All diese Themen werden in der Doku wunderbar unaufgeregt präsentiert, auch wenn hin und wieder auch hier das nervige “Gott spielen” fällt. Bei Themen zwischen Östrogenen im Abwasser, sequenzierten Neandertalergenomen und geklonten Mammuts wirds jedenfalls nicht langweilig!
]]>Das Video stammt dieses mal vom Max Planck Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen, genauer von der Gruppe von Detlef Weigel. Die Leute dort machen nicht nur sehr spannende (und sehr erfolgreiche!) Forschung, sie sind auch sehr offen für neue Medien. Detlef Weigel ist jedenfalls einer von wenigen deutschen Biologen mit eigenem Twitter Account. Folgen lohnt sich!
]]>Wer erinnert sich noch an die Nacktmulle, die keinen Krebs bekommen? Das war eine spannende Geschichte, und nicht nur weil es um Nacktmulle ging (ich gestehe, ich finde Nacktmulle großartig und jede Meldung über sie spannend). Jetzt sieht es so aus, als ob dieses kein Krebs bekommen mit der Lebensweise der Nacktmulle zu tun hat. Es gibt jedenfalls ein neues Paper, das sich mit Blindmäusen beschäftigt, die entfernte Verwandte der Nacktmulle sind. Entfernt bedeutet, dass beide zwar Nagetiere sind, Nacktmulle aber näher mit Meerschweinchen und Blindmäuse näher mit “normalen” Mäusen und Ratten verwandt sind. Das ist wichtig, weil Nacktmulle und Blindmäuse sehr ähnliche Lebensweisen haben, diese aber sehr wahrscheinlich unabhängig voneinander entwickelt haben. Ihre jeweils nächsten Verwandten haben schließlich ganz andere Lebensweisen. Sowohl Nacktmulle als auch Blindmäuse verbringen praktisch ihr gesamtes Leben in selbst gegrabenen Tunnels. Das hat gewisse Vorteile, denn sie sind vor vielen Raubtieren geschützt, die sich an der Erdoberfläche rumtreiben, zudem ist das Wetter da unten besser vorhersehbar. Das Problem in diesen Tunnels ist aber, dass der Sauerstoff meistens sehr knapp ist. Und das ist ein großes Problem, denn der Körper leidet stark, wenn dauerhaft sehr wenig Sauerstoff zur Verfügung steht. Das bedeutet, dass sich die Körper von Nacktmullen und Blindmäusen evolutionär an eine solche Situation anpassen mussten.
Eine Anpassung an dieses dunkle, sauerstoffarme Leben könnte überraschenderweise ein langes, krebsfreies Leben sein [1]! Nagetiere leben in der Regel nicht lange; Mäuse und Ratten, die nahe mit Blindmäusen verwandt sind, haben eine maximale Lebensspanne von 4 Jahren unter Laborbedingungen. Blindmäuse können dagegen bis zu 21 Jahre lang leben. Ähnlich ist es auch bei Nacktmullen, von denen Tiere mit 28 Jahren bekannt sind. Vor ein paar Jahren wurde außerdem festgestellt, dass Nacktmulle keinen Krebs bekommen, oder dass zumindest in einer großen Zahl von unter Laborbedingungen gehaltenen Nacktmullen bei keinem einzigen Tier ein Tumor diagnostiziert wurde. Das ist beachtlich, denn Mäuse und Ratten sind sehr krebsanfällig – Krebs kann die Todesursache von bis zu 90% der Tiere von manchen Stämmen sein. Nun wurde in einem neuen Paper von Vera Gorbunova und Kollegen auch für Blindmäuse das Fehlen von Krebs beschrieben. Laut den Forschern haben sie in über 40 Jahren der Beobachtung bei mehreren tausend Tieren kein einziges mit einem Tumor gefunden.
Also gut, Nacktmulle und Blindmäuse sind also resistenter gegen die Entstehung von Krebs. Das ist ja ganz interessant, aber wir wissen ja seit 2009, wie das bei den Nacktmullen funktioniert. Wieso ist das jetzt bei den Blindmäusen wieder eine Meldung wert? Ganz einfach, weil die Blindmäuse während ihrer Evolution eine komplett andere Lösung für das Problem gefunden haben als Nacktmulle. Beide Lösungen haben zunächst mit der Begrenzung von Zellwachstum zu tun, denn das ist eine der Grundeigenschaften von Krebszellen: Sie wachsen, also teilen sich unkontrolliert. Wenn ich das verhindern kann, verhindere ich die Entstehung von Tumoren. Bei den Nacktmullen funktioniert das so, dass deren Zellen kontaktscheu sind. Wenn man Nacktmullzellen in einer Petrischale wachsen lässt, dann werden mit der Zeit aufgrund der Zellteilung immer mehr Zellen auf gleichem Raum sein. Die Zellen werden also immer mehr andere Zellen direkt berühren. Ab einer gewissen Zelldichte stellen die Nacktmullzellen dann einfach die Teilung ein.
Die Blindmäuse machen das ein wenig anders. Auch hier haben die Forscher Zellen der Blindmäuse sich in einer Petrischale teilen lassen. Auch hier nahm die Zelldichte zunächst zu, sogar viel höher als sie es bei Nacktmullzellen je wird. Doch anstatt sich irgendwann einfach nicht mehr zu teilen, starben alle Zellen in der Petrischale gleichzeitig ab. Das ist natürlich auch eine Lösung, die Tumorbildung zu verhindern – wenn die Zelle anfängt, sich mehr zu teilen als sie soll, muss sie sterben. Das ungewöhnliche bei den Blindmauszellen ist, dass das alle Zellen in einer Petrischale gleichzeitig machen, was so bei den Zellen anderer Nager nicht passiert. Eine gleichzeitige Reaktion aller Zellen deutet darauf hin, dass die Zellen ein Signalmolekül abgeben, das alle anderen Zellen anregt, abzusterben. Und die Forscher haben tatsächlich herausgefunden, dass kurz vor dem gleichzeitigen Absterben der Zellen das Signalmolekül beta-Interferon (das man eher von Immunreaktionen her kennt) in großen Mengen produziert wird.
Warum sollte uns interessieren, was so komische kleine haarige Viecher in ihren muffigen Tunnels anstellen? Wir haben doch schon so viel über Krebs herausgefunden, nur mit Mäusen und Ratten! Nun, die Erstautorin des Papers Vera Gorbunova hat da ein gutes Argument: Die sehr krebsanfälligen Mäuse und Ratten sind sehr praktisch, um zu verstehen, welche Vorgänge zur Entstehung von Krebs führen. Wenn ich aber lernen will, wie Krebs verhindert wird, sollte ich vielleicht besser in Tieren nachsehen, die keinen Krebs bekommen.
Gorbunova V, Hine C, Tian X, Ablaeva J, Gudkov AV, Nevo E, Seluanov A. Cancer resistance in the blind mole rat is mediated by concerted necrotic cell death mechanism. Proc Natl Acad Sci U S A. 2012 Nov 5.
[1] Ich bin selbst skeptisch, bei 2 Tierarten gleich so zu verallgemeinern. Es sind aber nunmal zwei sehr auffällige Eigenschaften – hohes Alter, kein Krebs – die sich unabhängig voneinander in 2 Arten entwickelt haben. Und diese 2 Arten teilen eine Anpassung an einen hypoxischen Lebensraum. Es ist zur Zeit nur eine Korrelation, aber mehr haben wir aktuell nicht. Man sollte also nachsehen, wie das mit anderen Tierarten in ähnlichen hypoxischen Lebensräumen ist, z. B. dem Maulwurf.
]]>Ich arbeite mich gerade für eine neue Vorlesung, die ich im Februar halten soll, durch das Buch “The Origins of Genome Architecture” von Michael Lynch. Im Grunde geht es darin um eine Bestandsaufnahme, was sich alles für Elemente in den Genomen von Eukaryoten (das ist die Gruppe Lebewesen mit einem Zellkern in ihren Zellen, einschließlich den Menschen, aber ausschließlich den beiden Arten von Bakterien) befinden, wie groß ihr Anteil ist und am wichtigsten, warum das so ist. In anderen Worten, was ist der evolutionäre Grund, dass es diese Elemente in dieser Form und Anzahl gibt. Nicht unbedingt ein populärwissenschaftliches Buch, aber sehr empfehlenswert für die mitlesenden Molekularbiologen. Jedenfalls stellt Lynch recht weit vorne die Frage, wie viel DNA insgesamt überhaupt auf der Erde ist. Das ist ganz sicher ein Fermi-Problem, denn wir müssen schon schätzen, wenn es darum geht, wie viele verschiedene Arten von Eukaryoten es überhaupt auf der Erde gibt. Dann noch, wie viele Individuen pro Art, wie viele Körperzellen pro Individuum und wie viel DNA pro Zelle! Es läuft also tatsächlich darauf heraus, dass wir diese Zahlen schätzen müssen. Glücklicherweise müssen wir aber nicht raten, denn für alle diese Zahlen gibt es zumindest einigermaßen zuverlässige Schätzungen aus der wissenschaftlichen Literatur, die Lynch auch zitiert (ich verzichte hier darauf, wer Details für eine bestimmte Zahl möchte kann ja in den Kommentaren fragen).
Legen wir mal los mit der Frage, wie lang die DNA eigentlich ist. Manche von euch haben vielleicht schon mal gehört, dass in jeder menschlichen Körperzelle rund 2 Meter an DNA enthalten sind. Das lässt sich ganz einfach berechnen wenn man weiß, wie lang ein Baustein in der DNA, eine Base, ist und wie viele wir davon im Genom besitzen. Nun, eine Base hat eine Länge von 0,34 nm, oder 3×10-10 m. Zählt man die Anzahl an Basen in allen unseren Chromosomen zusammen, kommt man auf etwas mehr als 3 Milliarden Basen, oder 3×109. Das ergibt dann netterweise für die Gesamtlänge genau (naja, fast…) einen Meter. Da wir allerdings jedes Chromosom doppelt haben (eins von der Mutter, eins vom Vater) haben wir tatsächlich in jeder unserer Zellen 2 Meter DNA! Allein das ist schon extrem spannend, da die durchschnittliche Größe unserer Zellen nur 10 bis 100 µm beträgt [1]!
Wir haben also pro Zelle 2 m DNA – wieviel macht das auf den gesamten Menschen aus? Eine konservative Schätzung geht von rund 1013 Zellen im menschlichen Körper aus, also kommen wir auf 2×1013 m, oder 2×1010 km, was ungefähr 130 mal der Abstand zwischen der Erde und der Sonne ist! Bei fast 7 Milliarden Menschen kommen wir für die gesamte Menschheit darum auf rund 1020 km an DNA (Bei so großen Zahlen wird es unsinnig, die Vorfaktoren noch mitzurechnen). Jetzt wird es aber spannend, denn wir wollen ja nicht nur die Länge der DNA der Menschheit, sondern von allen Eukaryoten wissen. Es gibt schätzungsweise 10 Millionen Arten von Eukaryoten, von denen wir bisher ungefähr 1/6 wissenschaftlich beschrieben haben. Die durchschnittliche Größe eines eukaryotischen Genoms beträgt ungefähr 1% des menschlichen Genoms. Wenn wir jetzt von gleich vielen Individuen pro Art ausgehen (was tatsächlich sogar eine ganz brauchbare Annahme ist), dann sollten alle Eukaryoten ohne Menschen ungefähr 105 mal mehr DNA besitzen als die Menschheit, also rund 1025 km.
Michael Lynch bleibt in seinem Text vorsichtig, weil wir bei jeder dieser Zahlen um 1-2 Größenordnungen daneben liegen könnten, und geht für die Eukaryoten insgesamt von 1025 km DNA-Länge aus. Doch selbst das ist eine unvorstellbar lange Strecke. Umgerechnet entspricht dies 1012 Lichtjahren, oder ungefähr 11 Mal der Durchmesser des beobachtbaren Universums [2]!
Das ist natürlich eine riesige Zahl, vor allem wenn man bedenkt, dass wir auf der Erde neben den Eukaryoten auch noch jede Menge Prokaryoten (die Bakterien) haben, die wohl auch noch ungefähr 1024 km DNA beisteuern, und die Viren mit rund 1022 km.
Was mich gerade interessiert (vielleicht möchte das ja jemand in den Kommentaren durchrechnen): Haben wir durch die molekular- und zellbiologische Forschung der letzten rund 50 Jahre wahrnehmbar etwas an den Größenordnungen ändern können? Wieviel DNA ist in den kultivierten und weggefrorenen Zelllinien? Wieviel “nackte” DNA schlummert in den Eppis dieser Welt in Gefrierschränken? Wenn man bedenkt, dass alleine von einer gängen Zellkulturlinie, den HeLa-Zellen, wahrscheinlich rund 20 Tonnen kultiviert wurden, erscheint mir das gar nicht so abwegig…
[1] Wie so viel DNA in so eine kleine Zelle passt ist ein Thema für einen anderen Artikel.
[2] Sagt jedenfalls Wolfram Alpha, falls die Astronomen damit ein Problem haben bitte melden!
Nachdem die Arbeit abgegeben war, wurde es allerdings nicht besser mit dem Bloggen, über mehrere Monate habe ich ein paar Posts erzwungen, dann war endgültig Schluss. Ich glaube, ein wichtiger Faktor war hier die Änderung in meinem Arbeitsalltag. Als Doktorand habe ich täglich noch viel Zeit im Labor verbracht, habe meine Experimente gemacht und vor allem praktisch gearbeitet. Da war das Bloggen eine nette Abwechslung – mal am Rechner sitzen und ein paar Texte tippen.
Mittlerweile mache ich einen Postdoc, in dem ich nur noch selten selbst ins Labor komme. Da müssen Anträge und Paper geschrieben, Vorlesungen gehalten und Praktika betreut werden. Es kommen Bachelor- und Masterstudenten, deren wissenschaftliche Arbeiten betreut werden wollen. Inzwischen forsche ich auch nicht mehr nur selbst, sondern habe eine kleine Gruppe von technischen Kräften und Doktorandinnen, die zwar glücklicherweise nur wenig Betreuung brauchen. Aber die Kollegen gehen vor. Immer. Das alles bedeutet aber, dass ich sowieso praktisch den ganzen Arbeitstag im Büro am Rechner sitze und irgendwas tippe. Da ist das Bloggen einfach keine Abwechslung mehr, sondern einfach nur eine Verlängerung der Arbeit noch länger in den Abend rein. Es ist tatsächlich eher so, dass ich zur Abwechslung ins Labor gehe.
Dazu kommt, dass ich noch nie ein schneller Schreiber war. Bis ich einen längeren (Blog-)Text geschrieben habe, dauert es. Da ist jede Menge Nachdenken dabei, wie ich etwas schreiben könnte, dann wird es getippt, für nicht gut genug befunden und wieder gelöscht. Bis auf diese Weise ein neuer Post steht, dauert. Und das alles zusammen hat dann dazu geführt, dass ich irgendwann letztes Jahr immer länger gebraucht hab, einen Post zu schreiben. Bis es gar keine große Überwindung mehr war, einfach keinen weiteren zu schreiben. Der letzte war ja sowieso schon so lange her…
Warum will ich jetzt wieder anfangen mit dem Bloggen? An meiner Arbeit hat sich erstmal nichts geändert. Ich habe aber eigentlich nie nur zur Abwechslung von meiner Laborarbeit gebloggt. Es war und ist schon immer wichtig für mich als Wissenschaftler, diese Wissenschaft auch verständlich zu vermitteln. Meine Arbeit wird zum Großteil durch Fördergelder finanziert, die letzten Endes aus Steuergeldern stammen. Auch jemand, der kein Wissenschaftler ist, soll aber nachvollziehen können, was in meinem Eck der Wissenschaft so alles passiert. Und nicht zuletzt: Wissenschaft ist spannend und macht Spaß! Das will ich mit anderen teilen!
Ich werde mit Sicherheit nicht plötzlich täglich einen Post raushauen. Ich will auch gar nicht versprechen, dass es jede Woche einen geben wird. Aber ich will wieder über Wissenschaft schreiben!
]]>Welcome to edition #9 of the MolBio Carnival! If you the third edition of the carnival which I also hosted, you probably wonder why a part of this post is in German. The answer is easy, the German science blogosphere is big and keeps growing, and I want to feature molecular biology-related blog posts here as well! If you speak German, feel free to look around!
If you catch a cold, there is not much you can do but wait till it gets better after a week of coughing and sneezing. Since a cold is caused by viruses, treatment is difficult. Effective drugs like antibiotics just don’t work. Scientists from the Belgian company Ablynx tried a new approach to tackle virus infections: Single-domain antibodies are fragments of the classical antibodies, but they are much smaller. That means they are also much better able to bind to smaller parts of viruses where normal antibodies can’t reach. Michael Scott Long from phased tells us about a study that tested the efficacy of such single-domain antibodies against a number of viruses. It did not only work quite well, they were even able to connect antibodies against different viruses to produces molecules that could recognize multiple targets!
Different types of engineered antibodies. Single-domain antibody on the right, compare the sizes! Source
So I just told you about how great antibiotics are in treating bacteria. Well, I oversimplified. It has been known for some time now that bacteria acquire resistance against antibiotics, and that the number of strains that are resistant against multiple antibiotics keeps on growing. New antibiotics, and more importantly, new strategies for treatment are needed. At It Takes 30, Becky Ward writes about a study that established a new and clever assay system to test new candidate drug targets in bacteria. While the system itself is interesting (using a HIV protein to our advantage!), I found the unexpected results even more fascinating!
The final blog post in English for this edition is by Christopher Dieni at Bitesize Bio. Following his great series on protein phosphorylation I also wrote about in the last edition of the MolBio Carnival I hosted, he started a new series of posts on working with enzymes in general. After establishing what an enzyme is in his first post, the second post deals with how to get a functional enzyme in the lab to be able to test its activity. For this he touches on ways to get the enzyme out of the cells it is expressed in, how to purify it from the rest of the proteins in these cells and how to keep it stable and active.
Wie schon beim letzten Mal hab ich auch heute deutsche Blogposts zur Molekularbiologie dazugenommen! Beide Posts stammen von Blogs aus den Wissenslogs und behandeln Grundlagenartikel:
Bastian Greshake von der Bierologie schreibt über die Möglichkeiten, mehr über die Verwandtschaft zwischen verschiedenen biologischen Arten herauszufinden – und zwar besonders, wie hier DNA- oder Proteinsequenzen weiterhelfen können. Das Problem vor den molekularen Methoden war, dass häufig Ähnlichkeiten zwischen Arten als Beleg für eine Verwandtschaft betrachtet wurden, obwohl diese Ähnlichkeiten andere Gründe hatten. So wurden Arten als nahe miteinander verwandt betrachtet, obwohl sie vielleicht gar nicht so viel miteinander gemeinsam hatten. Auch der Vergleich von DNA- oder Proteinsequenzen zwischen zwei Arten kann natürlich zu Fehlern führen. Doch hier kombiniert man eine objektivere Analyse mit einer ungleich größeren Anzahl von Merkmalen, die man vergleichen kann. Wie das alles funktioniert lest ihr am besten bei Bastian nach.
Auch in dem Artikel von Sebastian Reusch auf Enkapsis geht es im Grunde um Verwandtschaft. Und um Ähnlichkeiten und Unterschiede, die einem etwas Neues über die Biologie erzählen sollen. Doch anstatt um verschiedene Tier-, Pflanzen- oder Bakterienarten geht es bei ihm um Zwillinge. Seit der ersten Idee von Charles Darwins Cousin Francis Galton, der Vergleich von Zwillingen könnte bei genetischen Fragestellungen weiterhelfen, konnten die so genannten Zwillingsstudien zur Aufklärung einer großen Zahl genetisch begründeter Krankheiten beitragen. Gerade die alte Frage des nature vs. nurture, also den Anteilen von Genetik und Umwelt an z. B. einer Krankheit, lässt sich mit Zwillingen gut untersuchen. Doch so einfach ist das nicht, wie sich besonders in den letzten Jahren zeigte! Sebastian erklärt, wie die Epigenetik Unterschiede zwischen genetisch praktisch identischen eineiigen Zwillingen erklären kann.
That was the March edition of the MolBio Carnival. You can check future hosts and past editions on the Carnival’s home page. Be sure to subscribe to the RSS feed to receive notifications and summaries when new editions of the Carnival are posted. Also, you are welcome to submit your best molbio blog articles to the next edition of The MolBio Carnival which will be hosted by Psi Wavefunction at Skeptic Wonder. More info here.
Hultberg, A., Temperton, N., Rosseels, V., Koenders, M., Gonzalez-Pajuelo, M., Schepens, B., Itatí Ibañez, L., Vanlandschoot, P., Schillemans, J., Saunders, M., Weiss, R., Saelens, X., Melero, J., Verrips, C., Van Gucht, S., & de Haard, H. (2011). Llama-Derived Single Domain Antibodies to Build Multivalent, Superpotent and Broadened Neutralizing Anti-Viral Molecules PLoS ONE, 6 (4) DOI: 10.1371/journal.pone.0017665
Wei JR, Krishnamoorthy V, Murphy K, Kim JH, Schnappinger D, Alber T, Sassetti CM, Rhee KY, & Rubin EJ (2011). Depletion of antibiotic targets has widely varying effects on growth. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 108 (10), 4176-81 PMID: 21368134
Zwijnenburg, P., Meijers-Heijboer, H., & Boomsma, D. (2010). Identical but not the same: The value of discordant monozygotic twins in genetic research American Journal of Medical Genetics Part B: Neuropsychiatric Genetics DOI: 10.1002/ajmg.b.31091
Bell, J., & Spector, T. (2011). A twin approach to unraveling epigenetics Trends in Genetics, 27 (3), 116-125 DOI: 10.1016/j.tig.2010.12.005
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Ich bin der Meinung, dass an den Argumenten nicht viel dran ist. Ich will aber aus einer ganz anderen Richtung argumentieren, als die bisherigen Kommentatoren unter Lars Post. Es geht dabei um eine Kurzsichtigkeit, unter der heutzutage leider viele Molekularbiologen leiden, die mit tierischen Modellorganismen arbeiten, wie ich selbst in meiner eigenen Arbeit oft erfahren musste.
