Was passieren wird, wenn der Klimawandel durch den Anstieg des Meeresspiegels und die zunehmende Häufigkeit von Stürmen und Fluten tatsächlich zu drastischen Maßnahmen bei den Bewohnern von Küstenregionen führen wird, kann man derzeit an der französischen Atlantikküste beobachten. Das, was für die Betroffenen ein schmerzhafter Einschnitt in ihr Leben, ein Verlust ihrer Heimat und des Ortes ihrer Erinnerungen ist, kann aus sicherer Entfernung als eine Art makaberer Feldversuch für den Umgang einer westlichen Industrienation mit den Auswirkungen der Klimaveränderungen angesehen werden.

Nachdem ein Sturm im Februar 53 Menschen das Leben gekostet hat, sollen an der französischen Atlantikküste nun 1.500 Häuser abgerissen werden. Die Eigentümer sollen entschädigt werden, im Durchschnitt sollen sie 250.000 € von der Regierung erhalten. Bei einer Weigerung droht die Zwangsenteignung.

So eine Aktion geht natürlich nicht ohne Klagen ab, wobei das Wort “Klage” in seiner Doppeldeutigkeit schon das besondere Dilemma einer westlichen Demokratie deutlich macht. Denn nicht das laute und schmerzvolle Wehklagen über das harte Schicksal ist hier gemeint, sondern das Beschreiten des Rechtsweges der Marsch durch die Instanzen (der allerdings auch in den letzten 40 Jahren einen enormen Bedeutungswandel erfahren hat).

Die Regierung solle lieber Dämme bauen, schlagen die Betroffenen nun vor. Dieser Vorschlag verdeutlicht in nicht zu übertreffender Klarheit unsere Vorstellung von der Art, wie in einer modernen Gesellschaft Probleme zu lösen sind: Nicht, dass der Einzelne sein Leben ändert, dass er die Herausforderungen des Schicksals selbst in die Hand nimmt und sich neu unter veränderten Bedingungen einrichtet, wird als selbstverständlicher Umgang mit Herausforderungen gesehen – nein, der Staat soll uns die Probleme gefälligst vom Leibe halten (wofür bezahlen wir ihn sonst?).

Wird eine so aufgestellte Gesellschaft in der Lage sein, einen Wandel des Klimas zu überleben? Oder wird sie sich in einem neuen Rüstungswettlauf, diesmal nicht gegen die zweite Welt, sondern gegen die Um-Welt, selbst zugrunde richten?

Kommentare (32)

  1. #1 Ute
    April 14, 2010

    “Wird eine so aufgestellte Gesellschaft in der Lage sein, einen Wandel des Klimas zu überleben? ”

    Sagen wir mal so: Auch hier wird die natürliche Auslese das Problem lösen. Die passiv Verharrenden werden eben “herausgemendelt”, sobald das Wasser über den Deich tritt. ^^

  2. #2 David Hilarius Schulz
    April 14, 2010

    @Ute Natürliche Auslese ist was für Tiere. (Ja okay, und Pflanzen, Bakterien, frag’ den Biologen Deines Vertrauens).

    Wir sollten anders können. Der im Sessel zurückgelehnten Beobachterhaltung, die Du hier einnimmst, mangelt es nicht an Korrektheit – nur an halt an menschlichem Mitgefühl.

  3. #3 adenosine
    April 14, 2010

    Es würde reichen, die Leute zu zwingen sich in Risokogebieten privat gegen Flutung zu versichern, um zu verhindern, dass die Solidargemeinschaft für die Risiken später haftet. Siehe hier die Elbeflut. Die Versicherungsprämie regelt das dann schon.

  4. #4 Ute
    April 14, 2010

    @David Hilarius Schulz: Menschen _sind_ biologisch betrachtet Tiere. Und Mitgefühl ist in der oben beschriebenen Frage nachrangig. Eine Runde “Armer Schwarzer Kater” für diejenigen, die nicht bereit sind, selbst auch Opfer zu bringen, wird schließlich keine Lösung herbeizaubern. Deiche sind nur Symptom-, gefragt ist aber Ursachenbekämpfung. Das ist doch der Punkt.

