X37B im Orbit (künstlerische Darstellung). Bild: NASA / Marshall Space Flight Center, gemeinfrei

Zum Meteorschwarm der Lyriden habe ich mal nichts geschrieben, weil der – wie eigentlich jedes Jahrohnehin zum Vergessen war.

Aber statt dessen wurde anderer seltener Besuch über Europa gesichtet, und zwar das X-37B OTV-5 der US Air Force. Die X-37 ist ein unbemanntes Weltraumflugzeug, dessen Entwicklungsverantwortung das Verteidigungsministerium 2004 von der NASA (X-37A) übernommen hatte und welches von der US Air Force ab 2006 als eigene Variante (X-37B) weiterentwickelt wurde.

Das primär von Boeing gebaute, ca. 9 m lange und vollgetankt 5 Tonnen schwere Raumflugzeug ähnelt einer verkleinerten Version des Space Shuttles. Ursprünglich zum Start aus der Ladebucht des Space Shuttles vorgesehen wird es tatsächlich wie ein Satellit an der Spitze einer Rakete gestartet, geschützt von einer Nutzlastverkleidung, weil man befürchtete, dass das Gerät mit seinen Trag- und Leitflächen im unverkleideten Zustand Schaden durch die aerodynamischen Kräfte beim Start nehmen könnte. Wie das Shuttle kann sich das Flugzeug von Hitzeschutzkacheln geschützt durch die Atmosphäre abbremsen lassen und wie ein Gleitflugzeug auf einer gewöhnlichen Flughafen-Landebahn aufsetzen. Dies alles bewerkstelligt die X-37B vollkommen autonom, ohne jede Fernsteuerung.

X-37B vor dem Schließen der Nutzlastverkleidung, die es beim Start vor dem Luftwiderstand schützt. Bild: Wikimedia Commons, US Air Force, gemeinfrei.

X-37B vor dem Schließen der Nutzlastverkleidung, die es beim Start vor dem Luftwiderstand schützt. Bild: Wikimedia Commons, US Air Force, gemeinfrei.

Der Erstflug der X-37B in den Orbit fand 2010 statt; die X-37A schaffte es nie in den Orbit. Grundsätzlich wiederverwendbar wurden bisher 2 Orbiter gebaut, die 4 vollendete und einen noch laufenden Flug absolvierten (nummeriert mit OTV-1, OTV-2 etc., was für Orbital Test Vehicles steht). Die Missionsdauer der automatischen Geräte beträgt viele Monate; bisher wurden Missionen zwischen 7,5 und 23,5 Monaten geflogen, bevor sie in Edwards, Vandenberg oder dem Kennedy Space Center landeten.

Wozu die X-37B genau verwendet wird, darüber gibt es größtenteils nur Spekulationen. Das einzige derzeit im Einsatz befindliche Raumflugzeug soll in seiner 2,1 m langen und 1,2 m durchmessenden Nutzlastbucht bis zu 250 kg Nutzlast tragen und unter, verglichen mit Raumkapseln wie der Space-X Dragon oder der Sojus, geringen G-Kräften wieder zur Erde bringen können. Dank seines Orbitaltriebwerks mit 1,5 Tonnen Schub und eines üppigen Treibstoffvorrats ist es in der Lage, seine Umlaufbahn um bis zu 3,1 km/s zu ändern – beinahe bis zur Fluchtgeschwindigkeit der Erde, wobei die Bahnänderungen natürlich eher in kleinen Stufen erfolgen und z.B. die Bahnneigung und Höhe im niedrigen Orbit ändern (Boeing gibt eine maximale Betriebshöhe von 925 km an). Das ermöglicht beispielsweise, die Bahn so zu verändern, dass mit geringer Vorlaufzeit ein bestimmter Ort auf der Erde zu einer bestimmten Zeit überflogen werden kann.

Offiziell verlautbarte von der Air Force die Aussage, dass es sich um “ein experimentales Testprogramm zur Demonstration von Technologien für eine zuverlässige, wiederverwendbare, unbemannte Weltraumplattform für die U.S. Air Force” handele. Für den vierten Flug OTV-4 wurde immerhin bestätigt, dass dabei einerseits ein Ionentriebwerk (Hall-Effekt-Antrieb) getestet worden sei und andererseits ein Experiment zur Erprobung der Widerstandsfähigkeit verschiedener Materialen in der Hochatmosphäre und Strahlung im niedrigen Erdorbit durchgeführt worden sei.

X-37B auf dem Rollfeld der Vandenberg Air Force Base. Bild: Wikimedia Commons, US Air Force, gemeinfrei.

X-37B auf dem Rollfeld der Vandenberg Air Force Base. Bild: Wikimedia Commons, US Air Force, gemeinfrei.

Obwohl über die Umlaufbahnen der bisherigen X-37B-Flüge nie offizielle Informationen ausgegeben worden waren, gelang es Amateuren stets binnen weniger Tage nach den nicht zu verheimlichenden Starts, das Gerät am Himmel auszumachen und die Bahn zu bestimmen. Keine der bisherigen Missionen brachte es bis in unsere nördlichen Breitengrade, der nördlichste Punkt einer Mission war bisher 43,5° Breite bei OTV-4.

OTV-4 nach der Landung am Kennedy Space Center. Bild: wikimedia Commons / US Air Force, gemeinfrei.

OTV-4 nach der Landung am Kennedy Space Center. Bild: Wikimedia Commons, US Air Force, gemeinfrei.

Die letzte gestartete Mission war OTV-5, das am 7. September 2017 von einer Falcon-9 im Orbit ausgesetzt worden war. Es war schon vor dem Start von der Air Force angekündigt worden, dass die Bahn nördlicher verlaufen sollte und aus der Sperrzone für den Niedergang der ersten Stufe vor der Küste Floridas hatte man geschlossen, dass die Bahn in 60°-70° Bahnneigung (mit den entsprechenden Breitengraden für den nördlichsten und südlichsten Punkt der Bahn) erfolgen würde. Der OTV-5 Orbiter wurde jedoch seitdem nicht gesichtet- bis zum 13. April 2018, 218 Tage nach dem Start, als es von einem niederländischen Enthusiasten auf einer Bahn mit 54,5° Bahnneigung und 357 km Höhe entdeckt wurde. Durch rückwärts-Extrapolation der Bahn zum Startzeitpunkt ergab sich, dass diese genau zur richtigen Zeit über Cape Canaveral verlaufen war, womit ziemlich sicher ist, dass es sich wirklich um die X-37B handelt. Am 18. April war dann von Amateuren beobachtet worden, dass die Bahn abgesenkt worden war.

