Als ich mich 1999 gerade das erste Mal ernsthaft mit Astronomie beschäftigt habe und dabei war, für meine Diplomarbeit zu arbeiten, kannte man etwa ein Dutzend extrasolare Planeten. Die Leute die auf diesem Gebiet forschten, kannte alle Systeme mit Exoplaneten und ihre Parameter auswendig und jede neue Entdeckung eines Planeten war eine kleine Sensation über die man im Büro diskutierte. Heute hat sich die Situation enorm verändert.

Wir kennen jetzt schon 661 extrasolare Planeten. Fast täglich werden neue Entdeckungen gemacht und auch die Experten kennen längst nicht mehr alle Systeme. Und wenn erstmal alle Daten der Raumsonden wie Kepler oder CoRoT ausgewertet sind, dann werden tausende neue Planeten dazu kommen. Aber auch die erdgebundenen Observatorien haben ihre Methoden mittlerweile so weit entwickelt, dass sie die Planeten gleich dutzendweise entdecken. Michel Mayor (der 1995 gemeinsam mit Didier Queloz den ersten extrasolaren Planeten um einen normalen Stern entdeckt hatte) hat mit seinen Kollegen gerade die Entdeckung von 50 neuen Exoplaneten bekannt gegeben.

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Anzahl der entdeckten Exoplaneten pro Jahr

Das ist bis jetzt die größte Zahl an Exoplaneten deren Entdeckung auf einmal bekannt gegeben wurde. Mayor und seine Kollegen haben die Radialgeschwindigkeitsmethode benutzt. Das bedeutet, sie haben das Lichtspektrum eines Sterns untersucht und geschaut, ob sich dort Spektrallinien periodisch verschieben. Wenn sie das tun, ist das ein Zeichen dafür, dass der Stern ein wenig wackelt und sich mal auf uns zu und mal von uns weg bewegt. Das wiederum ist ein Zeichen dafür, dass der Stern von einem Planeten umkreist wird, der mit seiner Gravitationskraft ein wenig an dem Stern zerrt. Glücklicherweise besitzt die europäische Südsternwarte (ESO) einen ganz hervorragenden Spektrographen: HARPS. Das steht für “High Accuracy Radial velocity Planet Searcher”. HARPS ist bisher das erfolgreichste Instrument bei der Suche nach Exoplaneten und nun hat man sich 376 sonnenähnliche Sterne vorgenommen und bei ihnen nach Planeten gesucht. Die Ausbeute hat alle Erwartungen übertroffen. 50 Planeten hat man gefunden und 16 davon fallen in die Kategorie der “Supererden”, d.h. sie sind nur wenig schwerer als unser Planet (mit dabei ist auch die kürzlich verkündete zweite Erde).

Mittlerweile ist die Zahl der entdeckten Planeten auch groß genug, um vernünftige statistische Abschätzungen durchführen zu können. Aufgrund ihrer Beobachtungen gehen Mayor und seine Kollegen davon aus, dass etwa 40 Prozent der sonnenähnlichen Sterne einen Planeten besitzen, der kleiner ist als Neptun. Das ist eine wirklich beeindruckende Zahl! Wenn das wirklich so ist, dann gibt es in unserer Milchstrasse ein paar Milliarden Planeten!

Hier gibt es die ganze Geschichte nochmal als schönes Video:

Das lässt für die Zukunft spannende Ergebnisse erwarten. Besonders mit dem neuen Gerät, das 2016 an der europäischen Südsternwarte in Betrieb genommen wird. Es trägt den schönen Namen ESPRESSO. Das steht für „Echelle SPectrograph for Rocky Exoplanet and Stable Spectroscopic Observations” („Echelle-Spektrograf für Exo-Gesteinsplaneten und zuverlässige spektroskopische Beobachtungen”) und wie der Name schon sagt wird man damit kleine, erdänliche Planeten finden können. Michel Mayor ist zuversichtlich:

“In den nächsten zehn bis zwanzig Jahren sollten wir eine Liste potenziell bewohnbarer Planeten in der Nachbarschaft unserer Sonne vorlegen können. Diese Liste ist ein unverzichtbarer Ausgangspunkt für zukünftige Beobachtungen, die nach spektroskopischen Spuren von Leben in den Atmosphären von Exoplaneten suchen.”

Kommentare (44)

  1. #1 Max
    13. September 2011

    Es ist schon eine tolle Zeit in der wir leben. Dass in den nächsten Jahrzehnten tatsächlich Spuren von Leben gefunden werden, halte ich zwar für nicht allzu wahrscheinlich, aber man darf ja die Hoffnung nicht aufgeben. Wenn es tatsächlich soviele Planeten in der Milchstraße gibt, ist ja die Wahrscheinlichkeit, dass einer lebensfreundliche Bedingungen aufweist, nicht mehr soo gering.

  2. #2 Marco
    13. September 2011

    @Florian
    Ist es möglich herauszufinden, ob diese erdähnlichen Planeten die Voraussetzungen erfüllen, dass dort Leben entstehen könnte bzw. schon Leben existiert?
    Wie weit ist die nächste “zweite Erde” eigentlich von uns entfernt?

  3. #3 Bullet
    13. September 2011

    Aufgrund ihrer Beobachtungen gehen Mayor und seine Kollegen davon aus, dass etwa 40 Prozent der sonnenähnlichen Sterne einen Planeten besitzen, der kleiner ist als Neptun. Das ist eine wirklich beeindruckende Zahl! Wenn das wirklich so ist, dann gibt es in unserer Milchstrasse ein paar Milliarden Planeten!

    Ja aber natürlich. Was dachtest du denn? Wenn debris disks existieren, wo soll dann noch die prinzipielle(!) Überraschung herkommen, wenn endlich auch außerhalb der SF bekannt wird, daß die Galaxien voller Planeten sind?
    Was mich bei dieser Planetenjagd nur so schwerst beeindruckt, ist diese brutale Meßgenauigkeit, mit der man die im Vergleich zu den Muttersternen so winzig kleinen Planeten aufspüren kann. Und die Erkenntnis, daß es solche “Hot Jupiters” gibt. Denn m.W. hat das kein SF-Autor vorhergesagt. Nur solche physikalisch schmerzhaften Kapriolen wie Herkules.
    Es wäre ein herberer Schlag für die Wissenschaft, hätte man trotz ausreichender Genauigkeit keine extrasolaren Planeten finden können. Denn dann müßte man sich an die Frage wagen, was in unserem System “schiefgegangen” ist. Und die religiösen Fanatiker würden wieder Amok laufen.

    @max: was bringt dir das Wissen um einen Planeten in 100 LJ Entfernung mit Bedingungen, die zumindest die Optimisten hier mit “nicht komplett tödlich-lebensfeindlich” bezeichnen würden?

  4. #4 2stein
    13. September 2011

    @Bullet· 13.09.11 · 12:00 Uhr

    ” wenn endlich auch außerhalb der SF bekannt wird, daß die Galaxien voller Planeten sind? “

    Das heisst im ganzen Universum mindestens 10^22 Planeten !

