(Nachtrag 23.11.2012: Ich habe heute mit Ben Moore gesprochen. Er meinte, dass viele der angesprochenen Fehler in der aktuellen Auflage des Buches korrigiert worden sind. Bei anderen Fehlern dürfte es verschiedene Missverständnisse gegeben haben. Bei der Sache mit der Rotation der Erde bezog er sich auf eine seiner Arbeiten, die zeigte, dass bei der Planetenentstehung die letzte große Kollision die Rotationsgeschwindigkeit festlegt. Vor der Kollision mit Theia rotierte die Erde deutlich langsamer. Aber natürlich stand sie auch damals nicht regungslos im All. Der Satz den ich kritisiert habe (“seitdem dreht sich unsere Erde”) ist eventuell einem Übersetzungsproblem zu verdanken. Ähnlich ist es bei dem Satz mit der Rotation der Sonne um die Galaxie. Hier meinte Moore, dass die meisten Sterne, die man sehen kann, so wie die Sonne zur Galaxie gehören; obwohl es auch ein paar gibt die zur Halo-Population gehören und der Rotation um das Zentrum der Milchstraße nicht folgen, wie zum Beispiel Groombridge 1830. Auch hier ist das mit der “Rotation der Sonne um die Galaxie” einer schlechten Übersetzung zu verdanken.)

Ein ganz anderes Buch ist “Auf der Suche nach den ältesten Sternen” der Astronomin Anna Frebel. Im Gegensatz zum eher kryptischen Titel von Moores Buch, ist hier sofort klar, worum es geht. Dementsprechend klar strukturiert ist auch das Buch selbst.

Anna Frebel, Professorin am MIT, schreibt in dem Buch über ihre eigene Arbeit. Das ist die stellare Archäologie; sie sucht alte Sterne. Ok, “alt” ist ein relativer Begriff. Unsere Sonne ist 4,5 Milliarden Jahre alt. Das ist ziemlich alt. Aber verglichen mit anderen Sternen vergleichsweise jung. Denn Sterne gab es schon kurz nach dem das Universum überhaupt entstanden ist. Und das war vor 13,7 Milliarden Jahren. Solche Sterne sucht man nicht nur, weil es cool ist. Sondern weil man von ihnen lernen kann, wo alles her kommt! Denn all die chemischen Elemente aus denen wir bestehen und die uns umgeben sind in Sternen produziert worden. Fast alle jedenfalls. Beim Urknall selbst entstanden Wasserstoff und Helium (plus ganz wenig Lithium). Der ganze Rest kam aus den Sternen. Die allerersten Sterne konnten zwangsläufig nur aus Helium und Wasserstoff bestehen. Die Kernfusion in ihrem Inneren erzeugte die ersten schweren Elemente; die ersten “Metalle”. Astronomen machen es sich gerne einfach was die Chemie angeht. Bei uns gibt es Wasserstoff, Helium und der ganze Rest wird zusammen als “Metalle” bezeichnet… Wenn die Sterne dann am Ende ihres Lebens explodieren, pusten sie all diese neue Elementen ins All und wenn dann neue Sterne entstehen, dann enthalten die schon von Anfang an diverse schwere Elemente. Aus ihnen können aber nicht nur Sterne entstehen, sondern auch Planeten – und sogar Lebewesen.

Die alten Sterne sind also eine wichtige Informationsquelle, wenn wir die Entwicklung der Sterne, das frühe Universum und den Ursprung unserer Sonne und unseres Planeten verstehen wollen. Frebel erklärt in ihrem Buch äußerst detailliert, wie man sie findet und was man von ihnen lernen kann. Das Buch beginnt mit einer allgemeinen Einführung. Hier erklärt Frebel wie ein Stern funktioniert, wie er Energie erzeugt, welche verschiedenen Arten von Sternen es gibt, und so weiter. Natürlich wird auch der grundlegende Aufbau von Atomen erläutert, der Unterschied zwischen den chemischen Elementen, die Radioaktivität und alles, was sonst noch dazu gehört. Die Erzeugung dieser Elemente im Inneren der Sterne ist natürlich eines der Hauptthemen im Buch und wird entsprechend ausführlich erklärt.

