Ich wollte ja immer schon mal nach Giessen. Dort gibt es das Mathematikum, ein “mathematisches Mitmachmuseum”. Bis jetzt hab ich es leider nicht geschafft – aber glücklicherweise kam das Mathematikum nun mit einer kleinen Wanderausstellung nach Jena. In einem Einkaufszentrum gab es nun also “Mathematik zum Anfassen” und das hab ich mir natürlich angesehen!

Zum Anfassen gab es tatsächlich jede Menge. Zum Beispiel komisch geformte Räder:

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Oder einen Spiegel und seltsame Formen mit denen man probieren sollte, Buchstaben und Wörter zu konstruieren. Warum das bei uns alles etwas russisch aussah, kann ich aber auch nicht sagen 😉

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Die Pyramide sollte in die Kiste gesteckt werden. War knifflig…

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Aber am Ende hat es dann natürlich doch geklappt.

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Auch andere Puzzles waren spannend:

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… und lösbar.

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Zum Basteln, Puzzlen und Herumprobieren gab es dort tatsächlich jede Menge. Das ist ja auch gut so, immerhin solls ja nicht langweilig werden. Allerdings hab ich hier ein bisschen die Mathematik vermisst. Der Großteil der Ausstellung beschäftigte sich mit diversen geometrischen Spielereien und Puzzles. Klar, Geometrie ist ein wichtiges Teilgebiet der Mathematik aber ein paar Zahlen (oder gar Formeln) wären auch nett gewesen. Vielleicht wollte man die Menschen nicht abschrecken… aber warum dann überhaupt so eine Ausstellung machen? Auch Zahlen und Formeln lassen sich spannend und interessant präsentieren. Die einzige Tafel die sich tatsächlich mit Zahlen beschäftigte (der Fibonacci-Folge) stand im hintersten Winkel des Einkaufszentrums und der Ausstellung; gleich beim Klo…

Ein weiterer Kritikpunkt war die mangelnde Begleitung der Ausstellung durch entsprechende Mitarbeiter (es gab einen Verkaufsstand mit Büchern und anderem Kram wo jemand stand aber sonst wäre mir keiner aufgefallen) bzw. ausreichende Erläuterungen der Experimente und Spiele. Ich verfüge ja doch über ein wenig mathematisches Grundwissen und konnte mir bei den meisten Sachen den mathematischen Hintergrund zusammenreimen. Aber die Zielgruppe solcher Austellungen sind ja vermutlich Leute die eher wenig Ahnung von Mathe haben und waren die Erklärungen doch etwas knapp. Ein Beispiel dafür war dieser nette Computer mit Touchscreen:

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Man konnte dort mit zwei Würfeln zwei Zahlen bestimmen und die dann dort eintippen. Hat man das 16 Mal wiederholt, gabs ein nettes Musikstück. Das war ja alles nett und gut und das Kind fands toll. Aber was das jetzt sollte und was das mit Mathematik zu tun hatte, blieb eher rätselhaft. Die Erklärung dazu war etwas karg:

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Ok – die Würfelzahlen sind als Zufallszahlen aus denen irgendwie Musik gemacht wird. “Nach einem bestimmten Prinzip”… In einer Ausstellung über Mathematik hätte mich dann doch interessiert, was das für ein Prinzip ist. (Wikipedia hat übrigens ein bisschen mehr Infos zu diesem “Musikalischen Würfelspiel“)

Ebenfalls lustig und weitesgehend unerklärt war dieses Schaustück. Klar, es handelt sich hier offensichtlich um das Problem des Handlungsreisenden. Also das Problem, bei einem Besuch mehrerer Orte die Reiseroute so zu wählen, dass sie möglichst kurz ist. Da steckt enorm viel Mathematik drin, auch enorm viel angewandte Mathematik – d.h. praktische Anwendungen. Über die mathematischen Hintergründe oder die große Bedeutung dieses Problems erfuhr man aber leider nichts. Es gab nichtmal eine Lösung für das angebotene Problem: die kürzeste Route von Giessen über alle deutschen Landeshauptstädte zu finden. Wir hätten es fast geschafft, ein paar Millimeter haben uns noch bis Düsseldorf gefehlt (aber wer will schon nach Düsseldorf 😉 ).