  5. #5 Ute
    April 14, 2010

    Und für den Fall, daß das nicht klar sein sollte: Ich beziehe mich auf diejenigen, die von zukünftigen Naturkatastrophen aufgrund des vom Menschen heraufbeschworenen Klimawandels bedroht sind und immer noch meinen, sie selbst können untätig die Hände in den Schoß legen und sich vom Staat versorgen lassen. Nicht auf die konkreten 53 Sturmopfer da oben.

  6. #6 Jörg Friedrich
    April 14, 2010

    Die Überschwemmung und der Deich dagegen sind natürlich nur ein Beispiel, aber ein sehr aufschlussreiches: Ein Deich hat bekanntlich die Eigenschaft, das Problem nur zu verlagern, entweder zeitlich oder räumlich. Irgendwo muss das Wasser ja hin. Deiche müssen erhalten werden und deiche können brechen – im Allgemeinen ist die Katastrophe dann wei größer als die einer normalen Überschwemmung. Deichbau – im wörtlichen und auch im metaphorischen Sinn – ist eigentlich nie eine Problemlösung, sondern immer nur ein Problemstau. Die Deiche, die wir uns bauen, sind die Probleme derer, die nach uns kommen.

    @adenosine: Eine normale Versicherung schließt Naturgewalten immer aus – wie willst du also Leute zu einer Versicherung zwingen, wenn es keinen versicherer gibt, der diese anbietet? Außerdem – wie gesagt – ist das Hochwasser und die Sturmflut ja nur ein Beispiel – es wird noch weitere Übel geben, vor denen uns Klagen (weder vor Gericht noch an der Mutterbrust) nicht schützen werden.

  7. #7 David Hilarius Schulz
    April 14, 2010

    @ute

    Da hab’ ich mehrere Einwände.

    1. “biologisch betrachtet”. Gegen die biologische Betrachtung hab’ ich nichts. Aber gegen eine ausschließlich biologische.

    2. Für nur Ursachenbekämpfung ohne Symprombekämpfung ist es leider zu spät. Da wäre, zB, Holland in Not.

    3. Die Klarstellung halte ich in Bezug auf Dein “ausmendeln” für falsch: Die Schnittmenge zwischen den Untätigen oder gar “Klimaleugnern” und den Betroffenen ist zu gering für eine “zielführige” Wirkung der Evolution. (Mit zielführig sei unser Ziel der Deppendezimierung gemeint.)

  8. #8 David Hilarius Schulz
    April 14, 2010

    Bevor jemand die Etymologie von Dezimierung herauskramt, sei die persönliche Anmerkung gestattet, dass man die Zahl der Deppen durch Bildung verringern kann; und dass dies die von mir präferierte Methode ist.

  9. #9 roel
    April 14, 2010

    Verherende Sturmfluten gab es schon immer. Das ist nichts aussergewöhnliches. Diesmal hat es Frankreich getroffen, das offensichtlich die Küstengebiete nicht durch entsprechende Maßnahmen geschütz hat.

    Jetzt gibt es 2 Alternativen: 1. Umsiedlung der Menschen der betroffenen Gebiete oder 2. besseren Schutz vor Sturmfluten.

    Wenn die Behörden in Frankreich der Bebauung zugestimmt haben (davon gehe ich mal aus), müssen sie die Menschen dort entsprechend schützen.

    Generell ist zu beobachten, daß für viele „Naturkatastrophen“ nicht die Natur, sondern der Mensch verantwortlich ist. So werden Häuser an ungeschützten Küsten, in ausgetrockneten Flußbetten, an Berghängen (die dann auch noch abgeholzt werden) usw gebaut. So werden ungeeignete Baumaterialien (zuviel Sand im Beton) oder zuwenig (20% Eisenbügel reichen doch auch) eingesetzt. Wartungsintervalle werden gedehnt bis zum gehtnicht mehr. Überall werden kurzfristig Kosten gespart die langfristig potentiert aufkommen werden.

  10. #10 beka
    April 14, 2010

    Den Menschen zeichnet doch aus, dass er immer wieder technische Lösungen findet, um mit einer Bedrohung umzugehen.

    Deichbau […] ist eigentlich nie eine Problemlösung, sondern immer nur ein Problemstau.

    Das haben die Menschen in Hamburg nach der Sturmflut 1956 ganz anders gesehen, auch haben die Niederländer etwa 30% ihres Staatsgebietes dem Meer abgerungen und pumpen das eindringende Wasser einfach wieder raus.

