Im Kiel des Schiffs hat es in der Vergangenheit ordentlich gerumpelt. Dabei bestand für Matrosen und Passagiere allerdings keine Gefahr. Denn beim “Kiel des Schiffs” handelt es sich um ein Sternbild, das man am Südhimmel bewundern kann. Kürzlich hat auch das Röntgenteleskop Chandra sich die Gegend dort genauer angesehen und dabei nicht nur tolle Bilder gemacht sondern auch interessante Sachen herausgefunden.

Das Sternbild kennen die Menschen schon lange, früher war es allerdings größer. In der Antike nannte man es Argo Navis aber die Größe erwieß sich als etwas unhandlich und so teilte der französische Astronom Nicolas Louis de Lacaille es im Jahr 1763 in drei kleinere Sternbilder auf die alle bis heute überlebt haben und Teil der offiziellen Gruppe der 88 Sternbilder geworden sind. Neben dem “Segel des Schiffs” und dem “Achterdeck des Schiffs” existiert am Südhimmel nun eben auch der “Kiel des Schiffs”. Bekannter als diese nautische Bezeichnung ist aber vielleict der lateinische Name des Sternbilds: Carina. Und was sicherlich viele schon mal gehört oder gesehen haben, ist der Carinanebel. Dabei handelt es sich um eine große Wolke aus interstellarem Gas (mit etwa 200 bis 300 Lichtjahre Durchmesser) die sich 8000 Lichtjahre von uns entfernt befindet. Es ist ein Emissionsnebel, das Gas wird also zum Leuchten angeregt. Das geschieht zum Beispiel durch die Strahlung junger heißer Sterne die es im Carinanebel ebenfalls zu Hauf gibt denn es ist auch ein aktives Sternentstehungsgebiet. Und wunderschön:

i-ac57369a3210eaa7a4ecf0273a440f97-etamosaicnm2-thumb-500x302.jpg

So sieht der Carinanebel im sichtbaren Licht aus (aufgenommen vom dänischen 1.5 Meter Teleskop am LaSilla-Observatorium). Mitten drin liegt ein gewaltig-großer Stern: der Hyperriese Eta Carinae. Er ist etwa hundert Mal schwerer als die Sonne, knapp 200 Mal größer und leuchtet 5 Millionen Mal heller! Weil er so heiß brennt, lebt er auch wesentlich kürzer als zum Beispiel unsere kleine, brave Sonne. Eta Carinae wird nur einige Millionen Jahre alt werden und sein Leben nicht als roter Riese oder Supernova beenden sondern als Gammablitz. Aber auch wenn Eta Carinae schon am Ende seines Lebens angelangt ist und schon ein paar Beinahe-Explosionen hinter sich hat, besteht keine Gefahr für uns auf der Erde. Noch jedenfalls ist der Hyperriese nicht explodiert – aber im übrigen Carinanebel dürfte es einige Sterne durch konventionelle Supernovae dahingerafft haben. Das jedenfalls zeigen die Bilder, die das Röntgenteleskop Chandra vom Weltraum aus gemacht hat:

i-14dc55fcff3b9c300c64bd0cf9eca1ee-carina-thumb-500x504.jpg

Das hier sind natürlich keine echte Farben; es handelt sich um Röntgenlicht das wir nicht sehen können. Röntgenstrahlung mit niedriger Energie sind im Bild rot dargestellt; die mit mittleren Energien sind grün und hochenergetische Röntgenstrahlung ist blau. Man erkennt deutlich eine diffusen Bereich aus dem Röntgenstrahlen ausgesandt werden und der Grund dafür sind mit hoher Wahrscheinlichkeit Supernovaexplosionen. Dabei wurde Material vom Ex-Stern mit hohen Geschwindigkeiten durch das Gas gejagt das dadurch im Röntgenbereich zum Leuchten angeregt wird. Außerdem hat Chandra bei seiner Beobachtung des Carinanebels herausgefunden, dass es dort sechs potentielle Neutronensterne (extrem dichte Objekte die übrig bleiben wenn ein großer Stern in einer Supernovaexplosion vergeht) entdeckt. Und dann sind da noch die Sternhaufen im Carinanebel; zum Beispiel Trumpler 15 den man deutlich am oberen Ende des Bildes in der Mitte erkennen kann. Dort sollten eigentlich mehr massive Sterne zu sehen sein, als man tatsächlich sieht. Insgesamt deutet das alles auf eines hin: der Carinanebel ist nicht nur ein Sternentstehungsgebiet – sondern auch ein Bereich, in dem einige der neu enstandenen großen Sterne ihr Leben schon wieder beendet haben und als Supernova explodiert sind und das dies in Zukunft immer wieder vorkommen wird und zwar häufiger als man bisher dachte. Denn Chandra hat auch herausgefunde, dass es im Carinanebel fast doppelt so viele junge, massive Sterne gibt als bisherige Beobachtungen vermuten haben lassen. Und all diese massiven Sterne werden irgendwann ebenfalls zur Super- oder gar zur Hypernova werden. Aber wie gesagt: davor brauchen wir keine Angst haben. Der Carinanebel ist weit genug entfernt; uns droht keine Gefahr. Er ist gerade nah genug, dass wir eine wunderbare Aussicht auf das Leben und den Tod dieser Sterne haben…