Davies und Lineweaver behaupten, dass frühe einzellige Eukaryoten bestimmte egoistische Phänotypen z.b. bezüglich Zellteilung, Apoptose etc. besaßen, die heute in den Metazoen (mehrzellige Tiere) bei Krebs wieder zum Vorschein kommen. Schauen wir uns doch mal einen aktuellen Stammbaum der Eukaryoten an (danke an Psi Wavefunction von Skeptic Wonder für die Abbildung)! Die vier Linien rechts unten sind die “Metazoa”. Von den restlichen Eukaryoten haben aber noch mehr Gruppen aus dem gemeinsamen einzelligen Vorläufer heraus unabhängig voneinander Vielzelligkeit entwickelt. Beispiele finden sich etwa in den Fungi (Pilze, Mitte rechts) oder den Grünpflanzen (Grünalgen und alle Landpflanzen, Chlorophytes, Charophytes und Embryophytes, oben).
Interessanterweise gibt es Krebs (in der Bedeutung metastasierender Tumore) nur in den Metazoa, also den vielzelligen Tieren. In den anderen vielzelligen Eukaryoten ist Krebs unbekannt.
Jetzt könnte man natürlich argumentieren, dass die nötigen Voraussetzungen zur Ausbildung von Krebs erst in der Linie zu den Metazoa hin entstanden, als zwar schon alle anderen zur Vielzelligkeit führenden Linien abgespalten waren, aber die Organismen selbst noch einzellig und “egoistisch” waren. Das ist allerdings Quatsch. Wir sind uns heute ziemlich sicher, dass die basalen Eukaryoten zwar einzellig, aber in bestimmten Funktionen (die, die Aufgaben innerhalb der Zelle betreffen) recht komplex waren. Ich will dazu zwei Beispiele aus den Pflanzen bringen. Versucht doch mal, im Stammbaum der Eukaryoten von den “Angiosperms” (die Gruppe, zu der zahlreiche gut untersuchte Modellpflanzen gehören) zu den Metazoa zu kommen. Geht nur durch die Basis in der Mitte, weil sich die beiden Linien schon sehr früh in der Evolution der Eukaryoten voneinander trennten. Würdet ihr mir also zustimmen, dass Proteine und Funktionen, die in den beiden grundverschiedenen Gruppen vorhanden waren, auch in den ersten Eukaryoten vorhanden gewesen sein müssen? Gut, das ist nämlich die wahrscheinlichste Erklärung.
Beispiel 1: Hereditäres non-polypöses kolorektales Karzinom
Das ist eine ziemlich schlimme, erbliche Form von Darmkrebs. Ursache sind Mutationen in Genen, die eine Rolle im Weg der Mismatch-Reparatur spielen. Diese Mismatch-Reparatur (MMR) gibt es nicht nur in Eukaryoten, sondern auch in Bakterien. Eines der bakteriellen MMR-Proteine ist MutS. Eukaryoten haben Homologe von MutS, genannt MSH. Allerdings, und jetzt wird es wieder relevant für die Frage hier: Vielzellige Pflanzen wie Arabidopsis und vielzellige Tiere wie der Mensch besitzen ganze sechs (!) MSH-Proteine, die jeweils miteinander und nicht untereinander verwandt sind. Sprich: Menschliches MSH2, dessen Mutation zu erblichem Darmkrebs führen kann, ist näher verwandt mit MSH2 von Arabidopsis, als mit den 5 anderen MSH-Proteinen des Menschen. Und umgekehrt. Eine solche Verwandtschaft ist nur zu erklären, wenn alle sechs MSH-Proteine bereits an der Basis der Eukaryoten, dem letzten gemeinsamen Vorfahren von Arabidopsis und dem Menschen, vorhanden waren. Mutationen von MSH2 in Arabidopsis führen allerdings nicht zu irgendeiner Form von Krebs.
Beispiel 2: Erblicher Brustkrebs
Ein Teil der auftretenden Brustkrebsfälle ist auf vererbte Mutationen in einer Reihe von Genen zurückzuführen, am häufigsten Mutationen in BRCA1 und BRCA2. Und wer hätte es nach dem ersten Beispiel gedacht: Mehrzellige Pflanzen besitzen auch Homologe dieser Gene! Ja, Pflanzen haben Brustkrebsgene. Der Grund ist natürlich, dass die beiden Proteine sehr wichtige Rollen in der Reparatur von DNA-Schäden haben, etwas das in allen Zellen auftritt, auch in Pflanzen. Dabei gehen BRCA1 und BRCA2 in Pflanzen sehr ähnlichen Funktionen in der Zelle nach, wie dies für die Homologe in Tieren bekannt ist. Auch hier ist die Schlussfolgerung wieder, dass bereits basale Eukaryoten Varianten von BRCA1 und BRCA2 besessen haben müssen. Mutationen in den Pflanzen führen dort jedoch nicht zur Entstehung von Krebs!
Tatsächlich sind eine sehr große Zahl von Proteinen des Zellzyklus, der DNA-Reparatur, Rekombination, der Transkription und Translation – also alles, was für das Funktionieren einzelner Zellen wichtig ist, aber bei Mutation auch zur Entstehung von Krebs beitragen kann – in allen Eukaryoten konserviert. Zu Krebs kommt es allerdings nur in den vielzelligen Tieren, den Metazoen (und auch dort nicht in allen Arten).
Ich hab eine alternative recht simple, und deshalb letztlich sicher nicht vollständig befriedigende, Erklärung für euch, warum mehrzellige Tiere Krebs bekommen: Die Metazoa haben eine andere Art und Weise, wie sie aus einzelnen Zellen einen Körper aufbauen. Bei Pflanzen haben alle Zellen den Platz, den sie bei ihrer Entstehung eben haben. Welchen Job sie bekommen (also in welchen Zelltyp sie sich differenziieren), wird durch Signale von der Umgebung bestimmt. Bei Tieren ist das anders. Hier kommt es sehr häufig vor, dass während der Entwicklung des Organismus Zellen an einem Ort entstehen, dann aber an einen anderen Ort im sich entwickelnden Organismus wandern. Im Prinzip also ein Vorgang, wie er bei der Metastasierung von Tumoren auch passiert. Krebs ist also keine “Zurückentwicklung” der Zelle zu einem frühen einzelligen Zustand, sondern eher eine kleinere Zurückentwicklung in einen embryonalen Zustand, in dem das Wandern im Körper üblich ist.
Selbst diese Erklärung ist aber eigentlich viel zu einfach, und mitlesende Onkologen und Grundlagenforscher in der Krebsmedizin werden sich wahrscheinlich schütteln deswegen. Es muss eine ganze Reihe von Veränderungen eintreten, dass Zellen entarten: Die Zelle muss anfangen, sich unkontrolliert zu teilen. Dabei verkürzen sich die Telomere, also muss sie eine Möglichkeit finden, die Telomere wieder zu verlängern. Sie muss verhindern, dass eine ganze Reihe von Selbstmordprogrammen angeschaltet werden. Das sind immer noch alles Faktoren, die nur zur Ausbildung eines lokalen Tumors führen. Jetzt muss diese Zelle Möglichkeiten finden, sich im Körper zu bewegen. Dazu muss sie Verbindungen zwischen anderen Zellen lesen können, um sich zwischen denen bewegen zu können. Sie muss sich auf die komplett verschiedenen chemischen Umgebungen in Blut oder Lymphflüssigkeit einstellen können. Sie muss sich irgendwo im Körper neu ansiedeln können. Dort braucht sie eine Sauerstoff- und Nährstoffversorgung, muss also die Neubildung von Blutgefäßen anregen. Das sind alles Aufgaben, die ein eizelliger Eukaryot gar nicht können musste!
Komisch, gerade erst hat sich PZ Myers über den sicherlich intelligenten Physiker Michio Kaku aufgeregt, der auch demonstrierte, dass er trotz wenig Ahnung von Evolutionsbiologie meint, seine privaten Ansichten in die Öffentlichkeit trompeten zu müssen. Also, wie wärs damit: Ich schreib in Zukunft keine Paper über Astrophysik, dafür lassen die Astrophysiker es bitte, unqualifiziert über Biologie zu fantasieren, okay?
]]>Zum Aufwärmen hab ich nettes kleines Video für euch. Die Molekularbiologen wirds freuen, denn ganz nebenbei kann man darin eine neue Methode lernen, wenn es mal beim Klonieren einfach nicht klappen will.
Das Video stammt übrigens von einer Studentengruppe aus Cambridge, die an der 2010er Runde von iGEM teilgenommen hat. Für ihr Projekt wurden sie eine der Finalistengruppen (von 128 Teams insgesamt)!
]]>Welcome to the third edition of the MolBio Carnival! This time around, we have an additional section you can find at the end of the post – blog posts on molecular biology in German! The German science blogosphere is actually doing quite well, and if you speak the language, fell free to look around here at the German Scienceblogs, or over at Scilogs.de for a start.
We’ve got some great posts lined up, so let’s jump right into some molbio action!
1) Some of you may know archaea of the genus Thermococcus from their thermostable DNA polymerases you use in your PCR. A few Thermococcus species could in the future perhaps also help us with our renewable energy needs. As Michael Scott Long tells us in his blog “Phased“, Thermococcus onnurineus NA1 can grow using only formate and water, thereby producing ATP, bicarbonate and hydrogen. It is tempting to think about exploiting this form of living to produce hydrogen for stuff like fuel cells. Go check out Michael’s post for more information about these interesting archaea!
2) David Garcia from “You’d Prefer An Argonaute” writes about a new method to analyse how RNA molecules fold into secondary structures. There are a few methods to do this around, so why should one more on the list be interesting to us? Well, the new one uses next-generation sequencing to look at RNA folding on a whole-genome scale! David presents the paper in a journal club style, summarizing the interesting new data and methods, but also discussing some of the shortcomings.
3) Next up, we have a series of posts by Christopher Dieni at “Bitesize Bio” on the protein modification many of you probably know and love – phosphorylation. In the first post, he gives an overview of the topics he will write about in the following posts: which methods to use to study phosphorylation and dephosphorylation, which protein kinases there are and what they do, and of course also how the other side of the phosphorylation coin works, the phosphatases.
In the second part of the series, Christopher takes an in depth look at the strategies and methods you can use if you want to know more about protein phosphorylation in your work. You want to look at the phosphorylation of a specific amino acid in you protein of interest? Or do you want to have a more global overview of phosphorylation? Perhaps it’s kinetics you are interested in? Find tips on how to tackle these problems in the second post! By the way, the malachite green assay described in his post is a nice method not only to study traditional phosphatases, you can use it to check for the activity of ATPases as well!
Just a few days ago, Christopher posted part 3 in his phosphorylation series. This one is about the many protein kinases we know about; how they know where to put the phosphate on their target proteins and into which families they are grouped.
4) Our own Lab Rat (who will host the MolBio carnival in December) submitted a post about a rather strange way of cell division in bacteria. Contrary to a division by a contracting ring of the tubulin homolog FtsZ, which is more or less the way people thought all bacteria divide, there seem to exist several different strategies. Some look superficially similar, but use proteins other than FtsZ. Others seem to be much more brutal: When researchers took away FtsZ from Mycoplasma cells, they still could divide, just not by forming a constricting ring. They simply start moving two cell ends in two different directions, until the cells tear itself into two daughter cells!
5) Although I never worked with Xenopus egg extracts myself, I always found the technique fascinating. That’s why I liked to read about using egg extracts to study the factors involved in actin filament nucleation in Becky Ward’s post “Dancing filopodia” at “It Takes 30“. It turns out, if you put the egg extract onto a flat lipid bilayer, a few actin nucleation proteins will start to assemble actin filaments right there on the spot. And you can even observe the growth of these filaments with a cool technique, TIRF microscopy – go have a look at a video of wriggling actin filaments at Becky’s post!
6) Becky submitted another post from “It Takes 30“, this one about microRNAs and the seemingly endless debate on how they work. Translational inhibition, or mRNA destabilization? While this story is much more boring on the plant side, because it was shown several times that miRNAs mostly lead to the degradation of mRNA, on the animal side of life it wasn’t as clear. The majority thought that inhibition of mRNA translation by blocking ribosome access was the way animal miRNAs worked, which even led to speculation if there were fundamental differences between animal and plant miRNAs. As Becky explains, the more recent papers looking at the fate of mRNA targets of a few animal miRNAs in a more global way came out on the other side, arguing for mRNA destabilization as the major factor of miRNA action in animals. What’s your take on the controversy?
7) Some of you perhaps know that I’m doing my PhD in plant genome stability. I’ve read papers by Cédric Feschotte before, mostly on how plant transposons influence genome size. So I was pleasantly surprised to see him work on other elements of eukaryotic genomes, also outside of plants. GrrlScientist writes in “Punctuated Equilibrium” about Feschotte’s work, together with Clément Gilbert, on virus fossils in bird genomes. The story is fascinating in several ways, starting with the type of virus this research was about. Usually, the viral remnants you can find in genomes are from retroviruses – here, it is a DNA virus related to the hepatitis B virus. As it turns out, these viruses are much older than was previously thought based on extant viruses alone. They also seem to be evolving much more slowly than other viruses, as a comparison of the old sequences in the bird genomes with their relatives of today showed. Great stuff!
8) Finally, Nir London of the “Macromolecular Modeling Blog” tells us about the importance of peptide-protein interactions in a first of a series of posts he has planned. Instead of the usual interactions of proteins with other folded protein domains most of you know about, there are also proteins that bind to short linear peptides. Those peptides are more flexible on an evolutionary timescale, and proteins often recognize many diferent peptides. As Nir writes further on, research on the role of different peptides in the cell could lead to new therapeutic routes as well.
These are our English submissions for the month, but I still have a few molecular biology blog post left – in German! If you don’t speak the language, head on down to the end of the post for information about the next issue of the carnival, and where to submit your blog posts.
So, jetzt kommen wir wie versprochen noch zu den deutschsprachigen Blogposts!
9) Joe Dramiga schreibt auf seinem Blog “Die Sankoré Schriften” über das spannende Thema Protein-Spleißen. Es gibt erste Hinweise, dass es in Wirbeltieren nicht nur vorkommt, sondern womöglich sehr häufig sein könnte. Die daraus abgeleitete Polypeptid-Rearrangement-Hypothese zeigt uns ziemlich weitreichende Folgen auf Grundlagenforschung und auch Medizin, falls sie sich bewahrheitet.
10) Gleich neben Joe, nämlich auch auf den Wissenslogs, hat Sebastian Reusch auf “Enkapsis” über die RNA-Interferenz gebloggt. Eins von den vielen Themen, das zunächst in Pflanzen entdeckt und untersucht wurde, für das dann aber Forscher mit Tiermodellen den Nobelpreis bekamen. Grrrr. Neben einer schönen Übersicht über die Grundlagen erzählt uns Sebastian auch ein wenig über erste Versuche, RNAi medizinisch anzuwenden. Das Video über die Grundlagen der RNAi ist so toll, das muss ich hier auch einbauen!
That’s it for this month’s edition of The MolBio Carnival. You can check future hosts and past editions on the Carnival’s home page. Be sure to subscribe to the RSS feed to receive notifications and summaries when new editions of the Carnival are posted. Also, you are welcomed to submit your best molbio blog articles to the next edition of The MolBio Carnival which will be hosted by Psi Wavefunction at Skeptic Wonder. More info here.
Kim, Y., Lee, H., Kim, E., Bae, S., Lim, J., Matsumi, R., Lebedinsky, A., Sokolova, T., Kozhevnikova, D., Cha, S., Kim, S., Kwon, K., Imanaka, T., Atomi, H., Bonch-Osmolovskaya, E., Lee, J., & Kang, S. (2010). Formate-driven growth coupled with H2 production Nature, 467 (7313), 352-355 DOI: 10.1038/nature09375
Kertesz, M., Wan, Y., Mazor, E., Rinn, J., Nutter, R., Chang, H., & Segal, E. (2010). Genome-wide measurement of RNA secondary structure in yeast Nature, 467 (7311), 103-107 DOI: 10.1038/nature09322
Erickson, H., & Osawa, M. (2010). MicroCommentary: Cell division without FtsZ – a variety of redundant mechanisms Molecular Microbiology DOI: 10.1111/j.1365-2958.2010.07321.x
Lee K, Gallop JL, Rambani K, & Kirschner MW (2010). Self-assembly of filopodia-like structures on supported lipid bilayers. Science (New York, N.Y.), 329 (5997), 1341-5 PMID: 20829485
Guo H, Ingolia NT, Weissman JS, & Bartel DP (2010). Mammalian microRNAs predominantly act to decrease target mRNA levels. Nature, 466 (7308), 835-40 PMID: 20703300
Gilbert, C., & Feschotte, C. (2010). Genomic Fossils Calibrate the Long-Term Evolution of Hepadnaviruses PLoS Biology, 8 (9) DOI: 10.1371/journal.pbio.1000495
Petsalaki E, & Russell RB (2008). Peptide-mediated interactions in biological systems: new discoveries and applications. Current opinion in biotechnology, 19 (4), 344-50 PMID: 18602004
Fire A, Xu S, Montgomery MK, Kostas SA, Driver SE, & Mello CC (1998). Potent and specific genetic interference by double-stranded RNA in Caenorhabditis elegans. Nature, 391 (6669), 806-11 PMID: 9486653
]]>Molekularbiologie ist ein unheimlich spannendes Thema, das weltweit von sehr vielen Wissenschaftlern erforscht wird. Leider entspricht die Berichterstattung darüber nicht dem großen Anteil, den diese moderne Forschungsrichtung in den heutigen Lebenswissenschaften einnimmt. Warum das so ist, stellt bestimmt auch eine interessante Frage dar. Wir haben uns allerdings gedacht, dass wir einfach versuchen wollen, ein wenig mehr Aufmerksamkeit auf die Molekularbiologie zu lenken. Darum haben wir einen Blogkarneval gestartet, in dem einmal monatlich die spannendsten molekularbiologischen Blogbeiträge gesammelt werden sollen. Ähnlich wie es drüben bei Astrodicticum Simplex mit dem Blog-Teleskop läuft, wird der Molbio Karneval jeden Monat von einem anderen teilnehmenden Blogger ausgerichtet.
Mit dabei sind zur Zeit Alejandro Montenegro-Montero, LabRat, Psi Wavefunction, Lucas Brouwers und ich. Die ersten beiden Ausgaben sind schon raus, und am 4. Oktober werde ich die dritte hier hosten.
Wer seine molekularbiologischen Blogposts im Molbio Karneval veröffentlicht haben möchte, kann sich entweder direkt an den Verantwortlichen für den jeweiligen Monat wenden, oder (einfacher) hier einreichen, alles weitere geht dann automatisch. Deutsche Blogposts werden auch gern genommen, dafür bin ich ja da!
]]>Während in Barcelona über das Wochenende die EMBO ihr Meeting abhält, bin ich in London in der British Library für Science Online London 2010.
Wissenschaft und Wissenschaftsjournalismus im Internet, sei es auf Blogs, Twitter oder sonst irgendwie, Welchen Einfluss hat das Internet auf die Wissenschaft? Die Kommunikation steht hier klar im Vordergrund, aber auch das Teilen von wissenschaftlichen Daten über das Internet und deren gemeinsame Auswertung und Überprüfung.
Neben klassischen Vorträgen wird ein Teil des Meetings auch als Unconference organisiert sein. Dazu noch jede Menge unterhaltsames drumherum wie Führungen bei der Royal Society, ein Besuch bei der Diamond Light Source, und ein netter Abend auf der Dachterasse bei Mendeley.
Ich weiß noch nicht, ob und wieviel ich während des Meetings hier bloggen kann. Science Online London ist aber natürlich auch auf Twitter vertreten, als @soloconf. Da viele der Gäste auf Twitter unterwegs sind, kann man dem Meeting sicher sehr gut auch vom Rest der Welt aus folgen, indem man den Hashtag #solo10 im Auge behält.
Und für diejenigen mit viel Zeit vor dem Rechner wird es einen Livestream der Konferenz drüben bei Science 3.0 geben!
“There is a ridiculously strong relationship between the number of citations a paper receives and its number of references,” Gregory Webster, the psychologist at the University of Florida in Gainesville who conducted the research, told Nature. “If you want to get more cited, the answer could be to cite more people.”