  5. #5 mr_mad_man
    13. September 2011

    Ist es möglich herauszufinden, ob diese erdähnlichen Planeten die Voraussetzungen erfüllen, dass dort Leben entstehen könnte bzw. schon Leben existiert?
    Soweit ich weiß, kann man bis jetzt “nur” inidirekt auf Planeten schließen, indem man die Sterne beobachtet. Wenn sie z. B. periodisch wackeln oder ihre Leuchtkraft schwankt, hat man einen Stern mit Planetenkandidaten.
    Das Licht der Planeten selbst konnte man noch nicht empfangen. Erst wenn man das kann, kann man es untersuchen. S. o. …für zukünftige Beobachtungen, die nach spektroskopischen Spuren von Leben in den Atmosphären von Exoplaneten suchen

    Wie weit ist die nächste “zweite Erde” eigentlich von uns entfernt?
    Im oben verlinkten Artikel (zweite Erde) ist von dem Planeten HD 85512b die Rede. Dieser umrundet den Stern HD 85512 und ist 36 Lichtjahre von uns entfernt. Ob es sich dabei aber um den nächsten Planeten handelt, oder ob schon ein Näherer entdeckt wurde weiß ich nicht. 36 Lichtjahre ist aber gar nicht so weit weg, zumindest wäre eine Kommunikation (einmal Fragen, einmal Antwort bekommen) innerhalb eines Menschenlebens möglich.

  6. #6 UMa
    13. September 2011

    @Bullet
    “Und die Erkenntnis, daß es solche “Hot Jupiters” gibt. Denn m.W. hat das kein SF-Autor vorhergesagt.”
    Aber ein Astronom im Jahre 1952, Otto Stuve schon
    https://astro.berkeley.edu/~gmarcy/struve.html

  7. #7 UMa
    13. September 2011

    @mr_mad_man
    “Das Licht der Planeten selbst konnte man noch nicht empfangen. Erst wenn man das kann, kann man es untersuchen. ”
    Das kann man schon. Hier ist eine Liste der Planeten, die durch direkte Beobachtung entdeckt wurden
    https://exoplanet.eu/catalog-imaging.php
    Außerdem kann man bei einigen Transit-Planeten nicht nur das Verdunkeln des Sterns durch den Planeten, sondern auch die Bedeckung des Planeten duch seinen Stern beobachten und so den Unterschied zwischen Stern+Planet und nur Stern (d.h. Planet verdeckt) untersuchen. Inzwischen gibt es mit dieser Methode bereits Spektren niedriger Auflösung von Jupiter-großen Planeten.

  8. #8 Tom
    13. September 2011

    schwups, und schon sind wir bei 669 Exoplaneten.

  9. #9 Bynaus
    13. September 2011

    “Und die Erkenntnis, daß es solche “Hot Jupiters” gibt. Denn m.W. hat das kein SF-Autor vorhergesagt.”

    Isaac Asimov hat in “Nemesis” einen Planeten beschrieben, den man nur als “Hot Jupiter” bezeichnen kann: https://en.wikipedia.org/wiki/Nemesis_%28Isaac_Asimov_novel%29

    PS: Heute sind gleich nochmals 23 WASP-Planeten hinzugekommen…

  10. #10 mr_mad_man
    13. September 2011

    @UMa: hab ich nicht gewusst, wieder was gelernt, Danke 🙂
    Tolle Sache, dass man nicht nur auf Planeten schließen,
    sondern sie auch ‘richtig’ sehen kann.

    Wenn ich die Daten richig lese (bin Laie), handelt es sich um sehr große Planeten. Marco hatte gefragt, ob man bei erdähnlichen Planeten herausfinden kann, ob auf diesen Leben entstehen kann, oder bereits Leben entstanden ist. Dies muss man im Moment verneinen, da eine Spektralanalyse noch nicht möglich ist.
    Hoffe, dass ich nicht wieder falsch liege. Obwoh, wäre auch nicht schlimm.
    Ich gebe die Hoffnung ja nicht auf, dass ich zu meiner Lebzeit noch erfahre, dass es woanders im All auch Leben gibt.

  11. #11 Lowtec
    13. September 2011

    Laut Video sind es 40 Prozent der sonnenähnlichen Sterne, die einen Planeten besitzen, der kleiner ist als _Saturn_. 🙂

  12. #12 Bullet
    13. September 2011

    @UMa, Bynaus: cool. Und cool. Der Asimov muß mir durch die Lappen gegangen sein. Denn ich kenn die Story nicht. Schäim on my hett.

  13. #13 Florian Freistetter
    13. September 2011

    @Marco: “Ist es möglich herauszufinden, ob diese erdähnlichen Planeten die Voraussetzungen erfüllen,”

    In gewissen Maß ist das möglich. Siehe z.B. hier: https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2011/03/wie-man-leben-auf-extrasolaren-planeten-entdeckt.php

    @bullet: “wo soll dann noch die prinzipielle(!) Überraschung herkommen, wenn endlich auch außerhalb der SF bekannt wird, daß die Galaxien voller Planeten sind?

    Naja, so überraschend ist es nicht. Aber es ist schön, dass es nun auch halbwegs verläßliche statistische Daten gibt. War ja bis lang nicht so und nur weil man denkt, etwas wäre irgendwie muss das noch lang nicht viel heissen. Ohne Daten nutzt das alles nichts.

  14. #14 Bullet
    13. September 2011

    @FF:

    Aber es ist schön, dass es nun auch halbwegs verläßliche statistische Daten gibt. War ja bis lang nicht so

    . Stümmt schon. Ich als alter SF-Fan war nur schon immer etwas mißtrauisch Leuten gegenüber, die im Ernst behaupteten, unser Sonnensystem wäre als ganzes schon ein sehr unwahrscheinliches Gebilde. Und überhaupt. Weil: wenn unsere langweilige Durchschnittssonne Planeten haben kann, dann kann jede Sonne dieser Art Planeten haben. Immerhin können wir jetzt langsam mal anfangen, die Drake-Gleichung mit Daten zu füllen. (Ob sie dadurch sinnvoller wird, bleibt anzweifelbar.)

  15. #15 Bynaus
    13. September 2011

    “Weil: wenn unsere langweilige Durchschnittssonne Planeten haben kann, dann kann jede Sonne dieser Art Planeten haben. ”

    Das ist nicht gesagt, weil es einen “anthropischen” Auswahleffekt gibt: Wenn die wenigsten Sterne Planeten hätten, hätten wir uns trotzdem in einem der wenigen Systeme mit Planeten entwickelt.

    Die Sonne ist übrigens gar nicht so durchschnittlich wie ständig behauptet. Sie ist massiver als rund 95% aller Sterne. Ausserdem ist sie ein aussergewöhnlich ruhiger Einzelstern mit einer fast kreisrunden Bahn, nahe dem Korotationskreis der Galaxis. Davon gibt es nicht so viele…

    “(Ob sie dadurch sinnvoller wird, bleibt anzweifelbar.)”