OTV-5 kann derzeit abends von Mitteleuropa aus am Himmel gesichtet werden. Wer es versuchen möchte, nutze am besten die Webseite Heavens-Above.com mit aktuellsten Bahndaten, wobei man unbedingt oben rechts seinen Beobachtungsort spezifizieren muss, ansonsten erhält man eine Vorhersage aus der Perspektive des Erdmittelpunkts, die nicht gerade zielführend für das Aufspüren ist. Man findet OTV-5 dann auf der Heavens-Above-Homepage unter “Satelliten” und “OTV 5 (USA 277)”. Ein Klick auf diesen Link liefert dann eine Tabelle ähnlich wie diese hier (ab heute für Köln):

Vorhersage von Überflügen des OTV-5 über köln für die nächsten Tage - wenn die Bahn sich nicht wieder ändert! Bild: Heavens-Above.com

Vorhersage von Überflügen des OTV-5 über Köln für die nächsten Tage – falls die Bahn sich nicht wieder ändert! Bild: Heavens-Above.com

Wenn die Bahn vorläufig unverändert bleibt, gibt es vor allem heute Abend (23.04.), am 28.04, am 29.04. und am 01.05 sehr hohe (d.h. auch nahe, helle) Überflüge über Deutschland. In den Niederlanden war OTV-5 mit 1. Größenklasse gesichtet worden, weniger spektakulär als die ISS, aber dennoch leicht zu sehen.

Man orientiert sich am besten an der Himmelsrichtung unter “Anfang” und stellt sich an einen Ort mit freier Sicht in diese Richtung (Westen ist grob Richtung untergegangener Sonne). Zur angegeben Zeit für den Anfang des Überflugs ist das OTV-5 noch niedrig am Himmel und weit weg, man wird es vermutlich die erste Minute lang noch nicht sehen, aber wenn man die gedachte Bahn in Richtung des höchsten Punkts im Auge behält (wer mag, kann auch auf das Datum vorne klicken und sich eine Himmelskarte mit der Bahn anzeigen lassen), wird man alsbald einen flott bewegten “Stern” ausmachen, der zur angegeben Zeit für den höchsten Punkt eben jenen erreichen sollte. Wenn für den Endzeitpunkt eine Höhe von mehr als 10° angegeben ist oder gar die gleiche Höhe wie für den höchsten Punkt, dann wird man das OTV-5 in den Erdschatten eintreten sehen, was mit einer leichten Rotfärbung und nachfolgendem raschen Verblassen bis zur Unsichtbarkeit verbunden ist – man sieht den Raumgleiter eben nur, wenn er oben in der Höhe noch von der Sonne beschienen wird, und vor dem Eintritt in den Erdschatten erlebt das OTV einen Sonnenuntergang.

Würde mich freuen, wenn der eine oder die andere sich hier zurück meldet und berichtet, ob die Sichtung erfolgreich war.

 

Links zur X-37B und OTV-5

Kommentare (51)

  1. #1 HF(de)
    23. April 2018

    Vielen Dank für den Tipp! Bedingungen grade bestens auf meinem Balkon und das Ding fliegt ja gleich (21:20) direkt über mich weg! Werde es versuchen und dann berichten.

  2. #2 HF(de)
    23. April 2018

    Schade, hat nicht geklappt. War wohl noch zu hell. Bleibe dran.

  3. #3 Alderamin
    23. April 2018

    Macht nichts, am 28. und 29. wird es auf jeden Fall deutlich dunkler sein, vielleicht klappt es ja dann. Und wenn nicht, das Gerät ist erst ein halbes Jahr in der Umlaufbahn, die Missionen dauerten zuletzt fast zwei Jahre, da wird es noch viele Gelegenheiten geben. Jetzt, wo es aufgespürt ist, lässt sich das OTV-5 nicht mehr vor den wachsamen Augen der Satelliten-Tracker verstecken.

  4. #4 HF(de)
    23. April 2018

    Gut zu wissen, dass wir so lange Zeit haben! Gleich um 22:55 ist auch noch ne ‘dunkle’ Chance, weiß aber noch nicht, ob das bei mir zeitlich klappt. Falls ja, sag ich bescheid.

  5. #5 HF(de)
    23. April 2018

    Boh, das war schwierig. Der Halbmond ist ziemlich hell. Polarstern finde ich nur mit dem großen Wagen und der Polarstern ist ziemlich dunkel. Aber das Ding sollte da ja vorbeirauschen. Und tatsächlich, noch etwas dunkler, aber ich hatte Erfolg! Bin begeistert. Danke, Polaris, danke Alderamin!! 🙂

  6. #6 HF(de)
    23. April 2018

    PS an alle, die es auch versuchen: ISS ist deutlich einfacher. Genau hingucken, dann klappt es!

  7. #7 gedankenknick
    24. April 2018

    Ich kann nur sagen, war gestern abend 2x zu bewölkt an meinem Heimatort, zum Teil war kaum der Halbmondzu sehen. Um 21.20 war es dazu noch deutlich zu hell, am Horizont waren die Wolken noch deutlich rot erleuchtet und sonst doch deutlich gelblich strahlend… Ich glaube nicht, dass ich selbst bei besten Sichtverhältnissen um halb 10 das Teil visuell ohne optische Hilfsmittel verortet hätte können.

  8. #8 Captain E.
    24. April 2018

    @Alderamin:

    Es tut mir leid, dich da korrigieren zu müssen, aber tatsächlich besitzt die US Air Force nur zwei Orbiter des (Experimental-) Typs X-37B. Die OTV-Nummerierung gibt eher die Missionen an und hat nichts mit den verwendeten Orbitern zu tun. Ziemlich sicher steht fest, dass die Missionen OTV-1 und OTV-3 (Orbital Test Vehicle) von Orbiter 1 geflogen worden sind und OTV-2 von Orbiter 2. Bei OTV-4 schreibt die deutsche Wikipedia, dass der verwendete Orbiter unbekannt ist, die englische nennt Orbiter 2, was ja auch logisch ist. Zurzeit müsste so gesehen wieder Orbiter 1 seine bereits dritte Mission fliegen. Die fünf Missionen haben allerdings auch echte Missionnummern, und zwar in der Reihenfolge USA-212, USA-226, USA-240, USA-261 und USA-277.

    Am Boden werden die beiden Orbiter in den Orbiter Processing Facilities OPF-1 und OPF-2 gewartet, die zuvor für die Space Shuttles verwendet worden waren. (OPF-3 ist vermietet an Boeing für die CST-100.)

  9. #9 Alderamin
    24. April 2018

    Du brauchst Dich nicht zu entschuldigen, ich muss mich entschuldigen, Du hast völlig recht. Habe da wohl etwas zu hastig gelesen. In den verlinkten Quellen steht drin, welcher Orbiter welchen Flug durchgeführt hat, z.B. in dem Spacecraft Overview Artikel. Ich hatte irgendwie verstanden, dass mit OTV die einzelnen Geräte nummeriert seien, aber es sind nur die Missionsnummern, wie STS-xy bei den Shuttle-Flügen. Danke für die Korrektur!

