mlodinowDieser Artikel ist Teil einer fortlaufenden Besprechung des Buchs “Wenn Gott würfelt: oder Wie der Zufall unser Leben bestimmt” (im Original: “The Drunkard’s Walk: How Randomness Rules Our Lives”) von Leonard Mlodinow. Jeder Artikel dieser Serie beschäftigt sich mit einem anderen Kapitel des Buchs. Eine Übersicht über alle bisher erschienen Artikel findet man hier.
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Im ersten Kapitel des Buchs hat Mlodinow anschaulich dargelegt, wie sehr der Zufall unser Leben bestimmt und vor allem dort, wo wir nicht damit rechnen. Das zweite Kapitel beschäftigt sich nun mit den Regeln, die der Beschäftigung mit Wahrscheinlichkeiten zu Grunde liegen. Es sind Regeln, die unserer Intuition entgegen laufen…

Das ganze Problem mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung ist, dass wir Probleme haben, sie intuitiv zu verstehen. Unser Gehirn ist nicht für Wahrscheinlichkeiten gemacht, was viele Experimente immer wieder bestätigen. Einige davon stellt Mlodinow in seinem Buch vor. Der schon im letzten Artikel erwähnte Nobelpreisträger Daniel Kahneman hat eines davon durchgeführt. Er hat sich eine fiktive Biografie einer fiktiven Frau namens Linda ausgedacht: Linda ist 31, Single, intelligent, war politisch aktiv und hat sich gegen Diskriminierung eingesetzt und an Demonstrationen gegen Atomwaffen teilgenommen. Diese Biografie bekamen Testpersonen zu lesen und mussten danach beurteilen, wie wahrscheinlich bestimmte Aussagen über Linda sind. Zum Beispiel

  • Linda ist aktive Feministin
  • Linda arbeitet in einem Buchladen und nimmt Yoga-Unterricht
  • Linda ist aktive Feministin und arbeitet in einer Bank
  • Linda ist Grundschullehrerin
  • Linda arbeitet in einer Bank

Die Liste oben ist nach den Ergebnissen des Tests sortiert. Die Probanden hielten es für am wahrscheinlichsten, dass Linda Feministin ist (und darauf war die Biografie auch ausgelegt). Sie halten es für unwahrscheinlich, dass sie in einer Bank arbeitet. Seltsamerweise halten die Leute es aber für wahrscheinlicher, dass sie in einer Bank arbeitet UND Feministin ist. Das ist ein Widerspruch denn eines der fundamentalen Gesetze der Wahrscheinlichkeitsrechnung besagt:

“Die Wahrscheinlichkeit das zwei Ereignisse beide eintreffen kann niemals größer sein als die Wahrscheinlichkeit das jedes davon einzeln eintrifft.”

Es muss wahrscheinlicher sein, dass Linda in einer Bank arbeitet als dass Linda in einer Bank arbeitet UND gleichzeitig Feministin ist. Aber bei Wahrscheinlichkeiten denken wir nicht mathematisch. Wir lassen uns von Geschichten beeinflussen. Je besser die Geschichte, desto wahrscheinlicher erscheint sie uns. Und angesichts der Biografie erscheint es vollkommen plausibel, dass Linda Feministin ist. So plausibel, dass wir jede Aussage die dieses Ereignis enthält, für plausibler halten als Ereignise, die diese Aussage nicht enthalten. Selbst als Kahneman nur die drei Varianten (Feministin, Bank, Feministin und Bank) präsentierten, hielten immer 87 Prozent es für wahrscheinlicher, das Linda Feministin und Bankmitarbeiterin ist als dass sie nur Bankmitarbeiterin ist. Und selbst als man den Probanden die Sache mit den Wahrscheinlichkeiten explizit erklärt hatten, blieben zwei von ihnen bei ihrer Aussage.

Hier ist es nur ein Experiment – im echten Leben kann unser Unverständis der Wahrscheinlichkeit aber konkrete Folge haben. Zum Beispiel im Gerichtssaal: Je ausführlicher eine Geschichte präsentiert wird, desto für wahrscheinlicher halten wir sie.