Laut dem Artikel hat der Psychologe Gregory Webster in einem Vortrag während der International Society for the Psychology of Science & Technology Konferenz Daten vorgestellt, die genau so einen Zusammenhang zeigen sollen. Er hat dafür alle Forschungspaper und Reviews der Zeitschrift Science zwischen 1901 und 2000 ausgewertet, und einfach die Anzahl der Zitate gegen die Anzahl der späteren Zitierungen eines Papers aufgetragen. Und siehe da – er findet einen stabilen Zusammenhang, der über die Zeit sogar zunahm. Heute soll man pro zusätzlichem Zitat eine weitere Zitierung des Papers einheimsen können. Eine ähnliche Auswertung hat Gregory Webster auch schon mit Artikeln aus den Zeitschriften Journal of Consulting and Clinical Psychology und Evolution and Human Behavior gemacht, und dabei einen vergleichbaren, aber etwas schwächeren Zusammenhang gefunden. Die Folien des Vortrags stehen online, jeder der mag kann sich die gezeigten Daten also gern ansehen!
Die Idee dahinter ist wohl, dass Wissenschaftler auch nur Menschen sind, und sich natürlich über eine Zitierung ihrer Arbeit freuen. Die Freude übersetzt sich dann ins gegenseitige Zitieren aus Dankbarkeit. Doch ganz so einfach ist es wohl doch nicht. Abgesehen davon, dass wir es hier erstmal nur mit einer Korrelation zu tun haben, gibt es an der Auswertung auch noch ein paar andere Probleme.
Philip Davis von The Scholarly Kitchen hat sich das Problem nach dem News-Artikel auch vorgenommen. Er hat zwar nur die Science Veröffentlichungen von 2007 als Datensatz anstelle des längeren Zeitraums von Gregory Webster, er kommt mit der gleichen Auswertung aber auf ein recht ähnliches Ergebnis, Länge der Literaturangaben und Zitierhäufigkeit des Papers korrelieren. Dann zeigt er aber sehr schön, dass es sich hier ziemlich sicher nur um eine Scheinkorrelation handelt, indem er den Gesamtdatensatz aufteilt und sich mehr und mehr Aspekte zur Auswertung dazuholt.
Wenn beispielsweise der Umstand herausgerechnet wird, dass längere Artikel in der Regel auch längere Literaturangaben haben, wird die Korrelation plötzlich negativ! Und indem er auch noch die verschiedenen Artikelthemen und die Anzahl der Autoren eines Artikels mit einbezieht, verschwindet die Korrelation vollständig.
Das muss nicht unbedingt heißen, dass es tatsächlich keine Beziehung zwischen der Länge der Literaturangaben und der Zitierhäufigkeit gibt, es ist nur wie so oft nicht ganz so einfach zu finden. Bleibt noch der Hinweis, dass es sich bei beiden Arbeiten nicht um veröffentlichte Artikel handelt, die als nicht das Peer Review durchlaufen haben. Und für mich und mein Paper gibt es leider auch keine einfache Formel, um an mehr Zitierungen zu kommen. So ein Mist, müssen wir halt doch wieder zurück zur alten Masche, gut geschriebene und wissenschaftlich interessante Paper zu veröffentlichen…
]]>Deshalb heute erst mal ein wenig seichte Kost. Kennt ihr schon Web of Stories? Nicht? Na dann schnell hin! Der Sinn dahinter ist schnell erzählt: Man nehme einen Menschen, setze ihn vor eine Kamera, und lasse ihn eine kurze Geschichte erzählen, was ihm so gerade einfällt. Und wie das so ist mit Geschichten, führt eine zur anderen, und mit der Zeit soll dann eben auch ein Netz von Geschichten entstehen. Zur Zeit ist Web of Stories noch in der Betaphase, mit nur zwei Kanälen. Trotzdem sind schon viele interessante Menschen drin, überraschenderweise überwiegend Wissenschaftler. Sydney Brenner ist beispielsweise jemand, dem ich den ganzen Tag zuhören könnte, nicht nur wenn er wissenschaftlich vorträgt, sondern auch wenn er einfach aus seinem Leben erzählt. Es zeigt auch, dass ein Nobelpreisträger sich problemlos auch mit so komischen Sachen wie alten Science Fiction Heften beschäftigen kann, oder man lernt, wieso man für im Labor gemixte Cocktails immer 95%igen, nie 100%igen Alkohol benutzen sollte…
Schaut einfach mal rein!
]]>Das neue Lehrbuch “Biologie” für die Oberstufe von Jürgen Markl hat einen kleinen bunten Frosch auf der Vorderseite. Ich kenne noch andere allgemeine Lehrbücher der Biologie (die auch diesen Titel haben), und alle haben sie einen Frosch vorne drauf: den “Campbell” (als er in Deutschland noch bei Spektrum erschien), und sein Nachfolger bei Spektrum, den “Purves”. Es ist wohl noch nicht mal ein Zufall, dass verschiedene Bücher ähnliche Motive auf ihrem Cover haben – Jürgen Markl ist (beziehungsweise war) Herausgeber der deutschen Versionen beider Bücher. Doch ist der neue Markl innen drin, wo es drauf ankommt, ähnlich gut wie ich es selbst noch vom alten Campbell gewohnt bin?
Was als erstes auffällt ist der Aufbau des Buches: Gröbere Themen wie “Zellen” oder “Evolution” (Klasse: bereits die Einleitung betont, dass die Evolution den Rahmen für alle Inhalte bildet) sind in Kapitel eingeteilt, in denen nicht stur klassisch zusammengehörige Aspekte wie zum Beipiel Stoffklassen nacheinander behandelt werden. Vielmehr geht es in den Kapiteln um Fragestellungen, die das Interesse wecken sollen, und die Aspekte aus verschiedenen Gebieten benutzen, um diesen Zweck zu erfüllen. Bevor es etwa im Kapitel “Die Zelle” um das Innenleben von biologischen Zellen geht, wird erst einmal erklärt, wie Mikroskope funktionieren, wie man also Zellen beobachten kann. Die Kapitel sind hier unterteilt in sogenannte Konzepte, kurze Abschnitte, die ihre take home message schon im Titel tragen (etwa “Fossilien liefern starke Belege für das Evolutionsgeschehen”).
Der Text, der meiner Meinung nach recht verständlich geschrieben ist, wird von verschiedenen Hilfsmitteln unterstützt. Die zahlreichen Abbildungen sind übersichtlich und modern gehalten (hier gibts eine Beispielseite [PDF]), dazu kommen Methodenboxen, in denen biologische Methoden direkt aus dem Labor beschrieben werden, passend zum Thema. Jedes Konzept hat auch eine Aufgabe, von denen viele über simples Zusammenfassen hinausgehen. Passend zum Zusammenhang zwischen Energieumsatz von Organismen und deren Oberfläche und Volumen wird beispielsweise eine Frage zu Gullivers Reisen gestellt – clever, weil es ein anschauliches, aber nicht alltägliches Beispiel ist.
Passend zur modernen Aufmachung des Buchs finden sich immer wieder auch “Online-Links” im Buch. Weitere Informationen wie Forscherbiografien, interaktive Animationen oder Tests können so online auf den Seiten des Verlags gefunden werden.
Soweit der allgemeine Eindruck. Ich habe dann mal angefangen, auszugsweise die Details anzuschauen. Ein beliebter Test unter uns Molekularbiologen (auch bei Fachbüchern auf Uniniveau!), wie gut die verschiedenen Teams bei der Produktion eines Buchs zusammenarbeiten, ist die DNA-Abbildungen anzusehen. Die DNA-Doppelhelix ist rechtsgewunden, ein Grafiker findet aber vielleicht, dass die Doppelhelix auf der Abbildung in einer anderen Ecke schöner aussieht – schnell gespiegelt, schon passts, nur leider ist die DNA jetzt linksläufig! Das kommt öfter vor als man denkt, hier war die DNA aber in allen Abbildungen rechtsgewunden.
Ich fragte mich auch, wie aktuell die Informationen im Buch sind. Die Grundlagen der Biologie, wie sie in der Schule unterrichtet werden, sind natürlich zum größten Teil gut erforscht. Trotzdem entwickelt sich aktuelle Forschung immer weiter, und sie kann unter Umständen ein genaueres Bild zeichnen, das den Schülern beim Verständnis hilft. Die Wissensübermittlung von Vorträgen auf Meetings über Fachartikel zu Fachbüchern dauert bekanntermaßen sehr lange, in der Biologie mehrere Jahre. Ich war deshalb positiv überrascht, dass im neuen Markl sowohl über den Medizin-, als auch den Chemienobelpreis vom letzten Jahr geschrieben wurde.
Die Aktualität des vermittelten Wissens in Fachbüchern hat in den letzten Jahren auch eine andere Richtung eingeschlagen: Gerade in der Molekularbiologie schufen neuartige Methoden ganz neue Forschungszweige, über die auch berichtet sein will. Das geht leider oft auf Kosten von älterer, aber grundlegender Forschungsergebnisse. So gibt es heute Studenten, die nie etwas von den eleganten frühen Versuchen der Molekularbiologie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (wie die von Griffith oder Avery) hörten. Dabei handelt es sich hier oft um sehr elegante, leicht verständliche Versuche, mit deren Hilfe die Grundlagen sehr gut zu vermitteln sind. Die Autoren des neuen Markl haben das offensichtlich eingesehen, denn viele Prinzipien werden darin fast ausschließlich mit Hilfe dieser Versuche erklärt, große Texte sind gar nicht nötig.
Natürlich hat mir nicht ausnahmslos alles an dem neuen Markl gefallen. Die Reihenfolge der Themen erscheint mir beispielsweise merkwürdig. Von Makromolekülen und weiteren “kleinen” Dingen in der Zelle dann zum Stoffwechsel überzugehen, macht Sinn. Dann Genetik, OK, von mir aus. Jetzt werden wir größer, und gehen von der Genetik zur Evolution, und von da in die Ökologie. Soweit kann ich folgen. Aber dann: Wieso ein gesamtes Thema mit dem gleichen Stellenwert wie die Evolution für Neurobiologie? Ein Teilthema der Physiologie, das vielleicht noch am ehesten weiter vorne in den Stoffwechsel gepasst hätte. Besonders auch, weil wir gleich danach mit dem Thema Verhalten wieder über größere Zusammenhänge lernen. Ich hätte die Aufteilung wahrscheinlich ein wenig anders gemacht, aber da müssen sich Autoren von Schulbüchern wahrscheinlich auch äußeren Zwängen wie Lehrplänen unterordnen, die bestimmte Themen zu bestimmten Zeitpunkten vorsehen.
Insgesamt, das hat man sicher beim Lesen gemerkt, gefällt mir der neue Markl sehr gut! Ich will jetzt nicht mit dem alten Klischee anfangen und sagen, hätte ich nur so ein Buch während meiner Schulzeit gehabt. Mir hat mein Biounterricht vor ein paar Jahren auch so gefallen, obwohl ich den Markl nicht hatte. Ich glaube trotzdem, dass den Schülern heute der Markl viel Spaß machen kann. Und mal sehen, die Abbildungen gefallen mir so gut, vielleicht haben ja meine Studenten in der einen oder anderen Vorlesung auch was davon!
Abstruse Goose: World View (CC by-nc 3.0)
]]>I have a friend who’s an artist and he’s some times taken a view which I don’t agree with very well. He’ll hold up a flower and say, “look how beautiful it is,” and I’ll agree, I think. And he says, “you see, I as an artist can see how beautiful this is, but you as a scientist, oh, take this all apart and it becomes a dull thing.” And I think he’s kind of nutty.
First of all, the beauty that he sees is available to other people and to me, too, I believe, although I might not be quite as refined aesthetically as he is. But I can appreciate the beauty of a flower.
At the same time, I see much more about the flower that he sees. I could imagine the cells in there, the complicated actions inside which also have a beauty. I mean, it’s not just beauty at this dimension of one centimeter: there is also beauty at a smaller dimension, the inner structure…also the processes.
The fact that the colors in the flower are evolved in order to attract insects to pollinate it is interesting – it means that insects can see the color.
It adds a question – does this aesthetic sense also exist in the lower forms that are…why is it aesthetic, all kinds of interesting questions which a science knowledge only adds to the excitement and mystery and the awe of a flower.
It only adds. I don’t understand how it subtracts.
So etwas ähnliches gibt es jetzt auch zum Anschauen! Richard Rifkind, ein Emeritus vom Sloan-Kettering Institute for Cancer Research, hat zusammen mit der Autorin Carole Rifkind drei Jahre lang die Hochs und Tiefs einer kleinen Gruppe von Molekularbiologen am Colubia University Medical Center in New York verfolgt. Der Gruppenleiter Lawrence Shapiro ist besonders interessiert an der Strukturaufklärung von regulatorischen Proteinen des Energiehaushalts. Der Film “Naturally Obsessed” konzentriert sich vor allem auf die Forschungsprojekte seiner drei Doktoranden, und auch deren Leben. Er zeigt, wie der Alltag in der Molekularbiologie aussieht: immer wieder die gleichen Versuche, die öfter fehlschlagen als funktionieren. Trotzdem immer wieder die Hoffnung, dass beim nächsten Mal der ganz große Knaller rauskommt. Die Euphorie, und die viel zu häufige Verzweiflung, wenn es dann doch nicht klappt. Die alten, kleinen Laborräume, in denen jeder freie Platz mit irgendeinem Gerät vollgestopft ist. Aber auch das Leben außerhalb des Labors, das viel zu oft zu kurz kommt: Sondereinsätze am Sonntag zur Kristallstrukturanalyse von Proteinen, zerbrochene Beziehungen und das Baby, das bis nach der Doktorprüfung warten muss.
Ich fand es überraschend, wie ähnlich der Alltag von Doktoranden weltweit sein muss, wenn sogar die Sprüche die gleichen sind. Neben der namensgebenden Obsession, immer wieder neue Fragen zu stellen, Neues lernen zu wollen, bringt einer der Doktoranden auch ein Argument, das ich selbst schon hin und wieder verwendet habe, um meinen Antrieb zu beschreiben: Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man etwas neues herausfindet. Für eine kurze Zeit ist man der einzige Mensch auf der Welt, der das weiß! Noch nicht mal der Chef oder die Kollegen wissen es. Fast genauso toll (aber nicht ganz) ist es dann aber, sein Wissen zu teilen.
Ich kann diese Doku wirklich jedem empfehlen. Die Doktoranden machen eine glaubwürdige Entwicklung durch, und der Alltag in einem molekularbiologischen Labor ist realistisch und doch (oder eher deswegen) spannend dargestellt. Und ganz nebenbei lernt man etwas neues über ein interessantes Forschungsgebiet! Der Film dauert fast eine Stunde, ist es aber wirklich wert. Und in ein paar Tagen ist ja wieder Feiertag, über ein verlängertes Wochenende kann man den Film mal zwischendurch ansehen!
via Bitesize Bio
]]>Trotzdem stellt das, was Daniel Gibson und Kollegen vom J. Craig Venter Institute (JCVI) in ihrem neusten Paper in Science geschrieben haben, gleich mehrere bemerkenswerte methodische Fortschritte dar, die nicht nur dem Ziel Venters, künstliches Leben zu schaffen, weiterhelfen werden. Um genau diese neuen aufregenden Methoden soll es hier also gehen.
Es hilft vielleicht, wenn man weiß warum Venter überhaupt an künstlichem Leben arbeitet. Anders als beipielsweise dem Nobelpreisträger von 2009 Jack Szostak [1] geht es Craig Venter in erster Linie nicht um das Verständnis der Abiogenese, also dem Entstehen von Leben aus der Kombination von mehreren nicht lebendigen Komponenten. Er verfolgt eher einen Ingenieursansatz: Die heute in der Biotechnologie verwendeten Organismen sind leicht veränderte Varianten von in der Natur vorkommenden Organismen. Darum schleppen sie auch einen großen Hintergrund von Genen mit, die zwar für das freie (Über-)Leben in der Natur zwingend notwendig sind, in einem Fermenter beispielsweise zur Produktion von rekombinantem Insulin aber überflüssig, teilweise sogar störend. Die Idee ist einigermaßen simpel: Man suche nach den mindestens nötigen Genen, die ein Bakterium zum Überleben benötigt, jedoch nicht in der Natur, sondern im Labor. Dann kann man diesen Organismus als Grundlage nehmen, um ihn für verschiedenste biotechnologische Aufgaben anzupassen, wie etwa die oftzitierte Ölproduktion. Den Anfang in dieser Richtung machte Venters Team noch bevor er im Wettrennen um die Sequenzierung des menschlichen Genoms berühmt (berüchtigt?) wurde. Vor 15 Jahren veröffentlichte er ein Paper, auch in Science, in der er die Sequenzierung des Genoms von Mycoplasma genitalium beschreibt. Warum gerade diese Art? Weil M. genitalium das kleinste Genom aller freilebenden Organismen [2] besitzt. Damit ist es der sinnvolle Startpunkt, um von hier aus zu versuchen, wie viele weitere Gene man loswerden kann, wenn der Organismus nur noch im Labor überleben soll. Genau das war der zweite Schritt, über den Glass et al. 2006 berichteten – das Minimalgenom von M. genitalium kommt ohne mehr als hundert der 485 Gene aus.
Jetzt wissen wir also, warum am JCVI mit Mycoplasma-Arten gearbeitet wird. Es waren allerdings drei weitere methodische Probleme zu lösen, um Mycoplasmen für die Biotechnologie als Grundgerüst verfügbar zu machen. Diese wurden in den letzten drei Jahren nacheinander gelöst, das neueste Paper stellt im Grunde “nur” den Beweis dar, dass man die Methoden miteinander auch kombinieren kann.
1 Wie baue ich ein Genom?
Angenommen, ich möchte ein Genom von null zusammenbauen. Das bedeutet, ich muss eine Menge DNA in einer bestimmten Sequenz synthetisieren – etwa eine Million Basenpaare für das unabdingbare Minimalgenom, plus alle neuen Gene die ich für eine bestimmte neue Funktion auch dabei haben will. Die Synthese von kurzen DNA-Strängen nach einer vorgegebenen Sequenz ist heutzutage nichts neues, das ist ein Service der von zahlreichen Firmen weltweit angeboten wird. Die für den molekularbiologischen Laboralltag unverzichtbare Methode der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) käme ohne individuell synthetisierte kurze DNA-Stücke gar nicht aus: so werden Primer gebaut! Im Grunde ist das gute, alte organische Chemie. Man baut schrittweise, immer ein Nukleotid nach dem anderen, ein langsam wachsendes DNA-Molekül zusammen. Das Problem dabei ist, dass diese Methode schon bei relativ kurzen Stücken so unzuverlässig in der Sequenz wird, dass man sie einfach nicht für große DNA-Stücke verwenden kann. Es war vor zwei Jahren eine großartige Leistung des JCVI-Teams, verlässlich und wiederholbar wenige tausend Basenpaar lange DNA-Fragmente über diese Technologie zu synthetisieren. Doch damit stehen wir vor einem Problem: Wie sollen wir ein Minimalgenom von über einer Million Basenpaaren synthetisieren, wenn das Maximum, das wir aus den Maschinen kitzeln können, rund 6000 Basenpaare sind? In dem selben Paper von 2008 berichten Gibson et al. von einer cleveren Lösung, die auf homologer Rekombination beruht. Sie unterteilten das gesamte Genom in viele kleine Stücke von ungefähr 6000 bp Länge, die sie auf die bekannte Weise synthetisieren konnten. Die Stücke waren aber so gebaut, dass die Sequenzen an den Enden immer mit dem vorhergehenden bzw. nachfolgenden Stück übereinstimmten. Dann brachten sie schrittweise diese Stücke in Hefezellen ein, die dank ihrer effizienten homologen Rekombination diese Stücke über die zueinander passenden Sequenzen miteinander verknüpften. So wurde nach und nach in Hefe das Mycoplasma-Genom aus synthetisierten Stücken gebaut.
2 Wie kriege ich ein ganzes Genom in eine Zelle?
Wir haben nun also ein ganzes Genom, das wir aber gern in einer Zelle hätten, dass die Gene dort auch abgelesen werden, und die entsprechenden Proteine hergestellt werden. Wie gesagt, es geht Venter hier nicht um ein grundsätzliches Verständnis von Abiogenese. Es ist also auch kein grundsätzliches Problem seiner Arbeit, einfach eine Mycoplasma-Zelle zu nehmen, das Genom daraus zu entfernen, und das neue Genom einzubringen. Methodisch ist das jedoch recht schwer, weil das Einschleusen von DNA in eine Zelle mit zunehmender Größe der DNA immer schlechter funktioniert. Und während das für DNA-Stücke von mehreren tausend Basenpaaren eine molekularbiologische Standardmethode ist, war es 2007 für das gesamte M. genitalium Minimalgenom (über eine Million bp) eben eine große methodische Leistung. Die vom JCVI-Team Genom-Transplantation getaufte Methode nutzt dabei in der Regel verschiedene Arten von Mycoplasmen, die man voneinander unterscheiden kann. Lartigue et al. transplantierten 2007 beispielsweise das Genom von Mycoplasma mycoides in Zellen von Mycoplasma capricolum. Die Proteine von M. capricolum sorgen dabei zunächst für das Ablesen der Gene vom M. mycoides-Genom, und werden dadurch nach und nach von diesen Genprodukten ersetzt. Nach relativ kurzer Zeit ist eine solche Zelle nicht mehr von Zellen des Genomdonors zu unterscheiden.
