“Als erster wird PTOLEMAIOS ausgeklatscht. Denn wer
möchte glauben, daß es ebensoviele (einander völlig ähnliche, ja sogar
gleiche) Sonnentheorien als Planeten gibt; wo man doch sieht, daß dem
BRAHE zu gleicher Leistung eine einzige Sonnentheorie reicht? Ist es ja
in der Physik ein allgemein angenommenes Axiom: Die Natur verwendet so
wenig Mittel als möglich.”

Auch heute noch gilt in der Physik, dass eine Theorie umso besser ist, je einfacher sie ist.

Kepler findet noch 2 weitere vernünftige Argumente für das heliozentrische Weltbild:

“Nun aber schaue man sich die beiden Körper, den der
Sonne und den der Erde, an und bilde sich ein Urteil, welchem von beiden
die Quelle der Bewegung des anderen Körpers am ehesten zukommt, ob die
Sonne, die die anderen fünf Planeten bewegt, die Erde bewegt oder die
Erde die Sonne, die Bewegerin der anderen, die so vielmal größer ist als
sie? Um nicht sagen zu müssen, die Sonne wird von der Erde bewegt, was
sinnlos wäre, müssen wir der Sonne Unbeweglichkeit, der Erde aber
Bewegung zuschreiben.
Was soll ich über die Umlaufzeit von 365 Tagen sagen? Sie liegt in ihrer
Größe nach zwischen denen des Mars von 687 Tagen und der der Venus von
225 Tagen. Bezeugt hier nicht die Natur mit lauter Stimme, daß der
Umlauf, zu dem 365 Tage gebraucht werden, auch dem Ort nach mitten
zwischen den Umläufen des Mars und der Venus uum die Sonne erfolgt, also
auch selber um die Sonne erfolgt, so daß also dieser Umlauf der der Erde
um die Sonne, nicht der der Sonne um die Erde ist?”

Im letzten Absatz hört man schon erste Anklänge an das dritte Keplersche Gesetz (das den Zusammenhang zwischen Umlaufzeit und Abstand von der Sonne eines Planeten beschreibt) heraus, das allerdings nicht in der “Astronomia Nova” veröffentlich wurde sonder erst 10 Jahre später in seinem Buch “Harmonices Mundi”.

Im Rest der Einleitung beschäftigt sich Kepler ausführlich mit der Natur der Kraft, die die Planeten bewegt und geht ebenso ausführlich auf die Argumente derjenigen ein, die meinen, die Bibel würde eindeutig feststellen, die Erde sei in Ruhe und bewege sich nicht.

Dazu aber dann mehr in meinem nächsten Artikel.


Bisherige Artikel zur Astronomia Nova: Die Einleitung (1)

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