    Niemand kann Hamburg entvölkern, nur weil es immer mal wieder gefährliche Situationen gibt. Niemand kann ganz Japan evakuieren, nur weil es ein Erdbebengebiet ist.

    Menschen zu vertreiben ist die richtige Lösung für das falsche Problem.

  11. #11 ka
    April 14, 2010

  12. #12 Jörg Friedrich
    April 14, 2010

    @David Hilarius Schulz und @Ute
    Ursachenbekämpfung ist hier vielleicht nicht ganz das richtige Wort, denn die Maßnahmen der französischen Regierung zielen ja nicht auf die Ursachen (der Sturmfluten) sondern darauf, Katastrophen in Zukunft zu vermeiden. Vielleicht kann man es auch so sagen: Eine “Naturkatastrophe” hat immer zwei “Arten” von Ursachen: Das Naturereignis (das möglichweise wieder durch menschliches Verhalten verstärkt oder provoziert wurde) und das fehlverhalten des Menschen (z.B. das Siedeln in gefährlichen Gebieten) die erste Ursachen-Art lässt sich kaum bekämpfen, die zweite aber schon.

    Wenn die Bewohner des Küstenstreifens am Atlantik auch nicht mehr am Klimawandel schuld sind als wir anderen (auch die “Klima(wandel)leugner” sind nicht am Klimawandel schuld) – so sind sie doch für ihren eigenen Umgang mit der Gefahr verantwortlich. Und sie machen sich schuldig an zukünftigen Katastrophen, wenn sie vom Staat neue Dämme verlangen statt ihr Schicksal anzunehmen und fortzuziehen.

    @roel: Besserer Schutz vor Sturmfluten, das heißt doch in letzter Konsequenz: Provozieren noch größerer Katastrophen. Und selbst wenn Behörden vor Jahren und mit anderem Wissen / anderem Denken der Bebauung zugestimmt haben kann es richtig sein, die Menschen jetzt umzusiedeln. Schneller Rennen ist in einer Sackgasse die falsche Strategie.

  13. #13 Jörg Friedrich
    April 14, 2010

    @beka: Genau das meine ich: Weil die Holländer über Jahrhunderte Deiche gebaut haben und die Hamburger in den 1960ern über höhere Deiche froh waren soll Deichbau auch für die Zukunft die richtige Strategie sein? Und das Denken, das dahinter steckt, soll uns auch in Zukunft schützen? Das klingt für mich nach “Das haben wir schon immer so gemacht!”

    Natürlich wird der Mensch für vieles technische Lösungen finden – die meisten technischen Lösungen von heute können sich aber als die technischen Probleme von Morgen herausstellen.

  14. #14 roel
    April 14, 2010

    @Jörg Friedrich Also der Mensch schützt sich generell vor Natureinflüssen. Es wird Bekleidung gegen Wind, Kälte, Sonne, Regen … genutzt. Es werden Gebäude zum Schutz vor Wetter gebaut. Alles was wir herstellen und bauen ist vergänglich und bietet zu irgendeinem Zeitpunkt nicht mehr ausreichenden Schutz. Genauso verhält es sich mit Deichen. Wenn Sie Deiche in fragestellen, können Sie genauso gut Bekleidung und Häuser in fragestellen. Es gibt keine Alternative zu Deichen, alles andere realisierbare ist noch viel kurzfristiger gedacht.

  15. #15 beka
    April 14, 2010

    Ich denke, dass bei einem Unglück viele Menschen dazu neigen, sich an einem Detail aufzuhängen, zu verallgemeinern und alles gleich in Frage zu stellen.

    Irgendjemand hat ausgerechnet, dass der Meeresspiegel um 100 m ansteigt, wenn alles gefrorene Süsswasser der Welt ins Meer fliesst. Jetzt sitzen manche wie das Kaninchen vor der Schlange als käme nächste Woche oder nächstes Jahr eine 100 m Flutwelle. Da könne ja kein Deich helfen.

    Nächstes Jahr steht das Wasser nicht 100 m hoch vor der Tür. Übernächstes Jahr auch nicht. Deiche sind kein Allheilmittel, sondern Mittel zum Zweck. Rollt ein 30m Tsunami an, braucht man eben ein Frühwarnsystem; da hilft auch kein 10 m Deich. Aber eine Kaianlage von 5m Höhe hält schon eine Menge ab. Das Konzept oder Prinzip “Deich” ist also schon richtig.