3 Wie mache ich ein in Hefe gebautes Genom bakterientauglich?
Eigentlich könnte man meinen, dass man nun das Rüstzeug hat, um auch synthetisierte Genome in eine Empfängerzelle zu transplantieren. Wie sich herausgestellt hat, ist das leider nicht ganz so einfach. Eine weitere molekularbiologische Standardmethode ist das Schneiden von DNA-Molekülen an bestimmten, vom Forscher gewünschten Sequenzen, was durch Restriktionsenzyme bewerkstelligt wird. Ursprünglich stammen Restriktionsenzyme aus Bakterien, die sich mit ihnen gegen fremde DNA schützen: Dringt fremde DNA (beispielsweise von einem Virus) in eine Bakterienzelle, so wird sie von dem Restriktionsenzym an bestimmten, häufig vorkommenden Stellen geschnitten, so dass viele kleine DNA-Fragmente entstehen, die dann abgebaut werden können. Die Bakterienzelle muss aber ihre eigene DNA schützen, so dass das Restriktionsenzym nicht das eigene Genom kleinschnippelt. Dazu modifiziert sie ihre eigenen Schnittstellen durch das Anhängen von Methylgruppen an Nukleotide der Schnittsequenz. Die so veränderten Nukleotide können vom Restriktionsenzym nicht mehr erkannt werden, das eigene Genom ist geschützt.
Das ist dann allerdings blöd für das JCVI-Team, denn der Hefe fehlen die Methylasen, also die bakteriellen Proteine, um die Restriktionsschnittstellen im bakteriellen Genom zu methylieren. Das in der Hefe in monatelanger mühsehliger Arbeit zusammengebaute Mycoplasmagenom wird darum nur weniger Minuten nach der Genom-Transplantation von der Mycoplasmazelle fein säuberlich zerhäckselt. Dieses spezielle Problem wurde letztes Jahr von Lartigue et al. gelöst, indem das Donor-Genom kurz vor der Transplantation mit Methylasen behandelt wurde oder indem das Gen des betreffenden Restriktionsenzyms aus dem Genom der Empfängerzelle entfernt wurde. Die so geschützte DNA konnte dann problemlos in eine Mycoplasma capricolum-Empfängerzelle transplantiert werden.
Die Masse kräftig rühren…
All diese Probleme – ein sehr großes Stück DNA sequenzgenau zusammenbauen, schützen und übertragen – wurden alle separat von Wissenschaftlern des JCVI angegangen. Vor wenigen Tagen kam dann die Belohnung für die Mühen in einem weiteren Paper, das alle neuentwickelten Methoden miteinander kombiniert. Das ist eine großartige Leistung, und all die Aufwerksamkeit in den Medien auch wert.
Wie man allerdings die Frage beantwortet, ob dabei auch neues Leben geschaffen wurde, liegt vielleicht daran, wie man sie betont. Ist es ein Organismus, der vorher nie existierte? Ja, in dieser Hinsicht ist Mycoplasma mycoides JCVI-syn1.0 wirklich neu. Die Genomsequenz dieses Mycoplasmastamms unterscheidet sich vom natürlichen M. mycoides unter anderem durch absichtlich eingebaute “Wasserzeichen” wie ein James Joyce-Zitat. Damit haben sie gleichzeitig auch vier Stellen im Genom gezeigt, an denen man problemlos neue Sequenzen einbauen kann, ohne dessen Funktion zu stören, was wichtig für eine biotechnologische Nutzung mit neuen Genen ist. Wenn man solche eher kleinen Änderungen an der Sequenz durch Einfügen oder Entfernen von Genen als Schaffung von neuem Leben bezeichnen will, dann geschieht das täglich zigfach weltweit, und es ist somit nichts besonderes mehr. Ich finde etwas anderes viel beeindruckender: Eine Idee, die vor über 15 Jahren ihren Anfang nahm, konnte nach harter, meistens sicher auch stinklangweiliger molekularbiologischer Arbeit endlich auf die Grundlage gestellt werden, um sie jetzt auszubauen. Das Faszinierende ist deshalb meiner Meinung nach nicht die Arbeit selbst, sondern die neuen Möglichkeiten, die aus ihr erwachsen. Das J. Craig Venter Institut ist in der Lage, Bakteriengenome mit Wunschsequenz zu bauen und in Empfängerzellen zu transplantieren. Jetzt darf man gespannt sein, ob sie ihr Versprechen halten, und die Biotechnologie damit umkrempeln.
[1] Szostak versucht nach seinen Arbeiten zu homologer Rekombination und zur Telomerbiologie (für die er den Nobelpreis erhielt) momentan, von Grund auf künstliches Leben zu schaffen. Dabei geht er parallel replizierende Vesikel (anstelle von Zellmembranen), RNAs mit enzymatischer Aktivität (als Speicher- und Enyzmkombination) und die Produktion und Selektion komplett neuer Proteine an.
[2] Es gibt Parasiten mit noch kleineren Genomen. Das kommt allerdings daher, dass die Gene losgeworden sind, die für ein eigenständiges freies Überleben notwendig sind. Für die Biotechnologie sind diese Arten deshalb uninteressant, man müsste schließlich immer auch den Wirt mitkultivieren.
Gibson, D., Glass, J., Lartigue, C., Noskov, V., Chuang, R., Algire, M., Benders, G., Montague, M., Ma, L., Moodie, M., Merryman, C., Vashee, S., Krishnakumar, R., Assad-Garcia, N., Andrews-Pfannkoch, C., Denisova, E., Young, L., Qi, Z., Segall-Shapiro, T., Calvey, C., Parmar, P., Hutchison, C., Smith, H., & Venter, J. (2010). Creation of a Bacterial Cell Controlled by a Chemically Synthesized Genome Science DOI: 10.1126/science.1190719
Fraser, C., Gocayne, J., White, O., Adams, M., Clayton, R., Fleischmann, R., Bult, C., Kerlavage, A., Sutton, G., Kelley, J., Fritchman, J., Weidman, J., Small, K., Sandusky, M., Fuhrmann, J., Nguyen, D., Utterback, T., Saudek, D., Phillips, C., Merrick, J., Tomb, J., Dougherty, B., Bott, K., Hu, P., & Lucier, T. (1995). The Minimal Gene Complement of Mycoplasma genitalium Science, 270 (5235), 397-404 DOI: 10.1126/science.270.5235.397
Glass, J., Assad-Garcia, N., Alperovich, N., Yooseph, S., Lewis, M. R., Maruf, M., Hutchison III, C. A., Smith, H. O., & Venter, J. C. (2006). Essential genes of a minimal bacterium Proceedings of the National Academy of Sciences, 103 (2), 425-430 DOI: 10.1073/pnas.0510013103
Gibson, D., Benders, G., Andrews-Pfannkoch, C., Denisova, E., Baden-Tillson, H., Zaveri, J., Stockwell, T., Brownley, A., Thomas, D., Algire, M., Merryman, C., Young, L., Noskov, V., Glass, J., Venter, J., Hutchison, C., & Smith, H. (2008). Complete Chemical Synthesis, Assembly, and Cloning of a Mycoplasma genitalium Genome Science, 319 (5867), 1215-1220 DOI: 10.1126/science.1151721
Lartigue, C., Glass, J., Alperovich, N., Pieper, R., Parmar, P., Hutchison, C., Smith, H., & Venter, J. (2007). Genome Transplantation in Bacteria: Changing One Species to Another Science, 317 (5838), 632-638 DOI: 10.1126/science.1144622
Lartigue, C., Vashee, S., Algire, M., Chuang, R., Benders, G., Ma, L., Noskov, V., Denisova, E., Gibson, D., Assad-Garcia, N., Alperovich, N., Thomas, D., Merryman, C., Hutchison, C., Smith, H., Venter, J., & Glass, J. (2009). Creating Bacterial Strains from Genomes That Have Been Cloned and Engineered in Yeast Science, 325 (5948), 1693-1696 DOI: 10.1126/science.1173759
One thing to consider in this respect is that nuclear DNA is far better protected from damage than mitochondrial DNA. Indeed, one root cause of aging is that our mitochondrial DNA is battered over the years by side-effects of the chemical reactions that produce ATP. This is not a problem suffered by nuclear DNA to anywhere near the same degree.
2. One more piece in the puzzle that is triple-negative breast cancer
The Cancer Research UK Science Update blog tells us about research on triple-negative breast cancer – those cases where patients have very low levels of receptors for the hormones oestrogen and progesterone, as well as the protein HER-2. Therefore, standard treatments acting on these pathways work poorly, and alternative therapies have to be developed. A combination of clever cell culture work (I have to quote that section below) and gene expression tests in triple negative cancer cells from patients found a gene called 53BP1 at the center. And it is connecting BRCA1, a gene responsible for hereditary forms of breast cancer, with p53, the so-called ‘guardian of the genome’.
To start with, the team studied laboratory-grown cells that lacked BRCA1. Although it seems a bit counter-intuitive (as BRCA1 is associated with cancer), these cells actually don’t grow very well because they can’t repair damage to their DNA. But, unlike these ‘artificial’ BRCA1-less cells, cancer cells with faulty BRCA1 also have faults in other genes that allow them to compensate, so they ignore DNA damage and grow out of control.
The scientists used a clever technique (called “insertional mutagenesis”) to randomly ‘hit’ genes in these BRCA1-deficient cells, stopping them from working, then looked for cells that started growing well. They discovered that when a gene called 53BP1 was damaged, in addition to faulty BRCA1, then the cells grew vigorously.
3. There is a LUCA after all
Douglas Theobald was interested in quantitative evidence addressing the probable origin of life on earth. Even back to Darwin, it was generally thought that all organisms go back to one common ancestor sometimes called LUCA (last universal common ancestor). But a lot of research in recent years showed that horizontal gene transfer (HGT) is widespread at least in prokaryotes. This could mean that instead of one common ancestor, there could have been several all interconnected by HGT. I should point out here that the question of one or more ancestors at the start of life does not have any influence on the processes happening afterwards, e.g. evolutionary theory. Code for Life writes about a recent paper by Theobald trying to find the probabilities of several models of ancestry. And it seems, at least from this paper, that a single common ancestor is much more probable than all the other models that were tested.
Using a model with the proteins taken together as a group (i.e. not considering horizontal gene transfer), a model with single ancestor was very strongly favoured despite that the proteins that have a HGT ancestry might confound the analysis.
When tested using a model that allowed the proteins in each class of life to evolve independently of the other, hence allowing for HGT events to be accounted for, this most often more strongly supported the model of a single common ancestor than the previous models.
Thus, this work does not argue against a “web” with extensive horizontal transfer in the earlier stages of the evolution of life; it strongly suggests is that such an initial web of life would arise from a single ancestry.
These are just some of the great posts on peer-reviewed science that appeared at researchblogging.org over the last week!
Eine Bitte an meine deutschsprachigen Leser: Wenn möglich, versucht bitte auf Englisch zu kommentieren, dass alle folgen können! Es geht dann hier auch wieder auf Deutsch im nächsten Post weiter, versprochen!
Bouwman, P., Aly, A., Escandell, J., Pieterse, M., Bartkova, J., van der Gulden, H., Hiddingh, S., Thanasoula, M., Kulkarni, A., Yang, Q., Haffty, B., Tommiska, J., Blomqvist, C., Drapkin, R., Adams, D., Nevanlinna, H., Bartek, J., Tarsounas, M., Ganesan, S., & Jonkers, J. (2010). 53BP1 loss rescues BRCA1 deficiency and is associated with triple-negative and BRCA-mutated breast cancers Nature Structural & Molecular Biology DOI: 10.1038/nsmb.1831
Theobald, D. (2010). A formal test of the theory of universal common ancestry Nature, 465 (7295), 219-222 DOI: 10.1038/nature09014
]]>Nicht wirklich meine Farbe, und auch nicht mein Schnitt. Schade. Wer bei ThinkGeek ist auf die Idee gekommen, dieses Hello Schröddy Shirt wollen nur Frauen anziehen? Naja, wenn schon ich das nicht kaufen kann, dann vielleicht wenigstens ein paar meiner Leserinnen!
Ich hab ja noch überlegt, ob ich den Witz erklären muss, dachte aber dass die Leser hier schon mal was von Schrödingers Katze gehört haben sollten. Und dann fällt mir ein: Können alle die Verbindung zum Schleifchen ziehen?
via den Couchpotatoes Podcast.
]]>In diesem Post soll es aber um etwas anderes gehen, nämlich meine Anreise nach England. Wer keine Rants lesen will hört am Besten hier auf.
Als Angesteller einer öffentlichen Einrichtung wie einer Uni, besonders als kleiner Doktorand, hält man sich besser an die Regeln, die für Dienstreisen aufgestellt werden. Das bedeutet unter anderem, nicht die Lieblingsfluglinie zu nehmen, sondern die für die Reise günstigste Variante. In meinem Fall bedeutete dies: Flughafen Karlsruhe nach Flughafen Stansted mit Ryanair. Na gut, das war nicht so schlimm, ich kann mit öffentlichen Verkehrsmitteln bis zum Flughafen fahren, und als Student habe ich eine netzweite Fahrkarte. Von Stansted nach Hinxton ist es dann auch nicht mehr weit. Und da der Workshop Montags beginnt, könnte ich doch schon Samstags fliegen, den Sonntag in London verbringen und dann nach Hinxton fahren – perfekt!
Und jetzt kommt das Problem: Anstatt wirklcih wie gebucht Samstags zu fliegen, ging der Flug erst Sonntag mittags, weil Ryanair ganz offensichtlich einen Scheiß auf seine Kunden gibt. Doch der Reihe nach: Samstag abend, geplanter Abflug 18:50 Uhr. Alle Passagiere sitzen im Flugzeug, alles ist fertig für den Start, sogar die Sicherheitsbelehrungen wurden schon durchgeführt. Doch das Flugzeug bewegt sich nicht. Nach ungefähr 10 Minuten meldet sich dann der Kapitän (umschrieben): “Wir haben ein kleines technisches Problem mit dem rechten Triebwerk, wir wissen noch nicht ob sie vielleicht alle aussteigen müssen oder nicht.” Natürlich müssen wir raus. Später höre ich dann von Leuten, die auf der rechten Seite des Flugzeugs saßen, dass zu der Zeit, als der Kapitän diese Durchsage machte, das Triebwerk heftigst qualmte, und die Flughafenfeuerwehr mit einem Löschzug und bereitgehaltenen Schläuchen drumherum stand.
Wir sind also wieder im Flughafengebäude. Uns wird gesagt, das Triebwerk wird repariert, und der neue Abflugzeitpunkt ist ca. 23:30 Uhr – fast fünf Stunden später als geplant! Laut europäischen Flugrichtlinien hat man als Fluggast bereits nach 2 Stunden Verspätund das Recht auf Essen, Getränke und ein Hotelzimmer. Also haben wir nach Essen und Getränken gefragt. Aber nein – wir werden erst nach Ablauf von 2 Stunden etwas bekommen, auch wenn jetzt schon absolut sicher feststeht, dass die Verspätung länger als zwei Stunden sein wird. Nach ungefähr 2,5 Stunden (genau…) haben wir dann Gutscheine für Verpflegung bekommen – über 5 Euro…
23:30 Uhr ist schon vorbei, kein Mensch kommt auf die Idee uns irgendetwas mitzuteilen. Gegen Mitternacht dann die Durchsage: An diesem Flughafen gibt es ein Nachtflugverbot, wir dürfen nicht mehr fliegen. Der neue Abflugzeitpunkt ist Sonntag, 12 Uhr. Okay, also in welchen Hotels werden wir untergebracht? Achso, in gar keinem! (auch wenn das europäische Regelungen vorschreiben…) Nein, Ryanair ist so großzügig, wir dürfen im Flughafengebäude bleiben, das normalerweise über Nacht geschlossen wird, und schlafen dürfen wir auf dem Boden. Dafür kriegen wir eine kleine Isomatte und eine dünne Decke. Naja, ein paar Leute jedenfalls. Ich hätte keine Decke mehr bekommen, weil nur 25 davon vorhanden waren! Heimfahren ist nicht, weil so spät keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr fahren, die Leute sitzen am Flughafen fest. Ich hatte noch ein wenig Glück, meine Schwester holte mich mitten in der Nacht vom Flughafen ab, und ich konnte die Nacht in einem richtigen Bett verbringen. Das bedeutete aber zwei ungeplante Fahrten zum Flughafen, ungefähr eine Stunde Fahrzeit in der einfachen Strecke.
Zum “Frühstück” gab es dann nochmal großzügige 5 Euro von Ryanair (also insgesamt 10 Euro für eine Verspätung von mehr als 17 Stunden!), und der Flug ging tatsächlich um 12. Bis ich dann Nachmittags in Stansted war, konnte ich mir allerdings den Tag in London sparen, ich fuhr direkt nach Hinxton. Die Übernachtung in London von Samstag auf Sontag, für die ich schon gezahlt hatte, war auch verloren.
Warum schreibe ich das alles? Weil ich sauer bin, natürlich. Aber auch, weil Ryanair meint, sich nicht an ziemlich deutlich formulierte Regelungen halten zu müssen, was Flugausfälle und Verspätungen angeht. In Frankfurt Hahn sind viele Flugzeuge von Ryanair stationiert, in Stuttgart wie ich hörte ebenso. Selbst wenn also die Reparatur bis 23:30 Uhr geklappt hätte, in kürzerer Zeit hätte ein Ersatzflugzeug nach Karlsruhe geflogen werden können. Ryanair wollte das offensichtlich nicht. Also lassen wir unsere Fluggäste fast einen ganzen Tag warten. Und in so einer Situation nicht mal die grundlegendsten Mittel zur Verfügung zu stellen, ist einfach unter aller Sau. Ich nehme an, es ist insgesamt billiger, ein paar wenige Nachforderungen zu bezahlen, als jedem Fluggast das zu geben, was ihm nach europäischen Regelungen zusteht. Ich habe glücklicherweise, weil es sich um eine Dienstreise handelt, die Rechtsabteilung des KIT hinter mir. Ich werde also den Sachverhalt weitergeben, und auf eine schmerzhafte Strafe für Ryanair hoffen. Doch selbst wenn daraus nichts wird, ich habe nun eine gute Begründung, warum ich mit dieser Fluglinie nicht mehr fliegen werde, sondern teurere Alternativen wähle. Und ein paar der Leser hier kann ich hoffentlich auch überzeugen, dass sie lieber freiwillig ein paar Euro mehr zahlen, als sich so einer Tortur auszusetzen.
]]>Ich hatte mich mit meinen Abstracts sehr weit aus dem Fenster gelehnt und musste innerhalb der letzten beiden Wochen speziell für meinen “Hauptvortrag” sehr viel arbeiten.
Morgen geht es los, meine Vorträge (es sind zwei) sind zwar nicht perfekt, aber ich stelle hiermit die Arbeit ein.
Wer sich dafür interessiert, kann sich den
ansehen. Er wurde in einer Methoden-Session platziert, was sicher Sinn macht. Leider fehlt mir etwas die Zeit um bei dem Anova-slide das wirkliche Modell in die Grafik zu plotten.
Der
zu meinem bereits publizierten Paper hat mich dazu veranlasst mich nochmals besonders mit den Regressions-Modellen zu beschäftigen. Allerdings bin ich selbst nach drei Wochen Kurs auf keinen grünen Zweig gekommen. Ich musste mich wie schon bei der Publikation damit abfinden, dass aus manchen Daten vielleicht einfach nicht viel mehr rauszuholen ist.
Also bei beiden Vorträgen etwas Mut zum Imperfektionismus…
]]>Hier, das ist am äußersten Zipfel der Monterey-Halbinsel in den Asilomar Conference Grounds. Dabei handelt es sich um eine weitläufige Anlage mit darin verteilten Häusern für die Übernachtung, und größeren Gebäuden für Essen und Talks. In Richtung Pazifik liegt zwischen meiner Unterkunft und dem Strand noch ein Naturschutzgebiet mit Dünen für entspannte Spaziergänge zwischen den Sessions, wenn man mit den Kollegen diskutieren will.
Hier in Asilomar wird viel Wert auf die Philosophie gelegt, dass Wissenschaftler am besten denken können, wenn sie möglichst wenig Ablenkung haben. Das beudetet: Keine Fernseher, Telefone und Internet nur im Common Room im Haupthaus. Das ist aber gar nicht so schlimm, denn die Philosophie wirkt. Man schnappt sich in den Pausen einfach einen Kollegen und spaziert unter den Bäumen, oder in den Dünen. Ich bin jetzt erst seit Dienstag hier, aber hatte schon ein paar Gespräche mit den big players auf meinem Gebiet. Das ist etwas, das ich von anderen Meetings bisher nicht kannte – die Gruppenleiter bleiben meist unter sich und klären Strategien ab und so, und die Doktoranden erzählen sich am Poster von den Grabenkämpfen mit den Details ihrer Arbeiten.
Auf einen Teil des Meetings freue ich mich übrigens besonders. Am Donnerstag abend wird die Meeting Party stattfinden, und zwar im berühmten Monterey Bay Aquarium, das mit dem Auto nur wenige Minuten entfernt ist. Das tolle an diesem Aquarium ist, dass es mit einer meeresbiologischen Forschungseinrichtung verbunden ist: Das Monterey Bay Aquarium Research Institute ist bekannt für seine Tiefseeforschung, hauptsächlich im vor der Monterey Bay gelegenen Graben. Ich hoffe also auf die Möglichkeit, Tiere aus der Tiefsee einmal mit eigenen Augen zu sehen, und nicht nur am Bildschirm, wenn sie von Tiefseekameras gefilmt wurden.
