicht Menschen gefährden. Besonders die Netzhaut im Auge ist aber sehr empfindlich! Der Vorschlag eines der Forscher, mit geringeren Energien die Moskitos nicht zu töten, sondern nur durch Beschießen der Augen zu blenden, halte ich für wenig sinnvoll. Schließlich ist bereits bekannt, dass Stechmücken ihre Nahrungsquelle vor allem über den Geruchssinn finden!

Leider wird in dem WSJ-Artikel überhaupt nicht auf das Problem eingegangen, dieses Lasersystem mit Energie zu versorgen. Die Lampen, die Kamera, der Computer und auch der Laser benötigen alle Strom, der zur Einsatzzeit in der Nacht nicht von Solarzellen geliefert werden kann. Bedenkt man die möglichen Einsatzorte eines solchen Geräts, dann scheidet ein vorhandenes Stromnetz in den meisten Fällen auch aus. Für diesen Laser müsste also eine mobile Energieversorgung gleich mitgeliefert werden.

Wie sieht es mit der Evolution aus? Wir hatten gerade erst vor ein paar Tagen den Fall, dass in einem Fachartikel ein neuer Ansatz als “evolution-proof” bezeichnet wurde. Es ist zwar zunächst schwer vorstellbar, wie Stechmücken eine Möglichkeit um eine solche technologische Lösung herum entwickeln sollten (im Gegensatz zu direkteren Ansätzen wie Pestiziden), aber hier greift dann wohl die zweite einer Reihe von Regeln, die der britische Chemiker Leslie Orgel aufstellte:

Evolution is cleverer than you are.

Zumindest schießt der Laser nicht einfach alles ab, was ihm vors Rohr fliegt. Anhand der Silhuette kann das System beispielsweise zwischen Stechmücken und Schmetterlingen unterscheiden. Es ist sogar möglich, männliche und weibliche Moskitos aufgrund des Flügelschlags zu unterscheiden. Da nur Weibchen Blut saugen und damit Krankheiten übertragen, könnte der Eingriff in die Stechmückenarten weiter reduziert werden.

Weitere Blogartikel zum Welt-Malaria-Tag gibt es übrigens heute in einem Blogkarneval. Auf einer Übersichtsseite beim Fischblog werden alle relevanten Posts gelistet. Hier auf den Scienceblogs sind bereits Artikel auf Diax’s Rake und Zoon Politikon erschienen

Kommentare (11)

  1. #1 rolak
    April 25, 2009

    Ich muß eingestehen, an gewissen sommerlichen Abenden eine derartige Applikation bis zu einem gewissen Punkt [dem Einschlafen ;] durchkalkuliert zu haben. Allerdings eher wegen des nervtötenden Sirrens, nicht wg eventueller Infektionen.

    Und eindeutig als Hirngespinst (wenn auch ein verlockendes) klassifiziert.

  2. #2 Jörg Friedrich
    April 25, 2009

    Na wenn man nur die Weibchen abschießt, dann überleben ja die Hälfte der Mücken, dann wird das Überleben der Art ja nicht gefährdet 😉

  3. #3 Patrick
    April 25, 2009

    Gemein.
    Kann man sich nicht einfach mit Autan einreiben und die armen Insekten leben lassen?!

    Der Mensch mit seinen Dramen. Erinnert mich ein wenig an Personen, die ohne einen tragbaren DVD- Player für den Sommerurlaub nicht überleben können.

    Hauptsache mit NASA- Technik ein Insekten- Abwehrsystem entwickeln, tz tz.

  4. #4 Frank Quednau
    April 25, 2009

    Habe mir oft schon so ein System vorgestellt – jetzt lasse ich es mir auch nicht kaputtreden. Also, her damit, und wenn die Evolution Moskitos hervorbringt, die dem Laser ausweichen können, dann sollten wir dem Traum vom Überlichtflug auch ein Schritt näher sein!

  5. #5 Andreas
    April 26, 2009

    Malaria tötet Millionen -wenn auch noch nicht bei uns. Also: Ausprobieren!
    Alle 30 Sekunden stirbt ein Kind an Malaria.

    Für den Nachtbetrieb gibt es Akkus. Wenn man ausschließlich über 2,5 m Höhe zielt
    dürften auch evtl. Kollateralschäden vernachlässigbar sein (Im Vergleich zum Nutzen). Um eine Mücke zu killen, braucht es nicht allzu viel Energie. Wenn es gut funktioniert, wäre es allemal gesünder als DDT, welches nach wie vor gegen Malaria aufgrund seiner Wirksamkeit bevorzugt wird.

  6. #6 Alexander Knoll
    April 27, 2009

    @Patrick:
    Sollte dieses System funktionieren (und daran hab ich wie gesagt meine Zweifel), dann wäre es sicher eine große Verbesserung gegenüber Hämmern wie DDT, wo auf riesigen Flächen nicht nur Moskitos getötet werden. Und bei den Zahlen zu Malaria (siehe Kommentar von Andreas) geht das Überleben von Menschen vor dem der Moskitos.

    @Andreas:
    Einsatzort dieser Geräte wären Orte, wo noch nicht mal genug Energie vorhanden ist, um nachts ein wenig Beleuchtung zu schaffen, oder ein kleines Radio zu betreiben. Dies könnte auch mit Akkus bewerkstelligt werden, es klappt aber momentan trotzdem nicht. Leider, denn eine grundlegende Energieversorgung würde nicht nur diesem Lasersystem helfen, sondern die Lebensqualität der Menschen allgemein erhöhen.

  7. #7 Ronny
    Mai 8, 2009

    Die Idee hatte ich auch schon mal, abr ich denke, dass man trotzdem eine ziemlich hohe Energiemenge braucht um einen Laser zu bekommen der eine Mücke braten kann. Ob man da mit Akkus weit kommt ist die Frage. Wo treiben sich die Biester eigentlich tagsüber rum ?

    Kollateralschäden sollte es keine geben wenn man den Laser auf das Ziel fokussiert. Dann ist er auf seinem Weg bis zu einer gewissen Distanz eher ungefährlich.

    Aber wärs nicht einfacher mit einem Duft-Lockmittel und anschließendem Schredder ? Oder eine Spinnenfarm ? Bei mir im Keller gibts kaum Mücken 🙂

  8. #8 Dietmar
    Mai 27, 2009

    Ach du meine Güte. Abgesehen davon, dass ich den Gedanken schon sehr gewöhnungsbedürftig finde, bin ich immer wieder überrascht, auf was für Ideen denn man so kommen kann. Appropos ehemaliges Star Wars Projekt. Bei der Militärtechnik darf immer von einem gewissen Anteil an Kolloteralschaden einreichnen. Wie sicher könnte den das überhaupt sein? Oder müsste man bis zum Horizont absperren? Fragen über Fragen… 😉

  9. #9 Michael
    Juni 19, 2009

    Wo gibts den das Ding ?Intressiere mich dafür.

  10. #10 Alexander
    Juni 21, 2009

    @Michael:
    Soweit ich weiß gibt es bisher nicht mehr als diesen einen Prototyp.

  11. #11 Patrick
    Juni 21, 2009

    Kann man das Teil auch so einstellen, dass es den unliebsamen Nachbarn oder Vermieter abknallt, wenn er zu nahe an die Wohnungstüre kommt, und es dann auf einen technischen Fehler des Gerätes schieben?
    Wenn ja, würde ich mich auch dafür interessieren…