Es ist eine klassische Frage, die man als Astronom immer wieder gestellt bekommt: Wie groß ist das Universum eigentlich? Und wo ist der Mittelpunkt? Die Antworten sind oft knifflig, weil viele Dinge hier nicht intuitiv sind. Da sich dank der Expansion des Alls alles von allem entfernt, gibt es keinen echten Mittelpunkt. Der Raum selbst dehnt sich aus und wenn man so will, dann liegt der “Mittelpunkt” nur in der Vergangenheit, wo das gesamte Universum in einem (fast) punktförmigen Raum konzentriert war. Das ist übrigens auch der Grund, warum die Hintergrundstrahlung von überall her kommt: Die Strahlung entstand weit in der Vergangenheit und das “dort” von damals ist dank der Expansion heute “überall”. Aber meistens meinen wir mit “Universum” ja sowieso nur das für uns beobachtbare Universum. Und das hat natürlich einen Mittelpunkt und dieser Mittelpunkt ist die Erde. Nicht, weil wir so etwas besonderes sind – sondern weil wir es sind, die das beobachtbare Universum beobachten. Und auch dieses beobachtbare Universum ist größer, als man denken mag, weil sich eben alles ausdehnt. Wie gesagt, es ist alles ein wenig knifflig…

Minutephysics hat die Dinge in einem kurzen Video schön zusammengefasst:

Das sind genau die Videos über die wir letzte Woche in einigen Artikel diskutiert haben und die es auch auf deutsch geben sollte. Videoblogs wie minutephysics, numberphile, 1veritasium, Sixty Symbols oder Vsauce – und all die anderen die es da noch gibt – existieren auf deutsch leider nicht. Wissenschaftsvideoblogs scheinen sich hier noch nicht wirklich durchgesetzt haben. Mal sehen – vielleicht finde ich irgendwann mal die Zeit dazu, mich selbst an Videos wie denen von minutephysics zu versuchen. Das ist zumindest technisch nicht so aufwendig wie ein Videoblog in dem ich selbst auftrete und auch leichter alleine zu machen. Wenn ich nur mehr Zeit hätte. Und zeichnen könnte…

Kommentare (134)

  1. #1 Peter L.
    3. März 2013

    Wenn der Vergleich mit dem sich ausdehnenden Luftballon noch stimmt , dann liegt der Mittelpunkt des Universums doch außerhalb des dreidimensionalen beobachtbaren Universums, oder? Ebenso wie der Mittelpunkt des Luftballons nicht irgendwo auf der 2D-Oberfläche liegt, sondern außerhalb dieser Oberfläche.

  2. #2 jm
    3. März 2013

    Die Hintergrundstrahlung ist aber doch nicht völlig isotrop. Bei Wikipedia heißt es
    “Die Temperatur des Mikrowellenhintergrundes ist über den gesamten Himmel sehr gleichförmig (isotrop). Die stärkste Abhängigkeit von der Beobachtungsrichtung beträgt nur etwa 0,1 % und entsteht aufgrund der Bewegung unserer Milchstraße (und damit der Erde) relativ zum Mikrowellenhintergrund.”
    Heißt das, es gibt eine absolute Geschwindigkeit?

  3. #3 bikerdet
    3. März 2013

    @ Peter L. :

    Der Luftballon ist eine SEHR grobe Vereinfachung. Aber da er 3-D ist, gehört auch der INNENraum mit zum ‘Universum’. Denn auch von dort entfernen sich die Punkte gleichmäßig, aber eben langsamer als an der Oberfläche, da der Weg (und damit die ‘Summe’ der Rotverschiebung) geringer ist. Evtl. ist es einfacher sich das Ganze mit einem durchsichtigen Luftballon vorzustellen in dem sich zusätzlich ‘schwebendes’ Konfetti befindet.

  4. #4 Florian Freistetter
    3. März 2013

    @bikerdet: ” Evtl. ist es einfacher sich das Ganze mit einem durchsichtigen Luftballon vorzustellen in dem sich zusätzlich ‘schwebendes’ Konfetti befindet.”

    Oder mit nem Kuchen voller Rosinen, der beim Backen aufgeht.

  5. #5 Bjoern
    3. März 2013

    …dann liegt der “Mittelpunkt” nur in der Vergangenheit, wo das gesamte Universum in einem (fast) punktförmigen Raum konzentriert war.

    Aber auch das stimmt nur dann, wenn das Universum endlich groß ist…

  6. #6 Peter L.
    3. März 2013

    @bikerdet:

    Bleiben wir mal bei der 2D-Luftballon-Analogie. Wir wären Flachlandbewohner und könnten ja nicht in den Innenraum (oder Außenraum) des Luftballons hineinsehen. Das “Konfetti” verstehe ich nicht. Was entspricht dem im Universum?

  7. #7 Bjoern
    3. März 2013

    @bikerdet: Üblicherweise entspricht in der Luftballon-Analogie nur die Oberfläche des Luftballons unserem Universum (es ist also eine 2D-Analogie zum 3D-Universum), das Innere des Luftballons gehört also nicht zum (heutigen) Universum.

  8. #8 Peter L.
    3. März 2013

    @Bjoern: Exakt so hatte ich die Analogie verstanden.

  9. #9 Bjoern
    3. März 2013

    @jm: Nein, es gibt keine absolute Geschwindigkeit. Wie du selbst sagst: die Geschwindigkeit der Erde ist relativ zum Mikrowellen-Hintergrund.

  10. #10 Peter L.
    3. März 2013

    Wenn das Universum ein dreidimensionaler Raum ist, der um eine vierte Dimension gekrümmt ist und es sich permanent ausdehnt, worin unterscheidet sich diese vierte Dimension dann von dem, was wir Zeit nennen?

  11. #11 PDP10
    3. März 2013

    @jm:
    “Die stärkste Abhängigkeit von der Beobachtungsrichtung beträgt nur etwa 0,1 % und entsteht aufgrund der Bewegung unserer Milchstraße (und damit der Erde) relativ zum Mikrowellenhintergrund.”
    Heißt das, es gibt eine absolute Geschwindigkeit?”

    Eigentlich klar – dachte ich … aber wenn man länger drüber nachdenkt, ist die Frage gar nicht so leicht zu beantworten.

    Ich nehme an, du hast die Vorstellung, dass die Mikrowellenhintergrundstrahlung von einer Art Kugelschale am “Rand” des Universums kommt und wir uns in der Mitte der Kugel befinden.
    Das ist aber falsch.
    Im Universum ist quasi überall Mitte. Deshalb definiert der Herkunftsort der Hintergrundstrahlung auch kein absolutes Koordinatensystem und somit gibt es keine absolute Geschwindigkeit.

    Wenn man die Hintergrundstrahlung misst, blickt man in der Zeit zurück. Die (heutige) Frequenz der Strahlung ergibt sich aus der Rotverschiebung da die “Quelle” von uns (vierdimensional gesprochen) sehr weit entfernt ist und sich dementsprechend sehr schnell von uns wegbewegt.

    Ich hoffe das hilft.
    Ich bin mir nämlich gerade nicht sicher, ob ich selbst hundertprozentig verstanden habe was ich da schreibe … 🙂

  12. #12 Alderamin
    3. März 2013

    @Florian
    Nettes Video, sogar mit der aktuellsten Angabe des Weltalters.

    @Bjoern
    Der Mikrowellenhintergrund bietet allerdings einen universellen Bezugspunkt für die Geschwindigkeit. Es gibt darin keine größeren Strömungen, sondern das primordiale Gas erfüllte den Raum sozusagen stillstehend (relativ zu sich selbst; andere Bezugspunkt gab es ja nicht) und fiel dann erst unter dem Einfluss der eigenen Gravitation in sich zusammen. In Abwesenheit von größeren Galaxienanmsammlungen würden wir uns in Ruhe in Bezug auf den Mikrowellenhintergrund befinden. Durch die Gravitationswirkung der Andromedagalaxie und des Virgo-Superhaufens bewegt sich die Milchstraße jedoch in Bezug auf irgendeinen Schwerpunkt aller beteiligten Massen, der wiederum in Bezug auf den Mikrowellenhintergrund ruht.

    @Peter L.
    Man darf das Ballon-Modell nicht überstrapazieren. Im Prinzip sagt die Raumkrümmung nur aus, dass die Geometrie nicht euklidisch ist. Z.B. krümmt eine Masse den Raum um sich herum, so dass ein Lichtstrahl, der an ihr vorbei fliegt, abgelenkt wird. Wie kann man sich die Raumkrümmung um eine Masse veranschaulichen?

    Wenn man sich ein rasend schnell rotierendes Rad denkt, dann würde bei zunehmendem Radius der Außenrand des Rades irgendwann die Größenordnung der Lichtgeschwindigkeit erreichen. Wie”rettet” sich die Relativitätstheorie davor, dass der Umfang des Rades diese erreicht und überschreitet? Durch die Längenverkürzung der speziellen Relativitätstheorie! Der Umfang des Rades wird in Rotationsrichtung verkürzt und bei Erreichen der Lichtgeschwindigkeit geht er gegen 0 – obwohl das Rad innen langsamer rotiert und deswegen einen größeren Umfang haben kann als außen! Die Geometrie ist also gegenüber der gewöhnlichen euklidischen völlig verändert.

    Nach der Allgemeinen Relativitätstheorie ist eine Beschleunigung äquivalent zu einem Schwerefeld, und unser Radumfang wird fortwährend beschleunigt. Deswegen krümmt auch ein Schwerefeld den Raum in vergleichbarer Weise: der Umfang um die Masse herum gemessen ist kleiner als 2*Pi* Radius.

    So könnte auch das Schwerefeld aller Masse des Universums den Raum krümmen. Das und nicht mehr sagt das Ballonmodell. Ob die Dimension, in die sich der Raum anscheinend krümmt, überhaupt real ist, ist offen.

    Nun ist es allerdings so, dass man im Universum keinerlei Krümmung messen kann. D.h. das Weltall ist geometrisch euklidisch oder “flach”. Damit ähnelt es weniger einer Ballonhülle als einem unendlich großen Gummituch, das in alle Richtungen auseinandergezogen wird. Es ist nicht klar, ob es sich in einer höheren Dimension oder sonstwie schließt und somit ein endliches Volumen hat, oder unendlich ist (und immer schon war, wie Bjoern richtig festgestellt hat).

  13. #13 Chemiker
    3. März 2013

    Ich nehme an, du hast die Vorstellung, dass die Mikrowellenhintergrundstrahlung von einer Art Kugelschale am “Rand” des Universums kommt und wir uns in der Mitte der Kugel befinden.

    Ich denke schon, daß das richtig ist. Die Photonen der Hintergrund­strahlung, die uns heute er­reichen, stammen von einer Kugel­schale in der fernen Ver­gangen­heit von ca. 13*10⁹ Jahren. An jedem an­de­ren Punkt im Uni­versum sieht man eben­falls eine Kugel­schale, aber eben eine andere. Der Horizont (auf hoher See) ist ja auch immer kreis­rund, egal wo man ist.

    Ich vermute auch, daß es eine ausgezeich­nete Geschwindigkeit gibt, bei der das Dipol­moment in der Temperatur des kosmischen Hinter­grundes ver­schwindet — das heißt, man ist dann „in Ruhe“ bezüglich des Hinter­grundes. Natürlich gibt es keinen Grund, weshalb die Erde aus­gerechnet in diesem Bezugs­system sein sollte.

  14. #14 Sepp
    3. März 2013

    Schwarze Löcher emittieren dunkle Energie (weit überlichtschnell) , in einer anderen Dimension, die an den Rändern Galaxien wieder zu barionischer Materie kondensiert

    hoffentlich denkt mal wer an den Neudenberger, wenn da was dran ist (c)

  15. #15 Alderamin
    3. März 2013

    @PDP10

    Ich nehme an, du hast die Vorstellung, dass die Mikrowellenhintergrundstrahlung von einer Art Kugelschale am “Rand” des Universums kommt und wir uns in der Mitte der Kugel befinden.
    Das ist aber falsch.

    Nein, das ist richtig, das wird auch im Video gesagt. Ein Blick in die Ferne ist ein Blick in die Vergangenheit. Der Mikrowellenhintergrund kommt von den Orten, die zur Zeit der Aussendung des Lichts 375000 Jahre alt waren (gemessen nach dem Urknall). Diese sind in jeder Richtung gleich weit von uns entfernt, eben wie eine Kugelschale.

    Im Video wird gesagt, jeder Beobachter befinde sich im Zentrum des von ihm beobachtbaren Universums, und zwei Beobachter an verschiedenen Orten haben somit zwei verschiedene beobachtbare Universen.

    @Chemiker

    Natürlich gibt es keinen Grund, weshalb die Erde aus­gerechnet in diesem Bezugs­system sein sollte.

    Wie ich oben sagte, wenn keine lokalen Massenansammlungen dazu führen würden, dass wir (die Milchstraße) dorthin fallen bzw. irgendeinen Schwerpunkt umkreisen würden, dann würden wir uns in Ruhe zur kosmischen Hintergrundstrahlung befinden, denn wir entstanden aus einem das Universum ausfüllenden ruhenden Gas, das nur lokal in Klumpen und Fäden in sich zusammenfiel. Deswegen ist unsere Geschwindigkeit in Bezug auf die Hintergrundstrahlung auch sehr klein. Wir sind immer noch Teil eines Klumpens aus baryonischer und dunkler Materie, der sich mit dem lokalen Superhaufen aufgrund seiner Eigenschwerkraft zusammenzieht. Nichts anderes verursacht unsere Bewegung relativ zur Hintergrundstrahlung (die Rotation der Milchstraße und der Erde um die Sonne ist ein Teil des gesamten Bewegungsprozesses, der durch den Gravitationskollaps hervorgerufen wurde).

  16. #16 mr_mad_man
    3. März 2013

    Womit ích ein riesiges Problem habe ist Folgendes: Am Anfang war das Universum winzig, fast ein Punkt, dann hat es sich ausgedehnt wurde also größer, inzwischen ist es unendlich groß, wird aber trotzdem immer noch größer.

  17. #17 Alderamin
    3. März 2013

    @mr_mad_man

    Stimmt so ja nicht. Entweder es war (nahezu) ein Punkt und ist heute endlich groß. Oder war von vorneherein unendlich groß und ist endlich gewachsen (zwei beliebige Punkte haben sich nur endlich weit voneinander entfernt). Ein anfänglich endliches Universum kann nicht in endlicher Zeit unendlich groß geworden sein.

    Das sollte Deinen Widerspruch auflösen.

  18. #18 PDP10
    3. März 2013

    @Alderamin:

    “Ein Blick in die Ferne ist ein Blick in die Vergangenheit. Der Mikrowellenhintergrund kommt von den Orten, die zur Zeit der Aussendung des Lichts 375000 Jahre alt waren (gemessen nach dem Urknall).”

    Hmmmm …..

    Soweit ich das verstanden habe, ist die Hintergrundstrahlung der Rest der Photonen, die vor der Entstehung der Materie den ganzen Raum ausgefüllt haben und füllt damit auch heute noch das ganze Universum aus und hat also keinen Ursprung.
    Also eben keine Kugelschale.

    Sie hat sich nach meinem Verständnis mit der Expansion des Universums selbst “ausgedehnt”, ist also immer langwelliger geworden, was die heutige Temperatur erklärt.

    Es ging ja um die Frage, ob man mit der Hintergrundstrahlung in gewissem Sinne eine Art absolutes Koordinatensystem hat.
    Wenn sie aber von überall kommt ist das eben nicht so.

    Oder habe ich da was komplett nicht verstanden?

  19. #19 Karl
    3. März 2013

    1 Mio Fragen. Ich dachte bislang, wir sehen das ganze Universum. Dabei sehen wir nur einen Ausschnitt davon, von dem wir vermutlich nicht wissen, wie viel Prozent er ausmacht? Es könnten 10% sein, ober auch 0,0000..1?
    Wir können nicht sagen, an welchem Ort innerhalb der auseinanderstrebenden Galaxien wir uns befinden? (Wären wir am Rand, wäre ein Teil des Himmels leer, und der Ort des Urknalls wäre auf der gegenüberliegenden Seite)?
    Der Raum dehnt sich aus, aber die Atome bleiben gleich groß?
    Ist denn bekannt, wie viel Materie / Galaxien der Urknall erzeugt hat? Andererseits heißt es, wenn es unendlich viele Sterne geben würde, dann würde es Nachts nicht mehr dunkel werden. Oder ist da die Ausdehnung des Universums vor und es könnte theoretisch sehr wohl unendlich viele Sterne geben oder zumindest ein vielfaches der bisher bekannten?
    Man könnte nicht angeben, wie groß unser sichtbarer Bereich in dieser Grafik wäre (aus Wikipedia Urknall)?
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/8d/Expansion_des_Universums.png/440px-Expansion_des_Universums.png

  20. #20 Florian Freistetter
    3. März 2013

    @Karl: Ich empfehle die Lektüre von diesem Buch: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2010/05/31/der-stoff-aus-dem-der-kosmos-ist-die-komplette-rezension/
    Da wird das alles ganz ausführlich erklärt.

  21. #21 mr_mad_man
    3. März 2013

    @Alderamin: “Entweder es war (nahezu) ein Punkt und ist heute endlich groß…”. Das würde doch aber der Aussage des Videos widersprechen (in der Tabelle: How big? infinite). Ich gehe davon aus, dass der (Nahezu-)Punkt endlich war. Oder kann ein (Nahezu-)Punkt bereits unendlich groß sein? Sorry, ich kriege das immer noch nicht in meinen Kopf.

  22. #22 Alderamin
    3. März 2013

    @PDP10

    Das ist alles richtig, aber kein Widerspruch zu der Kugelschale. Der Mikrowellenhintergrund markiert den Zeitpunkt, als das Plasma des Feuerballs sich in ein neutrales Gas wandelte, die Elektronen eingefangen wurden und der Weg eines Photons erstmals frei für eine lange Wegstrecke wurde, ohne von einem freien Elektron wieder eingefangen und in einer anderen Richtung wieder ausgesandt zu werden.

    Ein Photon, das dich heute erreicht, kommt irgendwo her. Es ist nicht im Kreis geflogen, sondern geradlinig. Photonen, die einst hier an unserem Ort im Feuerball umherflogen, sind längst in alle Richtungen davon gezischt. Wir sehen nur solche Photonen, deren Weg vom Ursprungsort bis zu uns exakt so lang war, dass sie nach ihrer Entstehung 375000 Jahre nach dem Urknall mit einer Flugzeit entsprechend des Weltalters minus 375000 Jahre gerade jetzt bei uns eintreffen, und diese Entfernung definiert eine Kugelschale um uns herum. Die Photonen, die von unserem Ort ausgingen, erreichen umgekehrt gerade jetzt die Orte auf der Kugelschale.

    Die Photonen der Hintergrundstrahlung fliegen in der Tat überall herum. Photonen von Orten näher als die Kugelschale haben uns bereits passiert.

    Es sind auch noch weitere Photonen auf dem Weg zu uns, die uns erst später erreichen und von weiter entfernten Orten ausgesendet wurden. Diese werden wir erst in der Zukunft sehen. Dann wird die entsprechende Kugelschale etwas gewachsen sein, das Weltall etwas älter geworden sein. Das wird immer so bleiben, wir werden die Hintergrundstrahlung von immer weiter entfernten Kugelschalen sehen.

    Auf dem Weg zu uns wurden die den Photonen entsprechenden Wellenzügen gedehnt, wie auch die Entfernung um den gleichen Skalenfaktor von ca. 1080 angewachsen ist. Als das Photon los flog, war die Strecke 1080 mal kürzer, aber während das Photon auf dem Weg zu uns war, ist sie um diesen Faktor größer geworden und das Photon hat uns deswegen erst nach so langer Zeit erreicht – es stammt von einem Ort, der sich mittlerweile längst mit weit mehr als Lichtgeschwindigkeit von uns entfernt.

    Ungefähr klar?

  23. #23 Alderamin
    3. März 2013

    @mr_mad_man

    Das würde doch aber der Aussage des Videos widersprechen (in der Tabelle: How big? infinite).

    Schau nochmal genau bei 2:56: “Probably infinite” (mit einem Fragezeichen!).

    Ich gehe davon aus, dass der (Nahezu-)Punkt endlich war. Oder kann ein (Nahezu-)Punkt bereits unendlich groß sein?