    Als Orkan Lothar 1999 über Frankreich und Deutschland zog, hat er eine Schneise gezogen, die wohl länger als 500 km war.

    Schon an der Zahl 500 km kann man erkennen, dass “statt ihr Schicksal anzunehmen und fortzuziehen” in der Regel nicht praktikabel ist.

    Die Lösung ist doch, dass man flexibel reagieren muss. Das kann bedeuten, dass man ein Gebiet aufgeben muss, wenn es unter Wasser läuft oder von Lava begraben wird. Es kann aber auch bedeuten, dass man anders bauen muss.

  16. #16 Ute
    April 14, 2010

    “Ursachenbekämpfung ist hier vielleicht nicht ganz das richtige Wort, denn die Maßnahmen der französischen Regierung zielen ja nicht auf die Ursachen (der Sturmfluten) sondern darauf, Katastrophen in Zukunft zu vermeiden.”

    Ich meinte da durchaus auch bereits den nächsten Schritt, nämlich nicht nur das Vermeiden unmittelbar bevorstehender Katastrophen, sondern auch das Stoppen des Klimawandels. In beiden Fällen kann der Status Quo jedenfalls nicht gehalten werden. Dieser Tatsache gilt es ins Auge zu sehen – egal, wie unbequem das sein mag. Kopf in den Sand oder nur mittelfristig wirkende Baumaßnahmen sind halt keine Lösung.

    @David Hilarius Schulz: Der Tod durch Ertrinken oder vom eigenen Dach Erschlagenwerden macht keinen Unterschied zwischen Hund, Kuh oder Mensch. Bitte wo ist da Raum für nicht-biologische Aspekte? Ach doch, Moment, einen hätte ich: Wenn dann die nächste Katastrophe eintritt, werden zu allem Überfluß auch noch Dritte in Gefahr gebracht. Nämlich die Rettungskräfte, die dann zusehen dürfen, wie sie die Küstenbewohner aus ihrem selbsgewählten Schlamassel wieder rausbekommen.

  17. #17 Alexander
    April 14, 2010

    Hat sich eigentlich mal jemand der obigen Kommentierer einschließlich JF darüber informiert was in der Vendee beim Orkan Xynthia tatsächlich passiert ist? Mit Klimawandel hat das Nullkommanull zu tun. Das Problem waren die 200 Jahre alten Dämme aus Napoleonischer Zeit, von denen vorher schon bekannt war, dass sie an mehreren Stellen schwach und brüchig sind. Über die Baumaßnahmen wurde schon seit Jahren diskutiert, passiert war aber nichts. Dass also jetzt Dämme erneuert und auch neu gebaut werden sollen, ist absolut richtig und überfällig.
    Oder ist der Klimawandel demnächst wohl auch schuld, wenn in China wieder mal ein Sack Reis umfällt? Kopfschüttelnde Grüße.

  18. #18 Wb
    April 15, 2010

    Nicht, dass der Einzelne sein Leben ändert, dass er die Herausforderungen des Schicksals selbst in die Hand nimmt und sich neu unter veränderten Bedingungen einrichtet, …

    Nach welchen Maßgaben soll “der Einzelne sein Leben ändern”? Vielleicht nach denen des Staates oder nach Deinen? – Anscheinend haben “die Einzelnen” eine andere Risikoeinschätzung als der Staat und sind zudem mit der angebotenen Entschädigung nicht zufrieden, da sie ihrem Eigentum einen höheren Wert zumessen (erkennbar daran, dass sie ansonsten keine rechtliche Prüfung durchführen lassen würden, nicht klagen würden).
    Aus Sicht des Webbaeren handeln “die Einzelnen” in diesem Beispiel genau dadurch, dass sie ihr “Schicksal selbst in die Hand nehmen”.

    Wird eine so aufgestellte Gesellschaft in der Lage sein, einen Wandel des Klimas zu überleben? Oder wird sie sich in einem neuen Rüstungswettlauf, diesmal nicht gegen die zweite Welt, sondern gegen die Um-Welt, selbst zugrunde richten?

