Fünf Teile ist meine Serie über Exoplaneten schon lang (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5) und bis jetzt habe ich noch nicht über das gesprochen, was viele Leute und vor allem die Medien immer am meisten interessiert: Gibt es irgendwo eine zweite Erde?
Es ist verständlich, dass dieses Thema die Menschen interessiert und fasziniert. Fremde Welten wollen wir nicht nur entdecken, wir wollen auch irgendwann dort hin reisen. So war es zumindest jedesmal, wenn auf der Erde irgendein neuer Ort oder Kontinent entdeckt wurde. Und auch wenn das Reisen zu den Sternen noch lange Zeit Science-Fiction bleiben wird, können wir doch nicht anders, als uns vorzustellen wie es wäre, all die neuen Exoplaneten selbst zu besuchen. Aber was bringen uns da heiße Gasriesen oder tote Supererden? Wir brauchen einen Planeten, auf dem wir theoretisch leben könnten. Eine zweite Erde eben…
Die Wissenschaftler sehen die Sache ein wenig anders. Sie sind an allen neuen Informationen interessiert und ein lebensfeindlicher Gasriese ist für sie genauso interessant wie ein Zwilling der Erde. Aber Wissenschaftler sind auch nur Menschen und natürlich ebenso von der Vorstellung fasziniert, ein zweites Zuhause im All zu finden. Lange war das nicht möglich, denn die Instrumente waren nicht gut genug dafür. Das änderte sich, als die beiden Weltraumteleskope CoRoT und Kepler 2006 bzw. 2009 ins All geschickt wurden. Und auch die erdgebundenen Observatorien wurden immer besser. In den letzten beiden Jahren fand man daher also jede Menge Planeten, die zumindest von der Größe her der Erde immer ähnlicher wurden.
Das Weltraumteleskop CoRoT fand bis heute 24 neue Planeten (und jede Menge potentielle Kandidaten) bis es Ende 2012 wegen Computerproblemen den Geist aufgab. Kepler, das neuer und voll und ganz auf die Planetensuche ausgelegt war, war erfolgreicher. Bis heute fand es 114 Planeten und 2740 Planetenkandidaten.
Hier sind ein paar bunte Bilder! Das erste zeigt die Planeten, die im Februar 2012 gefunden waren (sie sind natürlich nicht wirklich so bunt):
Zum Vergleich sind auch Jupiter, Neptun und die Erde eingezeichnet. Man erkennt gut, dass damals erst ein Planet gefunden war, der kleiner als die Erde ist. Im Januar 2013 hatte sich die Lage gewandelt. Die Zahl der Planetenkandidaten war nun deutlich gestiegen und den größten Zuwachs mit 43 Prozent gab es bei den erdgroßen Planeten:
Und im Februar 2013 wurde der bisher kleinste Exoplanet gefunden. Kepler-37b ist kleiner als Merkur, der kleinste Planet im Sonnensystem und fast so groß wie unser Mond:
Die Sache mit der Größe hatte man nun also im Griff. Es ist heute kein Problem mehr, Planeten von der Größe der Erde zu entdecken. Jetzt kommt es nur noch auf die Lage an! Damit auf einem Planeten Leben möglich ist, muss er in der richtigen Gegend liegen. Diese Gegend nennt man die habitable Zone und es ist der Bereich um einen Stern, in dem theoretisch flüssiges Wasser auf der Oberfläche eines Planeten existieren könnte. Denn ohne Wasser gibt es kein Leben. Zumindest kein Leben wie wir es kennen. Und ja, ich weiß: Leben könnte auch ganz anders sein. Das hilft uns aber nicht weiter. Nicht, wenn wir einen Planeten suchen, der ein Zwilling der Erde ist und auch nicht, wenn wir einen Planeten suchen, auf dem Leben existiert bzw. existieren kann. Denn die einzige Art des Lebens, die wir derzeit verstehen, ist das Leben, das wir von der Erde kennen. Wir wissen nicht, unter welchen Bedingungen es sonst noch existieren könnte (obwohl sich die Wissenschaftler darüber natürlich Gedanken machen). Und wir wissen nicht, wie dieses “andere” Leben aussehen könnte. Und darum können wir auch nicht danach suchen, denn wie sollten wir es erkennen?