    Ein Punkt ist unendlich klein und eine solche Singularität verbietet die bekannte Physik, sie ergibt dann unsinnige Ergebnisse. In der Stringtheorie wird nichts kleiner als eine Plancklänge, das sind 10e-35 m und damit nahezu ein Punkt, aber eben kein mathematischer Punkt ohne jede Ausdehnung (der dann auch nicht wachsen könnte: eine endlicher Faktor mal Nichts ist immer noch Nichts!).

    Das beobachtbare Universum (und jedes endlich große Universum) kann zu Beginn ein solcher Nahezu-Punkt gewesen sein. Es kann seitdem nur um einen endlichen Skalenfaktor gewachsen sein.

    Ein unendliches Universum muss deswegen schon immer unendlich gewesen sein, denn unendlich dividiert durch einen endlichen Skalenfaktor ist immer noch unendlich. Jeder endliche Teil eines unendlichen Universums kann hingegen beliebig klein gewesen sein. Z.B. der beobachtbare Teil des Universums.

    Jetzt klar?

  24. #24 Bazinga
    3. März 2013

    Ich als nicht-Astrophysiker hätte da mal zwei Fragen:

    1.) Wenn das Universium vom Punkt des Urknalls aus radial expandiert, liegt seine Mitte dann nicht am Ursprungsort der Bewegungvektoren aller Objekte, die das Universum ausmachen? Ähnlich wie bei einer Explosion (im Vakuum, ohne Gravitation)? Und kann man die Lage dieses Punktes in Bezug auf die Erde nicht ermitteln?

    2.) Wenn das Universum eine (expandierende) äußere Grenze hat, wie muss ich mir das “Medium” vorstellen, in das es hineinexpandiert? Ist das ein unendliches, absolutes Vakuum ohne irgendeine Form von Materie, Strahlung, Gravitation usw.? Wenn ja, wie konnte aus/in diesem Nichts ein Urknall stattfinden und ein Universum entstehen? Oder ist es nicht unendlich, oder gibt es vielleicht noch andere Universums-“Blasen”, die in diese “extrauniversale Domäne” hineinexpandieren?
    Ich weiß, dass es ein akzeptiertes Paradigma ist, dass sich das Universum ausdehnt (was seine äußere Begrenztheit voraussetzt) und kenne auch solche Darstellungen wie den aufgeblasenen Ballon. Ich finde letztere aber unbefriedigend, weil sie eine Menge Fragen offen lassen.

    Danke!

  25. #25 PDP10
    3. März 2013

    @Alderamin:

    “Ungefähr klar?”

    Jep.

    Ich glaube, wir widersprechen uns da auch gar nicht allzusehr.
    Aber die Vorstellung einer Kugelschale passt nicht so ganz zu meinem Verständnis des ganzen.
    Was du oben sagst, gilt nämlich – soweit ich das verstehe – für jeden Ort des Universums.
    Also existiert kein ausgezeichnetes Koordinatensystem das man an der Hintergrundstrahlung festmachen könnte.

    Aber abgesehen davon, kann ich mr_mad_mens letzten Satz oben gut verstehen. Das Thema macht einem echt Hirnläuse wenn man versucht das zu begreifen 🙂

    Da fällt mir auch sofort Doc Brown ein: “Du musst lernen viiieeerdimensional zu denken Marty!” 😉

  26. #26 mr_mad_man
    3. März 2013

    @Alderamin: Erst mal Danke, dass Du Dir so viel Mühe mit mir gibst. Aber leider ist es mir immer noch nicht klar. Dass der Punkt, kein mathematischer Punkt ist/war, leuchtet mir ein. Damit habe ich kein Problem. Aber dieser ‘Punkt’ ist doch endlich? Und aus einem endlichen Punkt folgt doch ein endlich großes Universum. Dann müsste es in dem Video doch nicht “wahrscheinlich unendlich” sondern “wahrscheinlich endlich” heißen. Bzw. wenn im Video von “Probably infinite” gesprochen wird, geht man dort nicht von einer Urknall-Theorie sondern von einem immer schon unendlich großen Universum aus? Oder anders gefragt: wie passt Urknall (endlich großer Beginn) mit jetzt (wahrscheinlich) unendlich groß zusammen?

  27. #27 Alderamin
    3. März 2013

    @Karl

    Mio Fragen. Ich dachte bislang, wir sehen das ganze Universum. Dabei sehen wir nur einen Ausschnitt davon, von dem wir vermutlich nicht wissen, wie viel Prozent er ausmacht? Es könnten 10% sein, ober auch 0,0000..1?

    Genau. Weil das Weltall im Rahmen der Messgenauigkeit flach ist. Man misst keine Krümmung, also kann man auch keinen Umfang bestimmen. Das Weltall ist viel größer als das beobachtbare, vielleicht sogar unendlich groß.

    Wir können nicht sagen, an welchem Ort innerhalb der auseinanderstrebenden Galaxien wir uns befinden? (Wären wir am Rand, wäre ein Teil des Himmels leer, und der Ort des Urknalls wäre auf der gegenüberliegenden Seite)?

    Der Urknall war überall, es gibt keinen “Ort des Urknalls”. Es gibt auch keinen Rand. Unseren Ort können wir in Bezug auf die Nachbargalaxien angeben, aber nicht in Bezug auf den Ort des Urknalls, weil dieser überall stattfand.

    Der Raum dehnt sich aus, aber die Atome bleiben gleich groß?

    Ja, alles was durch Kräfte gebunden ist, nimmt an der Ausdehnung nicht teil. Atome, Planeten, Galaxien, Galaxien-Superhaufen bleiben alle zusammen.

    Ist denn bekannt, wie viel Materie / Galaxien der Urknall erzeugt hat?

    Nur die Dichte, d.h. die Masse pro Volumen. In einem unendlichen Universum wäre es insgesamt unendlich viel Masse, in einem endlichen Universum endlich viel. Da wir die Größe nicht kennen, wissen wir nicht, wieviel. Wir wissen aber, wieviel pro Volumen.

    Es gibt eine kritische Dichte von etwa 5 Protonenmassen pro Kubikmeter, die das Weltall genau geometrisch flach machen würden, und das Weltall ist nach Messungen genau flach.

    4,6% der kritischen Dichte sind normale baryonische (aus Quarks bestehende) Materie, 24% sind bislang unbekannte Dunkle Materie und 71% sind ebenso unbekannte Dunkle Energie. Das kann man alles ermitteln.

    Andererseits heißt es, wenn es unendlich viele Sterne geben würde, dann würde es Nachts nicht mehr dunkel werden.

    Wir können aufgrund des endlichen Weltalters nur endlich weit entfernte Sterne sehen – das Licht von Sternen jenseits des Horizonts hat uns noch nicht erreicht. Und die endlich vielen Sterne, die sich innerhalb des Horizonts befinden, reichen nicht aus, die Nacht zum Tag zu machen. In einem unendlich alten, unendlich großen Universum wäre das anders und es würde nachts tatsächlich nicht dunkel. Aber das Weltall ist nicht unendlich alt.

    Oder ist da die Ausdehnung des Universums vor und es könnte theoretisch sehr wohl unendlich viele Sterne geben oder zumindest ein vielfaches der bisher bekannten?

    Das ist mit großer Sicherheit so.

    Man könnte nicht angeben, wie groß unser sichtbarer Bereich in dieser Grafik wäre (aus Wikipedia Urknall)?

    Die Grafik bezieht sich auf den sichtbaren Teil des Universums, und der durchmisst (siehe Video) heute etwa 93 Milliarden Lichtjahre. Längs des Zylinders läuft die Zeit, der Querschnitt des Zylinders ist der Raum zu einer bestimmten Zeit. Wir befinden uns jetzt genau auf der Mittelachse am rechten Ende der Grafik, die 93 Milliarden Lichtjahre sind der Durchmesser des Zylinders an dieser Stelle. Alles, was wir heute sehen, erreicht uns entlang von Sichtlinien, die schräg in einem maximalen Winkel zur Längsachse des Zylinders verlaufen, d.h. wir überblicken nur einen Kegel, der sich nach links öffnet bis zur Hintergrundstrahlung (um genau zu sein, ist der Kegel nach links hin etwas nach innen gekrümmt). Was außerhalb des Kegels ist, sehen wir erst in Zukunft oder aber auch nie. Z.B. die Orte, von denen die Hintergrundstrahlung ausgeht, die uns jetzt erreicht, sehen wir nie mehr wieder. Die sind heute schon viel zu weit weg, als dass ihr Licht uns jemals wieder gegen das Anwachsen des Weltalls erreichen könnte.

  28. #28 Alderamin
    3. März 2013

    @PDP10

    Was du oben sagst, gilt nämlich – soweit ich das verstehe – für jeden Ort des Universums.
    Also existiert kein ausgezeichnetes Koordinatensystem das man an der Hintergrundstrahlung festmachen könnte.

    Ja, korrekt, jeder Beobachter hat seine eigene Kugelschale. Es gibt kein ausgezeichnetes Koordinatensystem, außer dem, das der Beobachter um sich selbst als Zentrum definiert.

    @mr_mad_man

    Bzw. wenn im Video von “Probably infinite” gesprochen wird, geht man dort nicht von einer Urknall-Theorie sondern von einem immer schon unendlich großen Universum aus?

    Yep. Alles war ledliglich zu Beginn x-mal kleiner (x ist dabei sehr groß). Aber unendlich dividiert durch x wäre immer noch unendlich. Ein heute unendliches Universum wäre schon immer unendlich gewesen.

    Ich würde das “probably inifinite” übrigens nicht unterschreiben wollen. Dafür gibt es keinerlei Beleg. Woher sollte ein unendliches Universum “wissen”, dass es gleichzeitg überall expandieren soll? Ich denke eher, es war endlich groß und ist heute lediglich viel größer, als wir das messen können, aber trotzdem nicht unendlich. Dann kann es in einem “Nahezu-Punkt” begonnen haben und es gibt kein Problem eines synchronen Starts der Expansion.

    Oder anders gefragt: wie passt Urknall (endlich großer Beginn) mit jetzt (wahrscheinlich) unendlich groß zusammen?

    Gar nicht.

  29. #29 Peter L.
    3. März 2013

    @Alderamin: “Nun ist es allerdings so, dass man im Universum keinerlei Krümmung messen kann. D.h. das Weltall ist geometrisch euklidisch oder “flach”. Damit ähnelt es weniger einer Ballonhülle als einem unendlich großen Gummituch, das in alle Richtungen auseinandergezogen wird. Es ist nicht klar, ob es sich in einer höheren Dimension oder sonstwie schließt und somit ein endliches Volumen hat, oder unendlich ist (und immer schon war, wie Bjoern richtig festgestellt hat).”

    Danke für die Ausführungen. Zu obigem Absatz würde ich gerne noch wissen: Wie misst man überhaupt die Raumkrümmung? Bzw. woher weiß man, dass unser Universum flach ist? Mir ist klar, dass massereiche Objekte, z.B. Sterne den Raum krümmen und deshalb ein Lichtstrahl in der Nähe abgelenkt wird. Aber wie würde sich ein um eine vierte Dimension gekrümmtes Universum verraten?

  30. #30 mr_mad_man
    3. März 2013

    Danke. Jetzt ist mein Verständnis-Problem gelöst. Denn bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass Urknall plus unendlich großes Universum _eine_ Theorie ist. Aber es sind wohl eher zwei Theorien, und zwar entweder oder. Sogesehen, hat mich das Video dann doch eher verwirrt, denn wenn man so fast selbstverständlich von unendlich groß spricht (was ja nicht nur in dem Video der Fall ist), fehlt die Info, dass ein solches Universum eben nicht durch einen Urknall entstanden ist.

  31. #31 Alderamin
    3. März 2013

    @Bazinga

    1.) Wenn das Universium vom Punkt des Urknalls aus radial expandiert, liegt seine Mitte dann nicht am Ursprungsort der Bewegungvektoren aller Objekte, die das Universum ausmachen? Ähnlich wie bei einer Explosion (im Vakuum, ohne Gravitation)? Und kann man die Lage dieses Punktes in Bezug auf die Erde nicht ermitteln?

    Der Ort wäre genau hier bei uns. Komischer Zufall? Nochmal das Ballonmodell: verfolge die Richtungsvektoren, mit denen sich Orte auf der Ballonhülle (nicht nach innen, nur entlang der Oberfläche!) voneinander entfernen, zu einem gemeinsamen Ursprung zurück. Wo befindet sich dieser? Immer genau an dem Ort, worauf man die Messung bezieht. Weil eben alles im gleichen Punkt begonnen hat. Jeder Beobachter im Universum würde sich als Zentrum der Expansion wahrnehmen. Weil der Urknall überall stattfand. Weil beim Urknall alle Orte des beobachtbaren Universums am gleichen Ort waren.

    In Wahrheit hat sich auch gar nichts bewegt. Alle diese Orte sind in Ruhe geblieben. Jedoch ist der Raum zwischen ihnen gewachsen. Es wurde keine Galaxie davongeschleudert. Der Raum zwischen den Galaxien ist vielmehr wie Hefeteig aufgequollen. Die Bewegung, die man sieht, ist nur scheinbar, sie misst lediglich den Raumzuwachs pro Zeiteinheit, der mitterweile zwischen einer fernen Galaxie und uns statt findet. Man kann auch sagen, er ist lediglich die Verlängerung der Wellenlänge des Lichts, das uns von der Galaxie erreicht, aufgrund des Wachstums des Universum, welches auch die Wellenlänge der Photonen verlängert hat. Wir deuten das als geschwindigkeitsbedingten Dopplereffekt, aber ein solcher ist es nicht. Es ist eine kosmologische Rotverschiebung durch das Anwachsen des Raums und der Photonen-Wellenlängen.

    2.) Wenn das Universum eine (expandierende) äußere Grenze hat, wie muss ich mir das “Medium” vorstellen, in das es hineinexpandiert?

    Es könnte eines von zwei Dingen sein:

    1) Außerhalb des Universums ist gar nichts. Das Universum ist aller Raum, und der nimmt zu. Paradox? Nach Einstein ist Zeit eine Dimension ähnlich dem Raum. In welche Zeit dehnt sich die Zeit dann aus? Denk’ mal drüber nach.

    2) In gewissen kosmischen Inflationstheorien ist der Raum anfangs im milliardstel milliardstel Teil einer Sekunde um den Faktor eine Milliarde Milliarden gewachsen – in einem unglaublich kurzen Zeitraum von der Größe eines Atomkerns auf Millionen Lichtjahre. Und dieser Prozess endete an irgendeinem Ort, der danach viel langsamer weiterwuchs und unser Universum wurde. Rundherum ging und geht die Expansion jedoch unvermindert heftig weiter und es entstehen immer neue Universen als eine Art Schaum.

    Es gibt keine Möglichkeit, dass die inflationäre Expansion überall auf einen Schlag aufhört, sie kann immer nur lokal enden und der dort langsam expandierende Raum kann mit dem darum inflationär expandierenden Raum bei weitem nicht Schritt halten. Es ist jenseits jeder Vorstellungskraft, wie groß der inflationär expandierende Raum in Milliarden Jahre (oder noch viel länger) geworden ist, wenn er in Sekunden schon ums Unermessliche wächst. Unser Universum wäre dann nur ein kleines Bläschen unter unzählbar vielen, eines, in dem zufällig die Naturgesetze Sterne, Planeten und Lebewesen erlauben, die über sich und ihr Universum nachdenken können, während in fast allen anderen Blasen-Universen nicht einmal Materie entstehen kann.

    Die inflationäre Expansion schafft sich ihren eigenen Raum. Für die Existenz der inflationären Expansion sprechen auch die neuesten Messungen der WMAP-Sonde. Sogar für die einfachsten Varianten der Inflationstheorie. Die Inflation hätte dann dafür gesorgt, dass Orte in der Hintergrundstrahlung, die eigentlich (aufgrund der endlichen Lichtgeschwindigkeit) zu weit voneinander entfernt sind, um einen Temperaturausgleich geschafft zu haben, heute die gleiche Temperatur haben. Sie waren sich vor und während der Inflation viel näher.

    Ich weiß, dass es ein akzeptiertes Paradigma ist, dass sich das Universum ausdehnt (was seine äußere Begrenztheit voraussetzt) und kenne auch solche Darstellungen wie den aufgeblasenen Ballon. Ich finde letztere aber unbefriedigend, weil sie eine Menge Fragen offen lassen.

    Die äußere Begrenztheit ist nicht zwingend (siehe meine Kommentare zu einem unendlichen Universum oben) und Ballonmodelle können immer nur ein verzerrtes Bild der Theorie vermitteln (zumal das Weltall nur die 2-dimensionale Oberfläche des Ballons umfasst, obwohl es ja 3-dimensional ist). Man muss da schon ein paar Bücher gelesen haben, um eine Idee des Ganzen zu bekommen. Um es wirklich zu verstehen, braucht es wohl ein vollwertiges Physikstudium mit Schwerpunkt Allgemeine Relativitätstheorie und Kosmologie. Da bin auch ich dann überfordert mit meinen Hobby-Kenntnissen, 4 Physik-Grundstudiums-Vorlesungen + 3 Semestern Astronomie.

  32. #32 Florian Freistetter
    4. März 2013

    Was die Geschichte mit der Inflation und den vielen Universen angeht, hab ich in meiner Rezension von Greenes letztem Buch einiges geschrieben: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2011/07/31/the-hidden-reality-die-komplette-rezension/
    Und hier ist was zu Beobachtungsdaten: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2011/08/03/bestatigen-beobachtungen-das-inflationare-multiversum/

  33. #33 Niels
    4. März 2013

    Hier ist es mal wieder obligatorisch, auf den Artikel von MartinB drüben bei “Hier wohnen Drachen” hinzuweisen. 😉
    Wie groß ist das beobachtbare Universum?

    @Alderamin

    es stammt von einem Ort, der sich mittlerweile längst mit weit mehr als Lichtgeschwindigkeit von uns entfernt.

    Der Mikrowellenhintergrund kommt von den Orten, die zur Zeit der Aussendung des Lichts 375000 Jahre alt waren (gemessen nach dem Urknall). Diese sind in jeder Richtung gleich weit von uns entfernt, eben wie eine Kugelschale.

    Vermutlich ist deine Formulierung das Problem.
    Das mit den “Orten” ergibt so doch nicht wirklich Sinn. “Orte” können sich doch nicht entfernen, das können nur Objekte. Deswegen kann man meiner Meinung nach auch das zweite Zitat nicht verstehen.

    Woher sollte ein unendliches Universum “wissen”, dass es gleichzeitg überall expandieren soll?

    Woher weiß es unser Universum? Bekanntlich sind die Außenbereiche unseres beobachtbaren Universums nur mit uns kausal verbunden, nicht miteinander.
    Dir ist schon klar, dass auch die Vertreter des inflationären Multiversums keine Probleme damit haben, dass unser Universum unendlich groß ist? Das ist auch dort die Standardtheorie.

    @PDP10

    Ich nehme an, du hast die Vorstellung, dass die Mikrowellenhintergrundstrahlung von einer Art Kugelschale am “Rand” des Universums kommt und wir uns in der Mitte der Kugel befinden.
    Das ist aber falsch.

    Die Photonen der Mikrowellenhintergrundstrahlung, die uns exakt in dieser Nanosekunde erreichen, wurden von Atomen abgestrahlt, die zur Zeit der Abstrahlung (also beim Universumsalter von 375000 Jahre) etwa 40 Millionen Lichtjahre von den Atomen entfernt waren, die heute die Erde bilden.
    Da sich das Universum ausgedehnt hat, erreichen uns diese Photonen erst exakt jetzt. Die Hintergrundstrahlung von Atomen, die damals näher als 40 Millionen Lichtjahre dran waren, haben uns schon erreicht. Waren sie weiter weg, werden die Photonen uns erst in Zukunft erreichen.
    Die damals 40 Millionen Lichtjahre entfernten Atome sind heute aufgrund der Expansion 46 Milliarden Lichtjahre entfernt und liegen auf einer Kugelschale. Den Schale nennt man deswegen den Partikelhorizont oder Teilchenhorizont und dieser Horizont bildet den Rand des beobachtbaren Universums.

    Darauf wollte Alderamin hinaus.