    Moderne Gesellschaften sind nun einmal genau so aufgestellt, wie in diesem Beispiel geschildert; das Verhalten von Staat und “den Einzelnen” ist nachvollziehbar, die sich ergebende politische Debatte notwendig, die juristische Betrachtung sowieso.
    Und bei dem Satz mit dem “Rüstungswettlauf” fällt dem Webbaeren gar nichts mehr ein, außer einer bestimmten Kommentierung, die dem geschätzten Blogautoren aber erspart bleiben soll. 🙂

    Was bei Herausforderungen dieser Größenordnung in den Debatten oft fehlt, und wir erörtern hier Zeiträume von 100-1.000 Jahren, ist die Fantasie beim Betrachter.
    Wie werden sich die gesellschaftlichen Systeme entwickeln, wie die Problemlagen, wie die Technologien?
    In anderen Worten: Es ist so gut wie unmöglich zu diesen Themen ein gewisses Maß an Sinnhaftigkeit übertreffend (also mehr als rein philosophisch ;-), beizutragen, da die betrachteten Systeme sehr komplex sind und die zukünftigen Entwicklungen weitgehend unbekannt.

    Also im philosophischen Sinne:
    Äh, ja, derart aufgestellte Gesellschaften werden, wenn sie einen Mittelweg zwischen Egoismus und Altruismus finden, unsere Systeme sind genau darauf angelegt, “überleben” können, kein Zweifel. – Sehr provokative Frage BTW.

    MFG
    Wb

    PS:
    “Und sie machen sich schuldig an zukünftigen Katastrophen, wenn sie vom Staat neue Dämme verlangen statt ihr Schicksal anzunehmen und fortzuziehen.” sieht der Webbaer da gerade noch, nein, so einfach macht man sich nicht schuldig in einer offenen Gesellschaft.

  19. #19 Jörg Friedrich
    April 15, 2010

    @roel: Der Unterschied zwischen der Bekleidung und dem Damm besteht darin, dass meine Bekleidung nicht in den Naturprozess (Regen, Wind, Kälte) selbst eingreift.

    @beka: In dieser Allgemeinheit ist das schon richtig, flexibel reagieren ist immer gut. Aber Deiche (und alle Lösungen, die in diese Problemlösungsklasse gehören, wie zB das Verpressen von CO2 unter die Erdoberfläche, Deponien von radioaktivem Müll u.ä.) verschieben das Problem in die Zukunft und verschlimmern es dort möglicherweise. Das heißt nicht, dass ich fordere, bestehende Deiche einzureißen, aber dort, wo bestehende Schutzanlagen brüchig geworden sind oder wo der Klimawandel höhere Deiche erfordert, muss man Alternativen suchen. Und als Zukunftsmodell taugt solches “Problemlösen” eben nicht. Dämme werden übrigens auch nicht für Jahre, sondern für Jahrzehnte gebaut – und in diesem Zeitraum kann der Meeresspiegel schon deutlich ansteigen.

    @Alexander: Der Text spricht schon im Titel von einer “Probe” und später dann von einem “makaberen Feldversuch” – es ist hier uninteressant, ob das Unglück durch den Klimawandel hervorgerufen wurde (was ohnehin eine unsinnige Fragestellung ist). Der Fall zeigt einfach, wie wir mit solchen Situationen umgehen, und da der Klimawandel uns weitere solcher Situationen bescheren wird, ist das eine interessante Fallstudie. Das ist die Relevanz, die die Sache für den Klimawandel hat.

    @Wb: Es gibt keine “Maßgaben” nach denen der einzelne sein Leben ändern soll, schon gar nicht von mir. Problematisch ist nur, wenn der einzelne sein Recht zur selbstbestimmten Lebensführung einklagt, die Bedingungen dafür aber vom Staat gesichert haben will. Zukünftige Entwicklungen werden übrigens von Debatten beeinflusst und diese wiederum durch die Betrachtung von Risiken ausgelöst.

  20. #20 Wb
    April 15, 2010

    Problematisch ist nur, wenn der einzelne sein Recht zur selbstbestimmten Lebensführung einklagt, die Bedingungen dafür aber vom Staat gesichert haben will.

    Wenn staatsbetriebene Dämme brechen, kann das eben eine legitime Haltung der Geschädigten sein.
    Diesen dann Staatsgläubigkeit/Unselbstständigkeit entgegenzuhalten…

  21. #21 Jörg Friedrich
    April 15, 2010

    Dass beim Sturm Xyntia Dämme gebrochen wären, habe ich nicht gelesen. Im vorliegenden Fall hat die Regierung, mit Blick auf den zu erwartenden weitern Klimawandel, beschlossen, nicht in die “Modernisierung” von Dämmen, sondern in die Umsiedlung von Menschen zu investieren.