    Die Drake-Gleichung ist durchaus sinnvoll. Wir wissen zwar nicht, welche Werte wir einfüllen sollen, aber wenn wir es wüssten, würden wir die Anzahl aktiv sendender Zivilisationen in der Galaxis erhalten (meine Vermutung wäre: ein Wert <<1, aber das ist eine andere Frage...).

  16. #16 Bullet
    13. September 2011

    @Bynaus:

    Das ist nicht gesagt, weil es einen “anthropischen” Auswahleffekt gibt: Wenn die wenigsten Sterne Planeten hätten, hätten wir uns trotzdem in einem der wenigen Systeme mit Planeten entwickelt.

    Natürlich. Aber der Mechanismus, der Materie in einer Scheibe um den Zentralstern kondensieren läßt, kann nicht sooo außergewöhnlich sein. Denn das andere würde bedeuten, daß die Sonne aus irgendeinem Grund sämtlichen Dreck und Staub um sich versammelt hat, den die anderen Sterne im Umkreis (Umkugel?) von vielen Lichtjahren nicht ansammeln können. Da bliebe wieder die Frage: how come?

    Die Sonne ist übrigens gar nicht so durchschnittlich wie ständig behauptet. Sie ist massiver als rund 95% aller Sterne. Ausserdem ist sie ein aussergewöhnlich ruhiger Einzelstern mit einer fast kreisrunden Bahn, nahe dem Korotationskreis der Galaxis. Davon gibt es nicht so viele…

    Wo hast du das her?

  17. #17 Doctor Who
    13. September 2011

    Mehr als 100.000.000.000.000.000.000.000 Planeten. Das ist doch endlich mal eine erfreuliche Zahl mit der man arbeiten kann.

    Thema: Drake Formel

    Naja auch wenn Ich die Drake Formel begrüsse, aber ich halte sie nicht ganz für korrekt, meiner Meinung nach fehlt da zumindestens ein Faktor, der nicht nicht berücksichtigt wurde und das ist die “Zeitschiene” – Eigentlich gehört die Frage dazu, Leben diese Zivilisationen zur gleichen Zeit wie die der anderen/unseren oder sind diese ausgestorben (auch wir werden nicht ewig existieren) oder nach uns kommen

  18. #18 mr_mad_man
    13. September 2011

    @Bullet: Mit der Drake-Gleichung habe ich auch so meine Probleme. Solange nicht bewiesen ist, dass es außer auf der Erde noch irgendwoanders Leben gibt, hat mindestens ein Faktor den Wert null, womit bei der ganzen Rechnung ebenfalls null rauskommt. Mit so einer Formel kann man (zumindest derzeit) keinerlei Wahrscheinlichkeit angeben. Deshalb ist es zunächst erst einmal viel wichtiger Planetenatmosphären mit Sauerstoff/Ozon zu finden, oder besser noch diese Biomarker nachzuweisen, bevor man irgendwelche Spekulier-Werte in eine Formel eingiebt.

  19. #19 Doctor Who
    13. September 2011

    Zitat: ” … Deshalb ist es zunächst erst einmal viel wichtiger Planetenatmosphären mit Sauerstoff/Ozon zu finden, … ”

    Immer diese “Kohlenstoffchauvinisten” und “Anthropisten” – Grummel, Grummel,

  20. #20 Florian Freistetter
    13. September 2011

    @Doctor Who: “Immer diese “Kohlenstoffchauvinisten” und “Anthropisten” – Grummel, Grummel, “

    Immer der gleiche Einwand, wenn es um die Suche nach außerirdischen Leben geht, Grummel, Grummel. Das Problem ist nicht, das niemand nach andern, nicht-C-basierten Lebensformen suchen will. Sondern das so eine Suche sinnvoll einfach nicht möglich ist. Denn wir können nur etwas suchen, wenn wir wissen WAS wir suchen und wie wir es erkennen. Und wir kennen und verstehen momentan eben nur Leben wie wir es auf der Erde vorfinden. Das es auch anderes Leben geben könnte, bestreitet kein Wissenschaftler. Aber solange wir keine Kriterien angeben können, wie man dieses andere Leben erkennt, macht es keinen Sinn danach zu suchen.

  21. #21 Doctor Who
    13. September 2011

    Zitat: ” … Das Problem ist nicht, das niemand nach andern, nicht-C-basierten Lebensformen suchen will. … ”

    Das “beruhigt” mich jetzt aber.

    Zitat: ” … Denn wir können nur etwas suchen, wenn wir wissen WAS wir suchen und wie wir es erkennen. … ”

    Ja das Stimmt, deshalb darf aber unser Erkenntniswillen nicht vor der Mauer des Ersichtlichen stehen bleiben, oder ?. Ich persönlich suche immer wieder nach Löchern in dieser Mauer. – Die Ergebnisse von Titan und Enceladus sind für mich ein erster Hinweis das hinter der Mauer noch mehr steckt.

  22. #22 TheBug
    13. September 2011

    @Bullet: “Umkugel” finde ich gut, wie schmecken die?

  23. #23 Florian Freistetter
    13. September 2011

    @Doctor Who: “Ja das Stimmt, deshalb darf aber unser Erkenntniswillen nicht vor der Mauer des Ersichtlichen stehen bleiben, oder ?”

    Nochmal: Es hat nichts mit mangelndem Willen zu tun. Aber wenn man vernünftige wissenschaftliche Arbeit leisten will, dann muss man wissen, wie man das was man sucht, erkennen kann. Das weiß man aber nicht. Vielleicht ist der ganze Mars voller Lebewesen die aus unserer beschränkten Sicht alle wie Steine aussehen? Zu fordern, Wissenschaftler sollen gefälligst auch “anderes” Leben suchen ist in etwa so sinnvoll wie zu fordern, dass die Verkehrspolitiker doch gefälligst eine Strassenverkehrsordnung für überlichtschnelle Privatraumschiffe ausarbeiten sollen. Solange wir nicht wissen, mit was wir es zu tun haben, bringt es nichts, danach zu suchen. Denn wir würden es nicht erkennen, wenn wir es gefunden hätten. Aber irgendwann wird sich das sicher ändern: https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2009/11/exolife-wie-fremd-kann-ausserirdisches-leben-sein.php

  24. #24 Doctor Who
    13. September 2011

    @Florian

    Ich habe es vernommen. Danke. Wenn ich ein Loch finde sage Ich es dir als erster !