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Lösungen gab es übrigens für keines der Probleme und Puzzles. Ich versteh schon, dass die Stationen vielleicht etwas langweilig werden, wenn man sofort die Lösung erkennen kann. Aber irgendwo “versteckt”, ein Lösungsbuch bei einer speziellen Schautafel irgendwo abseits (bei der Fibonacci-Folge neben dem Klo vielleicht) wäre schon eine nette Sache gewesen. Denn ohne Lösungen und ohne tiefer gehende Erläuterungen waren manche der Rätsel etwas frustrierend und schienen “sinnlos” (vermutlich umso mehr, je weniger Ahnung man von Mathe hat).

Manche Sachen waren aber auch ohne weitere Erläuterungen cool und machten jede Menge Spaß. Zum Beispiel das Spiegelkabuff bei dem man einen Blick in die Unendlichkeit werfen konnte:

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Und Seifenblasen kommen natürlich immer gut an. Ich kann aber trotzdem nicht umhin zu meckern. Bei diesem Experiment kann man doch das Wort “Oberfläche” zumindest irgendwo mal kurz erwähnen. Das wäre wesentlich sinnvoller gewesen als das Schild “Bitte nicht pusten!”. Das machen die Kinder nämlich so oder so 😉

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Und am besten war natürlich die Mega-Seifen”blase”:

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Insgesamt war es eine ganz nette Ausstellung bei der man jede Menge Spaß haben und interessante Sachen lernen kann. Oder sie auch frustiert verlassen, weil man überhaupt nicht sehen kann, was das Zeug da alles soll. Man muss es mit den Erklärungen nicht übertreiben, viele Museen sind mit unverständlichen Beschreibungen voller Fachsprache überladen und mir ist klar, dass gerade die Mathematik es schwer hat, die Fachsprache vernünftig und ohne allzu viel Verluste in normale, verständliche Sprache zu übertragen. Aber wenn man das so ganz weglässt, dann bringt das auch nichts. Dann hat man so eine Ausstellung wie in Jena, bei der die Menschen jede Menge nette Spielereien sehen. Wenn man Glück hat, bekommt der eine oder die andere mit, dass es hier um Mathematik geht und vielleicht sind sogar Leute dabei, die ein entsprechendes Grundlagenwissen haben und den tieferen Sinn hinter den ganzen Stationen erkennen können.

Wir haben uns bei der Ausstellung amüsiert. Zum “Anfassen” gab es jede Menge. Nur die “Mathematik” hat mir ein wenig gefehlt…

Wer sich selbst ein Bild machen will: bis 28. Mai ist die Ausstellung noch im Jenaer Burgau-Park zu sehen.

Kommentare (21)

  1. #1 Andylee
    23. Mai 2011

    St. Pauli!

  2. #2 John
    23. Mai 2011

    Immer die gleiche Idee, halt verschieden gut aufbereitet.
    Das Mathematikum vom Matheprof Beutelspacher ist meiner Meinung nach ein Abklatsch von der Phänomenta (u.a. in Flensburg mit diversen Ablegern) und dem Technorama in Winterthur.

    Besonders das Technorama ist wirklich der Hammer. Da kann man sich nicht nur stundenweise sondern tageweise aufhalten. Mit freundlichen und (meistens) kompetenten Mitarbeitern, die einem Dinge zeigen, erklären etc. aber solange man diese nicht anspricht einen in Ruhe lassen. Gerade das ermöglicht es Kindern einfach mal auszuprobieren und sich gar nicht um die richtige Lösung zu kümmern.

  3. #3 Anke Bebber
    23. Mai 2011

    Mist. Ich wollte dich auch hin. Hab ich glatt vergessen. *grummel*

  4. #4 malefue
    23. Mai 2011

    guter gedanke, im endspurt verkackt also wieder mal?

    fällt mir übrigens öfter auf, dass man solche kleine ausstellungen und erlebniswege macht und dann vergisst den wissenschaftlichen unterbau zu erklären. wenn dann auch kein experte zum befragen da ist, ist der fail natürlich vorprogrammiert. ich frag mich ja wozu dann das ganze, originelles spielzeug kann man auch bei toys ‘r us kaufen.

    ich war am wochenende auf ner mittelalterlichen ruine in der steiermark, die fast 800 jahre dauerhaft bewohnt wurde und da haben sie auch nur winzige schildchen gehabt mit den nötigsten zahlen und das wars, den rest konnte man sich selbst zusammenreimen. wäre an dem tag nicht ein archäologe da gewesen der nur alle drei wochen vorbeikommt, hätt ich meine ganzen fragen in google füttern müssen…
    bei solchen dingen wird viel potenzial verschenkt.

