Historische Epistemologie zur Einführung“. Da klingt nicht nach einem Bestseller. So lautet aber der Titel eine Buches, in dem ein Wissenschaftshistoriker die Geschichte der von ihm vertretenen Wissenschaftsgeschichte erzählt. Wir wollen übersehen, daß sich die Gelehrten erneut im Gefängnis der Selbstbezüglichkeit einsperren, und fragen, ob die Bewertung des Buches durch die FAZ gerechtfertigt sein kann, daß hier ein “Erfolgsfall” dokumentiert wird. Tatsächlich kann die Antwort nur Nein lauten. Man braucht nur die Handvoll Wissenschaftshistoriker, die in Deutschland (noch) tätig sind, mit den Tausenden von Kunsthistorikern zu vergleichen und daran zu denken, daß jede Geschichte die Aufgabe hat, zum Vertständnis der Gegenwart beizutragen. Diese Gegenwart ist aber genau die Gegenwart von Wissenschaft und Technik. Solange ihre Geschichte in den normalen Schulbüchern verschludert wird, kann keine Rede von einem Erfolg der Wissenschaftsgeschichtes sein.

Wer das Elend der Wissenschaftsgeschichte an einem konkreten Beispiel vorgeführt haben möchte, braucht nur zu fragen, wie wir mit den Großen der Zunft umgehen. Deutschsprachige Biographien von Max Born und Erwin Schrödinger gibt es nur als Übersetzung; das Leben von Adolf Butenandt bleibt unbearbeitet, eine wirklich große Biographie von Carl Friedrich Gauss muss erst in Auftrag gegeben werden, und so weiter. Die populären Texte von Werner Heisenberg, Max Planck und vielen anderen bleiben ohne jeden Editor. Wir drehen und wälzen jedes Komma in jedem Tagebuch von jedem Schreiberling (vor allem während der Nazi-Zeit), aber wir lassen die Schriften von Planck und Heisenberg in den Regalen verrotten und edieren sie bestenfalls verkürzt und manchmal auch verstümmelt. Wissenschaftsgeschichte ist nicht irgendein Luxusfach, auf das man auch verzichten kann. Wissenschaftsgeschichte ist die große Herausforderung an die Geisteswissenschaften, endlich herauszufinden, wie es eigentlich gewesen. Vielleicht will das aber gar niemand wissen. Dümmlich dösen ist viel schöner. Noch ein Gedicht.