Kommentare (17)

  1. #1 tunix
    25. Mai 2011

    .

  2. #2 MartinS
    25. Mai 2011

    Danke Dir Florian!
    Ich habe mir das Bild sofort als Wallpaper eingerichtet.
    Ich glaube, dass ich es niemals verstehen werde, dass es Menschen gibt, denen solche Schönheit einfach egal ist, oder die so wenig Respekt vor der Schönheit der Natur haben, dass sie behaupten, das wäre “erschaffen” worden.
    Btw: gibt es eigentlich in solch aktiven Sternentstehungszonen auch Planeten, oder wären die durch die vorhergehenden Novae schon als Planemos “in’s All geblasen” worden?

  3. #3 Blaubaer
    25. Mai 2011

    “Noch jedenfalls ist der Hyperriese nicht explodiert – ”
    Sollte es nicht besser heißen “bis vor 8000 Jahren ist er nicht explodiert”? Immerhin ist er ja 8000 LJ von uns entfernt, und wenn er vor 7000 Jahren explodiert wäre, würden wir das erst in 1000 Jahren sehen.

  4. #4 Florian Freistetter
    25. Mai 2011

    @Blaubaer: Diese Gleichzeitigkeit die man sich immer vorstellt, existiert nicht wirklich. Das war ja genau das Problem, das Einstein damals dazu bewogen hat, sich Gedanken zu machen aus denen schließlich die Relativitätstheorie entstand: wie stellt man fest, ob zwei Ereignisse gleichzeitig stattfinden? Das “Jetzt” bei Eta Carinae ist für uns relativ bedeutungslos. Nichts was dort “jetzt” passiert kann für unser “jetzt” irgendeine Rolle spielen. Erst 8000 Jahre später ist das damalige “Jetzt” mit unserem “jetzt” in Verbindung getreten. Diese ganze rumrechnerei mit “Wenn X 1500 Lichtjahre weg ist…” usw. sind in solchen Situationen nicht immer zielführend…

  5. #5 Blaubaer
    25. Mai 2011

    Stimmt, da ist meine Vorstellung vielleicht etwas naiv 🙂

  6. #6 Andreas
    25. Mai 2011

    Wie kommt denn bei so einer großräumigen Struktur so eine relativ gerade und klar abgegrenzte “Kante” zustande? (Auf dem oberen Bild am unteren Ende des gelblichen Teils des Nebels)

  7. #7 Florian Freistetter
    26. Mai 2011

    @Andreas: Hmm – welche “Kante” genau meinst du? Warum soll es bei großen Wolken keine Kanten geben? Gerade weil die Dinger so groß sind, sehen wir die Grenze zwischen Nebel und All sehr viel schärfer als sie tatsächlich ist weil die ganzen kleinen Unregelmäßigkeiten nicht sichtbar sind.

  8. #8 rolak
    26. Mai 2011

    ..genau wie die Wolken, die hierzuplanet am Himmel zu beobachten sind: Aus der Ferne kompakt erscheinend, aus nächster Nähe gar nicht wahrnehmbar.
    Eigentlich erstaunlich, daß diese Analogie Andreas nicht erleuchtete.

  9. #9 Andreas
    26. Mai 2011

    @Florian

    Ich habs mal grob eingezeichnet: https://img96.imageshack.us/img96/9537/carinap.jpg

    Die Sache ist aber auch schon wieder hinfällig, in der hohen Auflösung erkennt man, dass das garnicht so ist.

    @rolak

    Soweit schon klar, aber galaktische Wolken entstehen ja aufgrund so n bisschen anderen Begebenheiten als meteoroligische. 😉 Und um diese Begebenheiten gings mir. Aber wie gesagt, hat sich eigentlich erledigt.