  5. #5 nihil jie
    23. Mai 2011

    Wie cool… ein St. Pauli Fan 😉 *däumchenhoch*

  6. #6 malefue
    23. Mai 2011

    achja, bevor ichs vergesse: wer ist eigentlich das versuchskind, flo?

  7. #7 ynarf
    23. Mai 2011

    Vor ein paar Jahren wurde diese Wanderausstellung des Mathematikums mal nach Graz geholt, und da hat man Mathe-Lehramtsstudenten im Zuge einer extra dafür eingerichteten Lehrveranstaltung als Freifach ein bischen vorbereitet und dann die Betreuung übernehmen lassen. Das hat glaub ich ganz gut funktioniert. Die Wanderausstellung zu “mieten” kostet aber ohnehin einiges und wahrscheinlich hat man dann in Jena nicht schnell genug billige Arbeitskräfte gefunden.

    PS.: In einer Minimalfläche zu stehen ist schon richtig cool 🙂

  8. #8 Fritz97
    23. Mai 2011

    Sieht ja ganz interesant aus. Ist leider ein bischen weit von Delmenhorst aus. Naja dafür haben wir ja das Universum in Bremen.(Wo das ganze dann auch erklärt ist)

  9. #9 holli
    23. Mai 2011

    @malefue

    Florians’ denk ich mal. Auch Nerds pflanzen sich fort!

    😉

  10. #10 a+
    23. Mai 2011

    Zahlen- bzw. Recheninteressieren sei an dieser Stelle ein Besuch in Bonn empfohlen: da gibt’s das Arithmeum mit einer nerdtauglichen Ausstellung. Als Handlungsreisender kann man dann den Besuch des Deutschen Museums in BN anschließen. (Beides übrigens Orte, an denen ich bei all meinen Reisen in und um Bonn immer nur vorbeigeschrappt bin… warum eigentlich? NP-äquivalent?

  11. #11 Ingo Leschnewsky
    23. Mai 2011

    Florian, es geht dem Mathematikum doch gerade darum, die abstrakten Zahlen und Formeln begreifbar und erlebbar zu machen. Deswegen gibt es auch in Gießen selbst mehr Dinge zum “Herumspielen” als trockene Zahlen.
    Aber dass sie bei der Wanderausstellung keine Leute haben, die auch mal was erklären, finde ich traurig. Ich habe mich selbst mal beim Mathematikum für solch eine Aufgabe beworben, aber keine Antwort erhalten. Vermutlich rekrutieren die ihre Mitarbeiter ausschließlich unter Gießener Studenten, die sie jedoch schlecht auf Reisen schicken können.
    Prinzipiell finde ich das Konzept von Herrn Beutelspacher aber gut, Mathematik breiteren Bevölkerungsschichten nahezubringen. Nur im Detail ist das ein oder andere vielleicht noch verbesserungsfähig. Und was die Mitarbeiter betrifft: Das wird vor allem eine Frage des Geldes sein.

  12. #12 Florian Freistetter
    23. Mai 2011

    @Ingo: “Florian, es geht dem Mathematikum doch gerade darum, die abstrakten Zahlen und Formeln begreifbar und erlebbar zu machen.”

    Schon klar. Aber wenn da ein Stand ist, bei dem man Dinger in Seifenlauge tauchen kann – und dann nix weiter erklärt wird dazu, dann sehen nur die Leute die eh schon Bescheid wissen, was das mit Zahlen und Formeln zu tun hat. Und so wars bei den meisten STationen.

  13. #13 Bjoern
    23. Mai 2011

    Wie repräsentativ ist denn diese Ausstellung für das Mathematikum als ganzes? War das jetzt nur der Geometrie-Teil des Mathematikums, oder ein sonst irgendwie gewählter Ausschnitt? Oder sieht man in Gießen im Wesentlichen genau dasselbe wie jetzt in Jena?

  14. #14 jitpleecheep
    23. Mai 2011

    Zahlen- bzw. Recheninteressieren sei an dieser Stelle ein Besuch in Bonn empfohlen: da gibt’s das Arithmeum mit einer nerdtauglichen Ausstellung.