  10. #10 Alderamin
    24. April 2018

    Bei uns war’s auch zu durchwachsen, hab’s gar nicht erst versucht. Aber es wird ja noch viele Gelegenheiten geben. Man kann (und sollte) die Vorhersagen auf Heavens-Above.com ja jederzeit frisch mit den letzten Orbitalelementen ziehen, es ändert kaum ein Satellit seine Bahn so oft und heftig wie das OTV. Ich denke, die führen auch Erdbeobachtung durch, ansonsten bräuchte es die hohe Bahnneigung nicht.
    Ein Fernglas ist immer hilfreich um das Objekt frühzeitig um Anflug zu sehen. Die Helligkeit, die bei dem Überflug in den Niederlanden mit 1m angegeben wurde, hängt auch von den Beleuchtungsverhältnissen und der Orientierung des Orbiters ab, es wird seinen Grund haben, dass bei Heavens-Above in der entsprechenden Spalte nur Fragezeichen stehen.

  11. #11 Alderamin
    24. April 2018

    Super, dass es geklappt hat!

  12. #12 Captain E.
    24. April 2018

    @Alderamin:

    Es ist halt das Militär, und die können ein paar Sachen recht gut: Tarnen und Täuschen. Aber offensichtlich bezeichnen die OTV-x mit ihren durchlaufenden Nummern die Missionen innerhalb dieses Programms, und USA-y zählt (unbemannte?) Missionen insgesamt, eben auch programmübergreifend.

    Apropos Tarnen und Täuschen: Die Missionsziele hat man bislang immer gut unter der Decke halten können, aber die Orbits können halt nicht geheim gehalten werden, denn die Orbiter sind ja nicht unsichtbar. Wahrscheinlich verfolgt Mission Control immer mit Interesse, wie schnell und wie genau die Beobachter die erfolgten Manöver nachvollziehen können.

  13. #13 gedankenknick
    24. April 2018

    @Alderamin #9
    Also 1m finde ich ja nicht so wahnsinnig doll. Ich hab die “ISS-Detektor”-App auf dem schlauen Fon (sagt einem ohne kostenpflichtige Erweiterungen die Überflüge und Sichtbarkeiten von Iridium-S. und der ISS teilweise sogar unter Berücksichtigung der lokalen Wetterlage), und die Sichtbarkeit um 1m ist da als eher ziemlich “lausig sichtbar” klassifiziert. Als leidlich gut sichtbar gelten da so -1 bis -3m; und als sehr gut sichtbar -4 bis -7m. Ich habe bisher noch keine heller als -7m eingestuften Iridium- und ISS-Überflüge auf der App gefunden…

    Wobei ich mich frage, warum man nicht die schwarze (also wahrscheinlich die hitzeisolierte) Seite bei “getarnten” Überflügen zur Erde dreht – oder ob man das nicht sogar macht und nur zur weiteren Verwirrung die weiße Seite gen Planetenoberfläche zeigen läßt, wenn das gute Stück auf eher irrelevanten Bahnen kreiselt…

  14. #14 Captain E.
    24. April 2018

    @gedankenknick:

    Vielleicht tut man das, aber das dürfte unter anderem vom Sonnenstand abhängen und auch von den durchzuführenden Experimenten. Beispiel: Wenn im Frachtraum Teile zukünftiger Erdbeobachtungssatelliten eingebaut sein sollten, dann könnte man die nur schwer testen, wenn sie von der Erde wegzeigten.

  15. #15 gedankenknick
    24. April 2018

    @Captain E. #14
    Wenn im Frachtraum Teile zukünftiger Erdbeobachtungssatelliten eingebaut sein sollten, dann könnte man die nur schwer testen, wenn sie von der Erde wegzeigten.
    Genau das habe ich mir auch gedacht. Und dann habe ich mir überlegt, dass, wenn Treibstoff bei dem Teil und den fraglichen scheinbar recht irrwitrzigen Bahnkorrekturen scheinbar so gar keine Rolle spielt, man das Ding einfach mit schwarzer Unterseite ans “Untersuchung”gebiet anfliegen läßt, kurz vor dem Ziel in Rotation geht, auf diese Weise über dem Ziel die Rückenseite gen Planeten ausgerichtet hat, und dann die Rotation fortsetzt beim Verlassen des Zielareals um wieder die Unterseite zur Erde zu haben. So würde ICH es zumindest machen, wenn ich da bei MissionControl was zu sagen hätte…

    Mal davon abgesehen – ich würde das Teil, so überhaupt zulässig – prinzipiell komplett schwarz oder sehr dunkel blau anpinseln. 😉 Ich zitier hier mal die Farbwünsche des Pentagon zur F-117 an Lockheed: Sie dürfen das Flugzeug in jeder Farbe anstreichen, die sie mögen. Hauptsache, es ist hinterher schwarz!” 😉

  16. #16 Alderamin
    24. April 2018

    Du (und die Programmierer der App) bist verwöhnt, vor Iridium und der ISS gab es keine Satelliten, die mit der Venus konkurrieren konnten (und mit Iridium hat es sich bald, die werden derzeit durch Satelliten ersetzt, die keine Flares mehr verursachen). Das Shuttle war oft nur mit 1m zu sehen, wenn es in größerer Entfernung vorbei flog. Ist halt heutzutage und in den Städten schwierig geworden, auch schon die hellsten Sterne zu sehen. Außer ISS und Iridium gibt es aber nichts mit negativer Magnitude.

    Wobei ich mich frage, warum man nicht die schwarze (also wahrscheinlich die hitzeisolierte) Seite bei “getarnten” Überflügen zur Erde dreht

    Man fliegt ja nicht einfach so auf einer Bahn mit dieser Inklination herum, sondern beispielsweise weil sie über Russland und Nordkorea führt. Und wenn das Gerät Kameras trägt, dann sind die in der oben liegenden Nutzlastbucht, die zur Beobachtung geöffnet wird. Gerade die Manövrierfähigkeit macht den Orbiter spannend als Spionageplattform.

    Und letztlich wird das Gerät von den Ausspionierten ohnehin erfasst, egal, ob es seine dunkle oder helle Seite zeigt. Es gibt ja auch Radaranlagen, die alle Objekte größer als 10 cm in der Umlaufbahn verfolgen, um potenzielle Kollisionen mit Weltraumschrott zu verhindern. Man kann sicher sein, dass das russische Militär (und auch das deutsche) vom ersten Tag an wussten, auf welcher Bahn OTV-5 unterwegs war. Ob jetzt ein paar Space-Geeks noch zusätzlich Wind davon bekommen, kann der US Air Force herzlich egal sein.

  17. #17 Alderamin
    24. April 2018

    Das dürfte thermische Gründe haben, weiße Flächen erhitzen sich im Sonnenlicht weniger, weil die Wärmestrahlung besser reflektiert wird. Die Unterseite ist hingegen schwarz, weil schwarz am besten vorhandene Wärme abstrahlt, und beim Wiedereintritt entsteht die Wärme gerade nicht durch Einstrahlung, sondern durch Reibung.