    Denn bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass Urknall plus unendlich großes Universum _eine_ Theorie ist. Aber es sind wohl eher zwei Theorien, und zwar entweder oder.

    Nein, das sind keine zwei verschiedenen Theorien. Mit deiner bisherigen Annahme hattest du recht.
    Wie im Video beschrieben muss man zwischen dem Gesamt-Universum und dem beobachtbaren Universum unterscheiden.
    Nicht das Gesamt-Universum war während des Urknalls in einem “Punkt” konzentriert, sondern das beobachtbare Universum war es. Der Urknall fand an jedem “Punkt” des Gesamt-Universum statt. Wenn das Universum unendlich war, dann fand er eben in unendlich vielen “Punkten” statt.

    denn wenn man so fast selbstverständlich von unendlich groß spricht (was ja nicht nur in dem Video der Fall ist), fehlt die Info, dass ein solches Universum eben nicht durch einen Urknall entstanden ist.

    Wie gesagt, das ist falsch. Selbstverständlich ist auch ein solches Universum durch den Urknall entstanden. Das ist, wie im Video dargestellt, exakt der momentane wissenschaftliche Stand.
    Hier noch ein Link:
    https://www.astro.ucla.edu/~wright/infpoint.html

  34. #34 Florian Freistetter
    4. März 2013

    @Niels: “Das mit den “Orten” ergibt so doch nicht wirklich Sinn. “Orte” können sich doch nicht entfernen, das können nur Objekte.”

    Naja, es sind ja aber gerade NICHT die Galaxien die DURCH den Raum fliegen und sich deswegen entfernen, sondern eben der Raum selbst, der sich ausdehnt. Es entfernt sich also in gewissen Sinn doch der Ort…

  35. #35 Alderamin
    4. März 2013

    @Peter L.

    Danke für die Ausführungen. Zu obigem Absatz würde ich gerne noch wissen: Wie misst man überhaupt die Raumkrümmung? Bzw. woher weiß man, dass unser Universum flach ist?

    Man braucht ein Standardlineal in bekannter Entfernung.

    Wenn eine bekannte Länge in einem flachen Universum trianguliert wird, dann laufen zwei Sichtlinien vom Beobachter zu den beiden Ende der bekannten Strecke. Wenn der Sichtwinkel zwischen den beiden Sichtlinien zu der Entfernung und der Länge der Strecke passt gemäß euklidischer Dreiecksrechnung, dann ist das Universum flach.

    Auf einer Kugelfläche hat hingegen z.B. vom Pol aus gesehen ein Viertelkreissegment des Äquators einen Sichtwinkel von 90° (man betrachte vom Nordpol aus gesehen den Nullten und den 90. Längengrad, die am Äquator einen Viertelkreis begrenzen). In einer flachen Ebene entspräche ein 90°-Winkel einer längeren Strecke.

    Das Standardlineal im Weltall liefert die kosmische Hintergrundstrahlung. Der Satellit WMAP hat untersucht, wie weit getrennte Orte in der Hintergrundstrahlung gerade noch korrelieren. Daraus ergab sich ein Sichtwinkel. von ca. 1° (zwei Vollmonddurchmesser).

    Da die Hintergrundstrahlung aus einer Zeit 375000 Jahre nach dem Urknall stammt, kann kein Ort einen weiter als 375000 Lichtjahre von ihm entfernten Ort der Hintergrundstrahlung beeinflusst haben. Das ist die Standardlänge. 375000 Lichtjahre in der Entfernung der Hintergrundstrahlung (Ausdehnung des Universums mit berücksichtigt) entsprechen in einem flachen Universum 1°, und 1° hat WMAP als größten Korrelationsabstand gemessen. Also ist das Weltall flach.

    Wenn es nicht flach wäre, dann würde es sehr schnell an Krümmung in der einen oder anderen Richtung zulegen, weil es entweder unter seiner Schwerkraft kollabieren würde (Krümung nähme zu) oder seine Dichte nähme immer mehr ab (Krümmung nähme ab). Wenn es heute noch im Rahmen der Messgenauigkeit von ein paar Prozent flach erscheint, dann war es zu Beginn extrem flach. Daraus begründet sich seine vermutete schiere Größe und die Notwendigkeit einer kosmischen Inflationsphase, die jegliche anfängliche Krümmung “flachexpandier” hat. So wie die Oberfäche eines rieisig aufgeblasenen Ballons kaum gekrümmt erscheint.

  36. #36 Alderamin
    4. März 2013

    @Niels

    ich: Woher sollte ein unendliches Universum “wissen”, dass es gleichzeitg überall expandieren soll?

    Woher weiß es unser Universum? Bekanntlich sind die Außenbereiche unseres beobachtbaren Universums nur mit uns kausal verbunden, nicht miteinander.

    Bekanntlich war das vor dem Beginn der Inflation noch anders, daher könnte der Rest des Universums zu diesem Zeitpunkt noch “bescheid gewusst haben”.

    So, gute Nacht, hab’ mir für heute genug die Finger wund getippt. 😉

  37. #37 mr_mad_man
    4. März 2013

    @Niels: Mh, da dachte ich, ich hätt’s kapiert…
    Ist mein Denkfehler dann der, dass ich den Urknall auf genau einen (1) “Punkt” reduziere und nicht auf unendliche viele “Punkte”?

  38. #38 argisti
    4. März 2013

    Hallo
    ich habe das selbe Proböem wie mr_mad_man. Würden alle hier die Antowrt Alderamins besätigen, dass – falls das Universum (also das gesamte, nicht nur das beobachtbare) aus einem Urknall enstanden ist – auch heute das ganze Universum einen endlichen Radius haben muss? Wie ist dann aber eine flache Geometrie zu verstehen?

  39. #39 Niels
    4. März 2013

    @Florian Freistetter
    Wenn man davon spricht, dass sich Orte voneinander entfernen, dann müssen zwischen diesen Orten doch auch neue Orte dazukommen.
    Das ist für mich irgendwie etwas anderes, als wenn man sagt, dass der Raum in jedem Punkt expandiert.

    @PDP10 @mr_mad_man
    Zum unendlichen Universum hat Florian auch schon mal etwas geschrieben:
    Die simplen Analogien könnten manchen vielleicht veranlassen zu glauben, wir müssten auf jedem Fall im “Kugeluniversum” leben. Denn immerhin gab es ja mal den Urknall, alles war auf einen Punkt konzentriert und dehnt sich seitdem aus. Mit einem flachen, unendlich ausgedehnten Universum kann das schwer klappen. Lässt man das unendlich große Universum um die Hälfte schrumpfen ist es ja immer noch unendlich groß. Wie soll man da jemals auf den Punkt des Urknalls kommen? Das geht nicht, aber das ist auch nicht nötig. Es geht darum, dass die Dichte des Universums immer mehr zunimmt, je weiter man sich dem Urknall nähert. In einem endlich großen Universum kann sich hier tatsächlich vorstellen, dass der Raum selbst immer kleiner und kleiner wird. In einem unendlich großen Universum ist das nicht der Fall. Das ist immer unendlich groß und es war immer unendlich groß. Es war früher einfach nur – an jedem Punkt – dichter als heute.
    Unendlich viele Doppelgänger aus der Parallelwelt

    Vielleicht hilft euch das weiter?

    @Alderamin
    Zu Universen im inflationären Multiversum steht dann übrigens gleich etwas im nächsten Kapitel:
    Das inflationäre Multiversum passt auch wunderbar zum Steppdeckenuniversum aus dem letzten Kapitel. Ich werde das jetzt nicht im Detail erklären (ihr sollt das Buch von Greene ja auch noch lesen ) – aber auch wenn es für einem externen Beobachter so aussieht als wären die Blasenuniversen von endlicher Größe sind sie für einen Beobachter in der Blase unendlich groß. In den Blasenuniversen ist also auch noch ausreichend Platz für unsere Doppelgängerwelten.

    @argisti

    Würden alle hier die Antowrt Alderamins besätigen, dass – falls das Universum (also das gesamte, nicht nur das beobachtbare) aus einem Urknall enstanden ist – auch heute das ganze Universum einen endlichen Radius haben muss?

    Nein, muss es nicht. Siehe das obige Zitat aus Florians Artikel.
    Wie gesagt, der wissenschaftliche Standard ist Urknall + flach + unendlich.

    Wie ist dann aber eine flache Geometrie zu verstehen?

    Das ist genau der Punkt. Flach bedeutet hier ungekrümmte Topologie und damit euklidische Metrik.

    Im zweidimensionalen kann man sich das Ganze noch relativ einfach vorstellen. Da einfachste Möglichkeit einer ungekrümmten Topologie ist die Ebene.
    Zwar gibt es auch noch andere Möglichkeiten, die sind aber recht exotisch. Im zweidimensionalen gibt es noch den Torus und die Kleinsche Flasche sowie das Möbiusband und den Zylinder. Die sind ebenfalls flach.

    Im dreidimensionalen ist es dann eigentlich vorbei mit der Vorstellbarkeit. Das dreidimensionale Analog zur Ebene geht noch ohne Probleme. Das macht als Beschreibung für das Universum allerdings wenig Sinn, wenn es endlich sein soll. Das Ganze ist dann nicht geschlossen, man kann sich nicht vorstellen, was an den Rändern passieren soll.
    Deswegen geht man üblicherweise davon aus, dass das Universum unendlich ist.

    Es gibt aber wieder exotische Alternativen, im dreidimensionalen Fall sogar 10 geschlossene Möglichkeiten. Die einfachste Möglichkeit ist der sogenannte Drei-Torus.
    Zitat aus Wiki:
    Beim dreidimensionalen Torus oder 3-Torus handelt es sich um einen Quader oder Würfel, dessen sechs gegenüberliegende Flächen paarweise miteinander verheftet sind.
    Die anderen neun flachen, endlichen und dreidimensionalen Möglichkeiten sind wesentlich verrückter.

    Deswegen geht man aufgrund von Ockhams Rasiermesser vom einfachsten, nämlich dem unendlichen Modell aus. Bis jetzt spricht nichts gegen diese Annahme.
    Die Möglichkeiten für flache Endlichkeit kann man aber natürlich grundsätzlich niemals ausschließen. Das Universum kann ja so unfassbar groß sein, dass die Effekte aufgrund dieser Endlichkeit unmessbar klein werden.
    Eigentlich kann man ja selbst die Flachheit niemals gesichert annehmen, die eine etwaige positive oder negative Krümmung unmessbar klein sein kann. Ein positiv gekrümmtes Universum ist aber beispielsweise zwangsläufig endlich, ganz egal, wie klein diese Krümmung ausfällt.

  40. #40 mr_mad_man
    4. März 2013

    @Niels: “In einem endlich großen Universum kann sich hier tatsächlich vorstellen, dass der Raum selbst immer kleiner und kleiner wird. In einem unendlich großen Universum ist das nicht der Fall. Das ist immer unendlich groß und es war immer unendlich groß. Es war früher einfach nur – an jedem Punkt – dichter als heute.
    Vielleicht hilft euch das weiter?”

    Leider auch nicht, denn wenn der Raum im unendlich großen Universum immer schon unendlich groß war (nur eben dichter), dann stimmt die Aussage der Urknall habe den Raum erst erschaffen doch nicht mehr. Und wenn der Raum schon immer da war, war es doch auch die Zeit, weil Raum und Zeit zusammengehören. Es wird aber immer gesagt es gibt keine Zeit vor dem Urknall.

  41. #41 emreee
    4. März 2013

    Florian bei mir erscheint dieser Beitrag von dir vollkommen
    Chaotisch. Kannst du das wieder hinbiegen ?:P
    https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2010/05/26/wenn-branen-kollidieren-mtheorie-und-alternativen-zur-urknallkosmologie/

  42. #42 Andreas
    4. März 2013

    @Florian

    Warum fragst Du die Macher von Minutephysics & co. nicht einfach mal, ob Du Dich um deutsche Versionen von ihren Videos kümmern darfst? Das wär wohl am allereinfachsten. Und nachdem es ihnen wohl drum geht, dieses Wissen jedermann zugänglich zu machen, kann ich mir kaum vorstellen dass sie da was dagegen haben…

  43. #43 emreee
    4. März 2013

    Dafür wird er glaub ich nicht die zeit haben .
    Zumindest nicht wenn er das allein stemmen soll .
    Ich sage ja immer zu den Leuten das der Ideengeber für die Umsetzung verantwortlich ist .

  44. #44 Bjoern
    4. März 2013

    Ist mein Denkfehler dann der, dass ich den Urknall auf genau einen (1) “Punkt” reduziere und nicht auf unendliche viele “Punkte”?

    Ja, genau da ist dein Denkfehler. Nichts in der Urknalltheorie sagt, dass der Urknall genau an einem einzigen Punkt statt gefunden hätte…

  45. #45 Florian Freistetter
    4. März 2013

    @Andreas: “ob Du Dich um deutsche Versionen von ihren Videos kümmern darfst”

    Weil ich für sowas leider keine Zeit habe. Das wäre zwar schön, aber ich komm jetzt schon kaum mit der Zeit aus, um genug zu arbeiten und zu schreiben, um davon leben zu können…

  46. #46 HG.Hil
    EF
    4. März 2013

    Gibt es einen nicht widerlegbaren Beweis dafür, dass ein “Urknall” stattgefunden hat?
    Die heiligen Säulen des Urknalls sind Rotverschiebung und Hintergrundrauschen. Beides kann aber sehr gut mit den Eigenschaften der elektromagnetischen Strahlung erklärt werden.
    Der Urknall-Gedanke des Priesters LeMaitre wurde von der Mehrheit der Physiker aufgegriffen. Mathematische Modelle und Berechnungen geben dieser Hypothese zwar ein wissenschaftliches Mäntelchen, ohne sie aber zu beweisen.
    Die “Quarks” als üerzeugende theoretische Argumente sowohl der Teilchenphysiker als auch der Urknallphysiker sind völlig unbewiesen; daran hat auch das LHC entgegen den hochgespannten Erwartungen nichts geändert. Die sog. “dunkle Materie” ist eine aus der Urknallthese abgeleitete Notwendigkeit. Wie soll den die wiederum strukturiert sein, wenn über die Struktur der realen, dem experimentellen Zugriff zugängliche Materie nur Hypothesen existieren?

  47. #47 Alderamin
    4. März 2013

    @argisti

    Würden alle hier die Antowrt Alderamins besätigen, dass – falls das Universum (also das gesamte, nicht nur das beobachtbare) aus einem Urknall enstanden ist – auch heute das ganze Universum einen endlichen Radius haben muss?

    Das war nicht meine Aussage. Meine Aussage war (und die hat Niels mit dem Zitat von Florian in der Antwort an PDP10 und mr_mad_man oben bestätigt), dass ein unendliches Universum zu Beginn (also beim Urknall) bereits unendlich gewesen ist, also nicht in einem (Quasi-)Punkt begann. Im Gegensatz zu einem endlichen Universum, das als Punkt begonnen haben kann.

    Ich hab’ nur ein persönliches Problem mit dem Gedanken, dass ein unendlicher Raum wie auf Kommando überall zu expandieren beginnt. Das Problem stellt sich allerdings nicht, wenn der Raum vorher schon ewig inflationär expandierte. Oder nur regional “losknallte” und nicht überall gleichzeitig. Aber vergesst das am besten gleich wieder.

    Wie ist dann aber eine flache Geometrie zu verstehen?

    Wenn die Winkelsumme im Dreieck 180° ist und der Umfang des Kreises 2*Pi*Radius, dann ist die Geometrie euklidisch und der Raum flach. Auf einer Kugeloberfläche können Dreiecke 270° Winkelsumme haben (z.B. auf der Erde das Dreieck mit den Ecken Nordpol, Äquator bei 0° Länge und Äquator bei 90° Länge) und Kreise können weniger Umfang haben als 2*Pi*Radius (der Äquator hat etwa den Umfang 4* Abstand Pol-Äquator).

    Wie gesagt, der wissenschaftliche Standard ist Urknall + flach + unendlich.

    Mein letzter Stand war Urknall + flach + sehr groß, aber endlich, so dass es die kosmische Inflation brauchte, um für die Flachheit zu sorgen. Wenn unendlich, braucht es die Inflation für die Flachheit nicht, aber für den Temperaturausgleich braucht es sie dennoch (WMAP hat die Inflation gerade wieder bestätigt, hieß es). Wenn man aber schon Inflation hat, dann hat man auch Flachheit bei endlichem Universum.

    Ich werde mir das Greene-Buch wohl doch mal bestellen müssen.

    @mr_mad_man

    Leider auch nicht, denn wenn der Raum im unendlich großen Universum immer schon unendlich groß war (nur eben dichter), dann stimmt die Aussage der Urknall habe den Raum erst erschaffen doch nicht mehr. Und wenn der Raum schon immer da war, war es doch auch die Zeit, weil Raum und Zeit zusammengehören. Es wird aber immer gesagt es gibt keine Zeit vor dem Urknall.

    Kommt drauf an. Die Zeit und den Raum in unserem Universum hat der Urknall geschaffen, aber in Multiversumstheorien gibt es ja noch andere Universen mit ihren eigenen Raumzeiten und eine inflationäre Umgebung drumherum hat auch wieder ihre eigene Raumzeit. Die müssen nicht gemeinsam sein oder irgendwie zusammenhängen. Es könnte z.B. theoretisch in einem Schwarzen Loch ein neues Universum entstehen, das riesengroß ist und von unserem völlig getrennt (nach Alan Guth reicht es, ein Stück Materie auf 10^80 g/cm³ zu komprimieren, um die Inflation anzuschmeißen; das könnte ein Schwarzes Loch hinbekommen).

    Das es vor dem Urknall generell gar nichts gab, ist nicht mehr letzter Stand der Forschung (wobei das alles noch hypothetisch ist, man sucht zwar beispielsweise nach Hinweisen, ob unser Universum mit einem anderen kollidiert sein könnte [ Sky & Telescope vom November 2012, wenn ich mich recht entsinne] aber hat dafür bisher noch keine Hinweise gefunden).

  48. #48 Alderamin
    4. März 2013

    @HG.Hil

    Gibt es einen nicht widerlegbaren Beweis dafür, dass ein “Urknall” stattgefunden hat?

    Nein. In der Physik gibt es keine unwiderlegbaren Beweise. Es gibt auch keinen unwiderlegbaren Beweis dafür, dass alle Körper gleich schnell fallen. Es hat noch niemand alle Körper im Vergleich fallen lassen.

    Die heiligen Säulen des Urknalls sind Rotverschiebung und Hintergrundrauschen.

    Und die Elementhäufigkeit des primordialen Gases. Und die Sternenpopulationen. Und die Sternentstehungsrate. Und die Quasare. Und das Wachstum von Galaxien. Und die Reionisation. Und und und.

    Beides kann aber sehr gut mit den Eigenschaften der elektromagnetischen Strahlung erklärt werden.

    Mach’ mal. Bitte auch die Zeitdilatation der beobachteten Typ Ia-Supernovae und Gamma-Burst miterklären.

    Der Urknall-Gedanke des Priesters LeMaitre wurde von der Mehrheit der Physiker aufgegriffen.

    Die Idee stammt schon von Alexander Friedmann, 1922, der sie aus der allgemeinen Relativitätstheorie abgeleitet hat. Lemaitre hat dann die ersten Beobachtungen beigetragen und die Vorhersage von Friedmann bestätigt.

    Mathematische Modelle und Berechnungen geben dieser Hypothese zwar ein wissenschaftliches Mäntelchen, ohne sie aber zu beweisen.

    Siehe oben, es gibt keine Beweise in der Naturwissenschaft, die gibt es nur in der Mathematik. In der Naturwissenschaft kann man nur falsifizieren, nicht allgemeingültig verifizieren. Man kann Vorhersagen machen und diese durch Beobachtungen bestätigen.

    Die sog. “dunkle Materie” ist eine aus der Urknallthese abgeleitete Notwendigkeit.

    Das ist nicht korrekt, die dunkle Materie ist schon notwendig um zu erklären, warum Galaxien und Galaxienhaufen nicht auseinanderfliegen und sie wird heute regelmäßig durch die von ihr verursachte Raumkrümmung (Gravitationslinsen) nachgewiesen. Auch abseits sichtbarer Materie.

    Wie soll den die wiederum strukturiert sein, wenn über die Struktur der realen, dem experimentellen Zugriff zugängliche Materie nur Hypothesen existieren?