  25. #25 georg
    13. September 2011

    …und ich kann dank dir selber daran teilnehmen

    https://www.planethunters.org/

    jubel

  26. #26 Engywuck
    13. September 2011

    Denn wir können nur etwas suchen, wenn wir wissen WAS wir suchen

    anders gesagt: “man sieht nur, was man weiß”

    😉

  27. #27 Bynaus
    14. September 2011

    @Bullet: Mittlerweile wissen wir, dass die meisten Sterne Planeten bilden. Aber bevor man die heutigen Exoplaneten kannte, war das keinesfalls zwingend. Es gab auch andere Hypothesen zur Planetenbildung als die “Kant-Laplace-Hypothese”, die heute gilt – etwa die, dass ein naher Vorbeiflug eines anderen Sterns Gas aus der Sonne herausgerissen hätte und sich die Planeten später aus diesem Gas gebildet hätten. In den 1980ern waren alle Exoplaneten, die man zuvor glaubte entdeckt zu haben (z.B. bei Barnards Stern, Lalande 21185, 61 Cygni), wieder entkräftet worden. Es gibt sogar ein berühmtes Paper von ca. 1994, in dem der Autor zum Schluss kommt, dass man sich wohl mit dem Gedanken anfreunden müsse, dass Exoplaneten sehr selten seien.

    “Wo hast du das her?”

    Das findest du in jedem Standardlehrbuch der Astronomie. Sterne vom G-Typ wie die Sonne (und grösser) sind selten – M und K Zwerge, die allesamt masseärmer sind, machen rund 95% aller Sterne aus. Dass sie ein Einzelstern ist, weisst du selbst (und dass die meisten Sterne von der Grösse der Sonne in Doppelsternsystemen stecken, wohl auch), die Sache mit dem kreisrunden Orbit (um das Zentrum der Galaxis) und der Korotationskreis solltest du nachschlagen können. Zusammengefasst findest du das auch hier: https://arxiv.org/abs/0805.2962

    @mr_mad_man: “Solange nicht bewiesen ist, dass es außer auf der Erde noch irgendwoanders Leben gibt, hat mindestens ein Faktor den Wert null, womit bei der ganzen Rechnung ebenfalls null rauskommt.”

    Unsinn. Keiner der Faktoren der Formel kann den Wert Null haben, sonst gäbe es uns nicht… Natürlich kann man die Faktoren so wählen, dass im sichtbaren Universum genau eine einzige Zivilisation heraus kommt – nämlich wir selbst. Aber ohne Datengrundlage das wählen irgendwelcher Werte immer gleich sinnvoll bzw. sinnlos.

  28. #28 mr_mad_man
    14. September 2011

    @Bynaus: Auf https://de.wikipedia.org/wiki/Drake-Gleichung steht:
    N gibt die mögliche Anzahl der außerirdischen Zivilisationen in der Galaxis an, die technisch in der Lage und gewillt wären, zu kommunizieren.
    Daran habe ich mich orientiert. Da wir selbst keine Außerirdischen (d. h. derzeit beobachtet N=0) sind, bin ich der Meinung, dass man den einen Planeten, der uns hervorgebracht hat, weglassen kann oder sogar muss. Ein einziger Planet unter etlichen dürfte statistisch gesehen keine Relevanz haben. Oder etwa doch? In diesem Fall anscheinend schon, denn ohne die Einbeziehung der Erde steht sowohl für f (l) als auch für f (i) jeweils eine Null. Wenn man jetzt aber zwingend die Erde mit drin haben will in der Rechnung, weil sonst rechnerisch keine Möglichkeit mehr auf weiteres Leben in unserer Galaxie möglich ist, dann zeigt dies die Schwachstelle der Formel bei derzeitiger Datenlage auf.

  29. #29 Engywuck
    14. September 2011

    wobei es ja Leute gibt, die auch bzw. gerade bei Eingeziehung der Erde f_i als 0 setzen würden (sind wir *wirklich* intelligent? Zählen Delphine, wenn sie sich für Fisch bedanken?)

  30. #30 Bynaus
    16. September 2011

    @Bullet: Es spielt keine Rolle, was in der Wikipedia steht, wenn das, was da steht, keinen Sinn macht.
    Naürlich wird die Drake-Gleichung benutzt, um die Anzahl der “ausserirdischen” Zivilisationen zu berechnen (ursprünglich dachte man, dass es 10000ende oder gar Millionen sein sollten), aber wenn du dir die Parameter ansiehst, dann sollte völlig klar sein, dass die Formel schlicht und einfach *die Anzahl Zivilisationen in einer Galaxis von der Grösse der Milchstrasse* berechnet: Anzahl Sonnen, wieviele davon haben Planeten, wieviele dieser Planeten haben Leben, wie oft entsteht komplexes Leben, etc. Wenn du so willst, sind diese Parameter da draussen, wir wissen einfach nicht, wie gross sie sind. Wir können nicht einfach den gegenwärtigen Stand unseres Wissens hineinschreiben und glauben, wir hätten damit das Ziel erreicht: nur weil WIR keinen anderen Planeten mit Leben kennen, heisst das nicht, dass der Faktor f(l) = 0 ist. Wenn der Faktor f(l) = 0 ist, hiesse das, dass die Entstehung von Leben unmöglich ist – das ist nicht der Fall, denn wir sind hier, also ist es offenbar möglich. Keiner der Faktoren kann Null sein, sonst gäbe es auch uns nicht. Der Faktor ist höchstens so klein, dass für eine Galaxis von der Grösse der unseren ein Wert von etwa 1 oder kleiner rauskommt. Das hat nichts mit “Schwachstelle der Formel” zu tun. Die Menschen nehmen keinen Spezialplatz im Universum ein – wir sind ein Teil davon, und so sollten wir uns auch wahrnehmen.

  31. #31 Bullet
    16. September 2011

    Hä?

  32. #32 Wurgl
    16. September 2011

    Bei der Drake-Gleichung sollte man auf jeden Fall auch die engl. Wikipedia studieren, dort steht etwas anderer Text und auch andere Abschätzungen. Auch die Kritik an der Gleichung ist deutlich unterschiedlich.

    Ändert aber nix daran, dass ich einfach hoffe, dass wir nicht gar so alleine sind 🙂

  33. #33 mr_mad_man
    16. September 2011

    @Bynaus: Ich nehme Dein letzter Post war nicht @Bullet sondern an mich gerichtet.

    Es spielt keine Rolle, was in der Wikipedia steht, wenn das, was da steht, keinen Sinn macht.

    Hier wird oft WikiPedia zitiert; ist natürlich blöd für mich, wenn ausgerechnet der Artikel, den ich zitiere ‘keinen Sinn macht’. Aber gut, dann zitiere ich eben Deine Seite

    Die Drakegleichung soll die Anzahl kontaktfreudiger ausserirdischer Zivilisationen in der Milchstrasse berechnen.

    Macht dann wohl genauso wenig Sinn… 😉

    Aber gut, wenn man argumentiert, dass wir für z. B. Marsianer auch Aliens darstellen, können wir den Faktor Erde ruhig mitrechnen [f(l) und f(i) wären dann natürlich nicht mehr null]. Der beobachtete Wert für N wäre dann auch nicht mehr null sondern eins (die eins wären wir).