Das ist einerseits gut, denn so detailliert bekommt man die Dinge selten erklärt. Wenn man keine Fachliteratur liest, dann bekommt man in der üblichen populärwissenschaftlichen Literatur meistens nur ein vereinfachtes Bild der Dinge präsentiert. Da Frebel aber ein ganzes Buch nur zu diesem Thema geschrieben hat, kann sie problemlos beliebig weit in die Tiefe gehen. Da wird die Rolle der Neutrinos bei der Entstehung von Supernovae erklärt oder im Detail erläutert, wie sterbende Sterne in ihren äußeren Schichten schwere Elemente produzieren (r-Prozess und s-Prozess). Andererseits ist die Fülle an Details auch manchmal ein wenig abschreckend. Selbst mir als Astronom wird es da manchmal zu viel und an manchen Stellen hat man das Gefühl, man liest einen Fachartikel und kein populärwissenschaftliches Buch. Jemand, der vorher noch nie mit Astronomie zu tun hatte, findet das vielleicht ein wenig deprimierend. Unverständlicherweise ist das Kapitel, in dem die Grundlagen der Spektroskopie und Elementhäufigkeitsanalyse erklärt werden, mitten im Buch (Kapitel 7), obwohl all diese Sachen vorher schon oft genug erwähnt werden. Dieses Kapitel hätte viel früher kommen müssen.

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Kommentare (16)

  1. #1 knorke
    19. November 2012

    Ich frage mch ob da womöglich auch nur schlampig übersetzt wurde?
    Wenn Moore sowas weiß wird er es doch nicht so fehlerhaft formulieren können?! Oder hat er da einfach den Hivi oder Doktoranden mal schreiben lassen und selbst gar nicht gegengelesen?

  2. #2 Chintamani Chary
    19. November 2012

    Hast du schon was über pflanzen nach einen Mondkalender geschrieben? Ich habe noch keine klare Wiederlegung gefunden, und ich glaube es wäre schon dein Ding.

  3. #3 Florian Freistetter
    19. November 2012
  4. #4 Oliver Debus
    19. November 2012

    “Mit einem Fernglas oder einem Teleskop kann man den verschwommenen Fleck auflösen und erkennt eine wunderbare Spiralgalaxie, die ungefähr zwei Millionen Lichtjahre entfernt ist.

    Man braucht schon ein ziemlich großes Teleskop um die Andromedagalaxie als schön aufgelöstet Spiralgalaxie zu sehen. Oder einen sehr dunklen Himmel. Im Fernglas bleibt es ein Fleck und selbst in meinem 12″ Spiegelteleskop mit 1500 mm Brennweite bleibt es ein Nebelfleck mit einem hellen Zentrum.

  5. #5 Der Optimierer
    19. November 2012

    Auf dem Bild ist eine Rakete zu sehen beim ersten Buch mir scheint so als wäre diese von Tim und Struppi kopiert worden im Cartoon landen sie mit so einer Rakete auf dem Mond

  6. #6 Paul
    19. November 2012

    “Beim Urknall selbst entstanden Wasserstoff und Helium (plus ganz wenig Lithium). Der ganze Rest kam aus den Sternen.”

    Wurde nicht auch bereits Beryllium beim Urknall gebildet? Oder war der nicht stabil? Ist der aktuellste Stand der, dass Beryllium ausschliesslich bei Supernovae-Explosionen entstanden ist (ähnlich wie alle Elemente schwerer als Fe)? Danke für den guten Artikel, übrigens.

  7. #7 Alderamin
    19. November 2012

    @knorke

    Viele Fehler passieren bei der Übersetzung solcher Bücher, weil die Übersetzer sich zwar im Allgemeinen gut in den beiden Sprachen zurecht finden, aber nicht notwendigerweise auch im behandelten Thema.

    Wie oft wurden aus “billions” schon Billionen? Ich hab’ Nachrichtensprecher im Öffentlich-Rechtlichen schon ohne mit der Wimper zu zucken vorlesen hören, dass der Saturn 1,5 Millionen km weit weg sei (Milliarden wären es gewesen, hier wurden aus billions dann gleich Millionen).