    Sie soll aus Teilchen bestehen, die wir noch nicht kennen, und die nur schwach wechselwirken (schwache Kernkraft) sowie eben gravitativ, und im LHC sucht man unter anderem nach ihnen. Da Du aber schon nicht die Quarks akzeptierst, wirst Du sicherlich auch nicht akzeptieren, wenn man sie dereinst nachweist.

  49. #49 Niels
    4. März 2013

    @Alderamin

    Mein letzter Stand war Urknall + flach + sehr groß, aber endlich, so dass es die kosmische Inflation brauchte, um für die Flachheit zu sorgen. Wenn unendlich, braucht es die Inflation für die Flachheit nicht

    Mehr als Urknall + flach + sehr groß geben die Daten nicht her, können sie aber wie gesagt auch nicht hergeben.
    Die unendliche Ausdehnung ist wie erwähnt ein Einfachheitsargument.

    Das Flachheitsproblem gibt es aber natürlich auch im Falle eines unendlichen Universums. Unendlichkeit bedeutet schließlich nur, dass eine positive Krümmung unmöglich ist.
    Neben der einen flachen Möglichkeit für ein unendliches Universum gibt es dann aber dennoch unendlich viele andere unendliche Universen, nämlich die Hyperbolischen mit negativer Krümmung.
    Für die braucht man wie gehabt die Inflation oder irgend etwas anderes, um sie flachzubügeln.

  50. #50 Alderamin
    4. März 2013

    @Niels

    Einverstanden mit der negativen Krümmung, aber ein unendliches Universum könnte auch ganz einfach flach sein ohne Inflation. Es braucht die Inflation nicht notwendigerweise (jedenfalls für die Flachheit). Ein endliches Universum braucht die Inflation jedoch immer. Korrekt?

    Ob unendlich viel Raum ein Einfachheitsargument ist, ist m.E. Geschmackssache. Es braucht dann ja unendlich viel mehr als bei der Annahme eines endlichen Raums. Irgendwie widersinnig !?

    Einfacher würde es, wenn man sich die Inflation auch wegen des Horizontproblems beim unendlichen Universum komplett sparen könnte (z.B. durch eine lange andauernde Phase des Temperaturausgleichs vor der [nicht-inlfationären] Expansion) aber dagegen spricht wohl die Feinstruktur der Hintergrundstrahlung (baryonische akustische Oszillationen), wenn ich das richtig verstehe.

  51. #51 Alderamin
    4. März 2013

    @Niels

    Ach so, wegen Deiner Hervorhebungen – es gibt nur ein flaches aber unendlich viele gekrümmte Universen – zunächst mal ist es ja schon einmal flach, und dann gilt Krauss’ Argument mit der ausgeglichenen Energiebilanz. Ich weiß aus früheren Diskussionen mit Dir, dass dies nur ein Meinungslager ist und der Energieerhaltungssatz kosmologisch nicht wirklich erfüllt sein muss, aber dieses Lager hat zumindest einen Pluspunkt auf ihrer Seite, der ein flaches Universum gegenüber gekrümmten bevorzugen würde. Das entbehrt nicht einer gewissen Eleganz, deswegen mache ich mir diese Ansicht gerne zu eigen.

    @Florian
    Ich sah Krauss’ Buch (A Universe from Nothing) mal auf einem Foto von einem Stapel Bücher, den Du noch lesen wolltest. Hast Du es inzwischen gelesen? Fandest Du es einleuchtend? Falls ja, vielleicht würdest Du mal eine Rezension darüber schreiben, wenn Du mal Zeit hast?

  52. #52 Florian Freistetter
    4. März 2013

    @Alderamin: “Hast Du es inzwischen gelesen? “

    Ne, hab ich leider noch nicht geschafft. Seinen Vortrag zum Thema fand ich aber toll. Leider ist das Video dazu nicht mehr verfügbar: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2011/09/11/warum-gibt-es-etwas-und-nicht-nichts/

  53. #53 Alderamin
    4. März 2013

    @Florian

    Krauss hat den gleichen Vortrag noch woanders gehalten und das Video davon gibt’s auch noch auf Youtube:

  54. #54 Alderamin
    4. März 2013

    Hmm, sollte eigentlich nur ein Link werden…

    Dieser.

  55. #55 bikerdet
    4. März 2013

    Ich hätte da mal eine Frage zu der Inflation kurz nach dem Urknall : Wäre es möglich, das die Inflation am Schwarzschildradius endete ? Extrem viel Masse auf extrem wenig Raum ergibt doch eigendlich ein Schwarzes Loch, oder ? Durch die Inflation (= überlichtschnelle Ausdehnung) würde sich das Universum trotzdem ausdehnen können. Erst bei Überschreitung des Schwarzschildradius kämen ‘unsere Naturkräfte’ zur Anwendung und die Ausdehnung würde sich auf LG verlangsamen. Achaj, als ‘Antrieb’ für die Inflation soll die anfänglich permanente Materie/Antimateriekollison fungiert haben.

    Upps, jetzt ist es doch mehr als eine Frage geworden.

    P.S. Die o.A. ‘Info’s’ stammen nicht aus einer Suchmaschine, die Verwendung in einem Zitat ist somit kostenfrei 😉

  56. #56 Alderamin
    4. März 2013

    @bikerdet

    Vielleicht hilft dieser Artikel?

  57. #57 Dietmar
    4. März 2013

    @Alderamin: Danke! Jetzt weiß ich, was ich heute Nacht gucken werde. Die ersten sechs Minuten waren schon klasse.

  58. #58 Alderamin
    4. März 2013

    @Dietmar

    Das zugehörige Buch ist noch ein wenig ausführlicher und schlüssiger. Da muss er nicht so schnell über die Themen hinwegfliegen wie im Vortrag. Ist aber dennoch kein Riesenwälzer, wie etwa Brian Greenes Bücher es sind.

  59. #59 McPomm
    4. März 2013

    Ich fand die Ende letzten Jahres auf arte gezeigte 4-teilige Dokumentation “Der Stoff, aus dem der Kosmos ist” recht anschaulich, insbesondere was die Darstellung des momentanen Wissenstandes betrifft, was Raum ist und was Zeit ist. Aber auch, dass Vieles noch unklar ist und auch von Top-Physiktheoretikern (noch) nicht verstanden wird bzw. ganz erklärt werden kann. (Übrigens gewissermaßen die Filmdoku zu Brian Greenes Büchern, die Florian weiter oben erwähnt).

    Überraschend Neues hat mir vor allem die Folge “Die Illusion der Zeit” beigebracht. Eigenartigerweise hatte ich noch nie das Wesen der Zeit bzw. Gleichzeitigkeit infrage gestellt. Oder gar die Frage “Was ist Zeit?” gestellt. Aber diese einfache Kinderfrage ist gar nicht so leicht zu beantworten und hält kuriose Antworten bereit. Insbesondere die Szene, wo der 10 Mrd. Lichtjahre entfernte Außerirdische Fahrrad fährt und davon abhängig seine Sicht auf die Erde um 200 Jahre in die Vergangenheit oder Zukunft verschiebt, ist “eigenartig”.

    Die – übrigens deutschsprachigen – Videos von dieser arte-Reihe findet man im Netz und lassen sich leicht ergoogeln. Was die einzelnen Folgen beinhalten und wie sie heißen, kann man auf der arte.tv-Seite nachlesen.

  60. #60 roel
    *****
    4. März 2013

    Abo

  61. #61 roel
    *****
    4. März 2013

    Wenn das Universum, analog zum Luftballon, die Hülle ist, was entspricht dann dem Inneren und was entspricht dem Äusseren des Lufballons?

  62. #62 Niels
    4. März 2013

    @Alderamin

    ein unendliches Universum könnte auch ganz einfach flach sein ohne Inflation. Es braucht die Inflation nicht notwendigerweise (jedenfalls für die Flachheit). Ein endliches Universum braucht die Inflation jedoch immer. Korrekt?

    Nein?
    Ein endliches Universum könnte doch ebenfalls ganz einfach flach sein, ohne Inflation. Wie erwähnt, eine Möglichkeit dafür wäre der 3-Torus.
    Ein Anfangs-Dichteparamter von Ω=1 löst doch immer das Flachheitsproblem.

    zunächst mal ist es ja schon einmal flach

    Das wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass das Universum im Rahmen unserer momentanen Messgenauigkeit flach erscheint.
    Die Inflation löst das Flachheitsproblem, in dem sie einen großen Anfangs-Dichteparamter-Bereich auf einen Wert prügelt, der direkt nach der Inflation sehr, sehr nahe bei Ω=1 liegt.
    Sie kann den Wert aber nicht auf exakt 1 setzen. Allerdings ist ein Universum dann und nur dann flach (euklidisch) , wenn Ω=1 exakt gilt.
    Bei einem heutigen Wert Ω=1,0000000000000000000000000000001 wäre das Universum zum Beispiel sphärisch, nicht flach. Obwohl wir das nicht messen können.

    Ω kann zu Beginn des Universums prinzipiell jeden Wert innegehabt haben.
    In einem Universum ohne Inflation hätte sich allerdings jede kleinste Abweichungen von Ω = 1 aufgrund der Expansion enorm vergrößert, um einen Faktor 10^50 oder so.

    Das Flachheitsproblem, also warum zur heutigen Zeit Ω = 1 gilt, kann man damit Folgendermaßen “lösen”:
    1) Der Wert ist so Nahe an 1, weil das Universum flach ist und schon immer flach war, also exakt mit Ω=1 gestartet ist.
    2) Ohne Inflation: Das Universum zu Beginn war nur unglaublich schwach gekrümmt, die Abweichung von der Flachheit war unglaublich winzig. Es ist noch nicht genug Zeit vergangen, damit der Wert merklich von 1 abgewichen ist.
    3) Mit Inflation: Das Universum kann eine recht große Bandbreite unterschiedlicher Krümmung gehabt haben. Die Inflationsphase hat es aber so extrem glattgebügelt, dass wir heute nichts mehr von der Anfangs-Krümmung bemerken.

    Mit 3) können die Anfangsbedingungen ein größeres Spektrum einnehmen.
    Das ist schon der ganze Witz dabei.
    Wenn die Inflation nur das Flachheitsproblem “lösen” würde, hätte sie sich vermutlich nicht durchgesetzt.

    Natürlich geht auch
    4) Anthropisches Prinzip oder ähnliches.

    Auf die Frage endlich oder unendlich gibt die Inflation keine Antwort.

    und dann gilt Krauss’ Argument mit der ausgeglichenen Energiebilanz.

    Ich verstehe den Zusammenhang zu unserer Diskussion nicht ganz. Dieses Argument gilt doch sowohl für endliche als auch unendliche Universen, solange sie flach sind?

    Vielleicht reden wir aber nur mal wieder aneinander vorbei. 😉
    Heutiger Forschungsstand ist:
    Urknall + annähernd flach + sehr groß

    Sehr viele Kosmologen glauben an “exakt flach”. Die Mehrheit der “exakt flach”-Kosmologen glaubt dann an unendlich groß.
    Üblicherweise nennt man das Lambda-CDM-Modell das Standard-Modell des Kosmologie, oder?
    In diesem Modell gilt (Wiki):
    The ΛCDM model is based on six parameters: physical baryon density, physical dark matter density, dark energy density, scalar spectral index, curvature fluctuation amplitude and reionization optical depth. In accordance with Occam’s razor, six is the smallest number of parameters needed to give an acceptable fit to current observations; other possible parameters are fixed at “natural” values e.g. total density = 1.00, dark energy equation of state = -1

    Hier gilt also:
    Urknall + flach + unendlich
    Deswegen habe ich geschrieben, das wäre der wissenschaftliche Standard.

    Die Annahmen “annähernd flach” und “sehr sehr groß” sind aber wie gesagt innerhalb des momentanen Urknallmodells prinzipiell nicht falsifizierbar.

  63. #63 bikerdet
    4. März 2013

    @ Alderamin :

    Danke für den Link. Wieder was gelernt !

  64. #64 Alderamin
    4. März 2013

    @Niels

    Ein endliches Universum könnte doch ebenfalls ganz einfach flach sein, ohne Inflation. Wie erwähnt, eine Möglichkeit dafür wäre der 3-Torus.

    Mir war entfallen, dass man geschlossene Topologien ohne Krümmung hinbekommt. Wobei ein kubsicher Torus wie hier irgendwie nicht wie eine natürliche Form ausschaut, eher schon die gewöhnlichen Tori mit Krümmung. Gibt’s außer diesem speziellen Torus noch andere flache, geschlossene Topologien?

    Ich: und dann gilt Krauss’ Argument mit der ausgeglichenen Energiebilanz.

    Niels: Ich verstehe den Zusammenhang zu unserer Diskussion nicht ganz. Dieses Argument gilt doch sowohl für endliche als auch unendliche Universen, solange sie flach sind?

    Ja klar, ich wollte nur dem Argument vorbeugen, dass die Energieerhaltung ja gar nicht erfüllt sein müsse und deswegen ein flaches Universum nur einfach eine unter unendlich vielen Möglichkeiten sei.

    Krauss sagt nämlich, nein, das Weltall muss flach sein, weil es nur dann eine Gesamtenergiebilanz von 0 haben und aus dem Nichts entstanden sein kann. Das Argument gilt natürlich nur, wenn man die potenzielle Energie als negative Energieform definiert und den Energieerhaltungssatz als erfüllt betrachtet wird. Das hatten wir früher schon mal diskutiert, Du schienst mir von dem Argument damals nicht so recht überzeugt.

  65. #65 Bjoern
    4. März 2013

    @HG.Hil: Alderamin hat eigentlich schon fast alles beantwortet, aber ich kann auch nicht widerstehen…

    Gibt es einen nicht widerlegbaren Beweis dafür, dass ein “Urknall” stattgefunden hat?

    Nein. Für nichts in der (experimentellen) Physik bzw. Naturwissenschaft allgemein gibt es “nicht widerlegbare Beweise”.

    Die heiligen Säulen des Urknalls sind Rotverschiebung und Hintergrundrauschen.

    Von “heiligen Säulen” zu reden ergibt wenig Sinn. Es sind zwei (von vielen!) Belegen für die Urknall-Theorie.

    Versuch’s mal damit:
    https://www.talkorigins.org/faqs/astronomy/bigbang.html

    Beides kann aber sehr gut mit den Eigenschaften der elektromagnetischen Strahlung erklärt werden.

    Qualitativ oder quantitativ? Falls ersteres: qualitativ kann man so ziemlich alles mit den verschiedensten Ideen erklären. Ein gutes Argument hast du erst, wenn du es quantitativ richtig erklären kannst. Sprich: Rechnungen zeigen, bitte!

    Mathematische Modelle und Berechnungen geben dieser Hypothese zwar ein wissenschaftliches Mäntelchen, ohne sie aber zu beweisen.

    Bitte nenne auch nur eine physikalische Hypothese oder Theorie, bei der es anders ist.

    Die “Quarks” als üerzeugende theoretische Argumente sowohl der Teilchenphysiker als auch der Urknallphysiker sind völlig unbewiesen;…

    Unbewiesen ja (siehe oben) – aber es gibt -zig exzellente Belege für ihre Existenz. Falls du ein Alternativmodell hast, dann erkläre bitte die gemessenen Wirkungsquerschnitte für Streuung von Elektronen an Protonen (wieder: quantitativ!), und vor allem, warum diese Messergebnisse so exzellent mit den Vorhersagen der DGLAP-Gleichungen übereinstimmen… (ich darf raten: von den Gleichungen hast du noch nie gehört, stimmt’s?)

    daran hat auch das LHC entgegen den hochgespannten Erwartungen nichts geändert.

    Äh, es war aber nie die Aufgabe des LHC, die Existenz von Quarks zu beweisen…

    Wie soll den die wiederum strukturiert sein, wenn über die Struktur der realen, dem experimentellen Zugriff zugängliche Materie nur Hypothesen existieren?

    Was hat das eine mit dem anderen zu tun? (mal ganz abgesehen davon, dass (1) über die Struktur der “realen” Materie es deutlich mehr als nur “Hypothesen” gibt, und (2) auch die dunkle Materie prinzipiell dem experimentellen Zugriff zugänglich ist)

  66. #66 Bjoern
    4. März 2013

    @roel:

    Wenn das Universum, analog zum Luftballon, die Hülle ist, was entspricht dann dem Inneren und was entspricht dem Äusseren des Lufballons?

    Zwei Antworten möglich: (1) man sollte die Analogie nicht überstrapazieren – dem Inneren und Äußeren muss nicht unbedingt etwas entsprechen, oder (2) Vergangenheit und Zukunft des Universums. (ich bevorzuge (2), auch wenn das nicht ganz korrekt sein mag… 😉 )

  67. #67 Bjoern
    4. März 2013

    @mr_mad_man:

    Leider auch nicht, denn wenn der Raum im unendlich großen Universum immer schon unendlich groß war (nur eben dichter), dann stimmt die Aussage der Urknall habe den Raum erst erschaffen doch nicht mehr.

    Warum soll das ein Widerspruch sein? Warum soll beim Urknall nicht ein unendlich großer Raum entstanden sein?

  68. #68 Niels
    4. März 2013

    @Alderamin
    Wie oben erwähnt gibt es 10 endliche euklidische Möglichkeiten. Das habe ich jedenfalls schon häufiger gelesen und die Wiki bestätigt das:

    Euclidean geometry E3
    The point stabilizer is O(3, R), and the group G is the 6-dimensional Lie group R3 × O(3, R), with 2 components. Examples are the 3-torus, and more generally the mapping torus of a finite order automorphism of the 2-torus; see torus bundle. There are exactly 10 finite closed 3-manifolds with this geometry, 6 orientable and 4 non-orientable. This geometry can be modeled as a left invariant metric on the Bianchi groups of type I or VII0. Finite volume manifolds with this geometry are all compact, and have the structure of a Seifert fiber space (sometimes in two ways). The complete list of such manifolds is given in the article on Seifert fiber spaces.

    Nein, ich verstehe das nicht wirklich. Und wenn ich in den Artikel “Seifert fiber spaces” schaue, verstehe ich sogar keinen einzigen Satz mehr. 😉
    Soweit ich es sehe, kann man die 9 Alternativen zum 3-Torus aber gar nicht anschaulich erklären.
    Im zweidimensionalen Fall kann man den sich die Kleinsche Flasche schließlich auch nur als Objekt im R^3 vorstellen. In unserem Fall hilft eine Einbettung in den R^4 aber bestimmt niemandem weiter. Davon abgesehen muss so eine Einbettung nicht einmal möglich sein, ich vermute mal in diesem Fall ist sie es nicht?
    Dann ist das letztlich nur noch reine Mathematik.

    Aber von Topologie hab ich echt absolut keine Ahnung. Ich kann gerade genug Differentialgeometrie, dass es für die ART reicht.
    Vielleicht sollten wir mal Thilo drüben im Mathlog belästigen?

    Wie “natürliche Formen” können diese Mannigfaltigkeiten aber praktisch per Definition nicht mehr aussehen. 😉
    Wie geschrieben, gerade deswegen will ja auch praktisch niemand an diese Möglichkeit glauben und man nimmt freudig Unendlichkeit in Kauf.

    Das hatten wir früher schon mal diskutiert, Du schienst mir von dem Argument damals nicht so recht überzeugt.

    Na ja, bin ich immer noch nicht. Ich bin “agnostisch” bezüglich der Unendlichkeit und der Art der Krümmung.
    Das kosmologische Standardmodell und ist aber trotzdem flach + unendlich. Da bin ich nur der Bote.

    @Bjoern
    Du bist doch immer gut informiert.
    Kannst du etwas zu endlichen flachen 3-Mannigfaltigkeiten beitragen?

  69. #69 mr_mad_man
    4. März 2013

    @Bjoern (#67): “Warum soll das ein Widerspruch sein? Warum soll beim Urknall nicht ein unendlich großer Raum entstanden sein?”

    Ich fasse die bisherigen Aussagen (Antworten auf meine Fragen) mal zusammen, und hoffe, dass dadurch der Widerspruch (der mich kirre macht) deutlich wird:

    1. Aus einem endlich großen “Punkt” kann nur ein endlich großes Universum entstehen.
    2. Für ein unendliches großes Universum braucht man vorher schon einen unendlich großen Raum.

