Dafür haben sie verschiedene Modelle der planetaren Migration simuliert. Neptun hatte dabei unterschiedliche Startpositionen: einmal wurde er am Anfang der Simulation bei 18.1 Astronomischen Einheiten platziert; einmal bei 23.1 Astronomischen Einheiten. Außerdem hat er in den Simulation die Wanderung zu seiner heutigen Position mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten zurückgelegt: einmal brauchte er 5 Millionen Jahre; einmal 50 Millionen Jahre. Bei jeder Simulation bekam Neptun eine eigene Population an ursprünglichen Trojanern und es wurde auch eine Scheibe von Planetesimalen simuliert, die Neptun durchqueren musste (und natürlich wurde auch der gravitive Einfluß der anderen großen Paneten inkludiert). Im Laufe einer Simulation konnte Neptun einige seiner ursprünglichen Trojaner verlieren – aber auch neue aus der Scheibe einfangen. Die Frage war nun, ob die am Ende entstehende Verteilung der Neptun-Trojaner irgendwelche Aufschlüsse über ihre Herkunft erlaubt und ob es Übereinstimmungen mit den Beobachtungen gibt.

Wo kommen die Trojaner her?

Dieses Bild zeigt das Ergebnis:

i-d223901eba51c03deb07b6ab773e2cf1-neptro1-thumb-500x354.png
i-653ab59390f4844320fd649e272f9f69-neptro2-thumb-500x344.png

Man sieht hier in jedem der kleinen Bilder die Werte von Exzentrizität und Inklination die die Trojaner am Ende der Simulation hatten. In der linken Spalte sind die Daten der ursprünglichen Trojaner zu finden; rechts die der eingefangenen. Die unterschiedlichen Farben der Punkte zeigen an ob sich die Asteroiden in der Nähe von L4 (rot), L5 (blau) oder um beide Punkte herum (schwarz) bewegen.

In der ersten Reihe sieht man das Ergebnis für die Simulation, bei der Neptun am Anfang 18.1 AU von der Sonne entfernt war und sich schnell zu seiner heutigen Position bewegt (“18AU-F1”). Man erkennt einen deutlichen Unterschied zwischen den ursprünglichen und den eingefangenen Trojanern. Die ersteren sind dynamisch “kalt”. Das bedeutet, sie haben die kreisförmigen und ebenen Bahnen (kleine Exzentrizitäten und Inklinationen) die sie anfangs hatten auch während der Migration beibehalten. Die eingefangenen Trojaner dagegen sind dynamisch “heiß” und zeigen hohe Werte für Exzentrizität und Inklination. Das ist auch für die Simulationen der Fall, bei denen Neptun sich am Anfang 23.1 AU von der Sonne entfernt befand und die Geschwindigkeit der Migration macht hier keinen Unterschied. Einzige Ausnahme ist die Simulation N18-S, deren Ergebnisse in der zweiten Reihe angezeigt wurden (Startposition bei 18.1 AU und langsame Migration). Hier sind sowohl die ursprünglichen als auch die eingefangenen Trojaner am Ende dynamisch heiß und nicht unterscheidbar.

Was hier genau passiert, sieht man auch, wenn man betrachtet, wieviele der ursprünglichen Trojaner die Migration eigentlich überlebt haben. Diese Zahl hing stark von den genauen Anfangsbedingungen ab – war aber generell immer hoch und lag zwischen 50 und 96 Prozent. Nur bei Simulation N18-S haben so gut wie kein der ursprünglichen Trojaner überlebt – der Wert lag bei 0.15%.

i-8eb797d477a4ebbc3f82f16c710d879a-neptroini-thumb-500x482.jpg
So sah die Situation zu Beginn der Simulation aus (hellblau: die äußeren Planeten; blau und rot: die ursprünglichen Neptun-Trojaner; schwarz: die Asteroiden der Scheibe)

Grund dafür war in diesem Fall die gravitative Wechselwirkung mit Uranus. In dieser speziellen Konfiguration befinden sie sich in der Nähe ihrer gemeinsamen 3:4 Resonanz (Was eine Resonanz ist, habe ich hier genau erklärt). Dadurch werden die Bahnen der Trojaner destabilisiert und Neptun verliert fast seine ganze Population – kann aber interessanterweise einige davon wieder einfangen. Die sind nun aber dynamisch heiß und nicht mehr von den anderen eingefangen Trojanern aus der Scheibe zu unterscheiden.

Chaos oder Ordnung?

Es bleiben also zwei prinzipiell Möglichkeiten: entweder die Migration der Planeten verlief so, dass es keine großen chaotischen Ereignisse gab. Dann hätte Neptun seine ursprünglichen Trojaner behalten und es müsste eine Menge dynamisch kalte Asteroiden geben; plus eine dynamisch heiße Population, die von den eingefangen Trojaner her rührt.

Oder aber die Migration verlief mit chaotischen Phasen wodurch die gesamte Trojanerpopulation des Neptun dynamisch heiß ist und es keine Möglichkeit gibt, die Herkunft der Trojaner zu unterscheiden.

1 / 2 / 3

Kommentare (3)

  1. #1 Bullet
    26. Februar 2010

    Puh. Ihr sturen Dogmatiker und Ersenzähler. Könnt ihr denn nicht einmal die WAHRHEIT© schreiben? (Die in diesem Fall … äh…. ach ja: darin besteht, daß es gar keinen Neptun gibt – der ist nur eine Theorie. )

    Waaah… ich fühl mich ja schon gesteinigt. *renn*

    Nee, mal im Ernst: iich finds ja schon toll, mal wieder was über echte Wissenschaft zu lesen. Solche Themen über ‘hard facts’, in denen über haufenweise Tellerränder hinausgelinst wird, werden komischerweise nie von VT’lern geflamt. 🙂
    Aber eine Frage zu den L-Punkten hab ich trotzdem: darf ich mir die als Vektorfelder vorstellen, in deren Zentren (also genau an den L-Punkten) kräftefreie Bedingungen herrschen und ein Kräftegradient radial sphärisch nach außen zeigt? Oder nach innen? Oder gibt es da noch andere einschränkende Bedingungen (oder mach ich mir ein überhaupt ganz falsches Bild davon)?

  2. #2 Christian A.
    26. Februar 2010

    Die Lagrangepunkte 1 bis 3 sind instabil, da wird jeder Körper, den man nicht perfekt auf den Punkt packt, nach außen driften. Die letzten beiden Lagrangepunkte sind anders: Die sind stabil.

    Die Begründung dafür ist allerdings nicht ganz einfach, denn sie beinhaltet die Corioliskraft 😉 Der Wikipedia-Artikel zu den Lagrangepunkten ist ganz nett, dort hat man auch eine Darstellung des effektiven Potentials (effektives Potential: Gravitationspotential und Zentrifugalpotential zusammengenommen). Die L1 bis L3 sind Sattelpunkte; stabil in einer Richtung, instabil in der dazu senkrechten Richtung. Die L4 und L5 sind eigentlich instabil, d.h. sie stellen Maxima des effektiven Potentials da. Lustigerweise sind sie trotzdem stabil! Das liegt daran, dass beim wegdriften die Corioliskraft den Körper wieder in Richtung Lagrangepunkt treibt.

    Lustige Sache!

  3. #3 Florian Freistetter
    26. Februar 2010

    @Bullet – Ja, Wikipedia erklärt das recht gut. Schau mal, ob dir das hilft – ansonsten pack ich die Lagrangefunktionen aus 😉