  18. #18 Captain E.
    24. April 2018

    @gedankenknick:

    Genau das habe ich mir auch gedacht. Und dann habe ich mir überlegt, dass, wenn Treibstoff bei dem Teil und den fraglichen scheinbar recht irrwitrzigen Bahnkorrekturen scheinbar so gar keine Rolle spielt, man das Ding einfach mit schwarzer Unterseite ans “Untersuchung”gebiet anfliegen läßt, kurz vor dem Ziel in Rotation geht, auf diese Weise über dem Ziel die Rückenseite gen Planeten ausgerichtet hat, und dann die Rotation fortsetzt beim Verlassen des Zielareals um wieder die Unterseite zur Erde zu haben. So würde ICH es zumindest machen, wenn ich da bei MissionControl was zu sagen hätte…

    Ich bin da nicht gerade vom Fach, aber meines Wissens betreibt man Erdbeobachtung nicht nach dem Prinzip “Hinfliegen – Schnappschuss – fertig!”. Da wird die Erde streifenweise abgetastet. Kurzfristige Rollmanöver dürften da eher kontraproduktiv sein. Mission Control würde dich also wahrscheinlich freundlich hinaus komplimentieren, wenn du als besuchender General oder Congressman deine “Verbesserungsvorschläge” an den Mann bringen wolltest.

    Dass die OTV-Missionen der Erdbeobachtung dienen, ist aber natürlich pure Spekulation, wenngleich um einiges plausibel als der oft vermutete “Rods of God”-Spacebomber-Einsatz.

    Mal davon abgesehen – ich würde das Teil, so überhaupt zulässig – prinzipiell komplett schwarz oder sehr dunkel blau anpinseln. Ich zitier hier mal die Farbwünsche des Pentagon zur F-117 an Lockheed: Sie dürfen das Flugzeug in jeder Farbe anstreichen, die sie mögen. Hauptsache, es ist hinterher schwarz!”

    Ein unterschallschneller Stealth-Kampfbomber dürfte, wie von Alderamin bereits erwähnt, ganz andere Anforderungen an Thermalmanagement haben als eine Weltraumdrohne. Die schwarze Farbe der F-117 war ja gerade die Lösung für das Problem, dass die Dinger viel zu langsam und damit anfällig für feindliches Abwehrfeuer waren. Schwarze Farbe drauf und alle Einsätze in die Nachtstunden verlegt, und schon konnte man damit arbeiten.

    Profis, ob nun verbündet oder (potenziell) feindlich, haben ohnehin kein Problem damit, eine X-37B aufzuspüren. Wie ich aber schon gesagt hatte: Die Schärfe und Geschwindigkeit der Beobachtung der Amateure könnte für die Air Force einen Wert an sich und quasi ein weiteres Experiment darstellen.

  19. #19 Alderamin
    24. April 2018

    Ich bin da nicht gerade vom Fach, aber meines Wissens betreibt man Erdbeobachtung nicht nach dem Prinzip “Hinfliegen – Schnappschuss – fertig!”. Da wird die Erde streifenweise abgetastet.

    Bei Aufklärungszielen tastet man genau jene ab. Die Auflösung echter Spionageteleskope (wie des Geräts, das WFIRST werden sollte) ist so hoch, damit kann man die Erde gar nicht komplett abtasten und will man auch gar nicht.

    Dass die OTV-Missionen der Erdbeobachtung dienen, ist aber natürlich pure Spekulation, wenngleich um einiges plausibel als der oft vermutete “Rods of God”-Spacebomber-Einsatz.

    Die 250 kg Nutzlast und nur 1,2 m Nutzlastbucht schränken die Möglichkeiten für Geräte mit hoher optischer Auflösung jedenfalls sehr ein. Der typische Spionagesatellit ist die X-37B jedenfalls nicht. Aber wenn es nur um Materialexperimente und dergleichen ginge, bräuchte man diese hohe Inklination nicht, die kostet nur Sprit. Weiß der Geier…

  20. #20 StilleBrille
    daheim
    24. April 2018

    ( zaghafte Meldung aus den hinteren Reihen):
    Ich lese – mal wieder – mit grossem Interesse mit und habe nichts beizutragen ausser: danke für die spannenden Artikel und die erweiternde Diskussionen in den Kommentaren! Ich profitiere sehr!
    (muss auch mal gesagt werden)

  21. #21 gedankenknick
    24. April 2018

    @Alderamin #14:
    Es gibt ja auch Radaranlagen, die alle Objekte größer als 10 cm in der Umlaufbahn verfolgen, um potenzielle Kollisionen mit Weltraumschrott zu verhindern.
    Wenn man wollte, könnte man vielleicht zusätzlich das System auf Stealth optimieren und/oder radarresorbierende Farbe dran pappen. Ich denke auch, aufgrund der starken Bahnänderungen sollte man trotz Bahnüberwachung von einem “Überraschungsmoment” ausgehen. Gerade bei Staaten, die sich das nicht so wahnsinnig leisten können (NK). Ist ja in diesem Fall nicht so wie dazumal bei den “Skunk Works”, als zu den bekannten Überflugzeiten der sowjetischen Spionagesatelliten immer die Flugzeuge in die Hallen geschoben wurden alle paar Stunden.

    Du (und die Programmierer der App) bist verwöhnt, vor Iridium und der ISS gab es keine Satelliten, die mit der Venus konkurrieren konnten…
    Das Glück des richtigen Geburtsjahres. 😉

    ..und mit Iridium hat es sich bald, die werden derzeit durch Satelliten ersetzt, die keine Flares mehr verursachen…
    Kann man sich drüber streiten, ob das nun “nur” gut ist. Ich persönlich finde es auch ein wenig Schade, denn mir ist nie ein Iridium-Flare aufgefallen, wenn ich nicht aktiv danach gesucht habe, aber mit diesen Flares konnte man immer gut Eindruck schinden und andere Menschen ein bisschen für Satellitentechnik sensibilisieren…

    Ist halt heutzutage und in den Städten schwierig geworden, auch schon die hellsten Sterne zu sehen.
    Das hat mich in meiner Studienzeit sehr geärgert. Aber nun wohne ich in Kuhdorf, nen Haubitzenschuss von einem Sternenparkt entfernt – da betrifft mich das nicht mehr ganz so arg. 😀 Schön auch immer, wenn ich Besuch aus einer Stadt da habe, und bei passendem Wetter ein paar min nach Ausschlaten meines Hoflichtes Erstaunen darüber geäußert wird, wie viele Sterne man mit bloßem Auge sehen kann.

    Außer ISS und Iridium gibt es aber nichts mit negativer Magnitude.
    Danke für die Info. Habe mich immer gefragt, ob da noch was wäre – die Frage ist damit beantwortet.