    Wir können nicht einfach den gegenwärtigen Stand unseres Wissens hineinschreiben und glauben, wir hätten damit das Ziel erreicht

    Dass wir damit ein Ziel erreicht hätten, habe ich nicht behauptet, ich behaupte aber, dass, wenn wir andere Werte als die unseres gegenwärtigen Wissenstandes einsetzten, nur um N>1 zu erreichen, dies reine Spekulation ist.

    Für mich sieht es so aus, als würde die Formel lediglich das, was Jodie Foster am Anfang des Filmes ‘Contact’ sagt (sinngemäß: wenn wir die Einzigen sind, dann wäre das riesige All eine große Verschwendung), nämlich die Sehnsucht nicht alleine im Universum zu sein, mathematisch verpackt. Die Formel suggeriert, dass, wenn man den Faktor Erde mit einbezieht, es wegen unserer eigenen Existenz auch andere intelligente Existenzen geben muss; alles andere wäre ja ‘eher unwahrscheinlich’. Ohne die Einbeziehung der Erde in die Formel haben wir allerdings bisher keinen Anhaltspunkt für diese Behauptung.

    Die Menschen nehmen keinen Spezialplatz im Universum ein – wir sind ein Teil davon, und so sollten wir uns auch wahrnehmen.

    Solange kein Leben außerhalb der Erde nachgewiesen ist, nehmen wir sehr wohl einen “Spezialplatz” ein. Ich wüsste nicht, warum ich ohne Beweise/Belege/Indizien das Gegenteil annehmen sollte.

    Der Faktor ist höchstens so klein, dass für eine Galaxis von der Grösse der unseren ein Wert von etwa 1 oder kleiner rauskommt.

    Vielleicht fehlt mir jetzt das mathematische Verständnis, aber sollte N nicht auf jeden Fall ganzzahlig sein? Was wäre wenn für N = 0.5 rauskommt. Eine halbe Zivilisation? Oder eine Zivilisation bestehend aus lauter halben Portionen? 🙂

    An meiner ursprünglichen Aussage, dass wir überhaupt erstmal Leben -in welcher Form auch immer, ob intelligent oder nicht- auf anderen Planeten oder Monden nachweisen sollten, bevor wir die Drake-Formel mit Spekulier-Werten füllen, ändert sich daher nichts.

    Interessant ist dabei, dass, wenn wir tatsächlich eine (1) andere intelligente Lebensform fänden, unsere Sehnsucht nach nicht mehr alleine im Universum zu sein bereits gestillt ist, und der Zweck der Formel (nämlich: mathematisch gesehen ist es eher unwahrscheinlich, dass wir alleine sind) wegfällt. Denn wenn wir ehrlich sind, geht es uns (zumindest im Moment) doch nicht darum zu wissen, ob es 100 oder 1000 andere Zivilisationen gibt, sondern ob wir alleine sind oder nicht.

  34. #34 Wurgl
    16. September 2011

    @mr_mad_man

    Ich kann dir nicht so ganz zustimmen. Die unsicheren Faktoren sind nur “fl: Die Entstehung von Leben” und “fi: Die Entstehung von intelligentem Leben”.

    Die Faktoren davor sind eine Frage der Statistik, der Modelle zur Enstethung von Planetensystemen etc. Die kann man wohl ganz gut abschätzen.

    Der letzte Faktor “L Lebensdauer einer technischen Zivilisation in Jahren” ist so eine Sache. Selbst wenn sich eine Zivilisation zerstört, können ein paar Überlebende ein paar 1000 Jahre später nochmals eine Zivilisation aufbauen. Bei dem Wert hab ich so meine zweifel ob der nicht zu niedrig ist. Die Drake-Formel wurde während der Blütezeit des Kalten Krieges erstellt, da war ein Endzeitszenario mit Atomkrieg auch in den Überlegungen drinnen.

    Und bei den beiden Faktoren zum Leben und zum intelligenten Leben ist unser Planet sehr wohl wichtig. Denn dieser zeigt immer mehr, dass Leben recht einfach entsteht. Ich interpretiere so manche Berichte über das Zeitalter des Hadaikums in diese Richtung. Leben scheint schon verdammt früh entstanden zu sein und je früher, desto wahrscheinlicher ist das. Diese Wahrscheinlichkeit gilt auch für andere Planeten, schließlich ist ganz am Anfang mehr pure Chemie als Leben.

    Bei Intelligenz ist es ähnlich. Der Mensch ist nicht das einzige intelligente Wesen auf der Erde, da gibt es noch so manche andere. Nicht mal Werkzeuggebrauch ist einzigartig. Allerdings ist der Mensch das einzige Wesen mit einer technischen Zivilisation. Gib den Krähenvögeln einfach mal 5 oder 10 Millionen Jahre und du hast noch eine technische Zivilisation.

    Den fehlenden Faktor “fc Anteil an Planeten mit Interesse an interstellarer Kommunikation” setz ich ganz frech mit knapp unter 1 an. Eine technische Zivilisation muss einfach neugierig sein, nur durch Neugierde kommt die Forschung weiter. Und daher behaupte ich ganz frech, dass dieser Faktor eben knapp unter 1 ist.

    Was aber evenuell nicht so ganz in der Gleichung zum Ausdruck kommt ist der Massebereich der Sterne die Leben ermöglichen und lange genug brennen um auch eine Fortentwicklung von Leben zu intelligentem Leben erlauben. Und dann fehlen mir Einflüsse wie ein stabilisierender Mond und ähnliches.

  35. #35 mr_mad_man
    16. September 2011

    @Wurgl:

    Die unsicheren Faktoren sind nur “fl: Die Entstehung von Leben” und “fi: Die Entstehung von intelligentem Leben”. Die Faktoren davor sind eine Frage der Statistik, der Modelle zur Enstethung von Planetensystemen etc. Die kann man wohl ganz gut abschätzen.

    Bis auf die Faktoren fl und fi habe ich keine als “Spekulier-Werte” bezeichnet, insofern sind wir da wohl einer oder ähnlicher Meinung. Hier auf der Erde waren die Bedingungen anscheinend günstig, dass Leben entstehen konnte. Für das Günstig-sein gibt es viele Faktoren, wie Du schreibst ein stabilisierender Mond, ein Jupiter, der uns die Asteoriden vom Hals hält, die Tatsache, dass sich unser Sonnensystem in einem ruhigen Bereich der Milchstraße befindet und somit keinen Supernovae ausgesetzt ist etc. Möglicherweise bilden alle diese Faktoren ein einzigartiges Umfeld, um die Vorraussetzung für die Entstehung von Leben zu schaffen.

    Und bei den beiden Faktoren zum Leben und zum intelligenten Leben ist unser Planet sehr wohl wichtig. Denn dieser zeigt immer mehr, dass Leben recht einfach entsteht.