    – >Wenn der Raum vorher schon da war, dann kann dieser Raum nicht erst beim Urknall entstanden sein.

  70. #70 Bazinga
    4. März 2013

    @Alderamin @Bjoern

    Wahnsinn, wie Ihr Euch da reinhängt um Erkenntnissuchenden aller Kenntnisstufen versucht, diese absolut das Vorstellungsvermögen fordernden, Dinge zu erklären. Ich stecke da noch in einer Frühphase des Verständnisses, hab auch die weiterführenden Links von Florian teilweise gelesen (soweit es meine Zeit erlaubte).

    Was ich mich aber frage ist – ausgehend davon das die Raumzeit etwas 4-Dimensionales ist (x,y,z, Zeit) frage ich mich warum man das in Darstellungen immer auf [i]zwei[/i] Dimensionen reduziert? Klar kann man etwas Vierimensionales nicht darstellen (außer in abstrahierter Form, z.B. durch die widerholte Darstellung dreidimensionaler Objekte entlang eines Zeitstrahls). Aber gerade wenn man vom [i]Raum[/i] spricht befremdet die Reduktion auf eine, wie auch immer gebogene, zweidimensionale Ebene doch. Genauso ist das mit dem Luftballon. Wieso kann man das Universum nur mit dem zweidimensionalen Verhalten der Oberfläche des Ballons vergleichen, nicht mit der dreidimensionalen des Ballonvolumens (und der vierten Dimension der Zeit, die es braucht, ihn aufzupusten)? Auch der alternative Hefeteig ist doch ein dreidimensionales Objekt….

    Über die Expansion der Zeit habe ich Gedanken gemacht, aber tatsächlich kann ich mir das kaum vorstellen, weil die Zeit doch eben nur eine Dimension ist. Bildlich ausgedrückt ein Punkt mit der Ausdehnung Null. Abstrahiert kann ich mir die Zeit nur so vorstellen, dass sie der Faktor ist, der verhindert, dass sich alles im Universum auf einmal und überall befindet. Wenn es keine Zeit gäbe könnte ich gleichzeitig hier, in New York und auf dem Mars sein (vielleicht wäre ich dort sogar zwangsläufig überall gleichzeitig?). In diesem Fall wäre das Universum wahrscheinlich ein Brei aus den kleinstmöglichen Teilchen, weil die Zeit den Rahmen vorgibt innerhalb dessen sich Atome, Moleküle usw. organisieren können. Oder gleichzeitig wären die komplexest möglichen Kombinationen aller Elemente möglich, weil es eben “keine Zeit” braucht, sie herzustellen? Mag spinnert klingen, aber so versuche ich mir die Dimension Zeit vorzustellen (jenseits der alltäglichen Erfahrung). Als Expansion der Zeit kann ich mir nur eine gefühlte Beschleunigung oder Verlangsamung ihres Ablaufs vorstellen, wobei ich nicht glaube, dass wir das mitbekommen würden, weil unsere Messungen der Zeit ja Teil der expandierenden Zeitkomponente des Universums sind. Primitiv ausgedrückt: Wenn alles was wir messen und erleben können, in der Zeit expandiert, spüren wir das gar nicht. Alles orientiert sich an den “intra-universalen” Maßstäben der Zeit, z.B. den Bewegungen der Himmelskörper.

    Wenn ich das richtig verstanden habe, ist eine fundamentale Frage die, ob die Raumzeit = unserem Universum ist (was bedeuten würde, dass sich außerhalb der Raumzeit tatsächlich absolut nichts befindet?), oder ob beides unabhängig voneinander ist und die (unendliche?) Raumzeit quasi das Volumen ist, in das unser (und weitere) Universum (Universen) hinein expandiert(-en). Den ersten Fall finde ich sehr schwer vorstellbar, vor allem verschiebt er das Problem nur – was ist vor und außerhalb der Raumzeit? Dasselbe trifft natürlich auch auf das zweite Szenario zu, aber zumindest kann man sich die Entstehung des Universums als “Subphänomen” der Raumzeit vorstellen. Wobei sich dann die Frage stellt, was waren die Voraussetzungen, damit dieses Phänomen entsteht? Ist es plausibel, dass man sich die Raumzeit in diesem Szenario als so eine Art “kosmischer Ursuppe” vorstellt in dem die Grundbestandteile künftiger Universen rumschwirren? Und wenn sie an einer günstigen Stelle aufeinandertreffen (dem kosmischen Äquivalent von “Darwins warmen Teich”) -ZUPP- den Urknall zünden? Ähnlich einem Mehrkomponenten-Sprengstoff?

    Ich weiß, in einer Welt mathematischer Abstraktionen und mehrdimensionaler Phänomene mögen meine Visualisierungen lächerlich klingen. Aber ich versuche irgendwie, mir das vorstellen zu können…

  71. #71 roel
    *****
    4. März 2013

    @Bjoern Danke für die Antwort an mich. Ich denke Punkt 2 ist teil der richtigen Antwort aber nicht die ganze Antwort. Ich denke die Zeit begründet nicht die Ausdehnung. Bei Punkt 1 habe ich das Problem, dass dem Äusserem ggf. keine Entsprechung gibt, aber zum Inneren muss es eine Entsprechung geben.

    Unter der Antwort an mich antwortest du an mr_mad_man:
    “Warum soll das ein Widerspruch sein? Warum soll beim Urknall nicht ein unendlich großer Raum entstanden sein?”

    Nach meinem Verständnis ist etwas, dass sich ausdehnt nicht unendlich.

  72. #72 Bjoern
    4. März 2013

    @mr_mad_man:

    Für ein unendliches großes Universum braucht man vorher schon einen unendlich großen Raum.

    Öh, das hat so niemand gesagt – was meinst du mit “vorher”…?

  73. #73 Bjoern
    4. März 2013

    @roel:

    Ich denke die Zeit begründet nicht die Ausdehnung.

    Das habe ich doch auch nicht gesagt? (ich weiß noch nicht einmal genau, was du mit dem Satz meinst…)

    Bei Punkt 1 habe ich das Problem, dass dem Äusserem ggf. keine Entsprechung gibt, aber zum Inneren muss es eine Entsprechung geben.

    Warum?

    Nach meinem Verständnis ist etwas, dass sich ausdehnt nicht unendlich.

    “sich ausdehnen” ist hier nicht so ganz der passende Begriff, zugegeben. Wie wäre es mit “der Abstand zwischen je zwei beliebigen Punkten des Universums nimmt mit der Zeit zu”?

  74. #74 Bjoern
    4. März 2013

    @Niels: Öh, von Differenzialgeometrie und Topologie habe ich nur eher oberflächlich eine Ahnung… Thilo kann da sicher weit mehr dazu sagen.

  75. #75 mr_mad_man
    4. März 2013

    @Bjoern (#72): “Öh, das hat so niemand gesagt – was meinst du mit “vorher”…?”

    In #39 hat Niels einen Artikel von Florian zitiert: “…In einem unendlich großen Universum ist das nicht der Fall. Das ist immer unendlich groß und es war immer unendlich groß…”.

    Das verstehe ich so, dass es bereits beim Urknall da war, und nicht erst durch den Urknall entstanden ist.

  76. #76 Dietmar
    5. März 2013

    @Alderamin: War gestern zu müde. Das ist aber wieder eine gute Gelegenheit, sich um die Buchführung zu drücken. Grandioser Vortrag! Aber diese Untertitel sind comedy itself. 🙂

  77. #77 Alderamin
    5. März 2013

    @Bazinga

    Was ich mich aber frage ist – ausgehend davon das die Raumzeit etwas 4-Dimensionales ist (x,y,z, Zeit) frage ich mich warum man das in Darstellungen immer auf [i]zwei[/i] Dimensionen reduziert?

    Tut man ja nicht, man geht von 4 Dimensionen auf 3 hinunter. Beim Ballonmodell wird die 4-dimensionale Raumzeit auf einen dreidimenisonalen Ballon reduziert. Dessen zweidimensionale Oberfläche entspricht dann dem dreidimensionalen Raum. Das ganze wird dann in Büchern beim Drucken notwendigerweise noch einmal um eine Dimension reduziert, die wir dank unserer Erfahrung im Kopf wieder hinzufügen können.

    Über die Expansion der Zeit habe ich Gedanken gemacht, aber tatsächlich kann ich mir das kaum vorstellen, weil die Zeit doch eben nur eine Dimension ist. Bildlich ausgedrückt ein Punkt mit der Ausdehnung Null. Abstrahiert kann ich mir die Zeit nur so vorstellen, dass sie der Faktor ist, der verhindert, dass sich alles im Universum auf einmal und überall befindet.

    Nein, kein Punkt, sondern eine Achse. Zunächst ist sie nicht mehr als eine zusätzliche Koordinate zur Verortung eines Gegenstands, der im Raum nicht ortsfest ist. Das, was die Zeit von den anderen Koordinaten unterscheidet, ist, dass sie vergeht, und zwar nur in einer Richtung.

    So richtig weiß die Physik nicht, was Zeit eigentlich ist (man nutzt sie zwar intensiv als Koordinate, aber ihr Wesen ist nicht wirklich verstanden). Eine Möglichkeit, die ich bei Brian Greene gelesen habe ist die, dass das Vergehen der Zeit nur eine Illusion in unserem Kopf ist. Die Zeit gibt lediglich die Richtung vor, in der die Entropie (Unordnung) des Universums wächst. In dieser Richtung wird Energie in Wärme umgesetzt und kann Arbeit leisten. Unsere Hirnfunktionen basieren auf Prozessen, die sich genau dies zu nutze machen, also nehmen wir dank dieser Hirnfunktionen einen Zeifluss in Richtung zunehmender Entropie wahr. Interessante Hypothese. In dem Fall expandiert die Zeit nicht, sondern das Weltall könnte eine Art 4D-Klotz sein, den unsere Wahrnehmung wie ein schmaler Lichtstrahl abfährt (Blockuniversum). Es gibt aber auch noch andere Ideen, z.B. die Viele-Welten-Theorie.

    Wenn ich das richtig verstanden habe, ist eine fundamentale Frage die, ob die Raumzeit = unserem Universum ist (was bedeuten würde, dass sich außerhalb der Raumzeit tatsächlich absolut nichts befindet?), oder ob beides unabhängig voneinander ist und die (unendliche?) Raumzeit quasi das Volumen ist, in das unser (und weitere) Universum (Universen) hinein expandiert(-en).

    Wie es aussieht, expandiert unser Universum in nichts hinein, sondern nur aus sich selbst heraus. Zwei Galaxien können in Ruhe (z.B. relativ zur kosmischen Hintergrundstrahung) sein und der Raum dazwischen wird größer. Bei einer Expansion in vorhandenen Raum müsste sich ja wenigstens eine Galaxien in Richtung des neuen vorhandenen Raums bewegen und würde sich in Bewegung gegenbüber der Hintergrundstrahlung wähnen. Dann wäre unsere Position hier in Ruhe zur Hintergrundstrahlung eine ausgezeichnete Position, was recht unwahrscheinlich ist.

    Eine Bewegung durch den Raum wäre im übrigen durch die Relativitätstheorie auf weniger als die Lichtgeschwindigkeit begrenzt. Ein Aufquellen des Raums aus sich heraus hingegen bewegt gar nichts von der Stelle und somit kann der Abstand zwischen zwei Galaxien in großer Entfernung beliebig schnell wachsen.

    Man muss sich einfach von dem gewohnten Gedanken trennen, dass Raum etwas Unveränderliches ist. Spätestens seit der Allgemeinen Relativitätstheorie wissen wir, dass das nicht so ist und Raum (wie auch Zeit) sich um Massen “verbiegen” kann. Und eben auch wachsen.

    Wobei sich dann die Frage stellt, was waren die Voraussetzungen, damit dieses Phänomen entsteht? Ist es plausibel, dass man sich die Raumzeit in diesem Szenario als so eine Art “kosmischer Ursuppe” vorstellt in dem die Grundbestandteile künftiger Universen rumschwirren? Und wenn sie an einer günstigen Stelle aufeinandertreffen (dem kosmischen Äquivalent von “Darwins warmen Teich”) -ZUPP- den Urknall zünden? Ähnlich einem Mehrkomponenten-Sprengstoff?

    So ungefähr. Ich beziehe mich mal auf Krauss’ Buch, wo er die Zero-Energy-Universe-Hypothese vertritt, ich versuche das mal aus der Erinnerung richtig wieder zu geben.

    Alles, was es braucht, ist die Heisenbergsche Unschärferelation und Nichts. Kein Raum. “Kein Raum” ist wegen der Orts- und Energieunschärfe nicht scharf definiert, im Allerkleinsten gibt es ein ständiges Wabern der Raumzeit mit beliebig großen Energien auf beliebig kurzen Zeitskalen. Da entsteht permanent Raum aus dem Nichts, so wie auch Teilchen aus dem Nichts entstehen und wieder verschwinden. Aus dem “Nichts” könnte also anfangs ein winziges Vakuumbläschen entstanden und gleich wieder verschwunden sein, um dann erneut zu entstehen. Wenn dies oft genug passiert und dabei in dem Vakuumbläschen irgendwann einmal im Rahmen einer extrem unwahrscheinlichen statistischen Schwankung (aber das Universum hatte buchstäblich alle Zeit der Welt) eine Energiedichte von mehr als 10^80 Gramm pro Kubikzentimeter entstand, dann löste dies einen Inflationsprozess aus, der den Raum mit ungeheurer Geschwindigkeit vergrößerte, so dass er nicht mehr einfach wieder verschwinden konnte.

    Der Mechanismus dabei wird so erklärt, dass ein “falsches Vakuum” mit einer hohen Energiedichte einen negativen inneren Druck hat. Negativer Druck heißt, wenn man ein Stück falsches Vakuum durch Zugkraft vergrößern will, muss man Arbeit aufwenden (Gase muss man hingegen mit Kraft komprimieren, sie haben positiven inneren Druck). Diese Arbeit geht dann als Vakuumenergie in den neu entstandenen Raum (bzw. das sogenannte “Inflaton-Feld”, welches das Vakuum erfüllt).

    Nun verursacht positiver Druck eine anziehende Gravitation: Wenn ich eine Gaskugel mit äußerer Kraft komprimiere, wird sie wärmer, und die zusätzliche Wärme ist nach E=mc² äquivalent zu einer Massenzunahme, die eine zusätzliche gravitative Anziehungskraft des Gases bewirkt. Umgekehrt hat negativer Druck demnach eine abstoßende Gravitation zur Folge, und so kann sich das falsche Vakuum selbst aufblasen, wobei positive Energie in das Inflaton-Feld geht und negative Energie in das Gravitationsfeld, in Summe bleibt die Energiebilanz 0. Irgendwann kann an einer Stelle das sich inflationär aufblasende Vakuum in einen Zustand niedrigerer Energie zu tunneln beginnen (Zerfall des falschen Vakuums), von wo aus sich diese Störung mit Lichtgeschwindigkeit ausdehnt.

    Die im falschen Vakuum steckende hohe Energiedichte entsprechen 10^80 g/cm³ wird dabei als Energie frei, die zu Strahlung und schließlich zu Teilchen (und Antiteilchen) auskondensiert, und schon hat man den Feuerball des Urknalls. Dabei ist die Energie der Teilchen (und Strahlung), die aus dem Inflatonfeld entstanden sind, genau so groß wie deren potenzielle Energie (die als negative Energie gewertet wird) aufgrund der wechselseitigen Gravitation. Die Summe ist 0. Das ist die Idee des Zero-Energy-Universums.

    Siehe auch hier

  78. #78 roel
    *****
    5. März 2013

    @Bjoern Aus meinem letzten Kommentar “Ich denke die Zeit begründet nicht die Ausdehnung.” Das hatte ich geschrieben, um meinen Gedanken aufzuführen. Da hattest du nichts anderes zu geschrieben.

    “Warum?” Vielleicht stelle ich mir das zu bildlich vor. Ich versuche meine Gedanken hierzu seit gestern Nacht verständlich festzuhalten, bisher erfolglos.

    “Wie wäre es mit “der Abstand zwischen je zwei beliebigen Punkten des Universums nimmt mit der Zeit zu”?”

    Dann haben wir wieder den Luftballon, markieren drei Punkte, pusten ihn auf und alle Punkte entfernen sich von einander. Beim Universum hat man die Geschwindigkeit, in der das passiert auch schon bestimmt. Aber wenn das so ist und alles von einer Singularität ausgeht, muss es doch sich immer weiter ausdehnen (bis dass evtl. andere Kräfte wirken). Nach meinem Verständniss gibt es nur eine Unendlichkeit, also keine wachsende Unendlichkeit.

  79. #79 Alderamin
    5. März 2013

    @roel

    Wenn Du alle reellen Zahlen mal zwei nimmst, dann hast Du den reellen Zahlenstrahl gewissermaßen in der Länge verdoppelt, aber er ist nach wie vor unendlich lang. Jedoch hat sich der Abstand der transformierten Zahlen verdoppelt, etwa der zwischen 1 und 2 auf den zwischen 2 und 4. Jedes endliche Intervall beliebiger Größe verdoppelt sich durch die Transformation.

    Insofern kann die Unendlichkeit wachsen. Jede endliche Region des Universums wächst. Dabei behält sie gleichzeitig ihre Masse, also nimmt ihre Dichte ab. Das All verdünnt sich immer mehr, das ist der entscheidende Punkt für das Wachstum des Universums. Deswegen war es früher superheiß und ist heute nur noch ca. 3 K kalt. Bis auf die Gegenden, wo Sterne Energie erzeugen. Auch die werden irgendwann verlöschen und ihre Strahlung wird immer mehr gedehnt werden und abkühlen.

  80. #80 roel
    *****
    5. März 2013

    @Alderamin “Wenn Du alle reellen Zahlen mal zwei nimmst, dann hast Du den reellen Zahlenstrahl gewissermaßen in der Länge verdoppelt, aber er ist nach wie vor unendlich lang”

    Danke. Daran bin ich jetzt eine ganze Zeit lang verzweifelt und dieser eine Satz löst gleich einige Probleme.

  81. #81 Niels
    5. März 2013

    @Alderamin @Bjoern
    Ich hab Thilo dann einfach mal belästigt:
    https://scienceblogs.de/mathlog/2013/03/01/topologie-von-flchen-cclxi/

  82. #82 Dietmar
    5. März 2013

    oo – oo = oo?
    oo + oo = oo?
    etc.
    Da steht mir regelmäßig der Verstand still.
    Nein, ich bin nicht stolz auf meine Mathe-Defizite …

  83. #83 Alderamin
    5. März 2013

    @Dietmar

    Mit Unendlichkeiten rechnen führt im Allgemeinen zu Unfug, da z.B. ∞ = 1/0 = 2/0 = ∞, dann wäre ja 1 = 2. In wenigen Fällen kommt dabei etwas Sinnvolles heraus, z.B. so:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Regel_von_L%E2%80%99Hospital

  84. #84 JaJoHa
    5. März 2013

    @Alderamin
    Noch besser finde ich das hier
    \infty=\frac{1}{0}=\frac{1}{-0}=\frac{-1}{0}=-\infty

  85. #85 IO
    5. März 2013

    abo

  86. #86 Bjoern
    5. März 2013

    @mr_mad_man: Im Satz “und es [das Universum] war immer unendlich groß…” bedeutet “immer” schlicht “zu jeder Zeit, zu der es existiert hat”, sprich: “immer seit dem Urknall”.

  87. #87 Bjoern
    5. März 2013

    @roel:

    Dann haben wir wieder den Luftballon, …

    Für ein unendlich großes Universum ist der Luftballon kein hilfreiches Modell. Besser ist da der Hefeteig: denke dir einen Klumpen Teig mit Rosinen drin (die repräsentieren die Galaxien), und dieser Klumpen geht mit der Zeit auf. Im Inneren des Teiges sieht man nur, dass die Rosinen sich voneinander entfernen.

    Bei einem unendlich großen Universum wäre der Teigklumpen halt unendlich groß. 😉 Da kann man sich zwar von außen nicht mehr vorstellen, dass er aufgeht – trotzdem kann man im Inneren immer noch sehen, dass die Rosinen sich voneinander entfernen.