  22. #22 gedankenknick
    24. April 2018

    @Alderamin #17
    Das mit den thermischen Gründen leuchtet mir ein. Da sieht man, dass ich nicht vom Fach bin… Das Kühlung im Weltraum ein eklatantes Problem ist vergesse ich immer wieder. Liegt vielleicht daran, dass ich verinnerlicht habe, das Kälte in Weltraum (insbesondere für Akkus) ein eklatantes Problem ist…

    @Captain E. #18
    Ins “MOL” https://de.wikipedia.org/wiki/Manned_Orbiting_Laboratory sollte damals – wenn ich nicht von einer Doku auf Arte vor ein paar Jahren hinters Licht geführt wurde – eine Spionagekamera mit einer Auflösung von unter 10x10cm eingebaut werden. Das ist wesentlich höher auflösend als die 30x30cm, die angeblich “gewöhnlich” bei Spionagesateliten angestrebt werden. Mit so einer Kamera “scannst” Du nicht mehr wahllos Gebiete, da weißt Du schon vorher, wo Du Fotos machen willst. Sonst können sich die Bildauswerter zu Tode auswerten…

    @all:
    Ich bitte um Entschuldigung für mein Talent, Diskussionen von Blogeintrag weg zu bewegen. Und ich gelobe Besserung.

  23. #23 stone1
    24. April 2018

    Bei space.com wurde schon vor längerer Zeit spekuliert, was für Ziele die Air Force mit dem X37 verfolgen könnte.
    Unter anderem die Inspektion (und eventuell auch Bekämpfung) von Satelliten aus der Nähe scheint dabei ein ziemlich plausibles Szenario zu sein.
    Langsam aber sicher scheint es ernst zu werden mit Star Wars.
    Haben andere Großmächte eigentlich ein ähnliches Programm, ein bewaffnetes US-OTV muss ja ein Alptraum von Strategen den USA nicht so wohlgesonnenen Staaten sein?

  24. #24 Alderamin
    24. April 2018

    🙂

  25. #25 Alderamin
    24. April 2018

    Außer ISS und Iridium gibt es aber nichts mit negativer Magnitude.
    Danke für die Info. Habe mich immer gefragt, ob da noch was wäre – die Frage ist damit beantwortet.

    Von unseren Breiten aus (soviel ich weiß). Etwas südlicher fliegt Tiangong 2 rum, vielleicht schafft die bei einem hellen Vorbeiflug knapp 0. Größe (ich hab’ mich mal virtuell per Heavens-Above nach Singapur versetzt, und da wird sie 0,9m hell, aber etwas nördlicher könnten die Beleuchtungsverhältnisse vielleicht günstiger sein; kannst ja selbst mal rumspielen).

  26. #26 stone1
    24. April 2018

    Ergänzung:
    globalsecurity.org hat auch eine Zusammenfassung zur X-37B, da steht dass bei der aktuellen Mission ein ‘Advanced Structurally Embedded Thermal Spreader’ (ASETS-11) getestet wird.

  27. #27 Alderamin
    24. April 2018

    wenn ich nicht von einer Doku auf Arte vor ein paar Jahren hinters Licht geführt wurde – eine Spionagekamera mit einer Auflösung von unter 10x10cm eingebaut werden. Das ist wesentlich höher auflösend als die 30x30cm, die angeblich “gewöhnlich” bei Spionagesateliten angestrebt werden.

    Wobei – 10 cm aus 300 km Entfernung wären 0,07 Bogensekunden Auflösung (wenn ich mich nicht verrechnet habe), das braucht mehr als 2 Meter Öffnung. Wie ich schon sagte, in die X-37 passt so eine Optik gar nicht hinein.

  28. #28 Captain E.
    24. April 2018

    @stone1:

    Bei space.com wurde schon vor längerer Zeit spekuliert, was für Ziele die Air Force mit dem X37 verfolgen könnte.
    Unter anderem die Inspektion (und eventuell auch Bekämpfung) von Satelliten aus der Nähe scheint dabei ein ziemlich plausibles Szenario zu sein.
    Langsam aber sicher scheint es ernst zu werden mit Star Wars.
    Haben andere Großmächte eigentlich ein ähnliches Programm, ein bewaffnetes US-OTV muss ja ein Alptraum von Strategen den USA nicht so wohlgesonnenen Staaten sein?

    Nun ja, eigentlich ist das sogar eher unwahrscheinlich. Die Nutzlastbucht ist (wie oben schon erwähnt) nur 1,2 m und fasst gerade einmal 250 kg. Welches Waffensystem soll denn da hineinpassen? Und was für einen Sinn macht es überhaupt, aus einem funktionierenden Satelliten ein taumelndes Stück Weltraumschrott zu machen? Früher oder später kollidiert so etwas dann mit irgendetwas anderem und die Anzahl der Fragmente im Orbit schnellt explosionsartig nach oben. Die Chinesen haben so etwas schon einmal ausprobiert, und ich bezweifle, dass irgendjemand Lust auf eine Wiederholung hätte.

  29. #29 gedankenknick
    24. April 2018

    @stone #25
    – Die Sowjetunion hatte in der “Saljut 3” eine umgebaute Flugzeugmaschinenkanone erprobt. Aufgrund der durch den Rückstoß verursachten Bahnkorrekturen mit hohem Treibstoffverbrauch galt die Erbrobung wohl als mäßig erfolgreich.
    – Der SALT-I-Vertrag schränkte dann solcherlei Experimente etwas ein.
    – Die USA verfügt mit “ASM-135 ASAT” über eine flugzeuggestützte durchaus schon (wenn auch nur 1x) erprobte Raketentechnologie, um Satelliten anzugreifen. Ob sich diese Waffe wirklich gegen alle Umlaufbahnen eignet weiß ich nicht.
    – Die Sowjektunion hat(te) bodenstationierte ASAT-Laser, mit denen sie zwar keine Satelliten abschossen, aber angeblich mehrere Spionagesatelliten geblendet (und damit die Kameras unbrauchbar gemacht) haben sollen. In wie weit die boden- und flugzeuggestützen Raketen-Projekte analog ASM135 ASAT abgeschlossen wurden ist mit nicht bekannt.
    – Die Chinesen haben einen eigenen ausgemusterten Wettersatelliten mit einer umgebauten Mittelstreckenrakete abgeschossen. Das dürfte damals aber nur geklappt haben, weil der Satellit vorher in eine Umaufbahn gebracht wurde, die mit der Rakete auch zu erreichen war.
    – Gerald Bull hat mit HARP eine Kanone gebaut, die durchaus Bedenken auslöste, bei (noch) weiterer Entwicklung zum Abschuss von Satelliten fähig zu sein. Verschiedene Verschwörungstheorien ranken sich daher um seinen Tod, unabhängig oder im Zusammenhang mit der “Babylon-Kanone” für den Irak.
    – Die verschiedenen “Killer-Satelliten”-Projekte lass ich jetzt mal außen vor. Sollte die X-37 selber als Ramm-Waffe gedacht sein, würde sie alle eher in diese Kategarie fallen.

  30. #30 stone1
    24. April 2018

    @Captain E.

    Und was für einen Sinn macht es überhaupt, aus einem funktionierenden Satelliten ein taumelndes Stück Weltraumschrott zu machen?

