Ein Eiszeit-Tatort wäre vermutlich ein klein wenig öde... (Bild: Stephen Hudson, CC-BY-SA 3.0)

Ein Eiszeit-Tatort wäre vermutlich ein klein wenig öde… (Bild: Stephen Hudson, CC-BY-SA 3.0)

Aber auch langfristig gesehen beeinflusst das zweite Keplersche Gesetz unser Leben. Durch den Einfluss der anderen Planeten im Sonnensystem verändert sich die Bahnellipse der Erde im Laufe der Zeit. Sie wird unter anderem periodisch elliptischer und weniger elliptisch. Ist die Bahn deutlich elliptischer als aktuell, dann verbringt die Erde auch deutlich mehr Zeit entfernt von der Sonne (weil sie auf diesem Teil ihrer Bahn langsamer ist) und die Jahreszeiten verlaufen nicht mehr so symmetrisch wie heute. Winter und Sommer dauern unterschiedlich lang und das kann – in Verbindungen mit anderen Faktoren die ich hier erklärt habe – zu langen Eiszeiten führen. Wenn die Münchner Tatort-Kommissare also im Sonnenschein durch die Berge spazieren können ohne dabei über Eisberge klettern und gegen Säbelzahntiger kämpfen zu müssen, dann liegt das unter anderem an Keplers zweiten Gesetz.

Der Mörder von Anast lässt sich aber auch in den Bergen nicht finden. Es sieht vorerst so aus, als wäre es einer seiner Mitarbeiter gewesen. Denn genau so mies wie die Leute in seinen Filmen hat der böse Internet-Mensch wohl auch seine Kollegen behandelt. Batic und Leitmayr überraschen einen Kameramannn von Anast, als der gerade eine Aufnahme verschwinden lassen will. Sie zeigt, wie Anast für ein weiteres Video zur Messie-Frau zurück kehrt. Es kommt zum Streit, einem Unfall und plötzlich liegt die Frau scheinbar tot am Boden. Anast haut ab, zwingt den Kameramann ebenfalls zu verschwinden.

Oder war es vielleicht doch der Pfarrer? Gemeinsam mit seinem Pastor haust der in einem heruntergekommen Pfarrhaus und ärgert sich dort über den bösen Anast, der aus seiner Sicht offensichtlich tatsächlich der Satan ist. Und tatsächlich werden die Spuren immer kirchlicher – und wieder ist ein Keplersches Gesetz beteiligt.

Die ersten beiden Gesetze veröffentliche Kepler schon 1609 in seinem Werk “Astronomia Nova”. Für das dritte Gesetz ließ er sich ein wenig mehr Zeit; es wurde erst 1619 in “Harmonice Mundi” publiziert. Es klingt wieder schön kompliziert: Die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Planeten verhalten sich wie die dritten Potenzen der großen Bahnhalbachsen.

Aber bei näherer Betrachtung ist es eigentlich ganz simpel. Die große Halbachse gibt an, wie groß die Ellipse einer Planetenbahn ist und entspricht dem mittleren Abstand des Himmelskörpers von der Sonne. Die große Halbachse der Erdbahn ist knapp 150 Millionen Kilometer lang beziehungsweise eine Astronomische Einheit (AE). Venus zum Beispiel ist näher an der Sonne und hat eine große Halbachse von 0,7 AE. Jupiter ist weiter entfernt und die große Halbachse seiner Bahn beträgt 5,2 AE. Neptun, der am weitesten von der Sonne entfernte Planet hat eine Bahn mit einer großen Halbachse von 30 AE. Keplers drittes Gesetz sagt nun nichts anderes, als das ein Umlauf um die Sonne um so länger dauert, je größer die große Halbachse ist. Die Erde braucht für eine Runde um die Sonne ja bekanntlich 365,25 Tage. Der ferne Neptun braucht dagegen 165 Jahre um seine Bahn einmal komplett zu durchlaufen. Der sonnennahe Merkur dagegen schafft es in 88 Tagen. Die 365,25 Tage der Erde sind ein wenig unpraktisch, wenn es darum geht einen vernünftigen Kalender zu basteln, aber wir befinden uns eben nun mal da wo wir uns befinden und Kepler lässt uns keine andere Wahl als uns mit dem überzähligen Vierteltag herumzuärgern.

Kepler sei Dank haben wir alle paar Jahre einen Schalttag (Bild: Public Domain)

Kepler sei Dank haben wir alle paar Jahre einen Schalttag (Bild: Public Domain)

Keplers drittes Gesetz ist ein mathematisch exakter Zusammenhang zwischen Umlaufzeit und Abstand der nicht nur für die Sonne und die Planeten gilt, sondern immer dann, wenn ein Himmelskörper einen anderen umläuft; also zum Beispiel auch für die Satelliten, die sich um die Erde bewegen. Je näher sie ihr sind, desto schneller sausen sie um sie herum (die ISS in nur knapp 300 Kilometer Höhe braucht zum Beispiel nur 90 Minuten für eine Runde; die geostationären Satelliten in 36000 Kilometer Höhe brauchen dagegen 24 Stunden). Aber auf für das Leben auf der Erde spielt das dritte Gesetz eine wichtige Rolle. Damit sich Leben auf einem Planeten entwickeln kann, muss es dort angenehme Temperaturen haben. Es darf nicht zu warm und nicht so kalt sein, denn nur wenn flüssiges Wasser vorhanden ist, kann Leben so wie wir es kennen existieren. Ist der Planet dem Stern zu fern, dann friert das Wasser; ist er zu nah, dann verdampft es. Wo sich dieser optimale Bereich befindet, hängt davon ab, wie stark der Stern strahlt. Bei schwach leuchtenden Sternen müssen die Planeten sehr nah heranrücken, damit lebensfreundliche Bedingungen herrschen. Je näher man dem Stern kommt, desto stärker werden aber die von ihm wirkenden Gezeitenkräfte, die die Rotation des Planeten bremsen (die “Gezeitenbremse” habe ich hier erklärt). Irgendwann dreht sich der Planet dann genau so schnell um seine Achse wie er sich um den Stern bewegt. Ein Tag dauert dann genau so lang wie ein Jahr und auf so einem Planeten ist eine Hälfte immer zum Stern gewandt, auf der anderen dagegen herrscht ewige Nacht. Die eine Seite wäre glühend heiß, die andere klirrend kalt und Leben ist kaum möglich.

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