Falls ich übrigens in nächster Zeit nichts mehr schreiben sollte, dann könnte es daran liegen dass ich dummerweise statt zu winken lieber geknipst habe…
]]>Das geht bei der gefährlichsten Art von DNA-Schaden aber nicht. Entstehen zwei Brüche im Rückgrat der DNA nahe beieinander auf beiden Strängen, hat man einen Doppelstrangbruch (DSB). Die Reparaturproteine wissen nun nicht, ob (und was!) sich zwischen den freiliegenden Enden der DNA befunden hat. Die freien Enden sind nämlich unter anderem Proteinen ausgesetzt, die die DNA vom Ende an abbauen, es findet also oft an einem DSB ein Sequenzverlust statt. Und was, wenn mehrere DSBs gleichzeitig vorhanden sind, vielleicht noch auf verschiedenen Chromosomen? Welche Enden gehören zusammen? Trotz all diesen Schwierigkeiten ist die Standardstrategie bei vielen Organismen, die Enden einfach wieder zusammenzuflicken. Das können sie unter anderem deshalb ungestraft machen, weil ein großer Teil ihres Genoms aus genetischem Gerümpel besteht, bei dem eventuelle Mutationen keine große Rolle spielen. Die alternative Strategie setzt auf das Kopieren von gleichen Sequenzen von woanders aus dem Genom. Da wir jedes Chromosom doppelt besitzen (eins vom Vater, eins von der Mutter), kann die sogenannte homologe Rekombination (HR) beispielsweise die Sequenzinformation vom mütterlichen Chromosom nutzen, wenn das väterliche einen DSB hat. Dieser Vorgang ist erstmal sicherer für die Sequenz, allerdings auch ungleich komplexer durchzuführen, als einfach die Enden aneinander zu pappen [1].
Wenn der Schaden zu groß ist
Es kommt trotzdem immer wieder vor, dass die Zelle nicht in der Lage ist, den Schaden an der DNA zu reparieren. Anstatt nun das Problem zu verschlimmern, indem diese geschädigte Zelle den Schaden an der DNA nach einer Teilung auf die Tochterzellen weitergibt, oder durch Mutationen in wichtigen Genen das Entstehen von Krebs riskiert, begeht sie lieber selbstlos Selbstmord, zum Wohl der Billionen anderer Zellen im Körper. Dieser programmierte Zelltod, auch Apoptose genannt, ist nicht ein simples Absterben einer Zelle! Signale vom Inneren und Äußeren der Zelle stoßen komplexe Signalwege an, an deren Ende dann die Zelle ihren Inhalt möglichst “umweltfreundlich” vernichtet: Proteine werden abgebaut, die DNA wird in kleine Stücke geschnitten, am Ende verpackt die Zelle ihren restlichen Inhalt in kleine Pakete, die von Zellen des Immunsystems aufgenommen werden können. So werden die Zellen drumherum nicht mit dem Müll der nun toten Zelle belastet. Eine zentrale Rolle während der Apoptose spielt die Proteinfamilie der Caspasen. Dies sind Proteine, die andere Proteine an bestimmten Stellen schneiden können. Der Sinn ist hier allerdings erstmal nicht der Abbau dieser geschnittenen Proteine, dafür sind die Stücke zu groß (und es gibt effizientere Möglichkeiten für den Proteinabbau). Dies soll vielmehr der Absicherung der Zelle dienen, um die Apoptose auch wirklich nur dann anzuwerfen, wenn es nicht mehr anders geht. Denn ist die DNA erst geshreddert, gibt es kein zurück mehr! So stehen beispielsweise in der Signalkette mehrere Caspasen hintereinander, von denen eine die nächste aktiviert, indem sie sie an einer bestimmten Stelle schneidet (die Caspase-Kaskade). Erst am Ende finden sich dann diejenigen Caspasen, die mit dem Schneiden (und Aktivieren) von Zielproteinen Prozesse wie den DNA-Abbau einleiten.
Die Caspase-3 ist eine klassische dieser sogenannten Effektorcaspasen, und unter den Zielproteinen, die sie aktiviert, befindet sich das Protein CAD (Caspase-activated DNase). Das ist normalerweise inaktiv, weil ein zweites Protein, ICAD (Inhibitor von CAD), fest daran gebunden ist und es in seiner Funktion hemmt. Wird die Caspase-3 aktiv, so schneidet sie ICAD, das sich dadurch von CAD löst; die Caspase-3 hat also indirekt CAD aktiviert. CAD kommt nun seiner Funktion nach: es bindet an die DNA im Zellkern und zerschneidet sie. In viele kleine Stücke. Gleichzeitig wird natürlich die DNA-Reparatur unterdrückt, nicht zuletzt auch durch den Abbau der Proteine in der sterbenden Zelle.
Caspasen in Stammzellen?
Diese Geschichte von Schäden an der DNA, ihrer Reparatur oder dem Selbstmord der betroffenen Zelle habe ich aber nicht nur erzählt, weil sie für sich alleine schon spannend ist. Sie war als Hintergrund für sehr überraschende Forschungsergebnisse aus der letzten Woche notwendig. In der Arbeit von Brian D. Larsen und Kollegen ging es eigentlich um den Anfang im Leben einer Zelle, nicht ihrem Ende: Stammzellen sind ja in den letzten Jahren immer wieder in den Schlagzeilen, auch aufgrund der vielen Vorteile, die man sich aus medizinischen Anwendungen erhofft. Der Grund für diese Hoffnungen liegt darin, dass Stammzellen in ihrem Schicksal noch nicht festgelegt sind, sie können viele verschiedene Arten von Körperzellen bilden. Bräuchte man in Zukunft einmal beispielsweise Hautzellen, müsste man dafür nicht mehr Hautstücke anderswo am Körper entfernen, oder gar von anderen Körpern (mit der Gefahr von Abstoßungsreaktionen). Man könnte einfach Stammzellen dazu anregen, sich auf das Schicksal “Hautzelle” festzulegen und die im Labor gewachsene Haut dann transplantieren. Diese Einschränkung im Potential einer Zelle bezeichnet man als Differenzierung, und sie erfordert umfangreiche Anpassungen, welche Gene an- und welche abgeschaltet sind. Eine Hautzelle benötigt nunmal andere Proteine als etwa eine Nervenzelle.
Aus diesen Gründen wird verständlicherweise versucht herauszufinden, welche Signale und Vorgänge in der Zelle für die Differenzierung verantwortlich sind: hier muss man ansetzen, wenn man einer Stammzelle ein bestimmtes Schicksal vorgeben will.
Absichtlich die DNA beschädigen für die Weiterentwicklung
In einer Arbeit von vor wenigen Jahren wurde bereits gezeigt, dass die Caspase-3 eine zentrale Rolle in der Einleitung der Stammzelldifferenzierung spielt. Wird sie in Stammzellen ausgeschaltet, unterbleibt die Differenzierung. Das war für sich schon extrem überraschend – Caspasen sind wie gesagt normalerweise beschränkt auf die Apoptose, und gerade die Caspase-3 als Effektorcaspase steht ja am Ende der apoptotischen Signalwege, direkt vor der Aktivierung von Protein- und DNA-Abbau. Was so ein “Todesengel” so früh im Leben einer Zelle zu tun hat, war zunächst überhaupt nicht klar! Man dachte, dass die Caspase in Stammzellen, außerhalb der Apoptose, vielleicht durch spezifisches Schneiden wichtige regulatorische Proteine der Differenzierung aktiviert. Brian D. Larsen und seine Kollegen zeigten nun aber, dass die Caspase-3 zur Einleitung der Differenzierung auch genau das macht, was sie während der Apoptose macht: sie schneidet ICAD, was CAD aktiviert. Und ist die DNA-Schere CAD erst mal losgelassen, macht sie auch das, was sie am Besten kann, nämlich die DNA schneiden. Erstaunlicherweise sterben die so getrietzten Zellen nicht ab, sondern beginnen mit der Differenzierung.
Und wieso das Ganze?
Die Frage ist jetzt, wie das alles gehen soll. Und hier bleibt das Paper leider sehr oberflächlich. Die Doppelstrangbrüche, die CAD in der DNA verursacht, finden ziemlich sicher an zufälligen Stellen im Genom statt, das Protein hat keine Vorliebe für bestimmte Positionen entlang der DNA. Ein Verhalten wie bei der Ausbildung der großen Variabilität der Antikörper unseres Immunsystems, der V(D)J-Rekombination, scheint also nicht bei der Differenzierung vorhanden zu sein [2]. Die erzeugten Brüche werden auch relativ zügig (nach 24 bis 48 Stunden) wieder durch die regulären DNA-Reparaturwege geschlossen – extreme chromosomale Veränderungen zwischen Stammzellen und ihren ausdifferenzierten Tochterzellen durch fehlerhafte Reparatur wären ziemlich sicher bereits vor Jahren aufgefallen. Wozu das Ganze also, warum die Zelle gefährden durch absichtlich herbeigeführte DNA-Schäden?
Die Gruppe um die Chefin Lynn A. Megeney hat sich ein Kandidatengen, p21, herausgepickt das hier beteiligt sein könnte – ein educated guess sozusagen. Und mit p21 haben sie auch einen Treffer gelandet: Stammzellen durchlaufen den Zellzyklus, die Abfolge von Prozessen in der Zelle, die für eine Zellteilung nötig sind. Ist eine Zelle ausdifferenziert, teilt sie sich in der Regel auch nicht mehr, sie muss also den Zellzyklus anhalten. p21 ist ein solcher Inhibitor des Zellzyklus, und es wird während der Differenzierung von Stammzellen normalerweise auch aktiviert. Die Forscher konnten nun zeigen, dass diese Aktivierung ausbleibt, wenn CAD nicht funktioniert. Offenbar ist der Promotor von p21, der “Schalter” des Gens, über den dessen Aktivität reguliert wird, ein häufiges Schnittziel von CAD [3]. Die Reparatur dieses DSB in der Nähe von p21 führt dann erst zu dessen Aktivierung. Da die Forscher ganz gezielt den Promotor von p21 auf DSBs angesehen haben wissen wir leider nicht, ob noch weitere Promotoren von für die Differenzierung wichtigen Genen gezielt geschnitten und so aktiviert werden. Oder ob vielleicht sogar diese ganze recht komplexe Aktion samt vielen gefährlichen DSBs nur für diesen einen Schnitt im p21-Promotor durchgeführt wird. So unmöglich ist der Gedanke gar nicht, die Evolution ist nun mal kein Designer, sondern ein Bastler der das nimmt, was gerade zur Hand ist [4]. Zum Ende muss ich all dem allerdings auch einen kleines “aber” verpassen: die Arbeit wurde nur mit einer einzigen Zellkulturlinie durchgeführt. Es wäre also auch möglich, dass wir es hier mit einem obskuren Mechanismus zu tun haben, der nicht repräsentativ für andere Zelllinien oder den Stammzellen im Körper ist.
Diese Einschränkung mal Außen vorgelassen, bin ich immer wieder überrascht, dass Zellen an mehreren Stellen unabhängig voneinander auf die Idee kamen, ihre eigene DNA mit Doppelstrangbrüchen gefährlich zu schädigen, ihren Tod riskieren, um ganz unterschiedliche Vorgänge bewerkstelligen zu können. Bei der Möglichkeit, die Probleme auch anders zu lösen, erwarte ich erstmal die risikolosere Variante. Aber DNA-Reparatur und -Rekombination, wohin man in der Zelle sieht, das freut mich natürlich, das macht meine Arbeit so spannend. Ich freue mich deshalb auch schon auf die weiteren Untersuchungen in die Rolle der Doppelstrangbrüche in der Stammzell-Differenzierung!
[1] Vereinfacht ausgedrückt. Wird die HR nicht genauestens reguliert, kann das Ganze grandios nach hinten losgehen. Davon dann aber mehr in einem anderen Post.
[2] Bei der werden an bestimmten Stellen im Genom DSBs erzeugt, so dass verschiedene Varianten von Antikörperfragmenten um den Bruch herum zu einem einzigartigen vollständigen Antikörpergen zusammengebaut werden können.
[3] Ich weiß, über das gesamte Genom betrachtet scheint CAD an zufälligen Stellen zu schneiden. Das Paper klärt das Problem nicht auf. Vielleicht existieren weitere Proteine, die CAD zusätzlich zum zufälligen Schneiden der DNA an eine oder mehrere ganz bestimmte Stellen holen, die für die Differenzierung unbedingt geschnitten werden müssen.
[4] “Evolution is a tinkerer.” Francois Jacob, frz. Biochemiker und Nobelpreisträger.
Bildquellen:
Apoptotische Zelle: wellcome images/flickr (CC by-nc-nd 2.0)
Apoptoseschema: AJC1/flickr (CC by-nc-sa 2.0)
Larsen, B., Rampalli, S., Burns, L., Brunette, S., Dilworth, F., & Megeney, L. (2010). Caspase 3/caspase-activated DNase promote cell differentiation by inducing DNA strand breaks Proceedings of the National Academy of Sciences DOI: 10.1073/pnas.0913089107
]]>und
.
Besonders ist dieses mal, dass es im Text auch zwei Stellen gibt, an denen eine Berechnung nicht erklärt werden kann, Mick Crawley konnte mir hier auch nicht weiter helfen…
Wer eine Antwort darauf hat woher die “MYSTERY-numbers” kommen, sollte das bitte in den Kommentaren erklären.
und
.
Als Erklärung zum reißerischen Titel:
Es geht um “Verschachtelte”(Nested) Analysedesigns, die für schlecht in Statistik ausgebildete Wissenschaftler eine große Gefahr darstellen. In den Datensätzen ist Pseudoreplikation enthalten, Abhängigkeit der Errors vermeidlicher Wiederholungen. Da kann man sich vor Reviewern, Konferrenz-Publikum und Studenten schnell lächerlich machen…
Noch schlimmer: Bei schlechten experimentellen Design ist sehr leicht Zeit und Geld zu verschwenden.
und
.
Einer der letzten Teile zur “Statistik mit Identity-link” in Mick Crawleys R-Kurs.
Nach einem Praktikumsteil über “Verschachtelte”(Nested) Analysedesigns, den ich morgen fertig haben werde, bleibt nur noch multiple Regression und möglicherweise ein kurzer Rückblick auf Kontraste in der faktoriellen Anova/Ancova für übermorgen. Danach geht es dann los mit glms.
und in der
kann man sich anschauen, was ich als Gedächtnisstütze und zum Testen meines Verständnisses code und texte.
Dass damit das Thema Anova noch nicht abgeschlossen ist dürfte einleuchten: Es fehlen noch wichtige Themen wie Kontraste und Varianzkomponenten.
Ich werde diese später in andere Themenbereiche einbauen oder einen Teil 3 der Anova schreiben.
Insgesamt werde ich wohl erst am Ende Ordnung in alles bringen können. Ich wollte für meine Doktorarbeit sowieso noch lernen, wie man große Sweave-Dokumente aus Einzelteilen baut. In der Zwischenzeit freue ich mich über Kommentare, Anregungen und jeden gefundenen Fehler.
Varianzanalyse (Anova) und Kovarianzanalyse (Ancova) hier als
und
.
Ich rechne alle notwendigen Quadratsummen und die daraus folgenden Varianzen “von Hand”. Während diese Übungen eigentlich eher konzipiert waren um R im Taschenrechner-Stil zu benutzen, habe ich versucht bis zu den Quadratsummen halbwegs generelle Funktionen zu benutzen.
Vielleicht werde ich das bei Gelegenheit mal noch weiter treiben und die einzelnen Schritte für Varianzen, F-Werte und Wahrscheinlichkeiten auch noch in Funktionen zu paken.
Ich habe Anova und Ancova in ein Dokument gepackt, da die erste Übung der jeweiligen Praktikumstage auf dem gleichen Datensatz basierte. Für beide Themen wird es noch einen gesonderen Zweiten Teil geben, der jeweils komplexere Daten mit den in R verfügbaren Mitteln analysiert.
]]>oder dem
kann man sich ansehen wie das in R gemacht werden kann.
Das ganze ist eher der langweilige Teil der Übungen zur Regression und ich habe ihn nur der Vollständigkeit halber nachgeholt. Morgen geht es weiter mit Anova und Ancova, wo ich mich mit meinem eigenen Code dann auch wieder weniger an die Vorgaben des Praktikums halte.
]]>und die
.
Viel Spass damit! Ich freue sowohl über generelle Rückmeldung, ob man dem Mitschrieb als Außenstehender folgen kann, als auch über jeden gefunden Fehler!
]]>werfen, oder sogar in den
.
]]>Das Ergebnis der Wissenschaftsblogs-Auslese 2009 ist da, und ich bin überrascht, denn ein Post von mir hat es tatsächlich unter die 14 besten Artikel geschafft!
Überrascht bin ich, weil der Artikel über Krebs, beziehungsweise dessen Fehlen bei Nacktmullen, der am heftigsten diskutierte Post auf Alles was lebt ist – obwohl es darin weder um Esos noch Fahrradhelme geht, sondern um Wissenschaft, die in einem Journal mit peer review veröffentlicht wurde. Der Text war also wohl doch nicht so schlimm, wie es manche Kommentatoren fanden.
Ich bin aber noch mehr überrascht, weil ich letztes Jahr gewiss nicht Zeit für viele Posts hatte. Die Ideen waren da, mir fehlte leider die Zeit das auch zu schreiben! Und da viele Posts = mehr Chancen nominiert zu werden, hatte ich mir eigentlich nicht sehr viele Hoffnungen für die Auslese 2009 gemacht. Naja, better luck next year dachte ich mir halt.
Umso mehr freut es mich, dass es auch 2009 mit der Auslese geklappt hat! Aber ich will nicht nur ständig von meinem Post in der Auslese schreiben – die 13 anderen Posts sind zu Recht auch ausgezeichnet, also schnell rüber zur Liste mit den Gewinnern, und alle Einträge lesen!
Vielen Dank an Lars, Marc und die Juroren für die Mühe mit der Auslese!
Und nachdem ich ja schon gejammert habe über zu wenig Zeit zum Bloggen, mache ich es mir für den Rest dieses Posts auch einfach. Ich stelle den Artikel “Was uns Forschung an Pflanzen über Parasiten sagt” von meinem alten Blog hier rein, mit dem ich es in die Auslese 2008 geschafft habe. Das ist ganz praktisch, denn für einen neuen Post kann ich mir dann ein wenig Hintergrund sparen!
Was uns Forschung an Pflanzen über Parasiten sagt
Ich bin vor ein paar Tagen über ein Paper gestolpert, eher durch Zufall. Es ist auch schon ein paar Monate alt. Als ich dann aber so da lag und mein Knie rieb (OK, der war flach…), kam mir der Inhalt des Artikels immer interessanter vor. Denn es verbindet tatsächlich auf seinen wenigen Seiten so grundverschiedene Themen wie Pflanzenphysiologie, Parasitologie, Evolution und (Tropen)medizin [1]. Ich denke ich werde den Hintergrund auch mal in der Reihenfolge angehen.
Was hat das mit Pflanzenphysiologie zu tun?
Phytohormone sind sind pflanzliche Botenstoffe, die Wachstum und Entwicklung des Organismus regulieren. Sie wirken also ähnlich wie tierische Hormone, Endokrinologen kriegen bei der Bezeichnung trotzdem ne Gänsehaut vor Ekel. Die klassischen Phytohormone sind, mit sehr unterschiedlichen und teils gegensätzlichen Wirkungen, Auxine, Cytokinine, Gibberelline, Ethylen und die Abscisinsäure [2]. Wichtig für das Paper ist die letztgenannte Abscisinsäure (ABA, vom englischen abscisic acid).
Ihrer Biosynthese nach ist die ABA ein Sesquiterpen (woher dieser komische Name kommt ist noch wichtig, wird gleich erklärt, versprochen!). Eine ihrer wichtigsten Eigenschaften versteckt sich schon in ihrem Namen, sie ist nämlich für die Abszission (also den Abwurf) der Blätter und Früchte verantwortlich. ABA ist ein inhibitorische Phytohormon, das die wachstumsfördernden Signale anderer Phytohormone unterdrückt. So werden neben Laubfall auch Prozesse wie Alterung, Blütenbildung, Samenruhe und viele weitere streng reguliert.
Und jetzt Parasiten?
Der Stamm der Apicomplexa umfasst viele einzellige Eukaryoten, die alle als tierische Parasiten leben. Bekannte Vertreter dieses Stammes sind Plasmodium-Arten, die Malaria hervorrufen, Toxoplasma gondii (Toxoplasmose), Babesia sp. (Babesiose) oder Cryptosporidium sp. (Kryptosporidiose). Üblicherweise haben Apicomplexa einen komplexen Lebenszyklus, der sowohl sexuelle als auch asexuelle Reproduktion in verschiedenen Wirten umfasst. Zudem findet normalerweise zumindest ein Stadium der Entwicklung innerhalb der Zellen des Wirtes statt (etwa in roten Blutkörperchen bei den Malaria-Erregern Plasmodium).
Alleine mit Malaria werden jährlich weltweit etwa 300 – 500 Millionen Menschen neu infiziert, 1,5 – 2,7 Millionen Menschen sterben an der Infektion.
OK, jetzt zur Evolution!
