Heute in zwei Wochen ist die Wahl zum 18. deutschen Bundestag vorbei. Ich werde meine Stimme nicht abgegeben haben. Das liegt daran, dass ich als Ausländer nicht wahlberechtigt bin. Aber selbst wenn ich wählen dürfte, würde es mir schwer fallen. Vermutlich würde ich zu den knapp 30 Prozent der Nichtwähler gehören.
Ich weiß, nicht zur Wahl zu gehen ist ganz schrecklich schlimm und böse. Das Wahlrechte wurde hart erkämpft und vor allem in Deutschland ist es noch gar nicht so lange her, dass die Menschen nicht frei wählen durften. Das Wahlrecht ist kostbar. Und das stimmt natürlich auch. Aber andererseits ist das Wahlrecht immer nur so viel wert wie das, was zur Auswahl steht. Wenn ich nur wählen darf, ob man mir ins Gesicht schlägt oder in den Bauch boxt, dann bringt die ganze Wahl nicht viel. Wenn ich die freie Wahl habe, dann muss ich auch wählen dürfen, mich nicht an der Wahl zu beteiligen. Und es gibt zur Zeit eben keine Partei, die ich wählen möchte. Natürlich könnte ich das “geringste Übel” wählen und mein Kreuz bei der Partei machen, die mich am wenigsten abstösst. Aber das ist auch nicht unbedingt das, wofür die Demokratie erfunden wurde. Ich will einer Partei meine Stimme geben, weil ich von dem was die Partei macht überzeugt bin. Und wenn ich das nicht kann, dann behalte ich meine Stimme lieber. Einfach nur irgendwen wählen, weil nichtwählen halt so schrecklich böse ist, halte ich für sinnlos. Das bedeutet nicht, dass ich die Demokratie doof finde. Aber so wie das Parteiensystem derzeit funktioniert, sehe ich wenig, was mich dazu bringen könnte, zur Wahl zu gehen.
Aber theoretisch sollte eine Demokratie ja in der Lage sein, sich zu ändern. Ich habe mir daher Gedanken gemacht, was sich ändern könnte. Das Hauptproblem aus meiner Sicht ist ja, dass die ganze Geschichte im wesentlichen ohne Beteiligung der Bürger abläuft. Man kann alle paar Jahre irgendwo irgendwas ankreuzen. Aber was die Politiker dann zwischen den Wahlen tatsächlich machen muss mit dem, was die Wähler sich bei der Wahl vorgestellt haben, nicht viel zu tun haben. “Mehr Demokratie” wird ja oft gefordert und meisten stellt man sich dabei jede Menge zusätzliche Volksabstimmungen vor; so wie es zum Beispiel in der Schweiz ist. Aber ich denke, man müsste ein paar fundamentalere Änderungen durchführen. Zum Beispiel:
- Koalitionen wählen: Das hat mich besonders in Österreich immer gestört. Im Wahlkampf war es unmöglich, von den Kandidaten eine klare Aussage über mögliche Koalitionen zu bekommen. Jede Partei hatte anscheinend Angst, potentielle Wähler zu verschrecken, wenn sie bekannt gibt, mit welchen Parteien sie nach der Wahl zusammenarbeiten möchten. Das ist aber eine ziemlich wichtige Information, denn es kommt ja so gut wie nie vor, dass eine Partei allein regiert und es ist wichtig zu wissen, wem ich mit meiner Stimme eventuell in eine Regierung bringen könnte. Warum soll man so eine wichtige Entscheidung allein den Politikern überlassen? Warum nicht auch hier den Wähler fragen. Gleichzeitig mit der normalen Stimmabgabe könnte man auch fragen, welche Parteien der Wähler außerdem noch gerne in der Regierung haben möchte. Die Politiker arbeiten für das Volk und nicht umgekehrt! Und wenn dann zum Beispiel herauskommt, dass eine Mehrheit der Wähler gerne eine große Koalition haben möchte oder eine linke Koalition aus SPD, Grünen und Linkspartei, dann sollen sich die Politiker eben gefälligst zusammenreißen und Wege der Zusammenarbeit finden! Wenn ich bei der Wahl auch Einfluss auf eine mögliche Regierungskoalition habe, dann motiviert mich das gleich ein wenig mehr, meine Stimme abzugeben. So eine “Koalitionswahl” muss ja nicht unbedingt verpflichtend umzusetzen sein. Selbst wenn es nur ein unverbindliche Volksbefragung ist, sollte das genug Druck auf die Politiker ausüben.
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