Das PR-Duell gewinnen wie üblich die Amerikaner. Das Hubble-Weltraumteleskop ist sicherlich viel mehr Menschen bekannt als die Europäische Südsternwarte (ESO) in Chile. Trotzdem wird natürlich bei der ESO jede Menge wichtige Forschung durchgeführt. Mehr Forschung als anderswo, wie eine aktuelle Statistik zeigt.

Hier ist die Anzahl der Publikationen pro Instrument/Sternwarte im Laufe der Zeit aufgetragen:

esohubble

Bis circa 2009 war das Hubble-Teleskop (HST) Spitzenreiter und produzierte die meisten Publikationen pro Jahr. Aber die Europäische Südsternwarte holte langsam auf und liegt 2012 knapp vor dem Weltraumteleskop. Den Großteil der ESO-Publikationen machen Arbeiten aus, die mit dem Very Large Telescope (VLT) durchgeführt wurden. Das VLT besteht aus 4 Einzelteleskope mit je einem Spiegel von 8,2 Metern Durchmesser, die bei Bedarf zum VLI, dem Very Large Interferometer zusammengeschaltet werden können. VLT bzw. VLI sind für fast 70 Prozent der ESO-Publikationen verantwortlich. Wer es ganz genau wissen will, findet eine detaillierte Aufschlüsselung aller anderen ESO-Instrumente und deren Publikationen.

Nach HST und ESO folgt erstmal lange nichts und erst dann kommen die beiden Weltraum-Röntgenteleskope Chandra und XMM-Newton. Die Keck-Sternwarte auf Hawaii mit ihren beiden 10-Meter-Teleskopen landet nur auf Platz 5. Die Grüne Linie, die fast gleich auf mit der Keck-Sternwarte ist, zeigt übrigens den Forschungsoutput der ESO ohne VLT/VLI an. Die Europäische Südsternwarte könnte also auch ohne ihre Spitzeninstrumente mit den anderen bodengebundenen Observatorien mithalten. Dahinter folgt das Swift-Gammastrahlungsweltraumteleskop und die Teleskope der erdgebundenen Gemini- bzw. Subaru-Sternwarten.

Gut, man kann über den Sinn solcher Statistiken streiten. Aber es ist schön zu sehen, dass die Kooperation der Länder Europas (obwohl neben 14 europäischen Ländern seit 2010 auch Brasilien Mitglied der ESO geworden ist) so gut funktioniert und so viel wissenschaftlichen Output liefert. Das ist ja bei großen internationalen Kooperationen nicht unbedingt selbstverständlich.

Kommentare (10)

  1. #1 Jan
    22. Februar 2013

    Eine fantastische Grafik, die mich als Europäer ja doch ein bisschen stolz macht. Und ein schönes Beispiel für ein erfolgreiches Grossforschungsprojekt.

  2. #2 Kallewirsch
    22. Februar 2013

    Das ist nicht nur bei Teleskopen so.
    Auch die ESA verkauft sich schlecht.

    Geh mal auf die Seite der ESA
    https://www.esa.int/ESA
    und versuch dich dort durchzuklicken, bis du zu den Bildern vom Mars-Express kommst. Oder von der Hauptseite aus auf die Giotto Ergebnisse. Und das ist nicht nur heute so, das war auch schon so, als die Missionen damals liefen.

    Im Vergleich zur Nasa verkauft sich die ESA einfach nur schlecht.

  3. #3 Kallewirsch
    22. Februar 2013

    und versuch dich dort durchzuklicken, bis du zu den Bildern vom Mars-Express kommst.

    Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Es geht schon. Nur ist das bei der ESA ein klitzekleiner Link, der zu einer Seite mit allen Missionen führt, während bei der NASA das ein großer Button auf der Hauptseite ganz oben ist.
    Das ist eben der Unterschied.

  4. #4 Daniel Fischer
    Königswinter
    22. Februar 2013

    Das etablierte Kriterium für die Erfolg (“Impakt”) eines Wissenschaftlers oder auch einer Forschungseinrichtung ist aber nicht die Zahl der Papers sondern die Häufigkeit, mit der sie in der Fachwelt zitiert werden – und diese Zahlen habe ich zumindest auf Anhieb auf der ESO-Seite nicht gefunden. “Bibliometrie”, wie so was genannt wird, ist im Detail gesehen ziemlich, äh, nicht-trivial …

  5. #5 Florian Freistetter
    22. Februar 2013

    @Fischer: “Das etablierte Kriterium für die Erfolg (“Impakt”) eines Wissenschaftlers oder auch einer Forschungseinrichtung ist aber nicht die Zahl der Papers sondern die Häufigkeit, mit der sie in der Fachwelt zitiert werden”

    Nun gehts hier aber nicht um den Erfolg von Wissenschaftlern sondern den Output von Teleskopen. Und da ist die Anzahl der Papers jetzt kein allzu schlechtes Kriterium. Denn das zeigt, was tatsächlich alles an Daten geschaffen wurde und nicht nur das, was auch zitiert wurde (über das Zitateunwesen in der Wissenschaft könnte man wieder ganze eigene Diskussionen führen).

  6. #6 Alderamin
    22. Februar 2013

    @Daniel Fischer

    Bei einem einzelnen Wissenschaftler oder einer kleineren Forschungseinrichtung ist die Refernzierhäufigkeit natürlich ein wichtiges Kriterium, um die Qualität der veröffentlichten Papers zu bewerten. Masse muss ja nicht Klasse sein. Bei einem Großbetrieb wie der ESO (oder dem STScI) sollten sich Qualitätsunterschiede bei bis zu mehr als 800 Papern pro Jahr von den unterschiedlichsten Wissenschafltern jedoch eigentlich wegmitteln. Ich denke, die Graphen sähen nicht viel anders aus, wenn sie die Zahl der Referenzen darstellen würde.

  7. #7 _
    23. Februar 2013

    _

  8. #8 Sven
    23. Februar 2013

    Und die Informatikfakultät, an der ich studiere, ist nur einen Steinwurf vom ESO Hauptquartier entfernt. 🙂 (ich war 2011 beim Campusweiten Tag der offenen Tür mal drin)

    Gruß,
    Sven

  9. #9 frantischek
    23. Februar 2013

    Wie lang wirds denn das Hubble Teleskop noch machen? Jetzt können ja keine Service Missionen mehr durchgeführt werden, oder? Kann man das abschätzen? Bei Wikipedia find ich leider nix dazu…

  10. #10 PDP10
    23. Februar 2013

    @frantischek:

    “What is the expected lifespan of Hubble?

    The plan is to keep using Hubble as long as its instruments still work and produce good science. This is conservatively projected to be around seven or eight years from the final Servicing Mission (in May 2009), although this is just an estimate. Hubble operations are reviewed periodically.”

    Gerade hier gefunden (da ich mir die Frage auch schon gestellt hatte und jetzt mal endlich nachgesehen habe …)

    Also so wie ich das verstehe: solangs halt noch tut …
    Was hoffentlich noch lange ist 🙂