Das hat mit der Endosymbiontentheorie von Lynn Margulis zu tun. Es geht dabei um die Frage, wie aus den Zellkern-losen Bakterien (Prokaryoten) die Organismen mit Zellkern (Eukaryoten, also Pflanzen, Pilze und Tiere) entstanden. Die Endosymbiontentheorie besagt, dass ein Bakterium oder ein früher Eukaryot ein anderes Bakterium (wahrscheinlich ein α-Proteobakterium) in seine Zelle aufnahm. Doch anstatt es wie üblich zu verdauen gingen beide eine Symbiose ein. Aus diesem Endosymbionten wurde schließlich das Organell der Eukaryoten, das oft auch als das “Kraftwerk der Zelle” bezeichnet wird, das Mitochondrion. Bei der Entwicklung der Pflanzen kam es zu einer weiteren Endosymbiose. Ein früher Eukaryot, der bereits Mitochondrien besaß, nahm ein anderes Bakterium in die Zelle auf, ein zur Photosynthese fähiges Cyanobakterium. Daraus entstanden die Plastiden, also Zellorganelle der Pflanzen, die sich beispielsweise zu Chloroplasten entwickeln und den Pflanzen ihre photosynthetischen Eigenschaften geben.
Diese Überlegungen sind mittlerweile auf zahlreichen Ebenen gut abgesichert. So besitzen sowohl Mitochondrien, als auch Plastiden in den Zellen eigene kleine Genome. Die Gene passen aber nicht zu eukaryotischen, sondern zu prokaryotischen Genen! Außerdem ist das komplette System um die DNA herum (Replikation, Transkription und Translation) nach bakteriellem Vorbild aufgebaut.
Zurück zu unseren Parasiten
Was ich eben beschrieben habe, nennt man primäre Endosymbiose, also die Aufnahme eines Bakteriums in die Zelle, aus der sich ein symbiotisches Zellorganell entwickelt. Verschiedene Arten sind aber noch einen Schritt weitergegangen, darunter auch die Apicomplexa: Bei einer sekundären Endosymbiose wird ein Eukaryot in die Zelle aufgenommen, der bereits einen primären Endosymbionten enthält! Der Name der Apicomplexa kommt von einem solchen sekundären Endosymbionten, denn sie besitzen an der Spitze (api-) der Zelle ein Organell namens Apicoplast, das auf eine einzellige Alge zurückzuführen ist. Das bedeutet letztlich, dass diese Tiergruppe eine einzellige Pflanze in ihre Zellen aufgenommen hat! Sehr deutlich wird das, wenn man sich das Genom des Apicoplasten ansieht – es enthält pflanzliche photosynthetische Gene [3].
Ebenfalls enthalten im Genom des Apicoplasten ist ein kompletter Syntheseweg, den man nur in Pflanzen findet: Der alternative Weg zur Synthese von Isoprenioden (alternativ auch als Terpenoide bezeichnet), oder DOXP/MEP-Weg [4]. Über diesen Weg werden jede Menge wichtige Stoffe hergestellt, beispielsweise Carotinoide , Steroide, Gibberelline, und eben auch die Abscisinsäure. Da Apicomplexa die einzigen Tiere sind, die diesen eigentlich pflanzenspezifischen Weg besitzen, wurde er schnell als ein gutes Ziel zur Bekämpfung dieser Parasiten erkannt. Malaria wird bespielsweise mit Fosmidomycin bekämpft, das ein zentrales Enzym des DOXP/MEP-Weges hemmt.
Jetzt endlich zum Paper
Nachdem nun also alle nötigen Vorkenntnisse da sind will ich wenigstens kurz was zu dem Paper selbst sagen ;-). Kisaburo Nagamune und Kollegen untersuchten aufgrund dieses Wissens den Parasiten Toxoplasma gondii auf mögliche molekulare Mechanismen in Verbindung mit ABA.
Calcium ist ein wichtiges zelluläres Signal in Tieren und Pflanzen, über das verschiedenste Signalwege reguliert werden. Im Artikel konnte gezeigt werden, dass T. gondii in seinem Apicoplasten ABA produziert, und dass deren Menge die Calcium-Konzentration in der Zelle reguliert. Die außerliche Gabe von ABA führte ebenfalls zu einer konzentrationsabhängigen Zunahme der Calciumkonzentration, und hatte außerdem die üblichen Folgen von Calciumsignalen in dem Parasiten, unter anderem das Verlassen der Wirtszelle (wie gesagt, Apicomplexa leben in einem ihrer Stadien innerhalb der Zellen des Wirtes).
Ein gut bekanntes Herbizid ist Fluridon, das über die Hemmung der ABA-Synthese zum Absterben von Pflanzen führt. Dies haben die Autoren auch auf T. gondii getestet, und konnten ein entsprechendes Verhalten des Parasiten zeigen: Weniger Calcium, darum auch keine der davon abhängigen Signale, und letztendlich auch kein Verlassen der befallenen Zelle durch den Parasiten. Dies hat eine sehr wichtige Folge, da sich der Parasit dadurch nicht mehr im Wirtsorganismus selbst ausbreiten kann, und auch keine Nachkommen etwa über den Kot des Wirts in die nächste Runde des Fortpflanzungsmechanismus schicken kann! Dies zeigte sich gut im Tierversuch: Bereits nach 13 Tagen waren ca. 80% der mit T. gondii infizierten Mäuse gestorben, während fast alle der zusätzlich mit Fluridon behandelten Mäuse überlebten. Da Fluridon wie gesagt ein bereits als Herbizid eingesetzter Stoff ist, sind Daten zur Gefährlichkeit gegenüber Tieren vorhanden. Da der gesamte Stoffwechselweg in Tieren (außer Apicomplexa natürlich) nicht vorhanden ist, ist auch Fluridon nur wenig toxisch in Säugern. Dies zeigt also zu einem sehr vielversprechenden Kandidaten, mit dem sich Infektionen von Toxoplasma, aber sehr wahrscheinlich auch anderen Apicomplexa wie Plasmodium, bekämpfen ließen. Bedenkt man das enorme Ausmaß an jährlichen Neuinfektionen und Todesfällen, die auf die Apicomplexa zurückzuführen sind, stellt diese Entdeckung einen neuen Hoffnungsschimmer dar.
Toxoplasma tötet nicht direkt, aber!
Abschließend will ich noch auf interessante Beobachtungen im Zusammenhang mit Toxoplasma eingehen. Über die Malariaerreger Plasmodium sp. ist bereits viel bekannt. Das ist für T. gondii nicht der Fall, weil infizierte Menschen oft symptomlos sind, oder nur leichte grippeähnliche Symptome zeigen. Eigentlich sind Katzen der Endwirt von Toxoplasma. Nur in ihren Körpern kann er sich sexuell fortpflanzen und somit den komplexen Reproduktionskreislauf schließen. Als Zwischenwirt dienen Nager, Katzen infizieren sich mit Toxoplasma, indem sie infizierte Nager erlegen. Anders als Plasmodium lebt T. gondii aber nicht in roten Blutkörperchen, sondern im Zwischenwirt (und im Fehlwirt Mensch) in Muskeln und Gehirn. Und gerade im Gehirn beeinflusst der Parasit seine Chancen, vom Endwirt Katze aufgenommen zu werden. So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass Nager normalerweise eine Angstreaktion zeigen, wenn sie Katzenurin riechen, und flüchten. Diese Reaktion wird von Toxoplasma unterdrückt, so dass die Wahrscheinlichkeit eines infizierten Nagers viel größer wird, von einer Katze gefressen zu werden.
Diese Beobachtung ist die Basis für die Vermutung von Forschern wie Kevin Lafferty in einem Artikel von 2006, dass Toxoplasma auch das Verhalten von infizierten Menschen beeinflussen könnte. Und es sind gar nicht so wenige Menschen mit dem Parasiten infiziert als man vielleicht denkt: In Deutschland besitzen etwa 60% der Bevölkerung Antikörper gegen Toxoplasma, waren also in ihrem Leben schon mindestens einmal damit infiziert. Die akute Infektionsrate ist zwischen den Ländern unterschiedlich. In Großbritannien sind ca. 7% der Bevölkerung akut infiziert, während es in dem wärmeren und feuchteren Klima Brasiliens fast 70% sind! Eine Beeinflussung des Verhaltens durch den Parasiten bei einer so hohen Infektionsrate wäre wirklich enorm.
Womit wir in das Reich der nicht unumstrittenen Beobachtungen kommen. Aufgrund von Korrelationsstudien zwischen Ländern konnte Lafferty zeigen, dass das Vorkommen von Neurotizismus in vielen Ländern mit dem Level an Toxoplasma-Infektionen korreliert. In Ländern mit einer hohen Infektionsrate war auch eher eine männliche Orientierung der Gesellschaft auf Arbeit, und Geld statt Menschen und Beziehungen festzustellen.
Wie gesagt, hierbei handelt es sich nur um Korrelationen, und es steht keinesfalls fest, dass eine Infektion eines Menschen direkt dessen Verhalten beeinflusst. Schließlich könnte es sich hier auch einfach um einen Zufall handeln, bei dem die äußeren Bedingungen wie das Klima, die eine Infektion mit Toxoplasma fördern, auch bestimmtes menschliches Verhalten bevorzugen. Trotzdem ist das ein sehr spannender Gedanke, dass ein einfacher Parasit, der eigentlich gar nicht in den Menschen will, ganze Gesellschaften beeinflussen könnte!
[1] Demnächst vielleicht dann auch Medizin der mittleren Breiten. Die Tigermücke Aedes albopictus, Vektor von Viruserkrankungen wie Chikungunya und dem Gelbfieber, hat es schon über die Alpen geschafft.
[2] Mittlerweile ebenfalls etabliert sind Brassinosteroide und Jasmonate.
[3] Diese Gene sind aber in den Apicomplexa inaktiv. Dort wo die sich aufhalten (im Körper anderer Tiere) kommt eh nicht so viel Licht an.
[4] in lang wäre das 1-Deoxy-D-Xylulose-5-Phosphat/2C-Methyl-D-Erythritol-4-Phosphat-Weg. Darum lieber die Abkürzung…
Bildquellen:
Abscisic acid: Charlesy/Wikipedia
Endosymbiontentheorie: Sabine Schmidt, Gravity Research Group Uni Kiel
Fluridon: Cvf-ps/Wikipedia
» von Alexander Knoll
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‘where heaven was is bare beyond imagining’ Science poetry on London Underground https://twitpic.com/12k9sb
bin ich heute morgen auf eine tolle Aktion in den U-Bahnen in London aufmerksam geworden. Zum 350. Jahrestag der ältesten wissenschaftlichen Gesellschaft, der Royal Society, hägen dort nämlich sechs verschiedene Gedichte, die sich mit Wissenschaft beschäftigen.
Obwohl auch Gedichte mit biologischem Bezug dabei sind, hat mich eben dieses getwitterte Gedicht von Jamie McKendrick über Raumfahrt ganz besonders berührt, vor allem der letzte Satz:
What once had been
where heaven was, is barren beyond imagining,
and never so keenly as from out there can
the lost feel earth’s the only paradise.
Ein PDF mit allen sechs Gedichten kann man sich hier runterladen!
]]>und
.
Besonders bei den Beispielen “so sollte man das im Paper wiedergeben” (Standard Error und Confidece Interval) sind die Sweave in-line “Sexpressions” einfach nur schön!
Das ganze System und auch das Veröffentlichen hier wird mir sehr helfen sicherzustellen, dass ich auch wirklich alles ordentling verdaut hab.
]]>Ich löse die R-Aufgaben der praktischen Sessions innerhalb von Sweave Dokumenten und möchte in den nächsten drei Wochen hier immer wieder diese Dokumente mit einem kurzen Begleitext veröffentlichen.
Die Daten-Dateien, sind hier von der Seite zu Crawley’s R-book herunterzuladen. Das Sweave-Dokument (oder der extrahierte R-code) ist dann im Ordner zu starten, in dem die Datensätze entpackt wurden. Auf nicht Unix-kompatiblen Systemen müssen die Pfade zum Einlesen entsprechend geändert werden (Doppelter Backslash und voller Pfad auf Windows).
Zu viel sollte man sich vom Textteil der Dokumente nicht erwarten, ich benutze das Sweave-System hier hauptsächlich um den Code und dessen Output schön zu bündeln.
Hier ist also der erste Tag als
und
. Nützliche Befehle zum Plotten mit dem base Grafik-Paket. Da ich in meinem Code schon immer fast ausschließlich das lattice-Paket benutzt hatte, gab es noch ein bis zwei nützliche Dinge zu lernen.
]]>Nov. 20. 1905
J. H. Todd
1212 Webster St.
San Francisco, Cal.Dear Sir,
Your letter is an insoluble puzzle to me. The handwriting is good and exhibits considerable character, and there are even traces of intelligence in what you say, yet the letter and the accompanying advertisements profess to be the work of the same hand. The person who wrote the advertisements is without doubt the most ignorant person now alive on the planet; also without doubt he is an idiot, an idiot of the 33rd degree, and scion of an ancestral procession of idiots stretching back to the Missing Link. It puzzles me to make out how the same hand could have constructed your letter and your advertisements. Puzzles fret me, puzzles annoy me, puzzles exasperate me; and always, for a moment, they arouse in me an unkind state of mind toward the person who has puzzled me. A few moments from now my resentment will have faded and passed and I shall probably even be praying for you; but while there is yet time I hasten to wish that you may take a dose of your own poison by mistake, and enter swiftly into the damnation which you and all other patent medicine assassins have so remorselessly earned and do so richly deserve.
Adieu, adieu, adieu!
Mark Twain
Es ist auch schon blöd, Mark Twain ein “Elixir of Life” verkaufen zu wollen – das unter anderem Meningitis (an der Twains Schwester starb) und Diphterie (an der Twains Sohn mit 19 Monaten verstarb) heilen soll.
Gefunden auf Letters of Note, via Boing Boing
]]>Über das Projekt “Parasite of the Day” im Rahmen des internationalen Jahrs der biologischen Vielfalt 2010 habe ich schon geschrieben. Jetzt ist mir noch ein zweites lustiges Projekt untergekommen: Phylomon.
Die Idee dahinter geht auf ein Science-Paper von Andrew Balmford und Kollegen aus dem Jahr 2002 zurück (Balmford A et al. (2002): Why Conservationists Should Heed Pokémon. Science 295(5564):2367). Darin beschreiben sie eine Studie an 8jährigen Kindern, die zwar mit einer Trefferquote von 80% ganze 150 Pokemons identifizieren konnten, bei Tieren und Pflanzen aus ihrer Heimat aber noch nicht mal die Hälfte erkannten! Das Phylomon Projekt möchte das mit viel freiwilliger Hilfe ändern. Es sollen im Laufe diesen Jahres Sammelkarten entwickelt werden, die den Pokemonkarten ähnlich sehen. Nur werden ganz “normale” Tiere wie der Fuchs oder der Waschbär auf die Karten kommen. Indem den Tieren auf den Karten bestimmte Eigenschaften zugeordnet werden, soll daraus dann ein Kartenspiel entstehen, das Kinder dazu animiert, die Karten zu sammeln und zu tauschen – und natürlich, ein paar Kleinigkeiten über die Tiere auf den Karten zu lernen. Mitmachen kann dabei jeder, etwa beim Zeichnen der Tierbilder, oder beim Entwickeln der Spielregeln! Und natürlich hat das Projekt auch eine Facebook-Gruppe.
Eine kleine Rätselfrage zum Schluss: Von welchem Bioprodukt wurden seit den 1950ern weltweit mehr als 50 Millionen Tonnen hergestellt, die alle in der biomedizinischen Forschung verwendet wurden? Die (für viele vielleicht überraschende) Antwort: HeLa-Zellen! 1951 wurden der Afroamerikanerin Henrietta Lacks Zellen ihres Zervixkarzinoms entnommen, an dem wenige Monate später verstarb. In gewisser Weise ist sie aber unsterblich geworden, denn aus den biopsierten Zellen wurde eine Zellkultur angelegt, die es auf die besagten 50 Millionen Tonnen bringt! Die Zellen vermehrten sich, und wurden aufgrund ihrer für die Forschung vorteilhaften Eigenschaften von den Wissenschaftlern an Kollegen verteilt. Heute sind HeLa-Zellen die weltweit am häufigsten eingesetzte Kulturzelllinie, und es wurde mittlerweile auch schon vorgeschlagen, die Zellen als eine eigene Art zu betrachten.
Die Wissenschaftsjournalistin Rebecca Skloot hat ein Buch über das Leben von Henrietta Lacks geschrieben; während wir dank ihrer Zellen unschätzbare Einblicke in die Biologie menschlicher Zellen erhalten, ist über die Spenderin selbst nur sehr wenig bekannt. “The Immortal Life of Henrietta Lacks” wird am 2. Februar veröffentlicht, und ich habe das Buch gleich mal vorbestellt.
Im treffend benannten Parasite of the Day gibt es schon Beiträge über bekanntere Parasiten wie den Malariaerreger Plasmodium falciparum, oder Toxoplasma gondii, das der Grund ist warum Ärzte schwangere Frauen vor Katzen warnen. Oder auch die Erklärung für angstfreie Mäuse und schizophrene Menschen.
Es sind aber auch Parasiten dabei, die nicht den Menschen befallen. Einer meiner Lieblingsparasiten (geht das bei Parasiten überhaupt?) ist auch dabei, die Krebse befallende Seepocke Sacculina carcini, die zuerst in einer Art Wurzelgeflecht den gesamten Körper einer Krabbe durchwächst, um dann einen außen liegenden Brutsack zu bilden, der das Eipaket weiblicher Krabben nachbildet. Die Krabbe selbst wird dabei kastriert, sie dient nur noch als Transportbehälter für Sacculina.
Parasite of the Day scheint übrigens kein Blog einer Einzelperson zu sein. Die bisherigen Posts wurden zwar alle von der selben Autorin, Susan Perkins, geschrieben, in der Sidebar werden aber auch andere Parasitologen eingeladen etwas für das Blog zu schreiben.
Und wenn ich schon beim Thema Parasiten bin, kann ich nicht anders als das großartige Buch “Parasite Rex” von Carl Zimmer empfehlen. Wie gut es sein muss, dafür spricht wohl die vergriffene deutsche Ausgabe (“Parasitus Rex”), das gebraucht bei 175 € anfängt… (ja, da habe ich auch geschluckt). Sein Blog The Loom lohnt natürlich auch immer einen Besuch – darüber habe ich übrigens auch den heutigen Blogtip gefunden
]]>Warum ich das hier breittrete? Nun, vor ein paar Tagen kam mir bei einem Kurzbesuch am Institut das Straßenschild vom Fritz-Haber-Weg irgendwie komisch vor. Und dann habe ich gemerkt warum, und gleich die Handykamera gezückt:
Tatsächlich wurden alle Schilder überklebt, so dass die Straße nun Clara-Immerwahr-Weg heißt! Wer das war, und warum gerade sie, das geht wohl eindeutig aus dem Biografietext hervor. Die Frage ist wohl eher, wer ist der Straßenumbenenner aus dem Karlsruher Untergrund, und warum die Aktion?
Ich habe mich jedenfalls gleich auf dem Campus auf die Suche gemacht, konnte aber keine weitere umbenannte Straße finden. Eine kurze Recherche online hat mich dann in meiner Vermutung bestätigt: Es geht um die Debatte um die sogenannte “Zivilklausel”, die im Vorfeld des Zusammenschluss von Universität Karlsruhe und Forschungszentrum Karlsruhe aufkam.
Am 1.10. entstand das KIT aus der Fusion der Universität Karlsruhe (Campus Süd) mit dem Forschungszentrum Karlsruhe (Campus Nord). Das sogenannte “KIT-Zusammenführungsgesetz” bildet dafür die rechtlichen Grundlagen.
Am Forschungszentrum war bereits eine Zivilklausel mit dem Text “Die Einrichtung verfolgt nur friedliche Zwecke” in Kraft, die auf Wunsch des Forschungszentrums für das neue KIT übernommen werden sollte.
Nachdem sich viele MitarbeiterInnen des Forschungszentrums bereits intensiv für eine einheitliche Zivilklausel eingesetzt hatten, sprach sich in einer Urabstimmung im Januar 2009 eine deutliche Mehrheit (63 %) der Studierenden dafür aus, obwohl konservative und liberale Studierendengruppen dagegen agitiert hatten. Auch das Plenum des im Rahmen der bundesweiten Bildungsproteste besetzten Redtenbacher-Hörsaals sprach sich fast einstimmig gegen Militärforschung am KIT aus.
Trotz der angestrebten Vereinheitlichung sieht das im Juli 2009 verabschiedete KIT-Gesetz eine getrennte Zivilklausel vor, die für den “Großforschungsbereich” gilt, für den “Universitätsbereich” allerdings nicht. Dieser Spagat dient offensichtlich dazu, weiterhin die Tür für militärische und zivilmilitärische Forschung offen zu halten, die nachweislich an der Universität stattfindet.
Die Straßenschild-Aktion stammt übrigens dem Artikel nach vom “Institut für angewandte Tautologie”.
]]>Das bakterielle System ist zwar hilfreich bei den ersten Versuchen mit einem neuen Gen, doch es war auch wichtig, seine Funktion in komplexeren Systemen zu untersuchen. Die Forschergruppe erzeugte darauf transgene Zellkulturen und schließlich ein transgenes Individuum des Rentiers Rangifer tarandus, das in der Grundlagenforschung bisher viel zu kurz kam. Hier zeigte sich, dass das Hoho2-Genprodukt hauptsächlich in der Haut produziert wird, und dort durch stark erhöhte Follikelaktivität ein verstärktes Haarwachstum stattfindet.