    Naja, wenn es sich um einen feindlichen Spionagesatelliten handelt, würde das eventuell schon Sinn machen. Und wäre vermutlich effektiver als etwa eine bodengestützte oder von einem Flugzeug gestartete Rakete, man könnte bei einem Flug ja gleich mehrere Ziele bekämpfen. Die Frage nach dem Waffensystem kann ich auch nicht beantworten, aber man könnte sich vorstellen dass ein Hochenergielaser beispielsweise kritische Teile des Zielsatelliten verdampft oder eher zerschmilzt.
    Keine Ahnung wie klein man solche Systeme schon bauen kann, aber die X37 ist ja auch ‘nur’ eine Testplattform, anscheinend bisher sehr erfolgreich, also ist es denkbar dass ein Nachfolger mit größerer Nutzlast gebaut wird.

  31. #31 stone1
    24. April 2018

    @gedankenknick

    Eine umgebaute Flugzeugmaschinenkanone auf der Saljut? Was sich die Russen immer so für wilde Sachen einfallen lassen. ; )
    Von dieser HARP-Kanone hab ich auch noch nie gehört, mit Projektilen auf Satelliten zu schießen ist aber auch nicht weniger wild als eine Maschinenkanone im Weltraum.
    Mangelnden Einfallsreichtum kann man den Militärs jedenfalls (leider) nicht nachsagen.

  32. #32 gedankenknick
    24. April 2018

    @Alderamin #25
    Die Doku zeigte Bilder aus einem (wohl tatsächlich vorhandenen) Übungssystem für die Astronauten, und die (verschließbare) Kameraöffnung war +- mannsgroß. Außerdem sprach einer der (angeblichen?) Projektentwickler davon, dass man damals einen (asymetrisch?) verformbaren Spiegel innerhalb der Optik verwendete. Die Technologie wurde angeblich eingemottet und erst viel später (und verkleinert) wiederbelebt, weiter wurde auf die Kamera (meiner Erinnerung nach) nicht eingegangen. Lustig fand ich dann die Erläuterungen zum mechanisch funktionierenden System der Bahnverfolgung über das Zielgebiet… Ist aber alles schon eine Weile her, und anekdotisch mit erinneringsverfehlerter Vorsicht zu genießen…

  33. #33 gedankenknick
    24. April 2018

    @stone1 #31
    War ne umgebaute NR-23 Maschinenkanone. Siehe auch hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Weltraumwaffe#Sowjetunion/Russland

    Gerald Bull wollte eine Kanone bauen, mit der er (Klein)Satelliten zu 1/20 der Kosten eines konventionellen herkömmlichen Raketenstarts in den Weltraum befördern könne. Mit HARP brachte er ein 180kg schweres Projektil auf 180km Höhe. Mit SHARP sollte das ganze noch ausgebaut werden, aber die finanziellen Mittel wurden gestrichen – warum auch immer. https://de.wikipedia.org/wiki/High_Altitude_Research_Project

  34. #34 stone1
    24. April 2018

    @gedankenknick

    Aha, also eine Kanone um Satelliten ins All zu schießen statt Satelliten im All abzuschießen.

    Noch ein wenig abgefahrener gehts allerdings immer, es gibt auch die Idee eines Hula-Hoop Katapults um kleine Satelliten ins All zu schleudern. : )

  35. #35 gedankenknick
    24. April 2018

    Nix zu sehen heute… komplett bedeckt.

  36. #36 Captain E.
    25. April 2018

    @stone1:

    Naja, wenn es sich um einen feindlichen Spionagesatelliten handelt, würde das eventuell schon Sinn machen. Und wäre vermutlich effektiver als etwa eine bodengestützte oder von einem Flugzeug gestartete Rakete, man könnte bei einem Flug ja gleich mehrere Ziele bekämpfen. Die Frage nach dem Waffensystem kann ich auch nicht beantworten, aber man könnte sich vorstellen dass ein Hochenergielaser beispielsweise kritische Teile des Zielsatelliten verdampft oder eher zerschmilzt.

    Das ist aber doch genau das Problem! Wenn man von einem feindlichen Spionagesatelliten besagte “kritische Teile” außer Gefecht setzt, wird man kaum vermeiden können, andere Teile ebenfalls zu beschädigen oder direkt zu zerstören. Wenn nun darunter die Navigation (z.B. Sternsensor), die Lageregelung (Drallräder, Triebwerke), die Stromversorgung oder der Bordcomputer sind, wird der Flugkörper unsteuerbar und droht, irgendwann mit irgendetwas zusammen zu stoßen, und das könnte ein eigener teurer Satellit sein. Driftende Trümmerwolken braucht auch keiner, der bemannte oder unbemannte Raumflugkörper zu navigieren hat.

    Logische Folgerung: Alle Handlungen, die geeignet sind, aus einem funktionierenden Satelliten ein taumelndes Stück Weltraumschrott zu machen, sind tunlichst zu unterlassen.

    Keine Ahnung wie klein man solche Systeme schon bauen kann, aber die X37 ist ja auch ‘nur’ eine Testplattform, anscheinend bisher sehr erfolgreich, also ist es denkbar dass ein Nachfolger mit größerer Nutzlast gebaut wird.

    Du meinst, aus der Tatsache, dass zurzeit die bereits fünfte Mission läuft, ließe sich der Schluss ziehen, die X-37B sei sehr erfolgreich? Nun, das kann man sicherlich so sehen, nur ist die vermutete ASAT-Fähigkeit eben reine Spekulation. Was immer so interessant und auch erfolgreich für die Air Force ist, muss nicht zwangsläufig die Fähigkeit zur Bekämpfung feindlicher Satelliten sein.

    So, und nun noch zwei Spekulationen meinerseits: Vielleicht können die OTVs mittels ihrer Nutzlast Satelliten reparieren (oder eben das Gegenteil)? Womöglich ist dort ein entsprechender Roboterarm eingebaut. Der Special Purpose Dexterous Manipulator (SPDM oder auch Dextre) und das Space Station Remote Manipulator System (SSRMS oder Canadarm2) auf der ISS können ja auch Aktivitäten durchführen ohne Zutun der Besatzung, ausschließlich unter der Kontrolle der Bodenstation.

    Plausibler erscheint mir dagegen das Vorhandensein eines Synthetic Aperture Radars. Die entsprechenden deutschen Satelliten sind zwar mit einer Masse von 1,2-1,3 t, einer Höhe von 5 m und einem Durchmesser von 2,4 m (TerraSAR-X und TanDEM-X) oder 720 kg und 4 m × 3 m × 2 m (SAR-Lupe) zu groß, aber die gesamte Avionik, Navigation, Lageregelung usw. der X-37B zählt ja nicht zu den 250 kg und 1,2 m Länge der Nutzlastbucht. Warum also nicht ein hoch entwickeltes und vermutlich teures SAR? Wenn der Treibstoff zur Neige geht, kann man landen und zeitnah den anderen Orbiter starten. Die Nutzlast könnte zur nächsten Mission gewartet und weiterentwickelt oder ggf. komplett ausgetauscht werden.