  22. #22 Wb
    April 15, 2010

    Wer hierzu (Deichrüche, Xynthia) noch das Bildmaterial zK nimmt, der wird sich dann möglicherweise der Sicht des geschätzten Blogautoren anschliessen können.

    An den (hauptsächlich durch anthropogenen CO2-Ausstoss verursachten) Klimawandel und dessen Folgen muss aber erst einmal geglaubt werden, Holländer bspw. werden sich mit dem Hinweis auf zwingend erforderliche Umsiedlung nicht ohne weiteres abfinden.
    Die gute alte Fallunterscheidung greift hier, zu vergleichen auch das Wegbrechen von Häusern bei Erdrutschen und Steinschlägen.

    MFG
    Wb

  23. #23 Popeye
    April 16, 2010

    Mir wird schlecht…nach der Umerziehung nun die Zwangsumsiedlung und Dämme bauen als Rüstungswettlauf gegen die Umwelt?!
    Na das nenn ich doch mal Recycling alter Ideologien! Hauptsache, der Mensch versündigt sich nicht gegen die Natur, was interessieren da Venedig, Holland, diverse Inseln und Küstengebiete?
    Bestehende Küstenschutzmaßnahmen als nicht zukunftsfähig zu bezeichnen, weil sie immer angepasst und instandgehalten werden müssen, ist schon ein tolle Leistung!
    Und wie darf man sich ein Zukunftsmodell in Sachen Küstenschutz vorstellen, das nicht in die Natur eingreift?
    Und ich dachte, das wäre hier ein Wissentschaftsblog!

  24. #24 HOT 'N' COLD
    April 16, 2010

    An den (hauptsächlich durch anthropogenen CO2-Ausstoss verursachten) Klimawandel und dessen Folgen muss aber erst einmal geglaubt werden, Holländer bspw. werden sich mit dem Hinweis auf zwingend erforderliche Umsiedlung nicht ohne weiteres abfinden.

    Der anthropogene Klimawandel muss nicht geglaubt werden, er muss stattfinden laut IPCC und seinen Klimaagitatoren. Dieses Wort Klimawandel und seine Inbeziehungsetzung zu einem “Katastrophenfall”, bereitet mir arge Kopfschmerzen, wird doch damit versucht Maßnahmen unter Zwang zu vollstrecken, die visioniert und simuliert werden und eine Realität beschreiben die nicht existiert. Wir leben in einer Zeit der Klimaturbulenzen die mMn nur das Präludium zu einer weiteren Eiszeit einläuten. Es kann davon ausgegangen werden, das der Planet Erde sich in der Phase einer Zwischeneiszeit befindet, da in der Vergangenheit sich die Warm-und Kaltzeiten alternierend in den Zeitzyklen bewegten. Die Menschen wehren sich gegen aufoktruierte Maßnahmen und seien sie nur auf Probe, da sie jede Menschlichkeit vermissen lassen. Versuchskaninchen mussten schon viel Leid ertragen, es ist nur begrüssenswert, wenn die menschlichen sich nicht wehrlos ergeben.

  25. #25 Jörg Friedrich
    April 16, 2010

    @Popeye: Ich empfehle das Buch “Renaturierung von Ökosystemen in Mitteleuropa” (Springe 2009). Hier vor allem Kapitel 7: “Renaturierung von Salzgrasländern und Salzwiesen an Küsten” (Stefan Seiberling und Martin Stock). Dort können Sie z.B. lesen

    Mit Blick auf den Küstenschutz setzt sich zudem die Erkenntnis durch, dass es sehr aufwändig und teuer wäre, dem Ansteigen des Meeresspiegels in erster Linie mit neuen und höheren Deichen begegnen zu wollen. Paradoxerweise stellt gerade der Deichrückbau eine sichere und billige Alternative dar

    @Hot ‘n Cold: Stellen Sie sich einen Sommertag im Garten vor, Sie sitzen am Kaffeetisch: Kuchen, Kaffee, Tischdecke, Geschirr. Wenn Sie am Himmel dunkle Wolken bemerken, wenn sie merken, dass es windig wird und wenn sie Donnern hören und in der Ferne schon Blitze zucken: Bleiben Sie ganz ruhig sitzen! Das Gewitter wird vorbeiziehen, ach was – wahrscheinlich ist es gar kein Gewitter. Wahrscheinlich sind es die geräusche der Autobahn, und das Blitzen kommt von den Geschwindigkeitskontrollen! Es wäre völlig unsinnig, jetzt den Tisch abzuräumen und ins Haus zu gehen. Es ist doch gerade so schön.