    Genau dieses einfach ist mein Kritikpunkt. Wie genau sich der Schritt von unbelebter zu belebter Materie zugetragen hat, ist -so weit ich weiß- weder erforscht noch verstanden (vielleicht ist dies aber nur meine eigene Wissenslücke aus der ich die Kritik ableite). Tatsache ist, er ist passiert. Aber war es “einfach”, oder zwangsläufig (im Sinne von, wenn Leben nicht entstanden wäre, wäre es unlogisch) oder war es ein einzigartiger Riesenzufall? Kennt man alle Faktoren, die zur Entstehung des Lebens beigetragen haben? Geht man davon aus, das Leben unter geeigneten Bedingungen enstehen muss?

    Auf den Punkt gebracht: ist Leben ein Zufall oder eine Zwangsläufigkeit? Solange wir das nicht wissen, wissen wir auch nicht welche Werte sinnvollerweise für f(l) eingesetzt werden müssen. Der Beweis, dass es kein Zufall ist, steht noch aus. Bis dahin bleiben die Ergebnisse der Formel Spekulation.

  36. #36 mr_mad_man
    17. September 2011

    Zu dem Punkt “die Entstehung von Leben ist einfach” habe ich noch etwas gefunden, was mich in der Meinung bestärkt, dass man bei der Argumentation hierbei schon mal gerne beide Augen zudrückt (um f(l) in die Höhe zu treiben). Gefunden auf der Quarks&Co Seite: https://www.wdr.de/tv/quarks/sendungsbeitraege/2010/0202/005_exoplaneten.jsp

    Es ist eine Sache, ob die Bedingungen für Leben gegeben sind, eine andere, ob dann auch tatsächlich Leben entsteht. Der Faktor fl gibt an, wie häufig das passiert. Bisher kennen wir Leben nur auf der Erde. Dort hat es die Wissenschaftler jedoch immer wieder überrascht. Denn selbst in der dunklen Tiefsee wurden in der Nähe kochend heißer Quellen Bakterien gefunden, die diesen extremen Bedingungen standhalten. Auch besonders kälteresistente Bakterien wurden inzwischen entdeckt und haben unsere Vorstellungen von den Möglichkeiten des Lebens erweitert. Wo immer wir uns Leben vorstellen können, dort wird es sich auch entwickeln. Entsprechend schätzt Quarks & Co mithilfe der Experten fl auf 1. Frank Drake war in diesem Punkt sogar pessimistischer und ging davon aus, das sich Leben nur in jedem zweiten Fall entwickelt, fl also gleich 0,5 ist.

    Interessant unwissenschaftlich wie hier vorgegangen wird. Von der Möglichkeit des (bereits entstandenen und bestehenden) Lebens sich an extreme Bedingungen anzupassen auf den Entstehungsprozess selbst zu schließen, ist doch nicht wirklich seriös, oder?

  37. #37 Alderamin
    17. September 2011

    @mr_mad_man

    Von der Möglichkeit des (bereits entstandenen und bestehenden) Lebens sich an extreme Bedingungen anzupassen auf den Entstehungsprozess selbst zu schließen, ist doch nicht wirklich seriös, oder?

    Das stimmt. Auf der anderen Seite wird dadurch allerdings auch gezeigt, wie weit die Bedingungen für vorhandenes Leben variieren können, was wichtig für die Wahrscheinlichkeit ist, wie lange Leben Bestand haben könnte, denn auch unsere friedliche Erde hat sich im Laufe der Zeit mehrfach gewandelt und mehrere verschiedene Atmosphären gehabt.

    Dass die Entstehung von Leben relativ leicht sein könnte, kann man allerdings daraus schließen, wie schnell es entstanden ist. Im wesentlichen nach der Abkühlung der Kruste am Ende des Late Heavy Bombardment, also zum frühest möglichen Zeitpunkt, entstand das erste Leben. Es ist auch vorstellbar, dass es noch früher entstand und das Große Bombardement in der Tiefe des Gesteins überlebt hat, oder dass es mehrere Anläufe gab, zwischen denen die Erde immer wieder sterilisiert wurde.

    Was hingegen fast unendlich lange gedauert hat, war die Entstehung von Vielzellern, echten Tieren und Pflanzen. Wenn man die Entwicklung der Erde auf ein Jahr reduzieren würde, dann entstand das erste Leben schon im Februar, während die Vielzeller erst im Oktober entstanden und die Dinosaurier erst am 12. Dezember. Ein, zwei Milliarden Jahre mehr oder weniger bis zur Entwicklung der höheren Lebewesen wären durchaus denkbar, und je nach Mutterstern wäre der dann schon zu heiß (unsere Sonne wäre in 2 Milliarden Jahren schon zu heiß für flüssiges Wasser auf der Erde).

    Deswegen halte ich die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Leben an sich für recht groß, aber für die Entstehung von höherem Leben und gar Intelligenz für hinreichend klein. Vielleicht ist die Entwicklung von Intelligenz sogar extrem selten und käme in einer Galaxie nur gelegentlich vor, so dass es kaum einmal zwei intelligente Arten zur gleichen Zeit gäbe. Dann wäre es auch kein Wunder, dass SETI nichts findet. Aber aus nur einem Datenpunkt (nämlich uns) kann man keine Schlüsse ziehen, außer, dass intelligentes Leben möglich ist.

  38. #38 mr_mad_man
    17. September 2011

    @Alderamin: Wieder einmal ein riesen Dankeschön für den Kommentar 🙂 und den Link zur ‘Chemischen Evolution’. Von dem Miller-Urey-Experiment hatte ich vorher bereits gehört; interessant und neu für mich war, dass es auch andere Ansätze/Modelle zur Entstehung großer organischer Moleküle gibt. Bis dahin fehlte mir aber immer das Bindeglied, warum diese Moleküle ‘auf einmal’ angefangen haben zu ‘zucken’ also zu leben. Dieses Bindeglied habe ich nun in dem Abschnitt Bildung präbiotischer Strukturen (Zellvorläufer) [Koazervate, Mikrosphären und Protozellen] gefunden. Der Übergang von unbelebter zu belebter Materie scheint mir durch dieses neue Wissen nun viel plausibler zu sein, vor allem nicht ‘einfach so’, sondern chemisch erklärbar. Der Übergang ist wohl auch, entgegen meiner bisherigen Vorstellung, viel fließender gewesen und nicht sprunghaft.

    Es fällt mir jetzt auch einfacher nachzuvollziehen, wie man zu der Aussage kommt, dass weil es Leben hier auf der Erde gibt, es wahrscheinlich auch Leben außerhalb der Erde gibt (trotzdem wäre es natürlich schön einen Beweis in Form eines ‘Mars-Pantoffeltierchens’ oder ähnliches zu haben). Zur Frage, ob ich mir jetzt zutrauen würde einen Wert für f(l) anzugeben, nun darüber muss ich erst mal mindestens eine Nacht schlafen.

  39. #39 Monod
    17. September 2011

    @ Alderamin und @ mr_mad_man:

    Es gibt zum Thema “Chemische Evolution” auch ein sehr informatives Buch von Horst Rauchfuß. Es heißt: Chemische Evolution und der Ursprung des Lebens” und ist 2005 im Springer-Verlag erschienen.