  37. #37 Alderamin
    25. April 2018

    @Captain E.

    So, und nun noch zwei Spekulationen meinerseits: Vielleicht können die OTVs mittels ihrer Nutzlast Satelliten reparieren (oder eben das Gegenteil)? Womöglich ist dort ein entsprechender Roboterarm eingebaut. Der Special Purpose Dexterous Manipulator (SPDM oder auch Dextre) und das Space Station Remote Manipulator System (SSRMS oder Canadarm2) auf der ISS können ja auch Aktivitäten durchführen ohne Zutun der Besatzung, ausschließlich unter der Kontrolle der Bodenstation.

    Wenn ein OTV jemals einem anderen Satelliten nahe gekommen wäre, hätten die Satellite-Tracker-Nerds das sicherlich bemerkt. Z.B. wurde letztes Jahr beobachtet, wie USA 276 (also die Vorgänger-Nummer von OTV-5, der läuft unter USA 277) sich der ISS bis an die Grenze des Sperrkorridors näherte (unbedingt auch die Kommentare lesen, köstlich); wäre der ursprüngliche Starttermin für den ISS-Versorgungsflug zuvor eingehalten worden, dann hätte die nächste Annäherung genau während des geplanten Andockens stattgefunden, was für ein Zufall… All das wurde bemerkt.

    OTV-5 war zwar eine Weile nicht auffindbar gewesen, aber anscheinend hatte sich sein Orbit während dieser Zeit nicht verändert, man hatte ihn ja noch bis zum Startzeitpunkt zurückrechnen können und einen Überflug vom Kennedy Space Center zur betreffenden Zeit rekonstruieren können. Ich denke nicht, dass das möglich gewesen wäre, wenn man einen Satelliten besucht hätte, dazu muss man den Orbit ja an den des Satelliten anpassen.

    Plausibler erscheint mir dagegen das Vorhandensein eines Synthetic Aperture Radars.

    Scheint mir auch plausibler; so ein Ding bräuchte aber einen Ausleger, man braucht zwei Messpunkte mit etwas Abstand, wenn ich das richtig verstanden habe.

    Vielleicht gelingt einem ambitionierten Amateur ja mal eine hochauflösende Aufnahme? Ist aber schwierig, das Gerät ist wirklich klein.

  38. #38 Captain E.
    25. April 2018

    @Alderamin:

    Wenn ein OTV jemals einem anderen Satelliten nahe gekommen wäre, hätten die Satellite-Tracker-Nerds das sicherlich bemerkt. Z.B. wurde letztes Jahr beobachtet, wie USA 276 (also die Vorgänger-Nummer von OTV-5, der läuft unter USA 277) sich der ISS bis an die Grenze des Sperrkorridors näherte (unbedingt auch die Kommentare lesen, köstlich); wäre der ursprüngliche Starttermin für den ISS-Versorgungsflug zuvor eingehalten worden, dann hätte die nächste Annäherung genau während des geplanten Andockens stattgefunden, was für ein Zufall… All das wurde bemerkt.

    OTV-5 war zwar eine Weile nicht auffindbar gewesen, aber anscheinend hatte sich sein Orbit während dieser Zeit nicht verändert, man hatte ihn ja noch bis zum Startzeitpunkt zurückrechnen können und einen Überflug vom Kennedy Space Center zur betreffenden Zeit rekonstruieren können. Ich denke nicht, dass das möglich gewesen wäre, wenn man einen Satelliten besucht hätte, dazu muss man den Orbit ja an den des Satelliten anpassen.

    Tja, es gibt viele neugierige Augen, die das Treiben am Himmel verfolgen. Also gab es vermutlich keine Annäherungsmanöver, weder für den einen noch für den anderen Zweck.

    Eine Anti-Satelliten-Waffe halte ich bekanntlich für ausgeschlossen, und ein Wartungsgerät ist es also wohl auch nicht.

    Scheint mir auch plausibler; so ein Ding bräuchte aber einen Ausleger, man braucht zwei Messpunkte mit etwas Abstand, wenn ich das richtig verstanden habe.

    Vielleicht gelingt einem ambitionierten Amateur ja mal eine hochauflösende Aufnahme? Ist aber schwierig, das Gerät ist wirklich klein.

    Bist du dir sicher? Haben TerraSAR-X und TanDEM-X solche Ausleger? Haben SAR-Lupe 1-5 welche? Soweit ich das verstanden habe, sind die SAR-Lupe-Satelliten kompakte kleine Geräte und haben wohl eher keine Ausleger.

    Lustig wäre es ja, wenn die verwendete Technik in den X-37Bs aus Deutschland stammte – natürlich alles unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Unsere SAR-Kompetenz sollte ja hinlänglich bekannt und wertgeschätzt sein.

  39. #39 gedankenknick
    25. April 2018

    @Captain E. #36
    Hört sich alles ziemlich schlüssig an. Bis auf: : Vielleicht können die OTVs mittels ihrer Nutzlast Satelliten reparieren([…] ? Womöglich ist dort ein entsprechender Roboterarm eingebaut.
    Möglich, aber doch eher unwahrscheinlich. Denn dazu müßte das gute Stück nicht nur bahngleich zu einem anderen Satelliten fliegen, sondern auch im selben (weiß gerade nicht, wie das richtige Wort für diesen reservierten würfelförmigen Bereich heißt) Weltraum-Abschnitt. Bei bekannten Satelliten würde das Manöver sicher nicht unentdeckt bleiben… Würde man das aber mit einem “getarnten”, bisher unentdeckten Satelliten machen, würde man höchstwahrscheinlich die Tarnung verlieren.

    Sollte das X-37 dann tatsächlich eine Reparatur / Auftankung / wasauchimmer bei einem Satelliten hinbekommen, sollten die Sektkorken knallen und man könnte ganz neue Geschäftsfelder erschließen… 😉

  40. #40 Alderamin
    25. April 2018

    Bist du dir sicher? Haben TerraSAR-X und TanDEM-X solche Ausleger? Haben SAR-Lupe 1-5 welche?

    Nein, sicher bin ich nicht, ich hatte diese Mission im Hinterkopf und vermutet, dass man den Abstand wegen der Auflösung senkrecht zur Flugrichtung braucht, aber nach Googeln sind die SAR-Systeme anscheinend normalerweise recht kompakt. Ein SAR-System würde auf jeden Fall passen und wäre wetterunabhängig.

  41. #41 Captain E.
    25. April 2018

    @gedankenknick:

    Der Einsatz der OTVs als Wartungsroboter war für mich nie mehr als eine denkbare, aber doch sehr unwahrscheinliche Option.

