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Sternengeschichten Folge 55: Astronomie und Klima – Die Milankovic-Zyklen

In den letzten beiden Folgen der Sternengescichten haben ich erklärt was Himmelsmechanik ist und wie man die Bahn eines Planeten um seinen Stern bechreiben kann. Ich habe erklärt, wie sich die Bahn der Erde im Laufe der Zeit verändert und festgestellt, dass uns in den nächsten paar Milliarden Jahren in der Hinsicht keine Gefahr droht. Die Erde wird weiterhin als dritter Planet der Sonne ihre Runden ziehen und nicht mit irgendeinem anderen Himmelskörper zusammen stoßen.

Und wenn die Erde der einzige Planet im Sonnensystem wäre, dann würde sie ihre Runden auch immer auf exakt die gleiche Weise ziehen. Aber da sind eben noch 7 andere Planeten und vor allem die gravitativen Störungen der beiden größten Planeten – Jupiter und Saturn – sorgen dafür, dass sich die Bahn der Erde im Laufe der Zeit ein klein wenig ändert. Die 6 Bahnelemente die ich in der letzten Folge vorgestellt habe sind wegen der Störungen nicht konstant und das hat durchaus spürbare Auswirkungen auf die Erde.

Nehmen wir zum Beispiel die Exzentrizität. Sie beschreibt, wie stark die Umlaufbahn der Erde von einem perfekten Kreis abweicht. Je kleiner die Exzentrizität, desto kleiner ist auch die Abweichung. Bei der Erde ist die Exzentrizität tatsächlich sehr klein und beträgt nur 0,017. Die Erdbahn folgt also einem fast perfekten Kreis. Aber eben nur fast. Der Unterschied zwischen dem sonnennächsten Punkt der Erde und dem sonnenfernsten Punkt den sie auf ihrer Bahn erreicht, beträgt knapp 5 Millionen Kilometer. Verglichen mit dem durchschnittlichen Abstand zwischen Erde und Sonne, der 150 Millionen Kilometer beträgt, ist das aber kaum der Rede wert. Deswegen spielt es für das Klima der Erde auch keine Rolle, dass unser Planet seinen sonnennächsten Punkt jedes Jahr um den 3. Januar erreicht, also dann, wenn bei uns auf der Nordhalbkugel Winter herrscht.

Am sonnennächsten Punkt im Januar erreicht die Erde zwar tatsächlich ein bisschen mehr Energie von der Sonne als am sonnenfernsten Punkt im Juli – aber der Unterschied ist so gering, dass es auf die Jahreszeiten keinen Einfluss hat. Aber die Exzentrizität ändert sich im Lauf der Zeit. Die Störungen der anderen Planeten, vor allem Jupiter und Saturn, sorgen dafür, dass die Exzentrizität mit einer Periode von ungefähr 413.000 Jahren größer und kleiner wird. Natürlich ist das keine exakt periodische Angelegenheit; es gibt auch noch diverse kürzere und längere Perioden und über sehr lange Zeiträume hinweg betrachtet ist gar nichts mehr periodisch.

Eis gibt es zur Zeit nur an den Polen der Erde. Früher war das anders... (Bild: NASA's Goddard Space Flight Center)

Eis gibt es zur Zeit nur an den Polen der Erde. Früher war das anders… (Bild: NASA’s Goddard Space Flight Center)

Die maximale Exzentrizität, die die Erde erreicht, liegt bei 0,058. Das ist zwar immer noch vergleichsweise gering; der Unterschied in der Stärke des auf die Erde einfallende Sonnenlichts ändert sich hier aber um 23 Prozent.

In ihrem hochelliptischen Zustand verbringt die Erde auch mehr Zeit von der Sonne entfernt, denn das zweite Keplersche Gesetz sagt, dass sich ein Planet um so schneller bewegt, je näher er er Sonne kommt.

Zur Zeit ist die Erde im Januar der Sonne der am nächsten und deswegen auch am schnellsten. Das Halbjahr, in dem auf der Nordhalbkugel Herbst und Winter herrscht ist darum auch ungefähr 7 tage kürzer als die Sommer-Frühling Hälfte. Je größer die Exzentrizität der Erdbahn, desto größer ist auch dieser Unterschied und desto ausgeprägter sind die Jahreszeiten.

Zyklen dieser Art nennt man nach dem serbischen Mathematiker Milutin Milankovic die Milankovic-Zyklen und die Veränderung der Exzentrizität ist nur eine davon.

Ein anderer Zyklus betrifft die Präzession der Erdachse. Die Achse, um die sich die Erde jeden Tag einmal dreht steht ja nicht senkrecht auf die Ebene der Erdbahn, sondern ist geneigt. Derzeit zeigt die nördliche Spitze der Rotationsachse ziemlich genau auf die Stelle des Himmels an der sich der Polarstern befindet. Aber auch das ändert sich im Laufe der Zeit. Hier ist es vor allem die Gravitationskraft des Mondes und der Sonne die die Achse der Erde langsam kreisen lassen.

Es dauert ungefähr 26.000 Jahre, bis die Achse am Himmel einen kompletten Kreis beschrieben hat und auch dieser Zyklus kann sich auf das Klima der Erde auswirken. Denn es ist ja die Neigung der Erdachse die bei uns für die Jahreszeiten verantwortlich ist.