    +1!
    Obwohl es für Kiddos (zumindest in meiner Erinnerung) eher uninteressant sein dürfte.

  15. #15 Ingo Leschnewsky
    23. Mai 2011

    @Florian: Da gebe ich Dir Recht, das enttäuscht mich auch, ohne dass ich dort war. Im Mathematikum selbst hatte ich damals nicht den Eindruck, dass es an Erklärungen und Erklärenden fehlte.

    @Bjoern: Ich war schon seit einiger Zeit nicht mehr in Gießen. Und die Ausstellung in Jena kenne ich überhaupt nicht. Mit der Frage solltest Du Dich vielleicht am besten direkt ans Mathematikum wenden. Die sollten das wissen.

  16. #16 Onkel Jörg
    23. Mai 2011

    @Florian: In der Bildüberschrift zum 3. Bild ist Dir leider ein klitzekleiner Fehler unterlaufen. Die Pyramide ist ein Tetraeder.
    Ansonsten, Daumen hoch! Man kann garnicht früh genug anfangen, die Kinder für die Schönheiten der Mathematik zu begeistern. Dann kommt die Liebe zu Musik und Astronomie ganz von alleine

  17. #17 ein Mathematiker
    24. Mai 2011

    @ Onkel Jörg:

    Ein Tetraeder ist eine Pyramide – eine Pyramide muss nicht unbedingt wie bei den Ägyptern ein Quadrat als Grundfläche haben 😉

    Man hätte Tetraeder schreiben können, aber Pyramide passt auch, und ein Nicht-Mathematiker kann damit bestimmt eher was anfangen.

  18. #18 Kallewirsch
    25. Mai 2011

    Ist zwar jetzt ein bischen off-topic, aber das beste Hands on museum, in dem ich je war, ist das Exploratorium in San Franzisko. Ursprünglich (da wussten wir noch nicht, was uns erwartet) wollten wir nur kurz reinschauen. Einen Vormittag oder so. Aber nach 2 Stunden hatten wir (lauter naturwissenschaftlich Begeisterte) gerade mal die ersten 30 Meter Ausstellungsfläche (optische Experimente und Täuschungen) geschafft und alle Experimente abgegrast und durchgesprochen.

  19. #19 noch'n Flo
    30. Mai 2011

    @ ein Mathematiker:

    Ein Tetraeder ist eine Pyramide – eine Pyramide muss nicht unbedingt wie bei den Ägyptern ein Quadrat als Grundfläche haben

    Also, ich habe mal im Mathe-Unterricht gelernt, dass eine Pyramide per Definitionem ein Quadrat als Grundfläche hätte – und somit 5 Flächen. Während ein Tetraeder aus 4 Flächen besteht (manchmal auf deutsch auch als “Vierflach” bezeichnet).
    Aber vielleicht haben sich meine Mathe-Lehrer ja auch geirrt…

  20. #20 Bjoern
    30. Mai 2011

    @noch’n Flo: Da erinnerst du dich entweder falsch – oder deine Mathe-Lehrer haben sich tatsächlich geirrt. (würde mich nicht wundern – das kommt gar nicht so selten vor; ich hab’s bei Kollegen schon öfters erlebt, und im Nachhinein gesehen habe ich in meinen ersten Berufsjahren teilweise auch Blödsinn erzählt…)

    Les’ doch mal die Definition bei Wikipedia nach…
    https://de.wikipedia.org/wiki/Pyramide_%28Geometrie%29#Definition_und_Begriffe
    oder bei Wolframs MathWorld:
    https://mathworld.wolfram.com/Pyramid.html
    Und in einem alten Mathebuch aus meiner Schulzeit (Lambacher-Schweizer Geometrie 2) steht’s auch so drin. Und in einem neueren Mathe-Übungsbuch (Training Grundwissen Mathematik – Geometrie 9. Klasse aus dem Stark-Verlag) auch. (und so unterrichte ich’s jetzt auch schon seit 6 Jahren – also hoffe ich doch mal, dass das so auch stimmt! 😉 )

    Eine Pyramide, deren Grundfläche ein Quadrat ist, heißt dagegen explizit “quadratische Pyramide”.

  21. #21 emreee
    23. Januar 2013

    Das Mädchen ist ja Zuckersüß *eifersüchtig ich bin *