Es bleibt also vorerst bei flüssigem Wasser. Und es hängt vom Stern ab, wo es existieren kann. Bei heißen Sternen muss man sich weit entfernen; bei kühlen Sternen muss man dicht heran rücken. Schematisch sieht das ungefähr so aus:
Es ist natürlich nicht so einfach, genau zu definieren, wo sich die habitable Zone befindet. Je nach Definition liegt in unserem Sonnensystem nur die Erde im grünen Bereich. Oder manchmal aber auch Venus und Mars. Und obwohl sie damit potentiell habitable Planeten wären, sind sie doch äußerst lebensunfreundlich. Die Venus, weil es dort so heiß wurde, dass das ganze Wasser als Wasserdampf in die Atmosphäre gelangte und die Mutter aller Treibhauseffekte verursachte, so dass es dort heute fast 500 Grad Celsius heiß ist. Und der Mars, weil er so klein ist, schneller auskühlte, im Inneren erstarrte und dadurch sein Magnetfeld verlor. Nun konnte der Sonnenwind direkt auf die Atmosphäre treffen und sie langsam erodieren. Am Ende bleibt eine kalte Wüste unter einer fast nicht vorhandenen Atmosphäre. Aber vielleicht gab es zumindest früher mal Leben auf dem Mars, denn das es dort vor langer Zeit Flüsse und Meere gab, wissen wir heute.
Es spielt also nicht nur die Strahlung des Sterns eine Rolle für die Bewohnbarkeit. Auch die Größe des Planeten muss passen; er muss die richtige Atmosphäre haben; er muss tektonisch aktiv sein, denn Vulkanismus und Plattentektonik halten den chemischen Kreislauf in Gang und sorgen dafür, dass bestimmte Elemente sich nicht zu stark in der Atmosphäre anreichern bzw. verschwinden. Der Planet darf dem Stern nicht zu nah sein, denn sonst sorgt die Gezeitenkraft dafür, dass er dem Stern immer die selbe Seite zuwendet. Und ein Planet, auf dem die Hälfte unter den hohen Temperaturen eines ewigen Tags und die anderen unter der Kälte einer ewigen Nacht leidet, ist auch nicht sonderlich gut für Leben geeignet. Vielleicht braucht das Leben auch einen großen Mond, wie ihn die Erde hat. Denn auch der erzeugt Gezeiten, die das Wasser der Meere durchmischen, was vielleicht nötig war, damit sich die richtige chemikalische Umgebung einstellte.
Es ist also gar nicht so einfach, einen bewohnbaren Planeten zu kriegen beziehungsweise auch nur zu definieren, was denn genau für Voraussetzungen erfüllt sein müssen (obwohl Forscher sich ständig neue Gedanken machen). Deswegen sollte man auch ein wenig skeptisch sein, wenn die Medien die Entdeckung der “zweiten Erde” verkünden. Das ist in der Vergangenheit schon oft passiert (zum Beispiel hier, hier, hier, hier hier oder hier). Denn man kennt eben NICHT alle Parameter und kann daher auch nicht eindeutig sagen, ob ein Planet wirklich bewohnbar ist oder nicht. Oft kennt man nicht mal die Masse des Planeten genau (wenn er mit der Radialgeschwindigkeitsmethode entdeckt wurde, die eine exakte Massenbestimmung nicht zulässt) und kann nur schätzen, ob es ein erdähnlicher Planet ist oder vielleicht doch ein Gasplanet.
