Die Astronomen waren skeptisch. Wie sollte ein Pulsar zu Planeten kommen? Bevor so ein Stern zu einem Neutronenstern wird, bläht er sich erstmal richtig auf. Er wird zu einem Überriesen und sollte eigentlich alle nahen Planeten verschlucken. Dann kommt die große Explosion. Durch den Masseverlust beim Stern würden die Planeten nicht mehr festgehalten und davon fliegen. Die Explosion zerstört das, was übrig ist. Darum findet man auch selten Doppelpulsare – die Begleiter überleben die Entstehung eines Pulsars selten.

Und noch etwas war komisch. Die Umlaufperiode des Pulsarplaneten betrug genau 6 Monate. Ein halbes Jahr. Und immer dann wenn bei extraterrestrischen Phänomenen solche Perioden wie bei der Erde auftreten, liegt der Verdacht nahe, dass es sich um einen Messfehler handelt. Denn die Erde bewegt sich ja um die Sonne und diese Bewegung muss man immer korrekt in den Messungen und Berechnungen berücksichtigen. Ansonsten läuft man Gefahr, nicht die Bewegung fremder Planeten zu messen, sondern die Bewegung der Erde.

Im gleichen Jahr untersuchte auch Alex Wolcszan Pulsare. Der Pulsar PSR B1257+12 lies sich durch seine Modelle nicht korrekt beschreiben. Er pulste nicht so, wie er sollte. Auch Wolcszan vermutete als Grund einen Planeten. Er war sich aber nicht sicher; vielleicht waren ja auch die Positionsmessungen des Pulsars ungenau? Wolcszan beauftragte seinen Studenten Dale Frail mit neuen Messungen. Und während Frail noch beobachtete, publizierte Lyne die Entdeckung seines Planeten.

Natürlich war Wolcszan ein wenig verärgert. Hätte er nicht auf die neuen Daten gewartet, hätte er als erster publizieren können. Aber es hat sich gelohnt, auf die neuen Daten zu warten. Denn die zeigten, dass man gleich zwei Planeten brauchte, beide viermal schwerer als die Erde, um das Verhalten des Pulsars richtig zu erklären.

Wolcszan hatte auch eine Theorie für die Entstehung solcher Planeten. Sein Pulsar war ein Millisekundenpulsar. Also ein Pulsar, der sich besonders schnell dreht. Das tut er deswegen, weil er wiedergeboren wurde. Er hatte früher mal einen Partnerstern, der besonders nahe war und von diesem Stern kann Material auf den Pulsar fallen. Dadurch wird er noch dichter und dreht sich schneller. PSR B1257+12 ist aber alleine; der Begleiter wurde also zerstört. Und die Planeten können sich aus den Resten dieses Begleitsterns gebildet haben. Sie entstanden also erst, nachdem der Pulsar entstanden war.

Die Astronomen glaubten diesen Messungen eher, weil die Perioden der Planeten kein Vielfaches des Erdjahres waren. Und dann machte Lyne etwas, was er schon viel früher machen hätte sollen. Er überprüfte die Position seines Pulsars und stellte fest, das er einen Fehler gemacht hatte. Die Position war falsch und der Planet nur ein Messfehler. Aber immerhin hat er dieses Ergebnis nicht unter den Teppich gekehrt sondern auf der großen Konferenz der amerikanischen Astronomen mit den Worten “Wir schämen uns unendlich. Es tut uns sehr leid” verkündet.

Die Planeten von Wolcszan und Frail sahen dagegen immer plausibler aus. Neue Messungen im Jahr 1993 bestätigten ihre Existenz eindeutig. Außerdem war da noch ein dritter Planet (und 2002 fand man sogar noch einen vierten) und der war nur so groß wie der Mond! Heute stellt man sich die Entstehung so vor: Ein sogenannter “Black Widow Pulsar” zerstört bei seiner Entstehung einen Partnerstern. Aus der resultierenden Trümmerscheibe enstehen dann Planeten, genauso wie sie üblicherweise auch bei normalen Sternen enstehen.