    Zur Häufigkeit oder Seltenheit der Entstehung von Leben lässt sich derzeit keine Aussage machen. Der Knackpunkt, der den Übergang von chemischer zu biologischer Evolution markiert, ist die Entstehung eines Translationsmechanismus, der es ermöglicht, die Synthese von Biokatalysatoren nach festgelegtem Muster mit der Vererbung zu koppeln, so dass die Tochterzellen (fast) identisch mit der Mutterzelle sind. Dieser Schritt ist noch nicht vollständig verstanden, auch wenn es bereits einige interessante Überlegungen dazu gibt. Jedenfalls lässt sich die Wahrscheinlichkeit des Umschlagens von der chemischen zur biologischen Evolution noch nicht quantifizieren. Es kann daher durchaus sein, dass sich dieser Schritt nur auf der Erde ereignet hat, auch wenn dieser Zufallstreffer bereits sehr zeitig stattfand.

  40. #40 Wurgl
    17. September 2011

    Bei der Entstehung von Leben ist, so glaube jedenfalls ich, einer der besonders unsicheren Punkte die Entstehung der Abgrenzungen von Zellen zur Außenwelt. In dem Wikiartikel werden so einige Möglichkeiten angeschnitten. Tonminerale, Eis und dann selbstorganisierende Moleküle. Je nachdem werden Gezeiten benötigt (und damit ein Mond) oder eine Kälteperiode (Eis) oder ganz andere Faktoren. Und genau diese Zutaten sind für diesen Faktor fl wichtig. Das ist jedenfalls ein spannendes Forschungsgebiet.

    Es gibt da einige Artikel die ich höchst interessant finde. Zum Beispiel der hier:
    https://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/292675.html oder https://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/279943.html
    Ich glaub hier ist auch mal was über Zirkon-Kristalle zu lesen gewesen. Leider gibt es kein Gestein aus der Zeit, aber auch so wird man hier noch einige Erkenntnisse gewinnen.

    Höchst interessant werden auch zukünftige Untersuchungen auf dem Mars, Titan und Europa. Dort könnte man eventuell etwas finden und wenn man etwas findet, dann kann man wohl für fl ganz gut die 1 einsetzen.

  41. #41 mr_mad_man
    19. September 2011

    @Monod: Danke für den Buchtipp. Ich glaube aber (nachdem ich Leserbewertungen gelesen habe), dass ich damit hoffnungslos überfordert wäre. Für ‘im Moment’ reicht mir auch erst mal die Vorstellung/Idee, dass sich z. B. durch Tröpfchenbildung ein ‘Innerhalb’ und ein ‘Außerhalb’ gebildet hat, wobei aus dem Innerhalb dann Zellen werden konnten. Ich habe auch Deine Kommentare im Artikel “Warum gibt es etwas und nicht nichts?” gelesen. Da geht ja schon ganz schön ins Eingemachte, deshalb finde ich die Einschätzung. “Es kann daher durchaus sein, dass sich dieser Schritt nur auf der Erde ereignet hat, auch wenn dieser Zufallstreffer bereits sehr zeitig stattfand.” sehr bemerkenswert, da der Schluss -je früher Leben auf der Erde entstanden ist, desto wahrscheinlicher ist die Entstehung von Leben außerhalb der Erde- nicht mehr so zwingend wirkt.

  42. #42 Monod
    19. September 2011

    @ mr_mad_man:

    Etwas einfacher verständlich sind noch die beiden Bücher von Hansjürg Geiger: “Auf der Suche nach Leben im Weltall” (Kosmos-Verlag 2005) und “Astrobiologie” (UTB-Verlag 2009).

    Der Schluss von “Leben ist auf der Erde sehr zeitig entstanden.” auf “Also muss es einfach entstehen.” wird u.a. auch von Ward/Brownlee in “Unsere einsame Erde” gezogen (erschienen 2001 im Springer-Verlag). Das Problem ist jedoch nicht die Entstehung und Anreicherung von organischen Molekülen, wie z.B. Aminosäuren oder Nukleotidbasen und die nachfolgende chemische Evolution. Das gelingt relativ leicht, wie z.B. die Funde im Murchison-Meteoriten zeigen. Das Problem ist die Evolution von aufeinander abgestimmten Reaktionskreisläufen, die sich in der Summe innerhalb eines Vesikels als Stoffwechselsystem selbst stabilisieren.

    Und auch dieses ist noch nicht der Durchbruch, denn der erfolgt erst, wenn ein Mechanismus gefunden wird, mit dessen Hilfe die Organisationsstruktur solcher Systeme in funktionierendem Zustand an Tochtervesikel zu gleichen Anteilen übertragen werden kann. Hieran zeigt sich sehr schön, dass die daran beteiligte Chemie zwar die notwendige Vorbedingung ist, aber Biologie darüber hinaus noch anderen, eigenen Regularien folgt, die sich nicht auf die Chemie reduzieren lassen. Das Problem ist kein chemisches, sondern ein organisatorisches, das nach einer geeigneten Technik verlangt, die über diverse Versuche auf molekularer Ebene erst gefunden werden muss.

    Bei unseren Nukleinsäuren ist es die komplementäre Basenpaarung, die eine weitestgehend identische Vererbung ermöglicht. Die Übertragung von Basensequenzen in Aminosäuresequenzen gelingt zum einen über die Basenpaarung zwischen zwei RNA-Molekülen (mRNA und tRNA) am Ribosom und zum anderen über die zuvor erfolgte Aktivierung der Aminosäuren durch Verknüpfung mit einer spezifischen tRNA unter Beteiligung jeweils spezifischer Proteine (hier: Aminoacyl-tRNA-Synthetasen, oder kurz AARS). Das Ribosom führt keine Nachkontrolle durch, so dass die AARS genau selektieren müssen, um keine Fehlaktivierungen durchzuführen.

    Man kann sich leicht vorstellen, dass die Proteinsynthese anfangs viel fehlerhafter gewesen ist, als heute, nach 3,5 Milliarden Jahren Evolution. Doch auch die primitiven Vorläufer dieses Synthese- und Vererbungsapparates müssen den Kreis zwischen Proteinen und Nukleinsäuren geschlossen haben, damit der damit verbundene genetische Code in Richtung Fehlertoleranz und Eindeutigkeit evolvieren konnte, weil so die Konservierung gefundener effizienter Aminosäuresequenzen genauer gelingen konnte. Das heißt, auch ein primitiver Translationsmechanismus musste hinreichend genau sein, damit er sich selbst stabilisiert. Die Frage ist nun, wie lange es bei welchen Bedingungen im Durchschnitt dauert, bis sich so ein primitiver Translationsmechanismus etablieren kann. Und hier tappen wir zur Zeit noch völlig im Dunkeln.