  88. #88 mr_mad_man
    5. März 2013

    @Bjoern (#86): ok, danke, das war dann eine kleines Missverständnis meinerseits, das bei mir diese Verwirrung hervorgerufen hat.
    Mein genannter Punkt 1 bleibt aber soweit korrekt (gehe ich von aus), dass aus einem endlichen “Punkt” nur ein endlich großes Universum entstehen kann?

    Damit komme ich dann auf Deine Antwort #44 zurück. Ist es dann so, dass die ‘typischen’ Urknall-Darstellungen eigentlich nicht korrekt sind? Wenn der Urknall graphisch aufbereitet wird, sieht man ja immer einen (1) Punkt und nicht mehrere?

  89. #89 Niels
    6. März 2013

    @Alderamin
    Thilo hat inzwischen geantwortet:
    https://scienceblogs.de/mathlog/2013/03/01/topologie-von-flchen-cclxi/#comment-10746

    Ich glaube, diese vier weiteren Beispiele kann man sich durchaus noch vorstellen. Zumindest ging es mir so. Allerdings erst, nachdem ich mir den Literaturhinweis Hantzsche-Wendt: “Dreidimensionale euklidische Raumformen” durchgelesen hatte.
    Der ist aber nicht frei verfügbar, man braucht leider einen Zugang über eine Uni oder ein Forschungsinstitut.
    Glücklicherweise habe ich diesen Artikel aber ganz zufällig als upload im Internet entdeckt. 😉
    https://www.workupload.com/file/b2Phfrn
    Löscht sich allerdings in 10 Tagen automatisch.

    Ich hoffe, dadurch wird es auch für dich einigermaßen verständlich. Besonders anspruchsvolle Mathematik ist ja nicht mehr nötig. Sonst einfach fragen, entweder mich oder am besten direkt Thilo.

    @mr_mad_man
    Diese Darstellungen zeigen eben das beobachtbare Universum, nicht das Gesamt-Universum. Das beobachtbare Universum ist zwangsläufig endlich (da es nicht unendlich alt ist) und aus dem erwähnten “Punkt” entstanden.

    Mein genannter Punkt 1 bleibt aber soweit korrekt (gehe ich von aus), dass aus einem endlichen “Punkt” nur ein endlich großes Universum entstehen kann?

    Ein endliches Volumen kann sich in endlicher Zeit nicht zu einem unendlichen Volumen ausdehnen.

  90. #90 Alderamin
    6. März 2013

    @Niels

    Ich hatte die Antwort von Thilo gesehen, aber die Begriffe sind weit weg von der Mathematik, die mir bisher begegnet war, ich hab’ das nicht wirklich verstanden, da müsste ich zu viel fragen. Der Link ins Buch führte mich wahlweise auch nur auf die Seiten 1/2 oder 594, nicht 599. Danke für Deinen Link, den kann ich jedenfalls laden.

    Die eigentlich Frage war ja, ob irgendeine dieser flachen endlichen Topologien für die Wirklichkeit eine Relevanz haben könnte. Kubische oder prismenförmige Hyperräume sind nun nicht wirklich das, was man natürlicherweise für das Universum erwarten würde, da mangelt es an Symmetrie; eher echte Tori oder Hypersphären, und da braucht es die Inflation schon, um die Krümmung glatt zu ziehen. Deswegen denke ich, dass ein endliches Universum sehr wahrscheinlich nur mit Inflation machbar ist.

    Andererseits habe ich beim unendlichen Universum nach wie vor das Problem, wie dieses bei einer Inflation überall parallel inflationär zu expandieren beginnen und dann auch wieder damit aufhören soll. Ich hab’ schon verstanden, dass es nun ein ein Slow Roll Modell gibt, das die Inflation ohne tunneln beenden kann, aber es bleibt das Problem, die Inflation gleichzeitg in einem unendlichen Raum zu starten, damit sie dann überall gleichzeitig (oder nahezu) aufhören kann. Hört sie hingegen nur lokal auf, hat man doch wieder eine endliche Blase normaler Raumexpansion, die sich mit Lichtgeschindigkeit ausbreitet (und zusätzlich von innen “hubblesch” aufquillt) und somit den klassischen Urknall aus einem Punkt. Deswegen fällt es mir schwer, das unendliche Universum als den einfachsten Fall anzunehmen.

    Am plausibelsten scheint mir, dass aus einer spontanen Fluktuation immer wieder kleine Vakuumblasen entstanden, von denen mindestens eine irgendwann mal die nötige Dichte eines falschen Vakuums hatte und dann eine ewige Inflation startete, aus der nun in ewiger Folge Blasenuniversen kondensieren, die aus je einem Punkt wachsen, und die dank der weitergehenden Inflation des Raums zwischen ihnen so gut wie niemals in Kontakt zueinander kommen können. Diese wären dann alle endlich groß und vermutlich topologisch so etwas wie Hyperkugeln. Das wäre der einfachste denkbare Mechanismus, leider nicht verifzierbar, deswegen ist alles eh’ nur Spekulation.

    Immerhin deuten die letzten Ergebnisse von WMAP anscheinend auf die tatsächliche Wirkung einer Inflation einfachster Art hin.

  91. #91 Niels
    6. März 2013

    @Alderamin

    Kubische oder prismenförmige Hyperräume sind nun nicht wirklich das, was man natürlicherweise für das Universum erwarten würde, da mangelt es an Symmetrie

    Nein, mangelt es nicht. Das sind doch vielmehr genau die “symmetrischen” Möglichkeiten! Siehe drüben bei Thilo. Sie werden doch gerade mit Hilfe der Isometrien der euklidischen Geometrie konstruiert.

    Außerdem teilt das Universum vielleicht nicht unsere Vorstellungen darüber, was “natürlich” ist. 😉
    Quantenfeldtheorie und ART finde ich auch nicht gerade “natürlich”, die Folgerungen aus diesen Theorien erst recht nicht.

    eher echte Tori oder Hypersphären

    Na ja, die meisten Möglichkeiten der hyperbolischen oder sphärischen Geometrie sind eigentlich noch viel verrückter als die der Euklidischen.
    Vielleicht hast du schon einmal vom Dodekaeder-Universum oder dem Horn-Universum gehört? Diese beiden Modelle sind aktuell in der Forschung aus unterschiedlichen Gründen ziemlich “in”.

    Andererseits habe ich beim unendlichen Universum nach wie vor das Problem, wie dieses bei einer Inflation überall parallel inflationär zu expandieren beginnen und dann auch wieder damit aufhören soll.

    Vorstellen kann ich mir das auch nicht. Mathematisch ist das aber völlig problemlos. Die ART und die mathematische Beschreibung der Inflation sind da eindeutig, das ist problemlos physikalisch möglich.
    “Blasenuniversen” im Multiversum-Modell der ewigen Inflation (darauf beziehst du dich?) können durchaus unendlich groß sein. Oben habe ich dazu ja schon einmal etwas aus einem von Florians Artikeln zitiert, wobei sich Florian auf Brian Greenes “The Hidden Reality: Parallel Universes and the Deep Laws of the Cosmos” bezieht.

  92. #92 Alderamin
    6. März 2013

    @Niels

    Nein, mangelt es nicht. Das sind doch vielmehr genau die “symmetrischen” Möglichkeiten!

    Aber eine Kugel oder einen Torus kannst Du in beliebigen / in einer Achse beliebig drehen, Würfel und Prismen nur um bestimmte Winkel in bestimmten Achsen, um auf die Ausgangsform zu kommen. Die Natur sucht doch im allgemeinen kleinste Oberflächen und gleiche Radien, da kommt doch immer etwas gebogenes heraus. Nur Kristalle haben gerade Kanten, was mit Struktur der Moleküle zusammenhängt.

    “Blasenuniversen” im Multiversum-Modell der ewigen Inflation (darauf beziehst du dich?) können durchaus unendlich groß sein. Oben habe ich dazu ja schon einmal etwas aus einem von Florians Artikeln zitiert, wobei sich Florian auf Brian Greenes “The Hidden Reality: Parallel Universes and the Deep Laws of the Cosmos” bezieht.

    Die Blasen können doch nur unendlich sein, wenn ein unendliches Volumen gleichzeitig die Inflation beendet, und da habe ich mein Verständnisproblem. Ja, Du hast oben gesagt, das geht, kein Problem, aber damit hab’ ich’s noch nicht verstanden… Ich werd’ mir das Buch aber die Tage runterladen, gibt’s auch als Kindle-Edition.

  93. #93 Niels
    6. März 2013

    @Alderamin

    Die Natur sucht doch im allgemeinen kleinste Oberflächen und gleiche Radien

    Das hat aber Gründe, die für das Universum keine Rolle spielen. Keine Rolle spielen können.
    Da gibt es schließlich kein “Außerhalb”, es gibt gar keine Oberfläche, es gibt keinen “Rand”. Mit dem Radius ist das auch wieder so eine Sache. Das bedeutet vermutlich etwas anderes, als du es dir vorstellst.
    Dir ist schon klar, dass das Universum kann keine gewöhnliche dreidimensionale Kugel oder ein gewöhnlicher Volltorus sein kann? Die Topologie muss zwangsläufig viel komplizierter aussehen. Und auch der 3-Torus hat natürlich keine “Kanten”, das ist doch der Witz dieser Konstruktion.

    Im Fall der “Kugel” geht es doch um die sogenannte 3-Sphäre:
    https://en.wikipedia.org/wiki/3-sphere

    It consists of the set of points equidistant from a fixed central point in 4-dimensional Euclidean space. Just as an ordinary sphere (or 2-sphere) is a two-dimensional surface that forms the boundary of a ball in three dimensions, a 3-sphere is an object with three dimensions that forms the boundary of a ball in four dimensions.

    A 3-sphere can be constructed topologically by “gluing” together the boundaries of a pair of 3-balls. The boundary of a 3-ball is a 2-sphere, and these two 2-spheres are to be identified. That is, imagine a pair of 3-balls of the same size, then superpose them so that their 2-spherical boundaries match, and let matching pairs of points on the pair of 2-spheres be identically equivalent to each other.
    […]
    Note that the interiors of the 3-balls are not glued to each other.

    “”gluing” together” bezieht sich wieder auf den Quotientenraum, wie im euklidischen Fall.
    Ein “3-ball” ist eine normale, dreidimensionale Kugel, die “2-sphere” die Oberfläche dieser Kugel.

    Findest du das wirklich besonders “natürlich”? Kannst du dir das wirklich bildlich vorstellen?

  94. #94 mr_mad_man
    6. März 2013

    @Niels (#89): “Diese Darstellungen zeigen eben das beobachtbare Universum, nicht das Gesamt-Universum.”
    Danke für die Erklärung. Das war mir bisher überhaupt nicht bewusst, dass bei diesen Darstellungen eben nicht das Gesamt-Universum gemeint ist. Es wird ja einfach von “dem Universum” gesprochen, ohne auf diese “Einschränkung” hinzuweisen. Bzw. wenn doch darauf hingewiesen wurde, habe ich diese Information überhaupt nicht verarbeitet… Was daran liegen könnte, dass mir der Zusammenhang endlicher Punkt => endliches Universum bisher ebenfalls gar nicht bewusst war. Bin auf jeden Fall froh, dass ich das nun klar habe. Danke.

  95. #95 Alderamin
    6. März 2013

    @Niels

    Cool im Amazon-Shop:
    Brian Greene, “Die verborgene Wirklichkeit”, Kindle Edition: 19,99 €
    Brian Green, “The Hidden Reality”, Kindle Edition: 7,59 €

    Muss ich auch nicht so lange überlegen, ob ich das Original oder die Übersetzung downloade. 🙂

    Schauen wir mal…

  96. #96 Alderamin
    6. März 2013

    “Green” ist natürlich auch “Greene”…

  97. #97 Alderamin
    7. März 2013

    @Niels

    “”gluing” together” bezieht sich wieder auf den Quotientenraum, wie im euklidischen Fall.
    Ein “3-ball” ist eine normale, dreidimensionale Kugel, die “2-sphere” die Oberfläche dieser Kugel.

    Findest du das wirklich besonders “natürlich”? Kannst du dir das wirklich bildlich vorstellen?

    Das kann ich mir einigermaßen vorstellen. Wenn man das um eine Dimension reduziert, klebt man gewissermaßen zwei zu Halbkugeln ausgebeulte Kreise zusammen. Man identifiziert die Punkte an den Rändern miteiander und definiert so, wie man von einer Halbkugel am Äquator zur anderen wechselt. So erhält man eine Vollkugel. Eine Dimension höher sind die beiden Kreise dann 3D-Kugeln, die allerdings ebenfalls “ausgebuchtet” sein müssten in die 4. Dimension, sonst fielen sie einfach aufeinander (wie zwei ebene Kreise). Das verstehe ich unter der aus Wikipedia zitierten Konstruktion.

    Die Hypersphäre ist die einfachste und symmetrischste 4D-Form. Ich kann mir die Form zwar nicht selbst vorstellen, aber ich kann mir vorstellen, wie man sich in ihrer 3D- Begrenzung bewegen kann (eigentlich genau wie im 3-Torus, aber Dreiecke hätten Winkelsummen größer als 180°). Diese Form ist irgendwie genau so natürlich wie Kugeln und Kreise. Sie minimiert den begrenzenden Raum.

    Versuche Dir mal ein Rad vorzustellen, das außen fast mit Lichtgeschwindigkeit rotiert, und wie der Umfang auf dem Rad für verschiedene Radien sein müsste. Das Rad wäre wie auf einem lang ausgezogenen Tropfen projiziert verzerrt, mit der Nabe auf der runden Seite und dem Umfang irgendwo auf dem ausgezogenen Teil. So kann man sich Raumkrümmung ein wenig plastisch vorstellen.

  98. #98 Niels
    7. März 2013

    @Alderamin

    Die Hypersphäre ist die einfachste und symmetrischste 4D-Form.

    Du meinst die Hyperkugel?

    Diese Form ist irgendwie genau so natürlich wie Kugeln und Kreise. Sie minimiert den begrenzenden Raum.

    Uns geht es um dreidimensionale Mannigfaltigkeiten ohne Rand. Diese Mannigfaltigkeiten sind praktisch nie Hypergrenzfläche eines 4D-Objekts. (Also so etwas wie die Oberfläche eines 3D-Objektes jeweils eine Dimension höher.)
    Eine Einbettung in den R^4 ist nicht immer möglich.

    Die Differentialgeometrie wurde im Wesentlichen dazu erfunden, um gerade solche geometrische Objekte beschreiben zu können. Bei der Definition der Objekte werden nur Eigenschaften verwendet, die den Objekten selbst intrinsisch sind. Man verzichtet also bewusst völlig auf den Rückgriff auf einen umgebenden Raum, der taucht bei den Definitionen nicht mehr auf.
    Genau dazu hat man Mannigfaltigkeiten “erfunden” und deswegen beschreiben wir das Universum als Mannigfaltigkeit.
    Hier gibt es nämlich kein Außen. Es gibt keinen 4D-Raum, in den das Universum wächst. Es ist nicht nötig, sich auf einen umgebenden Raum zu beziehen. Dadurch können wir wie gesagt auch mathematische Objekte in Betracht ziehen, auf die wir sonst verzichten müssten.
    Die Optionen werden dramatisch erweitert.

    Wenn wir also über die “Symmetrie” von 3-Mannigfaltigkeiten sprechen, müssen wir intrinsische Begriffe dieser 3-Mannigfaltigkeiten verwenden. Betrachtungen bezüglich das R^4 können keine Rolle spielen, weil es für unser Universum kein Analog zu diesem R^4 gibt.
    Deswegen kann auch das die “Minimierung des begrenzenden Raums” kein Argument sein. Es gibt hier gar nichts, das begrenzt wird. Das ist einfach keine intrinsische Eigenschaft einer Mannigfaltigkeit.

    Übrigens ist es gerade das tolle und die Besonderheit der Friedmann-Universen, dass man Raum und Zeit separieren kann. Das ist eine Folge der angenommenen Homogenität un der Isotropie.
    Es ist nicht selbstverständlich, dass wir den Raum überhaupt getrennt von der Zeit als 3-Mannigfaltigkeit ansehen dürfen.
    Das ist allgemein für die ART ja gerade nicht so. Wenn man nicht das Gesamt-Universum betrachtet, sondern ein Planetensystem oder ein schwarzes Loch, kann man dann die Sache mit der Einbettung in den höherdimensionalen Raum völlig vergessen. So könnte man die Probleme nicht angehen.
    Wie gesagt, der Witz des verwendeten mathematischen Formalismus ist, dass wir es dennoch mit Hilfe intrinsischer Eigenschaften beschreiben können.

    Ich kann mir die Form zwar nicht selbst vorstellen, aber ich kann mir vorstellen, wie man sich in ihrer 3D- Begrenzung bewegen kann

    Mir ging es um das Entstehen und die Ausdehnung der Universums-“Blasen” bei der der ewigen Inflation.
    Ich komme da nicht mehr zurecht, wenn ich bedenke, dass diese “Blasen” eigentlich 3-Sphären sind.

  99. #99 Alderamin
    7. März 2013

    @Niels

    Uns geht es um dreidimensionale Mannigfaltigkeiten ohne Rand. Diese Mannigfaltigkeiten sind praktisch nie Hypergrenzfläche eines 4D-Objekts. (Also so etwas wie die Oberfläche eines 3D-Objektes jeweils eine Dimension höher.)
    Eine Einbettung in den R^4 ist nicht immer möglich.

    Ok, verstanden.

    Dann werden aus den beiden zusammengehefteten Kugelhälften zwei ebene Kreisflächen, die nur am Rand verbunden sind und sich nicht in die dritte Dimension ausbeulen (gewissermaßen die Vorder- und Rückseite einer flachen Scheibe), und analog handelt es sich bei der 3-Sphäre um zwei Kugeln, die getrennte Räume beschreiben, an der begrenzenden Oberfläche rundum miteinander verbunden sind, und somit irgendwie ineinander liegen, ohne durch eine höhere Dimension getrennt zu sein. Dennoch sind die Innenräume verschieden, wie die Vorder- und Rückseite einer flachen Scheibe.

    Betrachtungen bezüglich das R^4 können keine Rolle spielen, weil es für unser Universum kein Analog zu diesem R^4 gibt.
    Deswegen kann auch das die “Minimierung des begrenzenden Raums” kein Argument sein.

    Allerdings stand in dem Wikipedia-Link zuoberst, dass die 3-Sphäre die Menge der Punkte in einem 4D-Raum sei, die den gleichen Abstand von einem festen Punkt in diesem Raum habe und sie damit das 4-D-Pendant einer Kugeloberfläche sei; dann wäre sie der begrenzende 3D-Raum einer Hyperkugel. Daher meine Verwirrung.

  100. #100 Bjoern
    7. März 2013

    @mr_mad_man:

    Das war mir bisher überhaupt nicht bewusst, dass bei diesen Darstellungen eben nicht das Gesamt-Universum gemeint ist. Es wird ja einfach von “dem Universum” gesprochen, ohne auf diese “Einschränkung” hinzuweisen.

    Ja, das ist wohl die Sache, die mich an populärwissenschaftlichen Darstellungen der Urknall-Theorie am meisten stört… das wird fast nirgends vernünftig erklärt!

  101. #101 Alderamin
    7. März 2013

    @Niels

    Interessanter Wiki-Artikel zum Thema:
    https://en.wikipedia.org/wiki/Shape_of_the_Universe

    Wenn’s nach folgendem Artikel geht, gibt’s sogar schon Hinweise darauf (COBE, WMAP) dafür dass das Weltall endlich und ein 3-Torus sein könnte:
    https://en.wikipedia.org/wiki/Doughnut_theory_of_the_universe

    Könnte ich gut mit leben.

  102. #102 Niels
    7. März 2013

    @Alderamin
    Danke, den “Shape of the Universe”-Eintrag kannte ich bisher noch nicht. Schöne Zusammenfassung.

    Klar, das “Doughnut-Universum” kenne ich. Wurde sogar vor Jahren schon mal bei den Simpsons erwähnt. Wobei der Name natürlich völlig unpassend ist. Ein 3-Torus ist kein Doughnut, da werden völlig falsche Vorstellungen erzeugt.
    (Natürlich hat der 3-Torus wie erwähnt das Flachheitsproblem, weil er euklidische Geometrie besitzt.)

