Früher war alles besser. So galt zum Beispiel, Pater semper incertus est, was die Frauen so manchen Spaß haben ließ. Heute ist es bekanntlich vorbei mit lustig, und die Gentests können genau ermitteln, wer der (biologische) Vater eines Kindes ist, wer also seine Gene bzw. Chromosomen zum Crossing-Over (nach dem Beinkreuzen) ein- und abgeführt hat. Jetzt können auch Männer, die viele Jahre für ein Kind gezahlt haben, feststellen, ob sie überhaupt etwas mit ihm zu tun haben, und in diesen Tagen hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß sie dann ihr Geld zurück verlangen können. Nur die Gene zählen, wie es in einer Zeitung dazu hieß, was man auch ohne Umlaut schreiben kann: Nur die Gene zahlen.


Nur die Gene zählen – daß impliziert, daß der biologische Vater einen größeren Einfluß auf ein Kind hat als die Person, die ihm nahe steht und es in die Welt einführt. Ich vermute, daß dies zu einfach gedacht ist. In der Wissenschaft beginnt sich das Konzept einer Epigenetik auszubreiten, unter deren bzw. dessen Dach untersucht wird, wie sich das Erleben einer Umwelt in den Genen niederschlägt, und zwar so, daß es über Generationen hinweg erhalten bleibt. Wir können auf diese Weise zum Beispiel eine Ahnung von der Welt unserer Großeltern bekommen, auch wenn wir sie nie gesehen haben oder nie mit ihnen zusammen gewesen sind. Die Gene allein zählen sicher nicht. Sie sollten – im juristischen Fall – dann auch nicht alles zahlen.