  8. #8 Florian Freistetter
    19. November 2012

    @Alderamin, knorke: Selbst wenn es an der Übersetzung liegt – ist durchaus möglich – bestätigt das nur meinen Eindruck, dass dieses Buch enorm schlampig gemacht ist. Und es wundertmich wirklich, wo die ganzen überschwenglichen Reviews herkommen…

  9. #9 JaJoHa
    19. November 2012

    @Paul
    Be-8 ist Instabil, nur Be-9 ist stabil. Das heißt einfach nur, das du Beryllium nicht einfach durch Fusion von zwei Heliumkernen bekommen kannst. Andere Prozesse (vorallen Spallation, für Neutroneneinfang etc müsste ich eine Nukleidkarte für suchen) können dir das erzeugen.

  10. #10 Paul
    19. November 2012

    @JaJoHa: Danke für deine Antwort. Ich bin ja kein Naturwissenschafter, aber einfach sehr interessiert. Was ist der Unterschied zw. den beiden Be-Varianten, ausser dass die eine stabil und die andere instabil ist? Um welches Beryllium handelt es sich bei jenem in unserer Erdkruste? Um das Be-9?

  11. #11 JaJoHa
    19. November 2012

    Ich hoffe die etwas längere Erklärung darf ich hier posten
    @Paul
    Es handelt sich um Isotope desselben Elements.
    Welches Element es ist sagt dir die Kernladungszahl, auch Ordnungszahl genannt. Das ist die Anzahl an Protonen im Atomkern. Für Wasserstoff zum Beispiel ist die 1, für Helium 2 und bei Beryllium 4.
    So ein Atomkern enhält aber (fast) immer auch Neutronen. Die sind etwa genau schwer wie Protonen, aber ohne elektrische Ladung. Für die chemischen Eigenschaften spielen die praktisch keine Rolle. Aber Neutronen halten den Kern zusammen, weil sie bei der Kernkraft mit zählen (die Kraft, die den Atomkern zusammenhält), aber nicht bei der elektrischen Wechselwirkung, die die Protonen auseinanderdrückt.
    Ob jetzt ein Atom stabil ist kannst du in solchen Tabellen nachschlagen (https://de.wikipedia.org/wiki/Nuklidkarte).
    Ob es stabil ist oder nicht hängt von mehreren Faktoren ab. Das geht allerdings etwas komplizierter.
    In der Erdkruste wirst du vorallen das stabile Isotop finden, Be-10 ist, wahrscheinlich vorallen aus Spontanspaltungen und Clusteremission, minimal enthalten
    Ich hoffe das war einigermaßen verständlich

  12. #12 Olaf aus HH
    19. November 2012

    Zu Anna Frebel: Das Video ist wunderbar, herrlich erklärt, sehr sympathisch !
    “Ja – die Astronomie ist eine schöne Wissenschaft.”
    12:20: “…und genau das haben wir gemacht. Wir konnten also diesen Stern dann auf äh ungefähr 13,2 Milliarden Jahre datieren – und das ist schon ganz schön alt.” und sie lacht – herrlich !
    Herzlichen Dank für dieses Video.

  13. #13 bewitchedmind
    21. November 2012

    Wo wir beim Thema Lektorat sind, ein kurzer besserwisserischer Zwischenruf: Ich lese die Buchrezensionen in diesem Blog immer mit großem Interesse – und würde mich freuen, wenn, wie bei Besprechungen üblich, die bibliographischen Daten erwähnt würden, also Verlag, Seitenzahl, und, nicht ganz unwichtig, der Preis.
    (Sorry, Berufskrankheit. ^^)

  14. #14 ZeT
    23. November 2012

    Mein letztes Buch war Hawkings/Mlodinovs “der grosse Entwurf”. Gut erklärt und anschauliche Bilder.

    Zu empfehlen. 🙂

  15. #15 Florian Freistetter
    23. November 2012

    Zur Information: Ben Moore hat mir heute eine Email mit einigen Klarstellungen geschickt. Ich habe dem Text einen Nachtrag hinzugefügt.

  16. […] Video mit Erklärungen von Anna Frebel, die auch an der Entdeckung beteiligt war und zu dem Thema auch ein Buch geschrieben […]