Künstlerische Darstellung von Planeten in einem Pulsarsystem (Bild: NASA/JPL-Caltech/R. Hurt (SSC))

Der erste extrasolare Planet umkreiste also einen toten Stern. Und auch wenn das interessant war, war es doch nicht das, was die Astronomen eigentlich gesucht hatten. Sie wollten normale Planeten bei normalen Sternen und keine Freaks wie die Pulsarplaneten. Und sie sind Freaks! Seit damals wurde nur ein weiterer Pulsar entdeckt, der Planeten hat. Pulsarplaneten sind also ein exotischer Sonderfall aber definitiv nicht das, was man sich vorgestellt hatte, als man sich auf die Suche nach fremden Welten machte. Aber nun dauert es wirklich nicht mehr lange. Die Entdeckung der ersten echten Exoplaneten steht kurz bevor. Und was man dabei fand, war fast noch seltsamer als die Pulsarplaneten. Aber dazu mehr im nächsten Teil.

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Kommentare (10)

  1. #1 Ben U. Franklin
    1. April 2013

    Sehr guter Artikel!

  2. #2 hummlbach
    1. April 2013

    Ich muss schon sagen: das hat ja fast cliffhanger-charakter…
    bin absolut gespannt wie es weiter geht! 🙂

  3. #3 tina
    1. April 2013

    Wirklich spannend geschrieben, ich freue mich auch schon auf den nächsten Teil!
    Ich könnte mir das Thema übrigens auch sehr gut als Buch vorstellen. Für Exoplaneten interessieren sich ja auch viele Leute, die sonst nicht so viel über Astronomie wissen bzw. daran interessiert sind. Da könntest du sicher noch den ein oder anderen neuen Leser erreichen und begeistern (nur mal so als Idee…).

  4. […] meiner Serie über extrasolare Planeten habe ich heute über sehr seltsame Planeten berichtet, die tote Sterne umkreisen. Planeten, die so gar nicht dem entsprechen, was wir gewohnt […]

  5. #5 Zhar The Mad
    1. April 2013

    sehr schön geschriebener artikel, flüssig und interessant, hat wirklich spaß gemacht ihn zu lesen, kann so ins buch 😉

  6. #6 Volker
    2. April 2013

    Sehr interessanter Artikel! Dass der erste entdeckte Exoplanet um einen toten Stern kreist, war mir bisher nicht bekannt. Freue mich schon auf die nächste Folge…über den ersten echten Exoplaneten!

  7. #7 Sebastian Zieba
    2. April 2013

    “Im gleichen Jahr untersuchte auch Alex Wolcszan Pulsare.”… er heißt Aleksander Wolszczan [Aussprache: Wolschtschan].
    Sonst ein sehr interessanter Artikel. Danke

  8. #8 mr_mad_man
    3. April 2013

    “…und keine Freaks wie die Pulsarplaneten…”
    Haha, das finde ich immer wieder Klasse. Die Artikel sind trotz der schwierigen Inhalte so locker-flockig geschrieben, dass es immer ein große Freude ist sie zu lesen. Ich will mir gar nicht ausmalen, wieviel Hintergrundwissen und Arbeit dahintersteckt, das so hinzukriegen. 🙂

    Ich habe aber auch noch eine kurze Frage zu den Neutronensternen (auch wenn das nicht ganz das Thema hier ist): Man hört ja oft so Sachen wie: Ein Teelöffel mit Neutronenstern-Materie würde soviel wiegen wie 1000 Elefanten (oder so ähnlich). Wenn man jetzt tatsächlich aus so einem Stern eine solche Menge rausprockeln könnte und sie mit ins All nehmen würde, wäre sie dann immer noch so komprimiert (weil diese Materie nun mal so ist) oder würde sie sich wieder aufblähen, (weil die enorme Gravitation dann fehlt)? Ich hoffe die Frage ist jetzt nicht zu blöd, aber sie geistert mir schon seit längerem durch den Kopf.

  9. #9 Florian Freistetter
    3. April 2013

    @mrmadman: “enn man jetzt tatsächlich aus so einem Stern eine solche Menge rausprockeln könnte und sie mit ins All nehmen würde, wäre sie dann immer noch so komprimiert (weil diese Materie nun mal so ist) oder würde sie sich wieder aufblähen,”

    Gute Frage. Abgesehen davon, dass man die da wohl nicht rauskriegen würde, würde dann wahrscheinlich die nötige Eigengravitation fehlen. Oder auch nicht – man müsste das mal ausrechnen… ich bin mir nicht ganz sicher.

  10. […] denen, die ich im Supermarkt von Jena gefunden habe?” beantworten kann. 1992 entdeckte man das erste Mal Planeten außerhalb des Sonnensystems und fand heraus, dass sie komplett anders entstanden sind als die in unserem System. Und je mehr […]