    Auf die “Hinweise” für den 3-Torus gebe ich momentan noch nicht besonders viel. Die sind zum einen nicht unumstritten.
    Zum anderen, wie oben schon mal erwähnt:
    Andere Forscher glauben, Hinweise auf das Dodekaeder-Universum (Poincaré dodecahedral space) gefunden zu haben. Nochmal andere Kosmologen sehen Indizien für das Horn-Universum (Picard horn).

    Daher meine Verwirrung.

    Okay, ich probier es noch mal anders:

    In der Kosmologie geht man von verschiedenen Voraussetzungen aus.
    1) Das Universum kann mit Hilfe der ART beschrieben werden.
    Mathematische Folgerung: Das Universum/die Raumzeit ist eine vierdimensionale Mannigfaltigkeit (genauer eine Pseudo-riemannsche Mannigfaltigkeit).
    2) Das Universum ist räumlich isotrop.
    3) Das Universum ist räumlich homogen.

    Mathematische Folgerung aus 1,2 und 3.
    Der “Raum”, also der räumliche Anteil des Universums, ist eine dreidimensionale Mannigfaltigkeit. (Eigentlich sogar eine ganz spezielle 3-Mft., aber das führt zu weit.)

    Jetzt betrachten wir die Menge der 3-Mannigfaltigkeiten. Die Elemente dieser Menge entscheiden sich durch ihre Topologie, also durch ihre ihnen intrinsische Eigenschaften. Anschauliche Beispiele für solche Eigenschaften sind Krümmung und Beschränktheit (endlich oder unendlich). Die Krümmung ist natürlich völlig ohne Rückgriff auf etwas Äußeres definiert.

    Es gibt eine besondere Teilmenge dieser Menge. Sie besteht aus den 3-Mannigfaltigkeiten, deren Eigenschaften man auch mit Hilfe von Betrachtungen bezüglich das R^4 beschreiben kann.
    Die 3-Sphäre ist ein Beispiel für ein Element dieser Teilmenge.
    Die untere Beschreibung im Wiki-Artikel ist die allgemeine Beschreibung über intrinsische Eigenschaften, die obere Beschreibung die spezielle Beschreibung mit Hilfe des R^4.
    Beide Beschreibungen sind äquivalent.

    So wie ich es verstanden habe, besteht du darauf, ein Element dieser Teilmenge zu wählen. Und zwar im besonderen die 3-Sphäre, weil dir ihre Eigenschaften in der spezielle Beschreibung mit Hilfe des R^4 besonders gut gefallen.

    Das kein aber keine Begründung sein. Es gibt nämlich keinen Grund, sich auf diese Teilmenge zu beschränken.

  103. #103 Alderamin
    7. März 2013

    @Niels

    So wie ich es verstanden habe, besteht du darauf, ein Element dieser Teilmenge zu wählen. Und zwar im besonderen die 3-Sphäre, weil dir ihre Eigenschaften in der spezielle Beschreibung mit Hilfe des R^4 besonders gut gefallen.

    Nein, ich bestehe auf gar nichts, wer bin ich denn, ich versuche nur, den plausibelsten Kandidaten zu finden. Ausgeschlossen ist da gar nichts. Ich habe auch nur gesagt, dass ich mir einfache, symmetrische Formen (zum Beispiel eine Hyperkugel) eher als solche Kandidaten vorstellen kann, als irgendwelche Prismenkonstruktionen oder Dodekaeder. Aber ich bin nun mal kein Kosmologe, was sollte ich mir anmaßen, da mitzureden.

    Bis jetzt habe ich außer dem Torus und der Hyperkugel (oder Sphäre, ohne Inhalt) ohnehin noch wenig Vorstellung von diesen Formen und wie sie zustande kommen sollen. Greene wird da in seinem letzten Buch vermutlich auch nicht viel drüber geschrieben haben.

    Lassen wir’s doch einfach mal dabei.

  104. #104 Niels
    7. März 2013

    @Alderamin
    Na ja, bestehen war wahrscheinlich nicht das richtige Wort, über die Formulierung hab ich mir aber nicht so viele Gedanken gemacht.
    Ich hatte den Eindruck, dass du immer nur an diese Teilmenge gedacht hast und dir die Existenz der übergeordneten Menge gar nicht klar war. Meiner Meinung zufolge kann aufgrund deren Existenz die Symmetrie bezüglich des R^4 keine Rolle spielen.
    Deswegen habe ich versucht, diese Tatsache zu erklären.
    Da du im letzten Post noch einmal die obere Beschreibung im Wiki-Artikel erwähnt hast, dachte ich, es wäre dir immer noch nicht klar, was ich überhaupt meine. Da habe ich dich aber anscheinend missverstanden?

    Sollte bestimmt kein persönlicher Angriff oder Vorwurf sein, sorry.

  105. #105 llamadojorge
    Buenos Aires
    7. März 2013

    Im Video heißt es, das Universum sei 13,77 Mrd. Jahre alt, aber heute rund 93 Mrd. Lichtjahre groß. Heißt das, die Ausdehnung des Raumes findet mit mehr als Lichtgeschwindigkeit statt? Ist das nicht ein Widerspruch zur Relativitätstheorie, wonach nichts schneller als Licht sein kann?

  106. #106 JaJoHa
    8. März 2013

    @llamadojorge
    Das trifft auf massive Teilchen zu (also Teilchen mit Ruhemasse)
    Masselose Teilchen sind mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs (zumindest fällt mir keines ein, wo das anders währe)
    Aber du hast die Expansion des Raumes selbst. Das bedeutet, das der leere Raum expandiert wie “Kuchen voller Rosinen, der beim Backen aufgeht”, so hat der Herr Freistetter das ausgedrückt (4). Das ist keine Bewegung im Raum und daher gilt da dieses Limit nicht.
    Ich hoffe das stimmt soweit, aber Alderamin oder Niels schreiben vieleicht gleich eine ausführlichere Antwort

  107. #107 Alderamin
    8. März 2013

    @Niels

    Na ja, bestehen war wahrscheinlich nicht das richtige Wort, über die Formulierung hab ich mir aber nicht so viele Gedanken gemacht.

    “bestehen auf” klingt so crackpotish… was ich antwortete war auch nicht beleidigt gemeint, sondern einfach wörtlich, ich bin kein Kosmologe, ich hab’ da keine Ahnung, warum ein Dodekaeder für manche die geeigneteste Grundform ist, und ich verstehe es auch jetzt noch nicht, ich wollte nur sagen, wenn ich zwischen mehreren Varianten raten müsste, dann würde ich auf eine einfache drehsymmetrische Form tippen, aber das ist nur Bauchgefühl. Genau wie meine Präferenz für ein endliches Universum (Greene schreibt dazu, es werde von den Kosmologen vor allem deshalb bevorzugt, weil es die Gleichungen einfacher macht, was ungefähr dasselbe bedeutet wie Deine Anmerkung bzgl. Ockham).

    Ich hatte den Eindruck, dass du immer nur an diese Teilmenge gedacht hast und dir die Existenz der übergeordneten Menge gar nicht klar war.

    Ich hatte in #12 schon geschrieben:
    “Ob die Dimension, in die sich der Raum anscheinend krümmt, überhaupt real ist, ist offen.”

    Das hatte ich aus früheren Diskussionen mit Dir schon mitgenommen – früher hatte ich das Ballonmodell auch überinterpretiert (wobei Björns Deutung des Radius als Zeitachse sicher richtig ist, nur krümmt sich der Ballonoberfläche, also der Raum, sicher nicht in die Zeit hinein, auch wenn die Raumzeit gekrümmt ist). Ich habe verstanden, dass Raumkrümmung zunächst mal nur bedeutet, dass sich die Geometrie von Euklidisch zu Minkowskisch ändert (oder wie auch immer bei irgendeiner Topologie des Universums).

    Die Verwirrung bestand zuletzt nur darin, dass Du einen 3-Sphären-Artikel, der zu Beginn ganz eindeutig diese als Begrenzung einer Hyperkugel im R^4 bezeichnet, mit einer alternativen Definition aus zwei 3-Kugeln kombiniert hast, von der Du dann nachher sagtest, ihre Einbettung im R^4 sei völlig sinnlos. Da war die gleiche 3-Sphäre einmal die Begrenzung einer Hyperkugel und einmal nicht, und das war mir anfangs nicht klar. Es war mir aber in Post #99 klar, als ich sagte “ok, verstanden”, nachdem Du es in #98 erläutert hattest. Und ich hatte versucht, dieses Verständnis durch ein Herunterbrechen um eine Dimension zu belegen.

    Und spätestens wenn man dann nur doch darüber redet, über was man eigentlich geredet hat, dann ist der Strang so kompliziert geworden, dass man ihn beenden sollte (jedenfalls bzgl. der Topologie).

    Meine einzige Frage ist noch, wie man es hinbekommt, dass bei einem Urknall ein unendliches Ausgangsuniversum überall simultan losknallt, wahlweise indem es mit der Inflation beginnt oder damit aufhört. Bis jetzt war die Aussage dazu lediglich, dass das für die Formeln kein Problem sei. Das reicht zum Verständnis nicht aus, das müsste ich dann so glauben. Amehesten verstünde ich dies, wenn zwei unendlich große Membranen überall gleichzeitig zusammenstoßen, wobei dann deren Herkunft und Ebenheit wieder ein Verständnisproblem verursachen.

  108. #108 Alderamin
    8. März 2013

    @llamadojorge

    JaJoHa hat Recht, es bewegt sich bei der Raumexpansion nichts. Nach dem Urknall entand eine Art stillstehender Nebel aus Photonen und Teilchen (die natürlich aufgrund ihrer hohen Temperatur in alle Richtungen durch die Gegend flogen, die Photonen sowieso, aber es gab keine Vorzugsrichtung und keine Strömungen), der allmählich abkühlte, so dass die Teilchen begannen, an vielen Orten, wo die Dichte zufällig ein wenig höher war, aufeinander zu zu fallen, und so entstanden Gaswolken, Galaxien und Sterne. Bis auf das “Aufeinander-zu-Fallen” bewegte sich da nichts.

    Jedoch quillt der Raum sozusagen unter den Galaxien auf und dehnt sich aus. Jedes Megaparsec (32,6 Millionen Lichtjahre) wird pro Sekunde um ca. 71 km länger, weil entsprechend viel Raum dazwischen entsteht. 2 Megaparsec werden um 142 km pro Sekunde länger, 2 Gigaparsec um 142000 km und 20 Gigaparsec eben um 1.420.000 km, eine Zunahme, mit der ein Lichtstrahl nicht mehr mithalten könnte, wenn er die Strecke überwinden sollte.

    Aber eigentlich bewegt sich nichts. Jede Galaxie ist bezüglich des sie umgebenden Raums mehr oder weniger in Ruhe. Deswegen spielt die Spezielle Relativitätstheorie mit ihrer Geschwindigkeitsobergrenze keine Rolle und die Flucht”geschwindigkeit” der Galaxien ist durch nichts begrenzt.

  109. #109 Alderamin
    8. März 2013

    @Niels

    (Greene schreibt dazu, es werde von den Kosmologen vor allem deshalb bevorzugt, weil es die Gleichungen einfacher macht, was ungefähr dasselbe bedeutet wie Deine Anmerkung bzgl. Ockham)

    Schlecht formuliert, “es” bezog sich auf ein unendliches Universum, das die Kosmologen neuerdings bevorzugen.

  110. #110 Alderamin
    8. März 2013

    @llamadojorge

    Jedes Megaparsec (32,6 Millionen Lichtjahre)

    Ein Megaparsec sind tatsächlich nur 3,26 Millionen Lichtjahre.

    Bin da durcheinander geraten, weil absolute Helligkeiten von Sternen auf eine Entfernung von 10 Parsec = 32,6 Lichtjahre bezogen sind. Kein Stern ist nämlich nur 1 Parsec entfernt. Das ist die Entfernung, aus der ein Objekt sich um eine Winkelsekunde (1/3600° oder ein 1800stel Vollmonddurchmesser) verschiebt, wenn die Erde sich um einen Abstand Erde-Sonne (1 AU) auf ihrem Weg um die Sonne bewegt. Oder anders ausgedrückt, die Entfernung, aus der eine Strecke von 1 AU unter einem Sehwinkel von 1 Winkelsekunde erscheint.

  111. #111 Niels
    8. März 2013

    @Alderamin

    “bestehen auf” klingt so crackpotish

    War aber nicht so gemeint.

    Es war mir aber in Post #99 klar, als ich sagte “ok, verstanden”, nachdem Du es in #98 erläutert hattest. Und ich hatte versucht, dieses Verständnis durch ein Herunterbrechen um eine Dimension zu belegen.

    Na ja, ich habe Daher meine Verwirrung. so interpretiert, dass die Verwirrung immer noch besteht.
    Deswegen habe ich das Ganze noch einmal in anderen Worten wiederholt.

    “Ob die Dimension, in die sich der Raum anscheinend krümmt, überhaupt real ist, ist offen.”

    Würde ich schärfer formulieren. Im Sinne von Laplace: “Diese Hypothese benötige ich nicht.”

    Ich habe verstanden, dass Raumkrümmung zunächst mal nur bedeutet, dass sich die Geometrie von Euklidisch zu Minkowskisch ändert (oder wie auch immer bei irgendeiner Topologie des Universums).

    Der Raum (die 3-Mannigfaltigkeit) kann ungekrümmt (euklidisch), positiv gekrümmt (sphärisch) oder negativ gekrümmt (hyperbolisch) sein.
    “Minkowskisch” oder pseudo-riemannsch bezieht sich dagegen auf die Raum-Zeit und beinhaltet für unseren Fall im wesentlichen die Aussage, dass sich die vierte Dimension/die vierte Koordinate von den anderen drei Dimensionen/Koordinaten unterscheidet.

    Das reicht zum Verständnis nicht aus, das müsste ich dann so glauben.

    Sorry, etwas besseres kann ich nicht anbieten und habe ich auch noch nirgends gelesen. Es würde mich auch sehr wundern, wenn Greene darauf genauer eingeht.
    Wenn aber doch, wäre es aber schön, wenn du etwas darüber schreibst.

  112. #112 Alderamin
    8. März 2013

    @Niels

    War aber nicht so gemeint.

    Ok, Friede 🙂

    Es würde mich auch sehr wundern, wenn Greene darauf genauer eingeht.
    Wenn aber doch, wäre es aber schön, wenn du etwas darüber schreibst.

    Klar, mach’ ich.

  113. #113 HG.Hil
    EF
    9. März 2013

    >>Nein. In der Physik gibt es keine unwiderlegbaren Beweise.<<, so Alderamin

    Erstaunlich. Dann könnte sich die Sonne wohl doch um die Erde …?

    Ich formuliere es so: Weil die gegenwärtige Physik über weite Strecken völlig spekulativ agiert, ist das Argument der Unbeweisbarkeit die letzte Zuflucht, die ultima ratio, um die bestehenden Theorien (was ja soviel heißt wie die eigene Meinung) vor der Negation zu bewahren.

    Experimentelle Befunde und Beobachtungen werden allein nach den Vorgaben der für richtig gehaltenen Theorien gewertet. Von einer ergebnisoffenen, objektiven Wertung der Beobachtungen kann unter diesen Umständen keine Rede sein. Alles wird in das vorgegebene geistig-theoretische Korsett gezwängt.

    Der Teilchenzoo ist zurückzuführen auf die Dualität von Elektron und Positron. Damit wird die Welt in einem Maße beweisbar, von dem die gegenwärtige Physik nur träumen kann. Quarks u.a. sind nicht existente Teilchen, die nur aus den theoretischen Unzulänglichkeiten des gegenwärtigen physikalischen Weltbildes geboren sind. Alle experimentellen Befunde werden nach den Vorgaben der Theorie gewertet. So ist als Ursache der Beobachtungen nur die Existenz der theoretischen Schöpfungen erkennbar. (anstelle eines Links sei der Suchbegriff "fragwürdige Neutrinos" genannt).

    Die Beweisbarkeit der objektiven Realität und die Beweisbarkeit in der Mathematik muss sehr streng voneinander getrennt werden. Die Mathematik hat einen von der Realität völlig verschiedenen Wahrheitsraum; sie axiomisiert und definiert ihr Fundament entsprechend den erkennbaren Notwendigkeiten und entwickelt darauf ihren für die Physik beneidenswert exakten Überbau.
    Die objektive Realität (die Materie in Form freier Energie oder verstofflicht als Teilchen) organisiert sich nach den ihr innewohnenden Gesetzen, die erkennbar sind und die es zu erkennen gilt. Diese Gesetze zu beweisen ist im mathematischen Sinne unmöglich und auch völlig überflüssig. Hier zählt nur die Übereinstimmung von Theorie und Experiment bzw. Theorie und Praxis. Diese Übereinstimmung ist in der Physik gegenwärtig immer weniger gegeben. Sie hat sich ihr eigenes Weltbild geschaffen.

  114. #114 JaJoHa
    9. März 2013

    @HG.Hil
    Die Theorien können mit verschiedenen Hypothesentests verglichen werden, wenn ich experimentelle Daten habe. Dann kann ich schauen, ob meine Theorie die Daten richtig reproduziert.

    “Dualität von Elektron und Positron”
    Was soll das sein? Das sind Teilchen und Antiteilchen.

    ” Quarks u.a. sind nicht existente Teilchen, die nur aus den theoretischen Unzulänglichkeiten des gegenwärtigen physikalischen Weltbildes geboren sind”
    Wie erklären sie dann die Ergebnisse von deep inelastic scattering und die PDF

    “Freie Energie”
    Was hat ein Begriff der Thermodynamik jetzt in der Teilchenphysik zu tun? Das macht wenig Sinn

    “fragwürdige Neutrinos”
    Mal die Messungen am LEP anschauen. Da wurde die Z^0 Resonanz vermessen, inklusive der Zerfallskanäle. Die Daten sind mit extrem hoher Präzision und liefern als Ergebnis 3 Neutrinogenerationen. Falls sie eine zusätzliche Neutrinogeneration haben wollen darf sie nicht ans Z koppeln oder muss mehr als 40 GeV/c² Ruhemasse haben.

    “Hier zählt nur die Übereinstimmung von Theorie und Experiment bzw. Theorie und Praxis. Diese Übereinstimmung ist in der Physik gegenwärtig immer weniger gegeben.”
    Das würde ich ohne weiteres als Unsinn ansehen. Das SM liefert sehr genaue Übereinstimmungen mit den Experimenten. Schauen sie sich mal die Simulationsergebnisse im Vergleich zu den experimentellen Daten an. Einfach mal auf arxiv suchen. Da am besten mal Messungen von CMS, ATLAS, D0, CDF z.B. in Bezug auf das t-Quark vergleichen, oder Ergebnisse der LEP Experimente zur Z-Resonanz. Da ist oft auch die zur Zeit des Papers aktuelle QCD oder QED Berechnung zum Vergleich eingezeichnet.

  115. #115 PDP10
    9. März 2013

    @JaJoHa:

    ““Freie Energie”
    Was hat ein Begriff der Thermodynamik jetzt in der Teilchenphysik zu tun? Das macht wenig Sinn”

    Bischen fies an dieser Stelle die Ironie-Tags wegzulassen … aber schön 🙂

  116. #116 JaJoHa
    10. März 2013

    @PDP10
    Wieso, ist doch die einzige Stelle in der Physik, wo ich bisher den Begriff gesehen habe. Ich gehe da einfach mal von aus, das hier keine Pseudowissenschaft, die anscheinend den harm Oszillator nicht begreift, im Spiel ist.
    Was aber Teilchenphysik mit der größe der Universums zu tun haben soll erschließt sich mir aber grade nicht 😉

  117. #117 Alderamin
    10. März 2013

    @Niels

    Sorry, etwas besseres kann ich nicht anbieten und habe ich auch noch nirgends gelesen. Es würde mich auch sehr wundern, wenn Greene darauf genauer eingeht.

    Doch, tut er, und ich habe auch eine alternative Stelle im Web gefunden, die den Sachverhalt erklärt.

    Die Idee ist die folgende: gegeben ein chaotisch inflationär wachsender Raum, der Blasenuniversen mit normaler hubblescher Expansion hervorbringt. Aus der Sicht eines außenstehenden Beobachters wachsen diese Blasen (mit Lichtgeschwindigkeit?) und sind stets und zu jeder Zeit endlich groß. Das ist leicht nachzuvollziehen.