Schließlich war es den Autoren auch möglich, einem Freiwilligen per Hoho2-Gentherapie (obwohl sich die Gruppe hier bezeichnenderweise über Details der Methode ausschweigt) zu einem großartigen weißen Rauschebart zu verhelfen [2].
Während sich das Paper wie unzählige weitere der Grundlagenforschung liest, ist das eigentliche Ziel meiner Meinung nach ein anderes. Man stelle sich vor: Jeder kann zur Weihnachtszeit einen echte weißen Bart haben, der innerhalb kürzester Zeit wächst! Nie wieder wird die Tante als falscher Weihnachtsmann enttarnt, weil das Kind am umgebundenen Bart zieht – die Tante kann sich einen echten Bart wachsen lassen! Mit ein wenig mehr Aufwand ist es der Gruppe sicher auch möglich, die Expression des Bartproteins so zu steuern, dass nur saisonal zur Weihnachtszeit ein Bart wächst – ein Abrasieren der weißen Pracht wäre über das Jahr dann unnötig! Eins ist jedenfalls klar, das Gen wird sich praktisch von selbst verkaufen, auf Kosten der Kostümhändler.
Noch deutlicher wird der kommerzielle Hintergedanke der Gruppe von Jeremy Elf im zweiten Paper von 2008, “Metabolic engineering of Picea abies for receptor mediated induction of fluorescence and olfactory signaling”. Womit wird in der Weihnachtszeit so richtig Kohle gemacht? Genau, mit der Beleuchtung! Wie wäre es, wenn man in Zukunft nicht mehr einen Weihnachtsbaum und zusätzlich kilometerweise Lichterketten kaufen müsste, die eh nur ein Jahr lang funktionieren? Die Lösung ist eigentlich ganz einfach, und deren Grundlage wurde letztes Jahr sogar mit dem Nobelpreis belohnt: fluoreszierende Proteine! Die Forscher erzeugten eine transgene Linie von Fichte (Picea abies), die die verschieden farbigen Proteine mTwinkie (gelb), mSnoBalls (pink) und mWonderbread (weiß) in den Chloroplasten aller grünen Zellen des Baum produzieren. Die plastidäre Expression sollte auch GVO-Gegner beruhigen, da so die Verbreitung der Transgene per Pollen unmöglich wird.
Zusätzlich zu den bunten Lichtern haben die Forscher dem Baum gleich auch noch die Möglichkeit mitgegeben, weihnachtliche Düfte zu produzieren. Der pflanzliche Sekundärstoffwechsel war ein willkommenere Ausgangspunkt, um beispielsweise aus dem Zwischenprodukt Zimtsäure das nach Zimt duftenende trans-Cinnamaldehyd herzustellen, sowie über weitere metabolische Wege 6-gingerol (Ingwerduft) und Methyl-salicylat (Minzduft).
Damit nicht genug, haben die Autoren auch noch einen passenden Schalter für Licht und Duft in die Fichte mit eingebaut: Nach der Transplantation der Tympanalorgane (die Hörorgane) der Wüstenheuschrecke Schistocerca gregaria in das Stammzellgewebe der Fichte (mit einhergehender Behandlung mit immunosuppresiven Medikamenten, um eine Abstoßung zu vermeiden) wurde ein Signalweg eingerichtet, der die Produktion von Licht und Düften anregt, gesteuert von Geräuschen. In diesem Fall wurde der Baum gestimmt auf Weihnachtslieder singende Kinder.
Hier, zwei Jahre nach dem ersten Paper, machen die Autoren gar keinen Hehl mehr daraus, dass das Ziel ihrer Arbeit eigentlich nur eins ist: Kohle scheffeln, jede Menge davon.
The North Pole Economic Development Council has accordingly made a concerted effort to roll out financial and regulatory support for expansion into the areas of synthetic biology, systems biology, tissue engineering, metabolic engineering and cleantech with a focus on near-term commercial applications.
Ich hoffe, dass mit meinem Aufdecken der Machenschaften dieser miesen Forschertruppe vom Nordpol deren finstere Vorhaben vereitelt werden können!
Es lohnt sich übrigens, beide Paper im Original zu lesen. Besonders auch bei den Literaturreferenzen zeigt sich, wie intensiv sich die Autoren mit den relevanten Quellen auseinander gesetzt haben [3]!
[1] Proceedings of the National Academy of Sciences, North Pole.
[2] Eine Idee für eine weitere Studie wäre zu untersuchen, ob die stark behaarten Füße der Hobbits auf ein Mutationsereignis und darauf beruhende Fehlexpression von Hoho2 in der Entwicklung dieser Population zurückgehen.
[3] Unter anderem zitiert das Paper von 2008 auch einen gewissen Myers, P. Z.
[4] Wer es bis jetzt noch nicht mitbekommen hat, es handelt sich um Weihnachtsgrüße, die als wissenschaftliche Paper aufgemacht sind. Sie stammen von der Firma DNA 2.0, die Software und Technologie zur DNA-Synthese bereitstellt und auch in beiden Papern mit ihren Methoden vertreten ist.
Und damit wünsche ich allen Leserinnen und Lesern frohe Weihnachten!
» von Alexander Knoll
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Zeitlich hats leider nicht mehr gereicht für den Fotowettbewerb drüben bei WeiterGen, aber so ein tolles Bild wollte ich euch nicht vorenthalten!
Die letzten vier Wochen habe ich das Fortgeschrittenenpraktikum “Gentechnologie bei Pflanzen” bei uns am Institut mitbetreut. Ein Versuch, den ich mit den Praktikanten in der Zeit durchgeführt habe, war die Präparation und Analyse der Meiose des pflanzlichen Modellorganismus Arabidopsis thaliana.
Die Meiose ist der Vorgang, der aus “normalen” Zellen eines Organismus Keimzellen zur Fortpflanzung macht. Das ist nötig, weil in jeder Zelle normalerweise jedes Chromosom doppelt vorkommt (der sogenannte diploide Chromosomensatz). Würden nun Vater und Mutter je eine ihrer Zellen kombinieren, hätte ihr Nachkomme einen vierfachen Chromosomensatz, und so weiter. Darum muss vor jeder sexuellen Vermehrung erst einmal der Chromosomensatz auf einen einfachen (haploiden) reduziert werden – das geschieht während der Meiose. Für uns ist die Meiose interessant, weil ein sehr wichtiger Schritt die Rekombination der Chromosomen ist. Die homologen Chromosomen von Vater und Mutter lagern sich dabei aneinander, und können Stücke untereinander austauschen. Das fördert die Unterschiede zwischen den Individuen, und dadurch die Evolution.
Um die Meiose von Arabidopsis zu untersuchen, nimmt man sich am besten die männliche Linie vor. Achtung, jetzt folgt ein wenig pflanzliche Anatomie! Im Gegensatz zu den weiblichen meiotischen Zellen, für die man im Fruchtknoten rumschnippeln muss, kommt man nämlich an die männlichen viel leichter ran. Die sogenannten Mikrosporenmutterzellen, die hier die Meiose durchlaufen, finden sich nämlich in den Pollensäcken der Staubbeutel in der Blüte. Zudem werden auch bei Arabidopsis sehr viel mehr männliche (die Pollen) als weibliche Keimzellen gebildet, die Chance diese Zellen überhaupt zu finden sind demnach größer.
Glücklicherweise muss man die meiotischen Zellen nicht aus dem Gewebe heraussammeln. Mit der richtigen Präparationsmethode kann man einen großen Teil der Blüte auf einem Objektträger präparieren, ohne die Mikrosporenmutterzellen zu beschädigen. So hat man zwar auch jede Menge somatische (normale) Zellen, man kann die meiotischen aber sehr leicht durch ihre Größe unterscheiden. Jetzt geht es nur noch darum, die DNA sichtbar zu machen. Das geht ganz einfach mit einem Fluoreszenzfarbstoff wie DAPI, der nach einer Bindung an doppelsträngige DNA blau leuchtet, wenn er mit UV-Licht angestrahlt wird [1]. Und schon kann man sich die Präparate am Mikroskop ansehen!
Im Bild oben sieht man übrigens das Stadium “Pachytän”, bei dem die homologen Chromosomen der Eltern aneinander gelagert werden und die Rekombination stattfindet. Toll ist an dem Bild, dass hier ein Stadium, das nur wenige Stunden (verglichen mit der 6-8 Wochen langen Lebenszeit von Arabidopsis) lang dauert, gleich fünfmal nebeneinander zu liegen kommt, noch dazu im Kreis. Manchmal sucht man nach nur einem Stadium Stunden…
Danke an Monika, Andy und Johannes, dass ich euer Bild zweitverwerten darf!
[1] Übrigens: Die vielen hellen Punkte in den Zellen müssen ja auch DNA sein, die von DAPI angefärbt wurde. Alles Mitochondrien!
» von Alexander Knoll
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Leider werden in diesen Weihnachtsdeko-Läden keine Gnus verkauft…
Verbring ich zuviel Zeit vor meinem Rechner? Was hat das alles jetzt mit Wissenschaft oder gar Biologie zu tun?
Na Das! Und Das!
Frohen ersten Advent mit freier Software!
]]>
Was ist aber nach der Produktion und Digitalisierung von Daten? Sind Computer nicht deterministische Maschinen, in denen Vorgänge -wie die Analyse eben dieser Daten- beliebig reproduzierbar sein müssten? Egal wie die Antwort dieser Frage1 ausfällt, dass theoretisch mehr Reproduzierbarkeit am Rechner erreichbar ist als im Bakterium, der Hefe oder dem Teilchenbeschleuniger dürfte einleuchten.
Außerdem nennen wohl selbst militante Tierversuchsgegner und sonstige Spinner zumindest einen Rechner ihr eigen (besonders wenn sie dies hier lesen). Oder positiver: Da Laien im Allgemeinen keinen Zugang zu komplizierten Laboren haben kann man sie zumindest in die Lage versetzen den Datenanalyse-Teil der Wissenschaft nachzuvollziehen.
Integration in R
Friedrich Leisch hat dieses System nun in in einem R-Paket namens Sweave umgesetzt. Es ermöglicht die einfache Integration von R und LaTeX-Code.
Bilder, Tabellen (mit Hilfe des genialen R-Pakets xtable) und sogar einzelne Zahlen direkt im Text, können so in jedem Kompilierzyklus neu aus den Rohdaten berechnet werden.
Die Mischdokumente von R und LaTeX-Code -R Noweb oder kurz .Rnw- werden von der Kommandozeile
R CMD Sweave deineDatei.Rnw
in ein .tex Dokument verwandelt.
Dieses System findet in der Dokumentation von R breite Anwendung. Sie so genannten “Vignetten”, die beispielsweise im Bioconductor-Projekt für jedes Paket verfügbar sind, sind mit dem System geschrieben. Doch nicht nur über R lässt sich damit schreiben, auch Dokumente, die den Code nur ausführen, nicht zeigen sind möglich.
Ein komplexes Beispiel
Um ein solches R/sweave Dokument zu erklären möchte ich nun ein Beispiel nutzen an dem ich in der letzten Woche gearbeitet habe.
Auf meinem Git-Rpository auf Github kann man ein solches Beispiel anschauen. Ich würde mich freuen, wenn jemand versuchen würde die Präsentation aus den Rohdaten zu reproduzieren (wie man mit git arbeitet wird auf Github gut erklärt. Leider hab ich aus Platzgründen das Projekt mit den umfangreichen Rohdaten von GitHub nehmen müssen. Hier ist das
und hier die
Falls jemand wirklich versuchen möchte das ganze zu reproduzieren, kann er von mir auch noch die Rohdaten haben.
Ich habe absichtlich ein nicht triviales Beispiel verwandt, die Präsentation und das Repository enthalten fast alle Daten, die meine Doktorarbeit bisher produziert hat! Das ist vor allem eine Liste mit 6 Millionen Sequenz-tags zur Genexpressionsanalyse. Bei größeren Projekten mit intensiveren Rechenprozessen stellt die Notwendigkeit zur Neuberechnung nach jeder Änderung im Layout natürlich schnell eine Beschränkung dar (Es gibt in meiner Präsentation einen Rechen-Schritt der 3 Stunden in Anspruch nimmt).
Wer das System zunächst mit weniger komplizierten Dokumenten testen will, wird im Netz viele einfachere Beispiele finden, für LaTeX Artikel aber auch für Präsentationen.
Die R Code Schnipsel werden durch folgende Syntax erkannt.
<< optionen = TRUE/FALSE >>=
Rcode.bespiel <- “hier”
@
wobei man mit optionen wie fig, tex, echo, cache (dazu gleich mehr) etc… das Verhalten, die Art der Umsetzung des Code-Schnipsels steuert: Wird der R-Code ins pdf übernommen, der Output, oder eine Grafik.
Wer sich an solch komplexe Dokumente wagt wird schnell feststellen, dass er nicht nach jeder Änderung im LaTeX-Code alle Berechnungen neu ausführen möchte:
Die Möglichkeit, das System auch für zeitraubende Rechenoperationen zu nutzen kommt erst durch ein “cachen” d.h. Zwischenspeichern von einmal eingelesenen oder erzeugten R-Objekten zustande.
Daher auch die Komplexität und Größe der Datensätze in meinem Repo, ich wollte einfach sehen, was alles möglich ist. Die Antwort: Alles! Es funktioniert! Ein Rekompilieren des “dynamischen Dokuments” dauert unter Nutzung des Caches etwa 20 Sekunden…
Die Vorteile des Systems
Mein Code wird besser! Es ist oft ein langer Weg von einem Perl-Skript über R und Latex zum pdf, dieser wird durch das System nachvollziehbarer. Man will eine spezielle Tabelle oder Grafik erzeugen und schreibt den Code dann wirklich dafür – das ist oft schwer wenn man das pdf nicht vor Augen hat. Ein Beispiel dafür sind die Skripte, die sich hinter
<< cache = TRUE >>=
S <- as.data.frame(read.delim(pipe(“./pilot.pl”),
sep=”,”,
header=FALSE,
as.is=TRUE))
@
verstecken. Ich habe die Perl-Skripte geschrieben, noch bevor ich das System nutzte, sie enthalten viele unnötig komplexe Datenstrukturen, die nicht wirkliche gebraucht werden.
Im Code den ich für das System geschrieben habe (besonders in dem ausgeführten Perl-Skript) gehe ich viel zielgerichteter vor.
<< cache = TRUE, echo = FALSE >>=
cov454 <- as.data.frame(read.delim(pipe(“./tgicl_coverage.pl -a Ac_FM08.ace -s singletons.fasta”)))
exp <- merge(exp.tab,cov454)
exp_plot <- qplot(exp$raw.count, exp$coverage)+ scale_x_log10(“number of tags observed”)+ scale_y_log10(“Coverage by 454″)+ geom_smooth(method=”lm”)
@
Hier wird auch deutlich, dass für die Produktion von Publikationen R den präziseren, besseren Code erlaubt. Die Datenstrukturen sind einfach übersichtlicher als in den meisten anderen Programmiersprachen. Eines meiner Ziele wird daher sein Helferskripte klein zu halten und mehr Code direkt in R zu schreiben.
Als weiteren Effekt habe ich einfach mehr Ordnung3! Ich weiß wo mein Code ist und dass es die richtige Version des Codes ist.
Weiter Herausforderungen
Durch Nutzen der R-Funktion pipe, die ein Kommando des Betriebssystems ausführen kann werden alle Werkzeuge auch außerhalb von R nutzbar. Man kann so eigene SKripte oder komplexe Programme auszuführen um Datenobjekte einzulesen. Solcher Input-Code stellt dann aber wieder eine Herausforderung für die gecachten Objekte dar:
Änderungen an Helferskripten sollten vor Nutzung der gespeicherten Objekte kontrolliert werden. Bei einer Änderung in einem Skript, Programm oder den Rohdaten sollten die gespeicherten Objekte nur nach Ausgabe einer Warnung benutzt werden und gegebenenfalls auf einer Löschung und Neuberechnung der Objekte bestanden werden.
Durch die dargestellte Arbeitsweise wird der komplette Prozess der Erstellung einer Publikation zu einem Software-Projekt. Es gelten damit viele der Maximen, die auch bei solchen Projekten gelten. Ein Beispiel ist die Portabilität: Das Dokument sollte möglichst auf verschiedenen Betriebssystemen reproduzierbar sein, nicht nur aus heeren Idealen sondern auch zum Schutz vor Problemen mit der eigenen Hard- und Software.
______________________________________________________________________________________________________________________
1 Die Antwort auf diese Frage ist eigentlich ein entschiedenes “Jain”, da Approximationsalgorithmen nur gleich gute, nicht exakt gleiche Ergebnisse liefern.
2 Die Hardwareanforderungen sind allerdings etwas haarig, ich bin mir nicht sicher, aber 4GB Arbeitsspeicher sollten ausreichen.
3 Ich habe erst für diese Projekt angefangen ein Versionskontrollsystem (Git) zu benutzen, ich bin gespannt ob es im Zusammenspiel mit dem R/Sweave-System weiter Vorteile, wie das Teilen des Caches zwischen verschiedenen Rechnern gibt. Das Zurückgehen in der History (mitsamt den pdfs) ist ein großer Vorteil: kein Erneutes Kompilieren des alten Dokuments.
» von Emanuel Heitlinger
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Oder so…
Man kann mit einzelligen Organismen wie etwa Bakterien und Hefen auf einer Agarplatte auch Kunst machen. Zum Beispiel wie die Studenten von T. Ryan Gregory von der University of Guelph in Kanada, indem man mit Bakterien “zeichnet”.
Man kann aber auch wie Jeff Tabor Bakterien nehmen, die nach Belichtung ein Pigment produzieren, und “fotografieren”:
Schaut euch auch mal die anderen Gallerien an, da sind teilweise auch recht bunte Platten dabei!
]]>Der Nacktmull ist nämlich ein extrem merkwürdiges Tier, und merkwürdig bedeutet für einen Wissenschaftler vor allem eins: interessant! Dieses Nagetier ist beispielsweise das einzige staatenbildende Säugetier. Große Kolonien von bis zu mehreren hundert Tieren leben in selbstgegrabenen unterirdischen Gängen und Höhlen zusammen, die von einer Königin regiert werden. Und ganz ähnlich wie bei Bienen oder Ameisen unterdrückt die Königin die Geschlechtsentwicklung in ihren Untertanen, um die Fortpflanzung in der Kolonie zu kontrollieren.
Nacktmulle sind kaltblütig und empfinden wohl auch keinerlei Schmerz, da ihnen wichtige Moleküle in der Haut fehlen (beispielsweise die sog. Substanz P).
In der letzten Ausgabe der Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) haben die Forscher Andrei Seluanov, Vera Gorbunova und Kollegen ein weiteres überraschendes Merkmal von Nacktmullen genauer untersucht: Nacktmulle kriegen keinen Krebs! Der Größe nach sind Nacktmulle in etwa mit Mäusen zu vergleichen. Doch während Mäuse und andere gleich große Nager nur wenige Jahre leben, werden Nacktmulle über 30 Jahre alt. Sie scheinen dabei auch nicht “normal” zu altern, sondern sind bis kurz vor ihrem Tod aktiv, pflanzen sich sogar fort. Mäuse kennen ihre natürliche Todesursache (sofern sie nicht vorher gefressen werden) sehr genau; rund 90% der natürlichen Todesfälle bei Mäusen gehen auf Krebs zurück. Und trotz dem sehr viel höheren Alter zum Todeszeitpunkt wurde noch kein Nacktmull mit Krebs gefunden.
Das ist natürlich kein sehr überzeugendes Argument – Nacktmulle leben praktisch dauerhaft unterirdisch und sind entsprechend schlecht zu beobachten. Doch ein krebsloses Säugetier weckt verständlicherweise die Phantasie der Forscher, und Seluanov und Kollegen haben nachgesehen, ob auf zellulärer und molekularer Ebene da etwas dran ist.
Und dabei sind sie auf eine interessante Besonderheit gestoßen, die Nacktmullzellen sowohl von Maus-, als auch Menschenzellen unterscheidet: sie mögens nicht so eng. Nimmt man vereinzelte Bindegewebszellen von Mäusen und züchtet sie in Petrischalen mit Wachstumsmedium, dann wachsen sie am Boden und teilen sich munter, bis sie eine gleichmäßige Schicht bilden. Die Zellen hören auf sich zu teilen, sobald sie anfangen müssten, übereinander zu wachsen. Dieses Phänomen nennt man Kontaktinhibition, weil Kontaktsignale zwischen den Zellen die Zellteilung anhalten. Entarten die Zellen aber, dann geht (unter anderem) die Kontaktinhibition verloren, aus der dünnen Zellschicht wird ein wuchernder Haufen. Genauso verhalten sich auch die Bindegewebszellen von Menschen.
Anders die Nacktmulle: Deren Bindegewebszellen hören mit der Zellteilung sehr viel früher auf, lange bevor die Platte dicht genug bewachsen ist, um eine geschlossene Schicht zu bilden. Dies wurde von den Forschern early contact inhibition genannt, um sie von der normalen Kontaktinhibition zu unterscheiden.Jetzt könnte man meinen, bei den Nacktmullen sei einfach nur ein Regler verstellt, die maximale Zelldichte für den Teilungsstopp. Doch eine der Zelllinien der Forscher verlor nach mehreren Monaten in Kultur diese frühe Inhibition und begann sich wieder zu teilen. Allerdings nur, bis die Platte mit einer geschlossenen Zellschicht bewachsen war. Nacktmulle besitzen also zwei gestaffelte Sperren gegen unkontrollierte Zellteilung!
