Eine Wetterkarte von Deutschland zeigt momentan vor allem eins: tiefe Temperaturen. Aber Karten, die die Temperatur in verschiedenen Regionen anzeigen kann man nicht nur nach der Tagesschau im Wetterbericht sehen…

Das Weltraumröntgenteleskop Chandra hat kürzlich eine ähnliche Karte veröffentlicht.

So sieht sie aus:

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In der Mitte dieses Bildes sitzt die 105 Millionen Lichtjahre entfernte Galaxie NGC 5813. In so einer Galaxie gibt es aber nicht nur Sterne sondern auch jede Menge Gas. Und Gas gibt es auch im Raum zwischen den Galaxien. Im normalen optischen Licht sieht man das meistens nicht – aber Chandra kann Röntgenlicht sehen und deswegen war es auch möglich, die Temperatur des Gases zu bestimmen. Sie ist durch die verschiedenen Farben im Bild wiedergegeben. Hier ist das gleiche nochmal; diesmal mit Temperaturangaben (in Millionen Grad):

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Man sieht, dass die Temperaturen in der Nähe der Galaxie (blau) am niedrigsten sind; weiter außen sind sie größer. Aber eigentlich sollte das Gas in NGC 5813 noch viel kälter sein, als es ist. Denn dieses dichtere Gas verliert Energie durch Abstrahlung viel schneller als das dünne Gas außen. Wenn sich also die Temperaturen über den gesamten Bereich der Temperaturkarte – die immerhin einige hunderttausend Lichtjahre umfasst – sich nur so minimal ändert, dann heisst das, es muss eine Energiequelle geben, die verhindert dass das dichte Gas auskühlt.

Diese Energiequelle findet man im Zentrum von NGC 5813 und wenn man genau hinsieht, dann kann man sie sogar erkennen. Wer nichts sieht, der kann sich hier nochmal das reine Röntgenbild ansehen:

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Und zum Vergleich vielleicht auch nochmal die gleiche Gegend im optischen Licht:

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Dieses optische Bild zeigt im Zentrum eine normale elliptische Galaxie die so aussieht, wie elliptische Galaxien eben aussehen (elliptisch). Das Röntgenbild zeigt im Zentrum der Galaxie allerdings so ein komisches Gewirbel – und genau das ist die Energiequelle, die wir suchen! Denn das ist ein supermassives schwarzes Loch (über die Dinger hab ich hier und hier mehr geschrieben). Auch unsere Milchstrasse hat so ein gewaltiges Objekt in ihrem Zentrum. Das verhält sich aber eher brav und tut nix. Das schwarze Loch von NGC 5813 ist dagegen aktiv – das bedeutet, es kommt immer wieder zu “Ausbrüchen”.

Wenn Material auf das schwarze Loch fällt, dann wird das ja nicht einfach eingeschlurpt sondern rotiert erstmal in Form einer sogenannten Akkretionsscheibe um das Loch. Und diese rotierende Scheibe kann Teilchen beschleunigen und wieder ins All schleudern bzw. Energie in Form von “Jets” abgeben. Diese Jets produzieren dann Schockwellen im umgebenden Gas und bringen es generell ziemlich durcheinandern. Und genau die Auswirkungen dieser Jets sieht man im Röntgenbild. Eine genauere Analyse zeigt drei Ausbrüche in der jüngeren Vergangenheit: vor drei, zwanzig und neunzig Millionen Jahren (gemessen an unserer Zeitskala). Und jeder dieser Ausbrüche hat das Gas aufgeheizt – weswegen wir in der Wetterkarte keine allzugroßen Temperaturschwankungen sehen.


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Kommentare (9)

  1. #1 Bullet
    9. Dezember 2010

    *schlapplach*

    Wenn Material auf das schwarze Loch fällt, dann wird das ja nicht einfach eingeschlurpt

    Ich liebe diese exakte wissenschaftliche Ausdrucksweise. Einfach und doch verständlich.

  2. #2 Thomas J
    9. Dezember 2010

    @Florian

    “Dieses optische Bild zeigt im Zentrum eine normale elliptische Galaxie die so aussieht, wie elliptische Galaxien eben aussehen (elliptisch).”

    Scherzkeks 🙂

    Stehen die Akkretionsscheiben eigentlich immer waagrecht zur Ebene der Galaxie, oder?
    Wie kann man sich diese Druckwellen vorstellen? Als ausbreitende Kugel?

  3. #3 Mahalo
    9. Dezember 2010

    mein Favorit heute:

    “Dieses optische Bild zeigt im Zentrum eine normale elliptische Galaxie die so aussieht, wie elliptische Galaxien eben aussehen (elliptisch). ”

    Wie muss man sich diese Jets vorstellen. Wie werden die durch die rotierende Scheibe erzeugt?

  4. #4 Blaubart
    9. Dezember 2010

    Sehr interessant, vielen Dank!

  5. #5 Florian Freistetter
    9. Dezember 2010

    @Thomas, Mahalo: Also über Jets hat Wikipedia eine nette Zusammenfassung. Die Jets stehen dabei immer senkrecht auf die Ebene der Akkretionsscheibe (das hängt mit der Ausrichtung der Magnetfelder zusammen). Das ist dann deswegen auch nicht wirklich eine sich ausbreitenden Kugelfront sondern ein gerichteter Teilchenstrom.

  6. #6 MartinS
    9. Dezember 2010

    Abgesehen von sympathischen Schmunzlern, die oben schon erwähnt wurden, hat mich Dein Artikel total verwirrt zurückgelassen.
    Ich war immer der Meinung, dass es im Weltraum sch…ß kalt ist – und dann schreibst Du das die Gastemperatur etliche Millionen Grad beträgt. Was denn nun: kalt oder verdammt heiß? Und wieso verglüht nicht alle Materie sofort bei solchen Temperaturen?
    Sollten meine Fragen Grundschulcharakter haben, dann bitte ich auch das zu entschuldigen.
    😉

  7. #7 Florian Freistetter
    9. Dezember 2010

    @MartinS: Das mit der Temperatur ist so wie mit der Sonnenkorona: die hat auch ein paar Millionen Grad – ist aber trotzdem nicht wirklich sichtbar und die Raumsonden fliegen durch.

    Das Problem mit dem Begriff “Temperatur” im All ist ja, dass dort normalerweise nichts ist, dass eine Temperatur haben kann. Man darf sich diese Gaswolken nicht so wie Wolken hier auf der Erde vorstellen. Würde man sich in so einer Wolke befinden, dann würde das im Prinzip aussehen wie ein annähernd perfektes Vakuum. Da sind grad mal ein paar Atome pro Kubikmeter; besser Vakuui/Vakuums/Whatever kriegen wir auf der Erde auch nicht hin.
    Diese Temperaturen beziehen sich im Prinzip nur auf Anregungsenergie der Teilchen bzw. auf die mittleren Geschwindigkeiten die diese Teilchen haben die man dann in eine Temperatur umrechnet. Aber wenn du dort ein Thermometer aus dem Raumschiff halten würdest, würdest du natürlich keine Millionen Grad angezeigt bekommen.

  8. #8 Bullet
    9. Dezember 2010

    Ja, das hatte mich auch etwas gewundert, als ich in meinem Riesen-Astronomieschinken das erste Mal etwas über dieset absurd anmutenden Temperaturen las. Aber wenn die Teilchen dort nie mit anderen Teilchen zusammenstoßen, ist der “Temperatur”-begriff eben etwas irreführernd.

  9. #9 MartinS
    9. Dezember 2010

    Danke für die Erklärung. Geschrieben hattest Du aber früher noch nichts dazu?