  26. #26 HOT 'N' COLD
    April 16, 2010

    @Hot ‘n Cold: Stellen Sie sich einen Sommertag im Garten vor, Sie sitzen am Kaffeetisch: Kuchen, Kaffee, Tischdecke, Geschirr. Wenn Sie am Himmel dunkle Wolken bemerken, wenn sie merken, dass es windig wird und wenn sie Donnern hören und in der Ferne schon Blitze zucken: Bleiben Sie ganz ruhig sitzen! Das Gewitter wird vorbeiziehen, ach was – wahrscheinlich ist es gar kein Gewitter. Wahrscheinlich sind es die geräusche der Autobahn, und das Blitzen kommt von den Geschwindigkeitskontrollen! Es wäre völlig unsinnig, jetzt den Tisch abzuräumen und ins Haus zu gehen. Es ist doch gerade so schön.

    Jörg Friedrich, stellen Sie sich vor, Sie sitzen mit mir an diesem schönen Sommertag an dem Kaffetisch und wir führen eine anregende Konversation. Unerwartet zieht eine Gewitterfront auf, mit grossem Erstaunen werden Sie feststellen, wie flink ich meinen 6m im Durchmesser messenden Gewitterschirm in der Erde verankere und wir dieses Wetter geniessen, als wäre es nur ein Intermezzo des Zeus.

    Achja, falls uns beiden bei dieser Gelegenheit mal der Blitz in uns fahren sollte, wären wir wenigstens einmal im Leben erleuchtet und das sollte und doch einen Einschlag wert sein.

    Wie sie sehen ist jedes Wettergeschehen neutral, es kommt darauf an wie es bewertet wird und in welcher Weise es uns betrifft und ein Wetter das noch nicht existiert kann auch nicht bewertet werden und schon garnicht auf lange Zeiträume vorhergesagt werden.
    Der Fall in Frankreich ist ein Wettergeschehen und kein Klimageschehen, auch wenn Sie uns das weis machen wollen.

  27. #27 Jörg Friedrich
    April 16, 2010

    Ich hoffe doch, der Gewitterschirm verhindert dass der Blitz in uns fährt?!

    Natürlich war der Sturm “Wetter” – aber weder Damm-Bauten noch Evakuierungsmaßnahmen werden nach dem Wetter geplant, sondern nach Wahrscheinlichkeiten und Häufigkeiten von Wetterereignissen – und dass ist dann Klima.

    Jeder, der ein Haus baut oder einen Baum pflanzt trifft Annahmen über das Klima der nächsten jahrzehnte – macht also in gewisser Weise eine Bewertung von Wetter, das noch gar nicht da ist.

  28. #28 HOT 'N' COLD
    April 16, 2010

    Natürlich war der Sturm “Wetter” – aber weder Damm-Bauten noch Evakuierungsmaßnahmen werden nach dem Wetter geplant, sondern nach Wahrscheinlichkeiten und Häufigkeiten von Wetterereignissen – und dass ist dann Klima.

    Diese Wahrscheinlichkeiten und Häufigkeiten von Wetterereignissen können insbesondere die Klimaforscher vorhersagen? Nicht umsonst gibt es viele Meteorologen, die vom Klima und seinen Vorhersagen eine andere Auffassung haben als die, die es prognostizieren.

    Jeder, der ein Haus baut oder einen Baum pflanzt trifft Annahmen über das Klima der nächsten jahrzehnte – macht also in gewisser Weise eine Bewertung von Wetter, das noch gar nicht da ist.

    Wenn ich ein Haus baue oder einen Baum pflanze, dann schaue ich wie das Klima der Vergangenheit in dieser Region war und nicht wie es werden wird, denn das wäre mehr Spekulation als Wissen. Schliesst nicht jeder von der Vergangenheit auf die Zukunft und richtet danach sein Handeln. Nur wenn die Gegenwart gezielt manipuliert werden kann, können daraus auch gezielte Vorhersagen über die Zukunft abgeleitet werden. Das Klima setzt sich aus sehr vielen Faktoren zusammen, wenn daraus ein Faktor nämlich das CO2 manipuliert wird, kann denn daraus das Klima für einen langen Zeitraum vorhergesagt werden und Menschen daraufhin ihres Lebensmittelpunkts beraubt werden, weil es weniger kostet? Wieviel sind Menschen wert in unserer Gesellschaft?