    Ansonsten: Wenn eine Optik nicht wirklich in die Nutzlastbucht hinein passt, dann wird es auch keine geben. Wenn dagegen ein Radar passt, dann könnte es das durchaus sein, und die OTV-Bahnen passen meines Wissens zu einem Aufklärungssatelliten, auch wenn der natürlich nicht so stark manövriert. Die Lebensdauer eines Satelliten ist ja vor allem durch die Treibstoffreserve bestimmt, und das sieht bei der X-37B ein wenig anders aus. Die kann landen und später erneut gestartet werden, und Wiederverwendung kommt offensichtlich gerade in Mode.

    Da es existierende SAR-Satelliten gibt, die als Gesamtpaket gerade einmal 750 kg wiegen, sollten die 250 kg der Nutzlastbucht tatsächlich ausreichend sein für eine Radarausstattung.

  42. #42 Captain E.
    25. April 2018

    @Alderamin:

    Nein, sicher bin ich nicht, ich hatte diese Mission im Hinterkopf und vermutet, dass man den Abstand wegen der Auflösung senkrecht zur Flugrichtung braucht, aber nach Googeln sind die SAR-Systeme anscheinend normalerweise recht kompakt. Ein SAR-System würde auf jeden Fall passen und wäre wetterunabhängig.

    Ich hatte diese Shuttle-Mission nicht in Erinnerung mit SAR, aber genau so war es. Zwei Aspekte sind interessant. Zum einen sind die Sensoren an besagtem Ausleger rein passiv und die sende- und empfangsfähige Komponente war in der Nutzlastbucht angebracht – so wie es bei der X-37B auch der Fall sein könnte. Zum anderen waren ASI und DLR als die Partner für die Radar-Technik mit an Bord, also Italien und Deutschland.

    Trotzdem bleibt die OTV-Nutzlast natürlich reine Spekulation, aber wir haben zumindest einen plausiblen Kandidaten.

  43. #43 a. b. aus c.
    25. April 2018

    warum sieht die nutzlastverkleidung innen so aus wie sie aussieht? was sind diese gelochten paneele, schwingungsdämpfer? und warum sind die nur teils regelmäßig? sehen auch ziemlich massiv/schwer aus. hm.

  44. #44 Alderamin
    25. April 2018

    Bin kein Maschinenbauer, aber ich denke, die Paneelen sind aus Aluminium, leicht und hohl, und sie dürften zur Stabilisierung, Schwingungsdämpfung und Entlüftung dienen. Siehe auch diesen Post auf die Frage, warum die Nutzlastschalen der Falcon-9 so teuer sind, dass man sie versucht, wiederzuverwenden.

    Edit: noch ein besserer Link: die “Lego-Strukturen” dienen zur Schallabsorption.

  45. #45 neand
    Und hier Start
    25. April 2018

  46. #46 neand
    OTV 5
    25. April 2018
  47. #47 stone1
    25. April 2018

    @Captain E.

    Logische Folgerung: Alle Handlungen, die geeignet sind, aus einem funktionierenden Satelliten ein taumelndes Stück Weltraumschrott zu machen, sind tunlichst zu unterlassen.

    Stimmt zwar, ich frag mich nur ob das im Ernstfall den Militärs nicht egal wäre. War ja auch nur eine wilde Spekulation meinerseits, und die Nächste ging dann auch in die Richtung Satellitenwartung/reparatur:
    Wenn das OTV dazu in der Lage wäre bzw. in Zukunft sein würde, ließe sich das ja insofern weiterspinnen, dass man feindliche Satelliten unter Kontrolle bringt (hackt), haben Satelliten normalerweise von außen zugängliche Interfaces? Ist zwar sehr unwahrscheinlich wenn sie nicht für eine Wartung im All konzipiert sind und ich habe auch kaum Ahnung von Satellitentechnik, aber Hacker sind sehr erfinderisch, würde mich also nicht wundern, wenn so etwas irgendwann mal ausprobiert würde.

    Das mit dem SAR ist natürlich viel plausibler, was genau die wirklich mit den Dingern treiben werden wir aber womöglich nie erfahren.

    @Alderamin

    Interessant die Beobachtungen zu USA 276, dieser Col. Fischer hätte wahrscheinlich einiges zu erzählen, wenn er dürfte.
    Das RAVEN-Projekt deutet ja auch in Richtung Satellitenwartung, Zitat von der NASA-ISS Seite:

    Future robotic spacecraft operating thousands of miles from Earth need advanced autopilot systems to help them safely navigate and rendezvous with other objects. The Raven investigation studies a real-time spacecraft navigation system that provides the eyes and intelligence to see a target and steer toward it safely. The investigation enables future exploration missions near Earth and beyond, including satellite servicing and repair, asteroid exploration and redirect missions, and the Orion program

    Vielleicht wurde bei der Annäherung von USA 276 an die ISS tatsächlich genau dieses Navigationssystem ausprobiert.

  48. #48 Captain E.
    25. April 2018

    @stone1:

    Stimmt zwar, ich frag mich nur ob das im Ernstfall den Militärs nicht egal wäre. War ja auch nur eine wilde Spekulation meinerseits, und die Nächste ging dann auch in die Richtung Satellitenwartung/reparatur:
    Wenn das OTV dazu in der Lage wäre bzw. in Zukunft sein würde, ließe sich das ja insofern weiterspinnen, dass man feindliche Satelliten unter Kontrolle bringt (hackt), haben Satelliten normalerweise von außen zugängliche Interfaces? Ist zwar sehr unwahrscheinlich wenn sie nicht für eine Wartung im All konzipiert sind und ich habe auch kaum Ahnung von Satellitentechnik, aber Hacker sind sehr erfinderisch, würde mich also nicht wundern, wenn so etwas irgendwann mal ausprobiert würde.

    Das mit dem SAR ist natürlich viel plausibler, was genau die wirklich mit den Dingern treiben werden wir aber womöglich nie erfahren.

    […]

    Warum sollte das dem Militär egal sein? Was ist besser? Einen kurzfristigen Vorteil zu erlangen per Zerstörung der gegnerischen Raumaufklärung oder einen langfristigen Nachteil vermeiden, der auch die eigenen superteuren Satelliten in Gefahr bringen könnte?

    Satelliten haben übrigens in der Regel keine Zugangspanels, die man im Flug nutzen könnte. Betanken geht auch nicht so ohne weiteres.

    Da bleibt uns wohl doch nur die Idee mit der Aufklärung. Aber immerhin: Auf Kosten von einigen Wochen oder Monaten Missionszeit kann man damit auch überraschend irgendwo auftauchen und ein paar hübsche Bilderchen machen, aber eben vermutlich keine optischen. Nun ja, man kann nicht alles haben.

  49. #49 Dirk_T
    Berlin
    25. April 2018

    Der Durchgang eben war klar zu sehen. Ich schätze die Helligkeit kurz vor dem Erdschatten auf 2.5mag (Etwas schwächer als alpha umi.I.

  50. #50 Dirk_T
    Berlin
    25. April 2018

    ups, da steht keine Zeit. Es war um 21:50 hier in Berlin Wilmersdrf.

  51. #51 Alderamin
    26. April 2018

    Super, danke für die Rückmeldung!