  10. #10 Andreas
    26. Mai 2011

    Ohje ohje… “n bisschen anderer” “meteorologische”. 🙂

  11. #11 rolak
    26. Mai 2011

    Diese o-Dichte kann schon verwirrend sein 😉

    Oh natürlich haben die Wolken etwas andere Ursachen nicht nur bzgl Verteilung und Zusammenhalt der Bestandteile, doch es ging Dir ja um die Wahrnehmung der Objekte. Und da sind neben technischen Aspekten (gab hier bei AS doch letztens einen post mit dem Bild einer Stern-Explosionsschale, die von uns als Ring wahrgenommen wird, weil sie nur streifend betrachtet ‘dick’ genug ist) auch psychologische Aspekte wesentlich.

    Je schneller bzw auf tieferem Level eingebaut die entsprechende Erkennung ist, desto wichtiger scheinen ihre Ergebnisse dem Bewußtsein. Egal ob Gesichtserkennung oder eben Kantenerkennung.
    Da gab es auch mal einen interessanten Ansatz im Rahmen der Erklärung von Höhlenmalerei-Aspekten mit typischen Trance-Mustern, wäre spannend wenn sich so die festverdrahteten Teile der Mustererkennung verrieten…

  12. #12 TW
    26. Mai 2011

    Hallo Florian,
    Du schreibst dass Eta Carinae in einem Gammablitz vergehen wird. Ich dachte bisher dass die Entstehung von GRB’s nicht abschließend geklärt sei und Hypothesen, wie das zusammentreffen zweier schwarzer Löcher o.ä. die wahrscheinlichsten Kandidaten seien. Sind Kollapse massereiche Sterne also auch mögliche Verursacher?
    Was bleibt dann von diesem Stern übrig, kann man sich es so ähnlich wie eine Super/Hypernova vorstellen, von der ein schwarzes Loch oder Neutronenstern übrig bleibt?

  13. #13 Florian Freistetter
    26. Mai 2011

    @TW: Wie das mit den Gammablitzen ist, kannst du hier nachlesen (ist aber auch im Artikel verlinkt):

    https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2010/01/was-ist-ein-gammablitz-teil-1.php
    https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2010/01/was-ist-ein-gammablitz-teil-2.php

    Übrig bleibt da aber nix. (Und eine Untergruppe der GRBs wird auch tatsächlich durch kollidierende SLs verursacht)

  14. #14 pandurata
    27. Mai 2011

    Traumhaft schön…

    Und ich stelle gerade fest, dass meine erst vor ein paar Tagen zu Ende geführte Lektüre unheimlich viel gebracht hat. Dank sehr anschaulicher Erklärungen von deGrasse Tyson kann ich als absoluter Laie schon deutlich besser folgen und mir auch vieles einen Tick besser vorstellen.

    Ich glaube, ich sollte mir unter diesem Gesichtspunkt noch einmal die älteren Astronomie-Posts vornehmen… 🙂

  15. #15 Peter
    27. Mai 2011

    Kann man ausrechnen, mit welcher Häufigkeit pro 1 Milliarde Sterne eine Supernova auftritt z.B. in einer Galaxie wie der Milchstraße? Und wie oft die Erde statistisch bereits den Auswirkungen einer Supernova ausgesetzt war?

  16. #16 Florian Freistetter
    27. Mai 2011

    @Peter: “Kann man ausrechnen, mit welcher Häufigkeit pro 1 Milliarde Sterne eine Supernova auftritt z.B. in einer Galaxie wie der Milchstraße? Und wie oft die Erde statistisch bereits den Auswirkungen einer Supernova ausgesetzt war? “

    Kann man. Bei der Milchstrasse sinds etwa 20 SN pro Jahrtausend (bei etwa 200-400 Milliarden Sternen in der Galaxis). Was die Auswirkungen auf die Erde angeht: auch da kann man was machen – aber da weiß ich jetzt auf die schnelle keine Antwort. Hier steht ein bisschen was: https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2009/09/tiefseeastronomie.php

  17. #17 Schuster Wilhelm Leonhard
    28. Mai 2011

    Oberstes wunderschöne Sternbild :Kobold (links) Überfällt in sich ruhende “Schöne” (rechts). Ob dieses der schönen Carina gefällt?
    Der Künstler der dies Werk schuf, wird auf jeder Kunstausstellung einen Preis bekommen.