    Ein Beobachter in einer solchen Blase würde seine Zeit jedoch anders messen, und zwar nach der abnehmenden Dichte des Universums. Gleiche Dichte des Raums bedeutet für ihn Orte gleicher Zeit. Und diese Dichte ist an der Oberfläche der Blase überall maximal: dort findet der Urknall statt. Aber wenn man die Blase in der Zeitachse des außenstehenden Beobachters betrachtet und größer werden lässt, dann ist der Urknall an ihrer Außenfläche fortwährend im Gange, in alle Ewigkeit, während die Blase immer weiter wächst. Aus der Sicht eines Bewohners in der Blase ist dies jedoch alles die gleiche Zeit zu Beginn des Universums, d.h. die unendliche Zeit des Außenstehenden wird zum unendlichen Raum des Blaseninsassen.

    Man stelle sich die Blase reduziert auf zwei Dimensionen als Kreisscheibe vor und in der dritten Dimension die Zeit des externen Beobachters, dann bildet die wachsende Scheibe einen spitzen Kegel, der sich nach oben (Zukunft) hin öffnet. Die Kegelspitze ist der Zeitpunkt, an dem der externe Beobachter die Blase entstehen sieht, und dann wächst sie linear zu einem immer breiter werdenden Kegel. Für den Insassen des Kegels ist die unendliche Kegelfläche eine Fläche gleicher Dichte des Universums und zwar der überall im unendlichen Raum stattfindende Urknall. Nach innen und oben nimmt die Dichte des Raums ab (wegen der hubbelsche Expansion, die im Bild nicht dargestellt ist), deswegen liegen diese Punkte auf anderen zeitlichen Fächen des Blasenbewohners. So wird die Zeit des externen Betrachters zum Raum des internen und umgekehrt.

    Auf der Suche nach einer grafischen Darstellung dieser Idee gemäß Greenes Buch bin ich (neben wohl illegalen Kopien des Buchs selbst, die ich hier nicht verlinken möchte) auf folgende Seite gestoßen, die das Thema ebenfalls behandelt:

    https://edge.org/conversation/next-step-infinity

    Hab’ sie aber noch nicht gelesen. Es geht um Figure 2 und 3, wo die expandierende Blase nicht als Kegel, sondern als Dreieck in der Fläche dargestellt ist.

    Mit einem somit unendlichen Blasenuniversum folgt sofort, dass aufgrund der endlichen Zahl von Quantenzuständen und der nach oben beschränkten möglichen Teilchen- bzw. Energiedichte im Raum eine endliche Zahl von Teilchenkonfigurationen in unendlicher Folge existieren muss, d.h. es gibt uns und unsere Erde und alles darum herum in unendlicher Wiederholung im unendlichen Raum, und auch alle möglichen alternativen Historien von uns, jede mögliche Entscheidung, die wir oder unsere Vorfahren jemals getroffen oder eben nicht getroffen haben, sind irgendwo realisiert. Wir sind z.B. irgendwo auch mal Massenmörder. Gruseliger Gedanke.

  118. #118 Alderamin
    10. März 2013

    @myself

    (wegen der hubbelsche Expansion, die im Bild nicht dargestellt ist)

    Greene ging nicht auf diesen Punkt ein, aber auf der von mir verlinkten Seite entspricht die Hubble-Expansion den flacher werdenden Hyperbeln, sie ist also doch in Figure 3 abgebildet.

  119. #119 Niels
    10. März 2013

    @Alderamin
    Super, vielen Dank.
    Ich hab mir jetzt das Kapitel bei Greene und den Link angeschaut.

    Mit einem somit unendlichen Blasenuniversum folgt sofort[…]

    Das folgt aber doch immer aus Unendlichkeit, gilt also für jedes unendliche Universum?

    Oben schrieb ich:

    “Blasenuniversen” im Multiversum-Modell der ewigen Inflation (darauf beziehst du dich?) können durchaus unendlich groß sein.

    Laut Greene ist das aber falsch. Blasenuniversen im Multiversum-Modell der ewigen Inflationmüssen unendlich groß ist. Jedenfalls für interne Beobachter und darüber sprechen wir ja die ganze Zeit.
    Das war mir bisher nicht klar und ich bin mir eigentlich auch ziemlich sicher, dass ich das auch schon anders gelesen habe, also dass auch Endlichkeit für interne Beobachter möglich ist.
    An die Quelle erinnere ich mich aber leider nicht mehr.

    Ich hab mal in ein paar Original-Paper zur ewigen Inflation reingeschaut. Dazu habe ich aber leider nichts gefunden. Greene bezieht sich in seiner Fußnote dazu auf Alexander Vilenkin, Sidney Coleman und Frank de Luccia, allerdings ohne genauere Angaben. Die haben aber nicht gerade wenig veröffentlicht, das hilft nicht unbedingt weiter.
    Ist vielleicht auch ziemlich trivial, wenn man die Mathematik versteht. Tue ich aber leider nicht, das wäre für mich auch ein längeres Projekt, für das mir momentan die Zeit fehlt.

    Wenn Greene recht hat (was doch sehr wahrscheinlich ist), wäre das natürlich ein weiteres Argument für ein unendliches Universum.
    Wobei die ewige Inflation natürlich auch wieder das Problem hat, dass sie eigentlich nicht falsifiziert werden kann.

    Ach, nur als interessante Anmerkung zu den Blasenuniversen:
    Beim Überfliegen der Paper habe ich bei Alan Guth, Eternal inflation and its implications Folgendes gefunden:

    There is no standard name for these local universes, but they are often called bubble universes. I prefer, however, to call them pocket universes, to avoid the suggestion that they are round. While bubbles formed in first-order phase transitions are round [27], the local universes formed in eternal new inflation are generally very irregular, as can be seen for example in the two-dimensional simulation by Vanchurin, Vilenkin, and Winitzki in Fig. 2 of Ref. [28].

  120. #120 Alderamin
    10. März 2013

    @Niels

    Das folgt aber doch immer aus Unendlichkeit, gilt also für jedes unendliche Universum?

    Selbstverständlich. Meine Aussage galt o.B.d.A.

    Beim Überfliegen der Paper habe ich bei Alan Guth, Eternal inflation and its implications Folgendes gefunden

    Oh, schade, ich dachte schon, die Topologie einer solchen Blase müsste kugelsymmetrisch im R^3 sein, dann hätte man bei linearer zeitlicher Ausdehung auf die Topologie des entstandenen Universums schließen können, indem man eine Transformation angewendet hätte, die die Hyperbelflächen (bzw. -räume) gleicher Zeiten flach zieht, so wie sie dem Beobachter in der Blase erscheinen.

  121. #121 Steffmann
    10. März 2013

    @Alderamin:

    Oh, schade, ich dachte schon, die Topologie einer solchen Blase müsste kugelsymmetrisch im R^3 sein, dann hätte man bei linearer zeitlicher Ausdehung auf die Topologie des entstandenen Universums schließen können, indem man eine Transformation angewendet hätte, die die Hyperbelflächen (bzw. -räume) gleicher Zeiten flach zieht, so wie sie dem Beobachter in der Blase erscheinen

    Zunächst mal Hut ab. Viel gelernt beim Lesen der Diskussion zwischen Nils und Dir. Aber jetzt bleibt mir nur ein “Hä ?”. Selbst wenn eine anfänglich entstandene Blase (kugelformig), durch die Inflation zur Hyberbel wird, zieht das noch lange nicht die Zeit . Denn die Inflation war ein begrenzter Vorgang, auch wenn damals noch keine Zeit und kein Raum im eigentlichen Sinne existierte. Damit ist die daraus möglichweise entstandene Hyberbel zumindenst zeitlich nicht relevant. Oder ich habe das Modell nicht verstanden…..Ei,ei,ei….ihr seid aber auch definitiv 3 Stufen zu kompetent für Otto-Normalverbraucher wie mich 🙂

  122. #122 Alderamin
    11. März 2013

    @Steffmann

    Selbst wenn eine anfänglich entstandene Blase (kugelformig), durch die Inflation zur Hyberbel wird, zieht das noch lange nicht die Zeit . Denn die Inflation war ein begrenzter Vorgang, auch wenn damals noch keine Zeit und kein Raum im eigentlichen Sinne existierte.

    Nein, es geht hier um die ewige, chaotische Inflation: der sich inflationär aufblähende Raum hört niemals überall auf, zu expandieren, weil die Inflation nicht gleichförmig läuft, sondern das Inflaton-Feld lokal wilde Sprünge macht, die es an manchen Stellen auch wieder auf höhere Energiedichte treiben können, die dann wieder sehr schnell expandieren und weiteren Raum schaffen, in dem das Feld chaotisch springen kann (es handelt sich dabei um Quantenfluktuationen des Felds). Deswegen kommt die Inflation nie zum Erliegen.

    Wo die Inflation lokal aufhört, entsteht hingegen eine Blase, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausdehnt und in welcher der Raum nicht mehr inflationär wächst. Aus den Überlegungen oben folgt, dass ein Blaseninsasse die Gleichzeitigkeit entlang anderer Raumzeitlinien definiert als ein externer Beboachter. Dem internen Beobachter erscheinen Raumzeitbereiche als eben, die dem externen Beobachter hyperbolisch erscheinen.

    Daher meine spontane Idee, wenn die Geometrie der Blase aus Sicht des externen Beobachters bekannt ist (kugelsymmetrisch und in der Zeit kegelförmig), so wie die Bereich gleicher Dichte in dieser hyperkegelförmigen Raumzeitblase durch eine Formel beschreibbar, dann könnte man die Transformation ermitteln, die die Hyperbeln innen zu einem flachen Raum zieht und angewendet auf den Hyperkegel insgesamt somit die Topologie der Blase aus Sicht des Insassen bestimmen.

    Das ist aber wohl trotzdem unsinnig, weil die Transformation ja gerade einen flachen Raum aus dem Hyperkegel macht, damit kommt also einfach eine unendliche Raumzeit mit ebener Topologie heraus.

  123. #123 Steffmann
    12. März 2013

    @Alderamin:

    Danke für die anschauliche Erklärung. Bislang war ich immer der Meinung, die Inflation sei eine Hyptothese, die das frühzeitlicheste Universum betrifft. Dass aktuelle Modelle zeigen, dass es eine “ewige, chaotische” Inflation geben kann, war mir so noch nicht bekannt (TOP 1: mehr Fachliteratur lesen ;-)).

    Was deine letzten beiden Absätze betrifft: Ich erahne, was du meinst, werde mich aber hüten, auch nur zu versuchen, hierzu etwas halbwegs intelligentes beisteuern zu können *lol*

  124. #124 Alderamin
    12. März 2013

    @Steffmann

    Ob die Inflation nur einen Sekundenbruchteil oder eine Ewigkeit gedauert hat, können wir nicht entscheiden, aber ob es die Inflation gab, das lässt sich belegen. Deshalb ist sie keine Hypothese, sondern eine echte Theorie. Schau Dir mal das Diagramm rechts unten in diesem Artikel an, da siehst Du die Korrelation von Temperatur-Strukturen in der kosmischen Hintergrundstrahlung in Abhängigkeit vom Winkel (hier als Multipol-Moment bezeichnet, ich habe da auch schon Winkel von links 90° bis rechts 0° aufgetragen gesehen). Die durchgezogene Kurve entspricht der Vorhersage der Inflationstheorie, die Punkte sind die Messwerte der WMAP-Sonde. Sieht ziemlich gut aus für die Inflationstheorie.

  125. #125 Steffmann
    13. März 2013

    @Alderamin:

    Ok, ja klar. Irgendwann hat das mit dem WMAP auch noch auf den Schirm, aber wohl vergessen. Was ist eigentlich mit den Ergebnissen vom Planck, die die Jungs und Mädels schon vor 4 Wochen diskutieren wollten ? Gibt es da etwas Neues ?

  126. #126 Steffmann
    13. März 2013

    Irgendwann “hatte ich das” mit dem WMAP auch noch auf den Schirm. Um der Semantik genüge zu tun (böse Zungen würden von Rechtschreibung sprechen).

  127. #127 Alderamin
    13. März 2013

    @Steffmann

    Nix gehört von Planck, aber Florian und Daniel werden uns auf dem Laufenden halten.

  128. #128 Niels
    14. März 2013

    Die Pressekonferenz für Planck findet in einer Woche, also am 21.3, statt.
    https://smsc.cnes.fr/PLANCK/GP_actualites.htm

    Ich hab übrigens noch das hier zum 3-Torus gefunden:
    https://www.spektrum.de/alias/pdf/sdw-09-01-s024-pdf/977060
    Das ist ein Artikel von Spektrum der Wissenschaft, der Download der PDF-Datei sollte automatisch starten.

    Dort findet man:

    Das Drei-Torus-Modell eines endlichen flachen Raums stimmt sehr gut mit den WMAPDaten überein, in manchen Teilen passt es sogar besser als das Standardmodell mit unendlichem flachem Raum.

    Na ja, das behaupten allerdings alle Gruppen über ihr jeweiliges Liebungsmodell. 😉

  129. #129 Alderamin
    14. März 2013

    @Niels

    Danke für den Link auf das Paper. Vom Text her alleine ist es ja dann schon ausgemacht, dass das Weltall ein 3-Torus ist. Wenn ich mir allerdings die Messungen anschaue, dann halte ich es für ziemlich mutig, daraus einen besseren Fit zu den 3-Torus-Daten als zum Standardmodell zu erkennen.

    Mal gespannt, ob PLANCK den linken Bereich der Kurve deutlich besser auflösen konnte.

  130. #130 Niels
    24. März 2013

    @Alderamin
    Die PLANCK-Daten sind inzwischen da, der linke Bereich sieht aber auch nicht viel besser aus.
    (Die Flachheit wurde dagegen mit noch größerer Genauigkeit eingegrenzt.)

    Lesenswerte Zusammenfassungen zu den neuen Erkenntnissen:
    https://scienceblogs.com/startswithabang/2013/03/21/what-the-entire-universe-is-made-of-thanks-to-planck/
    https://galileospendulum.org/2013/03/21/planck-results-our-weird-and-wonderful-universe/

    Im zweiten Link findet man:

    Now for the yucky bit: at the left side of the power spectrum, the error bars get big, and the points don’t fit neatly to the theory—any theory.

    Und im ersten:

    Planck is so sensitive that the limits to what it can see aren’t set by instruments, but by the fundamental astrophysics of the Universe itself! In other words, it will be impossible to ever take better pictures of this stage of the Universe than Planck has already taken.

    Wenn das wirklich so stimmt, kann die Untersuchung der Hintergrundstrahlung beim hier besprochenen Problem offenbar nicht mehr weiterhelfen.

    Zum 3-Torus:
    Wenn man sich mal das Planck power spectrum für diesen Bereich mit Fehlerbalken ansieht, ist die Grafik in der oben verlinkten 3-Torus-Veröffentlichung eigentlich ziemlich der Witz.
    Kein Wunder, dass man dort lieber auf die Fehlerbalken der WMAP-Daten verzichtet hat. “Passt sogar besser als das Standardmodell” ist wie du sagst eine steile Behauptung, mit eingezeichnetem Fehler würde man sie sogar auslachen…

  131. #131 Alderamin
    24. März 2013

    @Niels

    Danke für die Links. Diesen fand ich auch interessant:
    https://www.skyandtelescope.com/news/Best-Map-Yet-of-the-Universe-199410221.html

    Hängen die großen Fehlerbalken für kleine Multipol-Momente nicht auch mit der beobachteten Anisotropie der Hintergrundstrahlung in gegenüberliegenden Richtungen zusammen? Da war außerdem die Rede von einer Anisotropie, die mit der Milchstraßenebene zusammenfällt, obwohl man alle Effekte der Milchstraße herausgerechnet haben will.

    Laut S&T-Artikel oben möglicherweise ein Hinweis auf Strukturen größer als unser Horizont. Würde auch ganz gut zur Anisotropie der Rotationen von Galaxien passen (wobei ich nicht weiß, wie die Anisotropie-Achsen beider Effekte zueinander liegen).

    Planck is so sensitive that the limits to what it can see aren’t set by instruments, but by the fundamental astrophysics of the Universe itself! In other words, it will be impossible to ever take better pictures of this stage of the Universe than Planck has already taken.

    Die Polarisationsdaten stehen aber noch aus, die laut S&T-Artikel zwischen Inflation und etwa Brane-Kollisionen unterscheiden ließen. Wir müssen uns noch ein Jahr darauf gedulden; anscheinend wurden noch keine signifikanten Polarisationsmuster gefunden, was zumindest schon mal die Richtung vorgibt.

  132. #132 Niels
    24. März 2013

    @Alderamin

    Hängen die großen Fehlerbalken für kleine Multipol-Momente nicht auch mit der beobachteten Anisotropie der Hintergrundstrahlung in gegenüberliegenden Richtungen zusammen?

    Nicht soweit ich es verstehe.
    Die Fehler stammen hier von Vordergrundeffekten (foreground) und aus dem Problem der cosmic variance.
    Die genaue Stärke der Temperaturschwankungen ist hier aber nicht besonders bedeutsam, es geht vielmehr um die Ausrichtung der Multipole.
    Das wird hier recht anschaulich erklärt:
    https://blog.lib.umn.edu/mill1974/EGAD/041107.html

    Da war außerdem die Rede von einer Anisotropie, die mit der Milchstraßenebene zusammenfällt, obwohl man alle Effekte der Milchstraße herausgerechnet haben will.

    Es geht dabei um die Ekliptik, also um die Ebene des Sonnensystems.
    Wenn ich mich richtig erinnere unterscheidet die sich ziemlich stark von der Milchstraßenebene?

    Okay, gerade habe ich selbst einen Link geliefert, in dem steht:
    it was pointed out that the supposed Cosmic Axis also lines up with the axis of the galactic coordinate system, and that would be quadruply unlikely.

    Das ist aber entweder veraltet oder war schon damals falsch.

    Our studies (see [14]) indicate that the observed alignments are with the ecliptic plane, with the equinox or with the CMB dipole, and not with the Galactic plane: the alignments of the quadrupole and octopole planes with the equinox/ecliptic/dipole directions are much more signi cant than those for the Galactic plane.
    https://arxiv.org/abs/1004.5602

    This means that three of the four planes defined by the quadrupole and octopole are nearly orthogonal to the ecliptic. […] a chance alignment of the normals with the ecliptic plane is excluded at > 99% C.L. A similar comparison to the galactic plane is unremarkable
    https://arxiv.org/abs/astro-ph/0403353

    Man müsste eine mögliche Quelle dafür also eher im Sonnensystem suchen als irgendwo in der Milchstraße. Was die Sache eher noch seltsamer macht.

    anscheinend wurden noch keine signifikanten Polarisationsmuster gefunden

    Geht es da eigentlich ausschließlich darum, ob man Anzeichen für primordiale Gravitationswellen findet?

  133. #133 Alderamin
    25. März 2013

    @Niels

    Danke, dann hatte ich das mit der Ekliptik falsch erinnert. Kann ja dann nur mit Vordergrundeffekten aufgrund der Scheibenstruktur des Sonnensystems zusammen hängen. Vielleicht sieht Planck viele ferne Kuiper Belt Objects?

    Was die Polarisation betrifft, habe ich diesen Vortrag gefunden, der ganz zu Anfang eine Übersicht über die Quellen von polarisierter Mikrowellenstrahlung gibt, und da scheint das meiste wohl aus dem Vordergrund zu stammen. Anscheinend erforscht man mit Planck auch interstellare Materie in der Milchstraße und drum herum.

    In diesem Abstract steht, es ginge dabei vor allem darum, die Störquellen im Vordergrund zu bestimmen, um diese besser herausrechnen zu können.

  134. #134 Niels
    25. März 2013

    @Alderamin
    Ich wüsste echt nicht, wie KBOs das verursachen könnten.
    Aber dazu kommen in nächster bestimmt unzählige Veröffentlichungen. Wobei die meisten aber wahrscheinlich auf Neue Physik scharf sind.

    Zur Isotropie gibts auch einen Abschnitt bei der englischen Wiki.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Cosmic_microwave_background_radiation#Low_multipoles_and_other_anomalies
    Habe ich erst vor Kurzem gefunden, obwohl es eigentlich an der offensichtlichsten Stelle steht. 😳