    Wir wissen zwar, dass es auf der frühen Erde sehr heiß war (wegen des intensiveren Vulkanismus), aber andererseits die Sonne weniger Energie abstrahlte, so dass es in Regionen mit geringerem Vulkanismus möglicherweise auch massive Vereisungen gab. Einschläge von Asteroiden und Kometen reicherten die Ursuppe an und führten zu kurzzeitigen Aufheizungen – in Vereisungsgebieten zu Aufschmelzungen mit nachfolgender Wiedervereisung, in Ozeanregionen zu einem teilweise Verdampfen und Wiederabregnen in entfernteren Regionen – und über allem befand sich ein relativ naher Mond mit entsprechend hohen Gezeitenwirkungen, die die Uferregionen im Wechsel von wenigen Stunden (weil sich die Erde noch schneller drehte als heute) überfluteten und wieder austrockneten.

    Nun kann man sich aussuchen, welche Bedingungen konkret vonnöten waren, um die allgegenwärtigen organischen Moleküle dazu zu bringen, sich in Vesikeln zu einem Organismus mit Translation und Vererbung zu arrangieren. Wir wissen es einfach nicht, es scheint aber so zu sein, dass ein großer Mond essentiell ist, weil in den Gezeitenregionen eine periodische Austrocknung und Wiedervernässung stattfindet, die zum einen einen Wechsel des Salzgehaltes in den Gesteinsporen des Ufersandes verursacht (günstig für Auftrennung und Wiederschließung von RNA-Doppelsträngen) und zum anderen Nukleinsäuren und Proteine in Vesikel gelangen lässt, wenn Vesikel im Gemisch mit diesen an Gesteinsoberflächen antrocknen und nachfolgend wieder befeuchtet werden. Über den Meerwasseraustauch erfolgt zugleich eine effizientere Vermischung der sich in den Uferregionen angereicherten organischen Moleküle, was eine größere Variabilität des chemischen Ausgangsmaterials bewirkt.

    Der Vulkanismus trägt seinerseits dazu bei, dass sich die Ursuppe mit reaktiven Chemikalien anreichert. Insbesondere schwefelhaltige Verbindungen scheinen anfangs eine zentrale Rolle gespielt zu haben (Thioester-Welt von DeDuve; Eisen-Schwefel-Welt von Wächtershäuser, aber auch die Befunde aus Genomanalysen, die darauf hindeuten, dass der letzte gemeinsame Vorfahr (LUCA) eine schwefelliebende thermophile Zelle war). In den submarinen Schloten fanden in dem porösen Wandungsmaterial weitere interessante Synthesen statt, die es für einige Forscher nahelegen, hier den Ursprung des Lebens gefunden zu haben (z.B. Russell und Martin). Ich bin da noch skeptisch, aber nach dem Zerfall dieser Schlote wurden diese Chemikalien freigesetzt und diese reicherten sich seinerseits in den frühen Ufersanden an.

    Ufersande setzen wieder voraus, dass nicht zuviel und nicht zuwenig Wasser vorhanden ist – auch wieder eine Voraussetzung, die essentiell zu sein scheint. Zuviel Wasser führt auf Dauer zur Zersetzung komplexer Moleküle durch Hydrolyse. Zuwenig Wasser lässt zu kleine Gezeitenregionen entstehen bzw. gar keine, wenn es sich nur in einigen wenigen großen Seen sammelt. Wie es scheint, ist die Erde ein mit vielen Besonderheiten begünstigter Planet, die in der Summe bei anderen Planeten nicht vorhanden sind, bzw. so selten, dass auch Leben sehr selten sein könnte. Wenn darüber hinaus nicht klar ist, welche konkreten Bedingungen in welcher Wahrscheinlichkeit zur oben beschriebenen Organisation der chemischen Abläufe im Vesikelinneren führen, kann es durchaus sein, dass unser Planet der einzige ist, auf dem Leben entstanden und erhalten geblieben ist.

  43. #43 mr_mad_man
    20. September 2011

    @Monod: Vielen Dank für den ausführlichen Kommentar. Man kann hier so viel lernen und erhält so viele Anregungen zum googeln und stöbern in anderen Artikeln. Ich finde es auch prima, dass hier Diskussionen oder auch Fragen und Antworten möglich sind, wenn sie vom urspünglichen Thema stark abweichen. Um hier noch mal den Bogen zu spannen, fasse ich meine Erkenntnisse mal zusammen: Es werden immer mehr Planeten entdeckt. Dies vervollständigt zum einen das Verständnis des/der Modell(e) zur Entstehung von Sonnen-/Planetensystemen und ermöglicht, wie Florian schreibt, ‘vernünftige statistische Abschätzungen’, zum anderen ergibt sich daraus die Frage nach weiterem Leben. Das ist klar, denn je mehr Planeten es gibt, desto mehr potentielle Heimaten hierfür gibt es. Als eine Möglichkeit herauszufinden, ob es weiteres (intelligentes) Leben gibt, wurde die Drake-Gleichung ins Spiel gebracht, da man nun für einen der Faktoren besser fundierte Werte einsetzen kann. Meine Kritik hieran war (und ist es immer noch), dass man, solange Leben außerhalb der Erde nicht nachgewiesen ist, keinen wissenschaftlich fundierten Wert für f(l) angeben kann und dies auch nicht tun sollte. Denn selbst wenn man hierfür einen sehr kleinen Wert annimmt (und auch für die anderen Faktoren “pessimistische” Werte annimmt), kommt man bei der immensen Anzahl der Planeten doch auf ein “errechnetes” Ergebnis, welches Leben außerhalb der Erde fordert, sozusagen ein mathematischer Beweis für außerirdisches Leben. Deine Erklärungen über die chemischen, biologischen und physikalischen (oder auch mechanischen) Vorraussetzungen für die Entstehung von Leben bestärken ich in meiner Meinung, was die Drake-Gleichung angeht. Wobei mir die Gleichung insgesamt gar nicht wirlich wichtig ist. Viel wichtiger ist für mich, welches Wissen ich aus den Kommentaren ziehen kann. Da ich weiß, dass man für die Erstellung eines Kommentares schon einige Zeit investieren muss, möchte ich dies einmal ausdrücklich anerkennen und noch mal Danke sagen.

  44. #44 Monod
    21. September 2011

    @ mr_mad_man:

    Da ich weiß, dass man für die Erstellung eines Kommentares schon einige Zeit investieren muss, möchte ich dies einmal ausdrücklich anerkennen und noch mal Danke sagen.

    Das ist sehr nett, deshalb gebe ich den Dank gern zurück.

    Ich finde es auch prima, dass hier Diskussionen oder auch Fragen und Antworten möglich sind, wenn sie vom urspünglichen Thema stark abweichen.

    Das finde ich auch, deshalb möchte ich mich bei dieser Gelegenheit auch noch einmal bei Florian bedanken, dass er hier (und im Nachbarblog “Warum gibt es etwas und nicht nichts?”) so tolerant ist.