Ist die nördliche Hälfte der Erde zur Sonne hin geneigt, dann fällt das Licht unter einem steilen Winkel auf den Boden und es kann mehr Energie pro Fläche eintreffen. Ist die nördliche Hälfte von der Sonne weg geneigt, dann ist der Einfallswinkel flacher und die Energie verteilt sich über einen größeren Bereich. Im ersten Fall herrscht Winter, im zweiten Fall Sommer. Es spielt aber auch eine Rolle, wann die Jahreszeiten im Jahresverlauf stattfinden. Momentan findet der Winter auf der nördlichen Hemisphäre dann statt, wenn die Erde ihre sonnenächsten Punkt erreicht. In ungefähr 11.000 Jahren zeigt die Erdachse aber in eine andere Richtung und die Erde wird ihren sonnennächsten Punkt genau dann erreichen, wenn auf der nördlichen Hälfte gerade Sommer herrscht. Die Jahreszeiten auf der Nordhalbkugel werden also intensiver werden und die Winter werden länger dauern.

Das kann dramatische Folgen haben, denn ein Großteil der Landfläche der Erde befindet sich auf der nördlichen Hälfte und wenn dort die Winter länger dauern bleiben Schnee und Eis länger liegen und können länger das Sonnenlicht ins All zurück reflektieren. So kühlt die Erde noch mehr aus und eine Eiszeit kann beginnen.

Natürlich gibt es noch andere Faktoren, die man berücksichtigen muss. Zum Beispiel wie stark die Achse der Erde geneigt ist. Momentan sind das 23,5 Grad – im Laufe von ungefähr 41.000 Jahren kann sie aber zwischen 22,1 und 24,5 schwanken und auch das verstärkt die Jahreszeiten. Bei der größten Neigung sind die Winter am kältesten und die Sommer am wärmsten.

Und auch die Lage der Erdbahn im Raum ändert sich. Die Bahn dreht sich langsam um die Sonne und schwankt dabei im Laufe von Jahrzehntausenden hin und her. Die Zyklen bestimmen wie viel Sonnenlicht auf die Erde fallen kann und damit in letzter Konsequenz auch das Klima. Die Effekte können sich gegenseitig verstärken oder aber ausgleichen und es ist deswegen nicht so einfach wie es klingt, das Klima anhand der Veränderung der Erdbahn vorherzusagen.

Früher gab es noch ECHTE Winter! (Bild: gemeinfrei)

Früher gab es noch ECHTE Winter! (Bild: gemeinfrei)

Die Klimadaten die wir aus Baumringen oder Eisbohrkernen über die Vergangenheit gewonnen haben zeigen zwar eine große Übereinstimmung mit den verschiedenen Milankovic-Zyklen. Aber die Übereinstimmung ist nicht perfekt, denn natürlich spielt es auch eine große Rolle, was auf der Erde selbst passiert. Vulkanismus und Plattentektonik bestimmen, wie viel C02 in der Atmosphäre vorhanden ist und damit auch die Stärke des Treibhauseffekts. Und in den letzten Jahrzehnten haben wir Menschen begonnen die Zusammensetzung der Atmosphäre zu verändern und dieser menschengemachte Klimawandel scheint sich auf viel kürzeren Zeitskalen abzuspielen als der langsame Wechsel von Eis- und Warmzeiten der durch die Milankovic-Zyklen ausgelöst wird.

Die Himmelsmechanik erforschen die Menschen schon seit Jahrhunderten und mittlerweile haben wir recht gut verstanden, wie sich die Bahn eines Planeten im Laufe der Zeit verändert. Die Himmelsmechanik hat die Wissenschaftler auf die Existenz des Chaos in der Natur aufmerksam gemacht und uns gezeigt, dass sich nicht alles exakt vorhersagen lässt. Seit einigen Jahrzehnten lernen wir auch, wie man das Wissen über chaotische Prozesse auf die Klimawissenschaft anwendet. Aber bis der Zusammenhang zwischen Himmelsmechanik und Klima vollständig verstanden ist, wird noch viel Zeit vergehen…

Kommentare (4)

  1. […] und Sommer dauern unterschiedlich lang und das kann – in Verbindungen mit anderen Faktoren die ich hier erklärt habe – zu langen Eiszeiten führen. Wenn die Münchner Tatort-Kommissare also im Sonnenschein […]

  2. […] kommen. Die periodischen Veränderungen der Erdbahn nennt man Milankovic-Zyklen und ich habe mich hier und hier schon mal ausführlicher damit […]

  3. […] an Energie die auf die Erde gelangt und das Klima wechselt periodisch. Man nennt diese Perioden die Milankovic-Zyklen und zum Glück für uns Lebewesen auf der Erde dauern sie ziemlich lange. Ein neu entdeckter Planet […]

  4. […] wackelt im Raum hin und her (das sind die sogenannten “Milankovic-Zyklen” über die ich hier gesprochen habe). Wenn jetzt zum Beispiel die Periode, mit der die Bahn eines Asteroiden im Raum hin und her […]