Über Sterne hab ich hier schon eine Menge geschrieben. Auch über deren Entwicklung und die verschiedenen Phasen die die verschiedenen Sterne im Laufe ihres Lebens durchmachen. Aber wo kommt ein Stern eigentlich her? Der ploppt ja nicht fertig entwickelt und leuchtend in seine Existenz sondern muss erstmal entstehen. Wie das theoretisch abläuft wissen wir: große Wolken aus interstellarem Gas entwickeln – z.B. ausgelöst durch eine nahe Supernova-Explosion – gravitative Instabilitäten. Das bedeutet, dass sich das Gas immer mehr und mehr zusammenballt; immer dichtere und heißere Gebiete entstehen bis es irgendwann so heiß wird, dass im Zentrum Kernfusion einsetzt und das Ding zu leuchten zu beginnt: ein Stern wurde geboren. Und solche Sternentstehungsgebiete und Protosterne hat man auch schon gesehen. Eine ganz bestimmte Phase in der Entwicklung eines so eines “Sternembryos” war aber immer zu schwer zu beobachten: den ersten hydrostatischen Kern (“first hydrostatic core (FHSC)”). Bis jetzt…

Wenn sich eine Gaswolke immer weiter zusammenzieht, wird es wärmer. Irgendwann wird die Wolke so dicht und undurchsichtig, dass die Wärme in der Wolke quasi gefangen ist und nicht mehr entweichen kann. Dadurch wird der Kollaps der Gaswolke aufgehalten. Erst wenn die Temperatur in der Wolke auf etwa 2000 Kelvin steigt, passiert wieder was. Dann werden nämlich die Wasserstoff-Moleküle (der Hauptbestandteil interstellarer Wolken) in einzelne Atome aufgespalten. Die ganze Wärmeenergie wird nun in das Aufbrechen der Moleküle gesteckt und die Wolke kontrahiert weiter; solange bis ein echter Protostern entsteht.

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Sternentstehungsgebiet NGC 1333 (Bild: Spitzer)

Diese Zwischenphase, vom ersten Stopp des Kollaps bis zum Aufspalten der Wasserstoff-Moleküle nennt man den first hydrostatic core und bis jetzt konnte man sowas noch nie direkt beobachten. Das ist auch nicht verwunderlich denn auch wenn solche FHSC ziemlich groß sind (sie können vom Zentrum der Sonne bis weit hinaus zur Bahn des Mars reichen) sind sie nicht wirklich gut sichtbar. Sie sind kühl und damit auch dunkel. Außerdem dauert die Phase des ersten hydrostatischen Kerns nicht lange; zumindest astronomisch gesehen. Nach ein paar tausend Jahren ist alles vorbei. Man muss schon sehr viele Objekte ansehen, um eine gute Chance zu haben, einen FHSC zu entdecken. Bisher war das eher aussichtslos – aber dank Weltraumteleskopen wie Spitzer ist die Ausgangslage nun besser geworden. Spitzer kann ausreichend viel vom Himmel beobachten und das auch noch bei den richtigen Wellenlängen. Denn Spitzer sieht im Infraroten und ein Anzeichen eines FHSC ist ein überproportionale Anstieg der Helligkeit einer interstellaren Wolke zwischen 40 und 100 Mikrometer.

Und genau sowas scheint man nun gemessen zu haben! Eigentlich ist die Arbeit von Melissa Enoch von der University of California in Berkely und ihren Kollegen schon Anfang September erschienen und ich wollte schon damals darüber schreiben. Aber irgendwie hab ich das wohl vergessen und den Artikel erst gestern wieder beim Aufräumen meines Schreibtisches gefunden. Naja – macht ja nix; das Thema ist immer noch interessant 😉 Der Artikel trägt den Titel A Candidate Detection of the First Hydrostatic Core und die Autoren beschreiben die Beobachtung einer Gruppe von 108 von sogenannten “starless cores”; also großen Wolken in denen man noch keine Sterne beobachtet hat. Eines dieser Objekte zeigte ein klares Signal bei 70 Mikrometern, genauso wie man es für einen FHSC erwarten würde. Das Ding heisst “Per-Bolo 58” und befindet sich etwa 800 Lichtjahre entfernt im Sternbild Perseus; im Refelexionsnebel NGC 1333. So sieht es aus:

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Links sind vier Aufnahmen von Spitzer bei verschiedenen Wellenlängen und man sieht deutlich wie bei 70 Mikrometern (unten links) deutlich was zu sehen ist – im Gegensatz zu den anderen Wellenlängen (die Linien zeigen die Wolke an von der man bisher dachte, dass sie noch keine Sterne bzw. Sternvorläufer enthält). Rechts sieht man die Position von Per-Bolo 58 in NGC 1333.

Natürlich ist das noch keine komplette Entdeckung. Wie der Titel des Artikels schon sagt, handelt es sich erstmal nur um einen Kandidaten und man wird noch weitere Beobachtungen brauchen um sicher zu gehen dass man hier tatsächlich den ersten FHSC direkt beobachtet hat. Aber vielleicht sieht man auf diesem Bild dort oben wirklich das erste Bild eines Objekts das gerade dabei ist, den ersten Schritt auf dem Weg zu einem echten Stern hinter sich zu bringen.


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Melissa L. Enoch, Jeong-Eun Lee, Paul Harvey, Michael M. Dunham, & Scott Schnee (2010). A Candidate Detection of the First Hydrostatic Core Astrophysical Journal, /22 arXiv: 1009.0536v1

Kommentare (3)

  1. #1 Jack
    5. November 2010

    Der Artikel gefällt mir sehr gut! Hatte bisher noch nicht so viel vom Spitzer gelesen.
    Bin gerade über ein verblüffendes SCIENCE Video bei Youtube gestolpert:

    Hat zwar nichts mit dem Artikel zu tun, aber vielleicht interessiert es den einen oder anderen? Es geht darum elektromagnetische Wellen mittels eines herkömlichen PC Monitors an ein Radio zu senden. Und das ganze kann man in dem interaktiven Video selber machen: Es generiert Monitorbilder, die elektromagnetische Wellen an ein Radio senden.

  2. #2 Zuan
    6. November 2010

    Interessanter Artikel, auch für Leute (wie mich) verständlich, die sich bisher noch nicht viel mit Astronomie beschäftigt haben.

  3. #3 richard
    7. November 2010

    Sehr interessant und faszinierend – ich bin wirklich beeindruckt mit welcher Geschwindigkeit die astronomische Forschung in den letzten beiden Jahrzehnten immer wieder neue Ergebnisse/Erkenntnisse/Beobachtungen… präsentiert…..