  29. #29 Franz Nörgel
    April 22, 2010

    Hohohoho,

    Herr Friedrich, der Esotheriker unter den Möchtern Meteorologen.
    Also sie haben das Meteo Institut wohl nur von außen betrachtet, od. im Rahmen einer Greenpiss Demo besucht.

    Nach der Methode Al Gore ist nun dieser Sturm über Franreich der düstere Beweis, wie sich das Klima und Wetter über Frankreich ändert, aha.

    Der Einzelne soll also sein Leben ändern, jaja Herr Friedrich, dann wird alles Gut. Ja sagen sie mal, glauben sie das was sie von sich geben wirklich?
    Der Einzelne Bürger, mein Lieber, hat sehr wohl das Recht von seiner Regierung zu verlagen, dass diese ihn und seine Mitbürger best möglich schützt, auch vor Naturkatstrophen.

    Wissen sie überhaupt Herr Friedrich, dass weder Stürme noch sonstige Extremwetterereignisse zugenommen haben? Wissen sie, wie hoch das IPCC die Wahrscheinlichkeit einschätzt, dass zB. schwere Stürme über Frankreich in einigen Dekaden zunehmen könnten. Wohl kaum, sonst würden sie nicht so einen Unsinn verbreiten.

    “wie soll die Gesellschaft den Wandel des Erdklimas ÜBERLEBEN”

    Pfoa, jetzt gleiten sie völlig ins Nirvana der Untergangsapostel und links außen grünst gesinnter Esospinner, sorry der Wortwahl, aber mit einem halbwegs sachlichem Zugang zur Realität hat ihr Geschreibe nun halt gar nichts mehr zu tun.

    Wissen sie zufällig, wie weit der Meerespiegel in hunderten Jahren bei theoretisch gleichbleibenden Temperaturen noch ansteigen wird? Sicher mehr als 1m, dass weiss man. Sollen die Regierungen dann zusehen, wie Sturmfluten immer weiter ins Land drängen, od. sollen sie vielleicht doch die Dämme erhöhen, was wieder für hundert Jahre und mehr reichen kann? Oder glauben sie ernsthaft, dass der Einzelne durch Energiesparmaßnahmen und Ökohirnwäsche den Lauf der Natur, des Klimas nennenswert beeinflussen könnte? Glauben sie das wirklich und wenn Ja, dann sagen sie uns doch bitte, wie sie sich das vorstellen.

  30. #30 Wb
    April 22, 2010

    @Franz
    Wo Klimawandel draufsteht, …, …, ist oft Franz Nörgel drin. 🙂

    Ansonsten, JF stellt gerne auch Sichtweisen vor, denen er sich zumindest nicht vollumfänglich anschliesst. Die Verwendung des Konjunktivs unterbleibt dabei oft und es kann zu Missverständnissen kommen (wobei an dieser Stelle aber nicht behauptet worden ist, dass Sichtweise und Wortwahl in diesem konkreten Fall nicht authentisch sind).

    Gelegentlich wird das von einigen sogar ganz fälschlicherweise als hinterhältig wahrgenommen, tatsächlich ist das aber der kommunikative Stil des modernen Menschen, der immer eine Distanz zur eigenen Meinung pflegt und sich immer dem Vorhandensein von Grenzen bewusst ist.
    Gerade zu Webzeiten erscheint dieses Vortrags- und Kommunikationsverhalten angewiesen.

    SCNR
    Wb

  31. #31 Franz Nörgel
    April 22, 2010

    WB
    spätestens ab dem vorletzten Absatz ist es eindeutig die persönliche Note.

  32. #32 Wb
    April 22, 2010

    @Franz
    Wobei das aber die Schlussfolgerungen eines zuvir nicht klar eingeordneten Sachverhalts gewesen sein könnte. [1] 🙂
    Nah, Wb auch ein wenig müde interpretatorisch einzuordnen, magst teilweise oder im schlimmsten Fall vollumfänglich recht haben.

    MFG
    Wb

    [1] sich selbst an die Nase zu fassen statt nach dem Staat zu rufen klingt durchaus sexy