Die Frage war: was in der Zelle macht den Unterschied? Zwei der wichtigsten Regler des Zellwachstum sind die Proteine p53 und pRb (die deswegen auch sehr häufig bei Krebs mutiert sind). Beide sind in die Entscheidungswege in der Zelle involviert, den Zellzyklus entweder anzuhalten, oder die Zelle gleich ganz in den programmierten Zelltod Apoptose zu treiben. Und es mussten auch beide Proteine deaktiviert werden, um die frühe Kontaktinhibition der Nacktmullzellen zu umgehen. Genauer gesagt wachsen die Zellen zwar schon weiter, wenn p53 oder pRb ausfällt, sterben aber aufgrund der Apoptose ab. Erst wenn beide Proteine fehlen, kann man das Wachstum durch das Ausbleiben der Apoptose sehen.
Die Kontaktinhibition bei Mensch und Maus wird zudem reguliert durch das Protein p27, dessen Menge in der Zelle mit zunehmender Zelldichte auch größer wird. Die Kontaktinhibition kommt dadurch zustande, dass p27 die Inaktivierung von pRb verhindert und der Zellzyklus so angehalten wird. Und genauso ist es auch bei den Zellen von Nacktmullen, allerdings nur bei der “normalen” Kontaktinhibition. Die frühe Abwehr, die man nur bei den Nacktmullen findet, ist allerdings nicht durch p27 kontrolliert.
Ein zweites, p27 ähnliches Protein namens p16 ist bei Mensch und Maus bisher nicht sehr gut verstanden. Es hat jedoch auch eine, allerdings wenig wichtige, Rolle in der Kontaktinhibition neben p27. Seluanov und Kollegen konnten nun zeigen, dass sich im Nacktmull die Funktionen von p27 und p16 zeitlich voneinander getrennt haben, p16 ist nämlich der Regulator der frühen Kontaktinhibition.
Die Frage ist jetzt, wie man diese Beobachtungen einordnen kann. Krebs entsteht nicht einfach, wenn die Kontaktinhibition ausfällt. Jedenfalls nicht nur. Es müssen verschiedene Proteine in Zellteilung, Apoptose, Telomerstoffwechsel etc. mutieren, dass aus normalen Krebszellen werden. Demzufolge wäre es sehr unwahrscheinlich, wenn die frühe Kontaktinhibition der einzige Unterschied von Nacktmullzellen wäre, um sich vor der Krebsentstehung zu schützen. Die molekularen Beweise in diesem Paper zeigen aber, dass die Berichte über die krebslosen Nager begründet sind, und ermutigen auch die weitere Erforschung des Nacktmulls als Modell für die Krebsforschung.
Seluanov, A., Hine, C., Azpurua, J., Feigenson, M., Bozzella, M., Mao, Z., Catania, K., & Gorbunova, V. (2009). Hypersensitivity to contact inhibition provides a clue to cancer resistance of naked mole-rat Proceedings of the National Academy of Sciences DOI: 10.1073/pnas.0905252106
» von Alexander Knoll
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Bevor es im nächsten Post eher molekular zugeht, habe ich hier noch eine nette Doku für euch: Kea – Mountain Parrot.
Keas (Nestor notabilis) sind Papageien, die in den Bergen Neuseelands leben. Oft werden sie mit ihrem olivgrünen Gefieder als als eher unauffällig beschrieben, zu unrecht wie ich finde. Klickt einfach mal auf das Bild, um es größer anzusehen, und bewundert die Details in den Federn!
Der Kea ist jedenfalls ein interessanter Papagei. Er lebt außerhalb der Tropen, im Winter sogar im Schnee der Neuseeländischen Alpen. Und in dieser Jahreszeit kriegt er nicht genug seiner normalen Nahrung – Pflanzenteile und Insekten. Und da kommt dann ihre Intelligenz ins Spiel. Keas sind bekannt dafür, Werkzeuge zu benutzen, Taschen zu öffnen und für bestimmte Ziele auch zusammen zu arbeiten.
Seit rund 150 Jahren halten sich unter neuseeländischen Farmern hartnäckig die Gerüchte, Keas würden sogar Schafe reißen. Obwohl es bei Anekdoten blieb, wurden sie lange Zeit energisch gejagt, es war sogar ein Kopfgeld auf Keas ausgesetzt. Witzigerweise gab es die ersten Beweise für dieses Verhalten nur ein paar Jahre, nachdem die Jagd auf Keas wieder verboten wurde – in eben dieser Dokumentation.
Und die Keas gehen hier auch sehr clever vor. Sie schleichen sich fast lautlos mitten in der Nacht in eine Schafherde, springen dann einem Schaf auf den Rücken. Und dort laben sie sich dann an einem Leckerbissen (zumindest für die Keas…): Mit ihrem spitzen, gebogenen Schnabel knabbern sie an der Fettschicht, die die Nieren der Schafe umhüllt!
Ich kann den Film leider nicht hier einbinden, man kann ihn aber hier ansehen. Die Schafsattacke ist im 4. Teil (rechts bei “Clip Selection” Clip 4 auswählen) , ungefähr ab 2:00 Minuten. Wenn ihr die Zeit habt, schaut euch die Doku ganz an, sie ist es wirklich wert!
Bildquelle: kea von Mollivan Jon/flickr
]]>Online Veröffentlichung, wie sie besonders in den open-access Journalen stattfinden, sind eine schöne Sache: Sofort nachdem das Paper akzeptiert wurde ist es verfügbar. Der Nachteil: Die dann zugängliche Veröffentlichung ist, was die Formatierung betrifft, in dem Zustand in dem die Autoren ihre letzte Version eingereicht haben. Oft heißt das bei den von den meisten Biologen bevorzugten Dateiformaten aus Office-Anwendungen doppelter Zeilenabstand und Zeilennummern. Bei einem durchschnittlich langen Paper kommen so leicht mal 30 dünn bedrückte Seiten zustande (ich setze hier keine Links zu Beispielen, da diese dazu verurteilt wären nach einiger Zeit zu den schön formatierten Versionen zu führen).
Die Lösung: Das Paper als .tex Dokument einreichen! Fast alle größeren Publisher bieten TeX-templates für ihre Paper an, so hat das provisorische pdf auch gleich eine professionelle Formatierung!
Hier der Link zu einem Beispiel in der Endversion, so sah das Ganze in der provisorischen Form aus [
]. Okay schamlose Eigenwerbung. Bin mal gespannt ob meine Zugriffs-Statistiken durch den Eintrag hier nach oben gehen…
Insgesamt ist das Veröffentlichen mit BMC sehr zu empfehlen: Auch wenn mir beim ersten Paper etwas die Erfahrungen zum Vergleichen fehlen ist der knappe Monat von Einreichen bis zur Veröffentlichung wohl als sehr, sehr schnell zu bezeichen. Vorallem wenn man bedenkt, dass in der Zwischenzeit noch zwei hilfreiche Reviews eingeholt wurden, die zeigten, dass die Reviewer das Manuskript auch wirklich aufmerksam gelesen hatten. Nach nur 8 Tagen ist dann auch das endgültige pdf zugänglich, dieses hat dann den Vorteil, dass Tabellen und Grafiken an den richtigen Stellen im Paper sind, statt am Ende. (Im bmc-tex template darf kein /includetable oder /includefigure genutzt werden, sondern diese müssen am Ende gelistet bzw. als gesonderte Dateien eingereicht werden).
]]>Die Weiterentwicklung der ursprünglichen Technik ging im Fall der Sanger-Sequenzierung mit einer Weiterentwicklung der Methoden zur Analyse der Sequenzen einher. Diese Weiterentwicklung fand auf beiden Gebieten – Chemie der Sequenzierungsreaktionen und Algorithmen zur Dantenanalyse – an öffentlich finanzierten Forschungseinrichtungen statt. Der chemische Part wurde dann im Nachhinein kommerzialisiert.
Diese vergleichsweise langsame und stetige Entwicklung resultierte auf Seite der Datenanalyse in einer Sammlung von qualitativ hochwertigen Programmen. Die Sicherung der Qualität wird dabei einerseits durch die tausendfache Benutzung, andererseits durch die Offenheit der Quellcodes der jeweiligen Programme gewährleistet.
Bei der Abschätzung der Qualität der jeweiligen Sequenz hat sich dabei beispielsweise ein Programm von Phil Geen namens Phred etabliert. Es ordnet den einzelnen Basen eine Qualität zu, diese kann dann in weiteren Analysen eingesetzt werden.
Nächster Schritt in der Sequenzanalyse ist häufig das Assembley, das Zusammenpuzzeln einzelner Sequenzstücke. Sowohl bei den neuen Methoden als auch bei der Sanger-Methode handelt es sich nämlich um “Shotgun” -zu deutsch “Schrotschuss” – Methoden: Das Zielmolekül ist um ein Vielfaches länger als die Leseweite der chemischen Reaktionen, es muss aus überlappenden Regionen einzelner Schnipsel zusammengesetzt werden. Hier haben sich Programme wie Phrap oder Cap3 etabliert.
Schon beim ersten Schritt der Qualitätsmessung der Sequenzen gibt es nun Bedarf für neue Methoden. Während die moderne Form der Sanger-Sequenzierung auf Fluoreszenzsignalen basierte werden bei den neuartigen Methoden die Sequenzen aus Abfolgen von Hochauflösenden Bildern bestimmt. Die Hersteller der Sequenziergeräte nehmen etwa halbjährlich kleine Änderungen in der Chemie vor, was jeweils zu einem Weiterentwicklung (mehr Daten zu günstigeren Preisen), aber auch zu einer potentiellen Änderung von Fehlerquellen führt. Eine Lösung hierfür wird es wohl erst in einiger Zeit gebe, wenn eine gewisse Ruhe bei der Weiterentwicklung eingekehrt ist und sich Methoden zur Fehlerabschätzung etablieren können. Solange bleibt es eine Herausforderung in der Weitergehenden Analyse mit der fehlenden bzw ungenauen Information umzugehen.
Auch beim Assembly besteht Bedarf an neuen Methoden, hier vorallem durch die schiere Datenmenge. Zwei der drei neuen Technologien (Abi-Solid und Illumina Solexa) produzieren sehr kurze (<100b Sequenzen), von diesen dafür sehr, sehr, sehr viele. Die Effizienz der etablierten Algorithmen reicht hier häufig nicht aus um auf realistischer Hardware Ergebnisse erzielen zu können. Ein Problem stellt nun dar, dass die neuen Sequenziermethoden von Anfang an in Unternehmen weiterentwickelt werden. Diese Unternehmen liefern zu ihren Maschienen auch Programme zur weiterführenden Analyse mit. Diese Programme besitzen häufig eine grafische Benutzeroberfläche, sind aber nicht quelloffen und liefern qualitativ fragwürdige Ergebnisse. Der gewissenhafte Benutzer greift hier auf an öffentlichen Forschungseinrichtungen entwickelte, quelloffene Programme zurück. Diese setzen allerdings ein Arbeiten an der Kommandozeile, häufig in einer Unix/Linux Umgebung voraus. Um Ergebnisse einzelner Analyseschritte zwischen Programmen und Dateiformaten weiterzuleiten ist das Erlernen einer Script-Sprache wie Perl oder Python erforderlich. Im besten Fall gibt es für bestimmte Dateiformate sogar schon Benutzerschnittstellen in Bio-Perl/Phyton/Java oder in R-Bioconductor. Für viele Biologen ist dieses Feld noch ungewohnt und so haben sich teilweise auch teure Programme etabliert, die zwar grafische Benutzeroberflächen bieten, aber keinen Zugang zu Quellcodes, fragwürdige Algorithmen und nicht reproduzierbare Ergebnisse mit sich bringen. Für eine Doktorarbeit hat man in der Biologie etwa 3 Jahre Zeit, dies ist eine völlig ausreichende Zeit, um die ein oder andere Programmiersprache zu erlernen - auch ohne Vorkenntnisse, sogar ohne direkte Anleitung: Auf keinem anderen Gebiet bietet das Netz so detaillierte Informationen. Für die Mühe wird man dann außer dadurch, dass man seine Arbeit ordentlich erledigen kann auch damit belohnt, dass man das Gerät, vor dem man den Großteil seiner Arbeitszeit verbringt besser beherrscht. Die Biologie hat sich von einer Disziplin mit überschaubaren Datensätzen zu einer mit riesigen Datenmengen entwickelt, und tut dies immer weiter. Dies soll auch als Erklärung dafür dienen, dass ich in der nächsten Zeit weiter hier über eher technische Dinge schreiben werde.
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Quelle: Wordle.net
Überrascht? Ich jedenfalls war es! Dass Biologie mit großem Abstand den ersten Platz macht hätte ich nicht erwartet. Ehrlich gesagt hätte es mich noch nicht einmal sehr überrascht, wenn die Biologie gar nicht in den Top 12 aufgetaucht wäre. Was war eure Antwort?
Zunächst gibt es eine einfache Antwort, warum das Thema Telomere und die drei Preisträger auf so vielen Listen zu finden waren: Es gibt einen inoffiziellen “Nobelpreis” für die Life Sciences (für die Biologie gibt es ja keinen echten), den Lasker Award. Den erhielten die Preisträger genau in der Konstellation und für das Thema Telomere 2006. Da ungefähr die Hälfte der Lasker-Preisträger wenige Jahre später auch den Nobelpreis erhielt, war es also gar nicht so schwierig, auf Blackburn, Greider und Szostak zu kommen.
Dann, die Struktur der Telomere. Zentral gibt es da natürlich die kurze DNA-Sequenz, die an den Chromosomenenden zigfach wiederholt vorkommt, sich bei jeder Zellteilung verkürzt und vom Enzym Telomerase wieder verlängert werden kann. Einfach nur so ein blankes Stück DNA am Chromosomenende ist das aber nicht! Betrachtet man erst mal nur die Telomer-DNA, dann findet man ganz am Ende etwas merkwürdiges: Einer der beiden Stränge der DNA wurde von einem Enzym im Zellkern zurückgeschnitten, so dass ein einzelsträngiger Bereich bleibt. Der liegt aber nicht einfach frei, das Chromosomenende legt sich in eine Schlaufe (der sog. T-Loop) und der Einzelstrang drängt sich zwischen die zwei Stränge im doppelsträngigen Bereich (der D-Loop). Natürlich werden dabei dann die Basenpaarungen im Doppelstrang aufgelöst, dass der eingedrungene Einzelstrang neue Basenpaarungen eingehen kann. Bildlich lässt sich das viel leichter verstehen, ich hab deshalb mal schnell die digitalen Pinsel geschwungen:
Das schützt die Chromosomen davor, vom Ende her durch DNA-abbauende Enzyme angegriffen zu werden. Aber es passiert noch etwas anderes mit der DNA an den Telomeren, ganz unten auf der Ebene einzelner Basenpaarungen. Normalerweise passen von den vier DNA-Basen A, C, G und T immer A und T bzw. C und G zueinander, weil die Struktur der Moleküle Wasserstoffbrücken zwischen diesen Basen erlaubt. Doch Telomere sind sehr reich an der Base Guanin, und das kann neben der herkömmlichen Watson-Crick-Basenpaarung mit C auch die alternative Hoogsteen-Basenpaarung (benannt nach Karst Hoogsteen) mit anderen Guaninen eingehen. Vier Gs können einen sogenannten G-Quadruplex bilden, der das Ausbilden von sehr stabilen Schleifen ermöglicht:
Quelle: Harold f/Wikipedia
Zoomen wir jetzt wieder ein wenig raus, dann sehen wir, dass die Telomere nicht einfach nackte DNA sind – es sind jede Menge Proteine daran gebunden, die ebenso wichtig sind. Fehlen sie, treten in der Zelle nämlich sehr schnell Problem mit den Telomere auf! Deshalb werden sie auch kollektiv als “Shelterin” bezeichnet – sie schützen die Telomere vor Angriffen, und stabilisieren ihre Struktur.
Zuletzt möchte ich noch auf einen weiteren spannenden Aspekt der Telomerbiologie eingehen. Nach Bekanntgabe des Nobelpreises wurde viel geschrieben über die wichtige Rolle der Telomere in der Replikation, genauer über das Problem mit den freien Enden von linearen Chromosomen, die dabei immer kürzer werden. Das ist natürlich sehr wichtig, und die Verkürzung der Telomere wenn die Telomerase nicht aktiv ist spielt auch eine bedeutende Rolle bei der Alterung von Zellen. Erbkrankheiten wie das Werner Syndrom führen zu einer beschleunigten Alterung der Patienten aufgrund von Problemen mit den Telomeren. Doch nicht nur das end-replication problem bringt Kreationisten in Erklärungsnot. Dass wir in unseren Zellkernen lineare Chromosomen haben, ist auch aus einem weiteren Grund eher blöd: Die Zelle könnte denken, dass es etwas zu reparieren gibt. Denn die schlimmste Art von Schaden, der an der DNA auftreten kann, ist ein Doppelstrangbruch. Die einfachste Möglichkeit, so etwas zu reparieren, ist einfach die Enden wieder miteinander zu verbinden. Dieser Mechanismus existiert, er ist aber nicht sehr sauber und es gibt fast immer Mutationen, z. B. durch den Verlust von DNA von den freien Enden her. Aufgrund von linearen Chromosomen hat die Zelle aber plötzlich das Problem, dass ständig mehrere Doppelstrangbrüche vorhanden sind! Wie soll sie denn unterscheiden, was ein echter DSB und was nur ein Chromosomenende ist? Würde sie fälschlicherweise die Chromosomenenden für DSBs halten und “reparieren”, dann würde man Ringchromosomen oder auch lange Ketten von Chromosomen erhalten. Alles nicht so toll für die Zelle, die sich ja irgendwann auch wieder teilen will [1]. Oder, auch blöd, ein richtiger DSB tritt auf, und ein freies DNA-Ende wird mit einem Telomer verknüpft. Es ist jedenfalls nicht so einfach, die Zelle davon abzuhalten die Telomere reparieren zu wollen. Das ist übrigens eine der Aufgaben des Shelterins, der Schutzproteine an den Telomeren.
Eine zweite Möglichkeit, DSBs zu reparieren ist die homologe Rekombination. Hier nimmt sich die Zelle normalerweise homologe (gleiche) Sequenzen von anderswo aus dem Genom, um die Sequenzinformationen zu kopieren. Das ist etwa dann praktisch, wenn man von Basenverlusten am Bruch ausgeht; so muss diese Sequenz nicht verloren sein. Üblicherweise stammt diese kopierte Sequenz von den ähnlichsten Stellen im Genom, den Schwesterchromatiden (exakte Kopien jedes Chromosoms, die zwischen Replikation und Zellteilung da sind) oder den homologen Chromosomen (wir haben jedes Chromosom doppelt, eins vom Vater, eins von der Mutter). Die Telomere haben aber an jedem Chromosom die gleiche Sequenz – man kann sich leicht vorstellen, wie das zu Problemen führen kann!
Auf diesem Weg kommt übrigens Jack Szostak ins Spiel. Ursprünglich hatte er seine wissenschaftliche Arbeit mit der Erforschung der homologen Rekombination in der Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae begonnen. Er ist der Erstautor auf einem der meistzitierten Paper dieses Gebiets, in dem er und mehrere Kollegen einen Mechanismus vorschlagen, wie die homologe Rekombination von einem DSB aus ablaufen kann [2]. Dies war dann auch die Grundlage, die Szostak und Blackburn zu einer Zusammenarbeit brachten: Sie konnten zeigen, dass man in die Bäckerhefe lange lineare DNA-Moleküle einbringen kann, die nicht (wie sonst üblich) instabil sind und verloren gehen – wenn man an die Enden Telomersequenzen setzt! Das ermöglichte nicht nur die Einführung von sog. Yeast Artificial Chromosomes, die eine wichtige Rolle in der Biotechnologie spielen, es zeigte auch schon früh, dass die Telomersequenzen zwischen Organismen sehr ähnlich sein müssen: Die Telomerstücke, die Blackburn für Szostaks Hefeexperimente lieferte, stammte aus ihrem Modellorganismus, dem Wimperntierchen Tetrahymena.
Anstelle eines Abgesangs, in denen ich die Bedeutung der Telomere in den Life Sciences hervorhebe (die zweifelsohne sehr groß ist, aber in den letzten Tagen eh schon oft genug zur Sprache kam), empfehle ich lieber einen tollen Vortrag von Elizabeth Blackburn auf iBioSeminars.com – 2 Stunden zur Rolle von Telomeren und der Telomerase, von der Frau die sie entdeckt hat!
[1] In ganz seltenen Fällen kann das auch mal gutgehen. Schimpansen haben ein Chromosomenpaar mehr als Menschen. Die Schimpansen-Chromosomen 2a und 2b sehen aber jeweils einer Hälfte des menschlichen Chromosoms 2 extrem ähnlich. Schon früh wurde deshalb postuliert, dass unser Chromosom 2 aus einer Fusion der beiden Chromosomen 2a und 2b hervorgegangen ist. Und siehe da: Man findet an der möglichen Fusionsstelle – mitten in Chromosom 2 – Sequenzen, die nach Telomer aussehen!
[2] Dieses DSBR-Modell (für double strand break repair) ist zwar heute nachweislich überholt, es ist aber immer noch das zentrale Modell, an dem sich alle neueren messen müssen.
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