Man hat zwar mittlerweile einige Kandidaten entdeckt, die die richtige Größe haben und sich in der richtigen Gegend befinden. Aber ob es dort wirklich Leben gibt, ist eine ganz andere Frage. Es sieht zwar alles danach aus, als würde es da draußen sehr viele erdähnliche Exoplaneten geben – das bestätigen immer mehr Beobachtungsdaten. Aber um genau zu wissen, ob es da irgendwo Leben gibt, reicht Statistik nicht aus. Wir brauchen konkrete Beobachtungsdaten. Und mit ein wenig Glück kriegen wir die in den nächsten Jahrzehnten auch!
Um etwas über die Exoplaneten herauszufinden, müssen wir deren Licht direkt sehen. Das ist ja bis jetzt meistens nicht der Fall. So gut wie alle Planeten wurden nur indirekt entdeckt, ohne das wir direkt das Licht der Planeten gesehen haben. Das ist schwer, denn die Planeten sind klein, weit weg und werden vom viel helleren Stern überstrahlt. Aber das Licht der Planeten enthält genau die Informationen, die wir brauchen. Die Planeten leuchten natürlich nicht selbst. Sie reflektieren nur das Licht ihres Sterns. Aber sie verändern es dabei auch und das können wir nützen. Bei einem Transit beispielsweise zieht der Planet vor seinen Stern vorbei. Dabei gibt es einen kurzen Moment, in dem das Licht des Sterns durch die Atmosphäre des Planeten zu uns scheint. Die verschiedenen Gase der Atmosphäre blockieren dabei ganz bestimmte Anteile des Lichts und wenn wir das Licht analysieren, können wir so herausfinden, woraus die Atmosphäre besteht (die Methode kann man gut in unserem Sonnensystem testen). Diese Information verrät uns viel über die Bewohnbarkeit und eventuell vorhandenes Leben. Es gibt sogenannte “Biomarker”, Gase wie Sauerstoff, Ozon oder Methan, die auf die Existenz von Leben hindeuten.
Man kann aber noch direkter nach Leben suchen. Beim Transit bekommt man ein sogenanntes “Transmissionsspektrum”. Man kann auch aber das Licht untersuchen, das vom Planeten zu uns reflektiert wird. Das ist es “Reflexionsspektrum” und es kann uns verraten, ob dort Pflanzen wachsen oder nicht. Denn Pflanzen wie die auf der Erde enthalten Chlorophyll, das einen bestimmten Teil des Lichts benutzt, um daraus Energie zu gewinnen. Dieser Teil des Lichts fehlt dann nach der Reflexion am Planeten. Dieser Effekt lässt sich bei der Erde gut messen und man nennt das “red edge”, also die “rote Kante”. Denn die Pflanzen absorbieren zwar einen Teil des roten Lichts, das von der Sonne auf die Erde gestrahlt wird, das infrarote Licht aber reflektieren sie stark. Schaut man sich also an, wie viel von den verschiedenen Farben des Lichts reflektiert wird, sieht man eine starke Kante beim Übergang von infrarot zu rot (wer mehr darüber wissen will kann das zum Beispiel in meinem aktuellen Buch oder dieser Facharbeit nachlesen):
Noch sind unsere Geräte leider nicht gut genug, um diese Analysen auch bei Exoplaneten durchführen zu können. Aber es wird nicht mehr lange dauern. Wenn das European Extremly Large Telescope (EELT) fertiggestellt sein wird (laut Plan 2022, in der Realität wohl ein wenig später), dann wird es in der Lage sein, extrasolare Planeten direkt zu sehen und ihr Licht zu untersuchen. Das Teleskop wird das größte Teleskop aller Zeiten sein – es wird einen Spiegel mit 39 Metern Durchmesser haben und einen ziemlich beeindruckenden Anblick bieten, wie dieses Computermodell zeigt:
Wenn es da draußen also eine zweite Erde gibt; einen anderen Planeten auf dem Leben existiert, dann werden wir ihn in den nächsten Jahrzehnten finden! Wir leben in aufregenden Zeiten…
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