Jetzt spricht Mlodinow über den “availability bias”. Ich habe nur die englische Ausgabe des Buches gelesen und weiß nicht, wie das auf deutsch übersetzt worden ist. Selektive Wahrnehmung würde wahrscheinlich passen, denn genau darum geht es. Mlodinow fragt die Leser, ob es ihrer Meinung nach mehr (englische) Wörter mit sechs Buchstaben geht, deren fünfter Buchstabe “n” ist oder ob es mehr Wörter mit sechs Buchstaben gibt, die mit “ing” aufhören. Ganz spontan fallen uns (auf jeden Fall den englischsprechenden Leuten) sehr viele Wörter mit “ing” am Ende ein. Aber wer kennt schon spontan Wörter in denen ein “n” an fünfter Stelle steht? Es erscheint uns also wahrscheinlicher, dass es mehr Wörter mit “ing” gibt und wir übersehen, dass in diesem Fall diese Wörter immer nur einer Untergruppe der Wörter mit “n” an fünfter Stelle sind. Von denen muss es also mehr geben.

Das ist klassische selektive Wahrnehmung: Das, was wir gerade im Gedächtnis parat haben spielt eine wichtigere Rolle als die Realität. Wie wahrscheinlich ist es, dass wir bei 4 Kassen im Supermarkt die auswählen, bei der es am längsten dauert. Natürlich 25 Prozent. Aber viele von uns werden sagen: “Ach, ich erwische immer die langsamste Kasse… es ist wie verhext!”. Nein, es ist nicht verhext – wir erinnern uns halt nur nicht an all die Fälle in der Vergangenheit wo alles problemlos lief sondern nur an die, wo wir warten mussten. Und deswegen erscheinen uns diese Ereignisse wahrscheinlicher.

In diesem Supermarkt kann man schon froh sein, wenn man die Kasse überhaupt findet (Bild: lyzadanger, CC-BY-SA 2.0)

In diesem Supermarkt kann man schon froh sein, wenn man die Kasse überhaupt findet (Bild: lyzadanger, CC-BY-SA 2.0)

Diesen “availability bias” nennt Mlodinow auch als eine der Ursachen warum die Griechen trotz ihres wissenschaftlichen Interesses keine Wahrscheinlichkeitsrechnung entwickelt haben. Die Römer dagegen schon; zumindest ansatzweise. In ihrem Justizsystem hatten sie zumindest berücksichtigt, dass man manche Dinge einfach nicht genau herausfinden kann und probiert, diese Unsicherheit zu quantifizieren. Je nach Art des Verbrechens wurde eine unterschiedlich große Anzahl an Zeugen benötigt, um zu einer Verurteilung zu führen. Leider hatten die Römer aber noch keine Ahnung wie man verschiedene Wahrscheinlichkeiten kombiniert. In ihrem System wurden Wahrscheinlichkeiten einfach nur addiert, um zusammengesetzte Wahrscheinlichkeiten zu erhalten. Tatsächlich aber muss man sie multiplizieren, wie eine weitere fundamentale Regel der Wahrscheinlichkeitsrechnung besagt:

“Wenn zwei mögliche Ereignisse A und B unabhängig voneinander eintreten können, dann ist die Wahrscheinlichkeit das sowohl A als auch B eintreten gleich dem Produkt der beiden einzelnen Wahrscheinlichkeiten.”

Stellen wir uns hundert Autos vor aus denen wir uns eines aussuchen können Wir wahrscheinlich ist es, dass wir unser Lieblingsauto erwischen? Wir wollen ein Auto, das Elektroantrieb hat und ein Auto, das rot ist. Diese beiden Eigenschaften sind nicht voneinander abhängig: es gibt keinen Grund, warum Elektroautos rot sein müssen oder rote Autos einen elektrischen Antrieb haben müssen. Wenn die Wahrscheinlichkeit 1/10 beträgt, dass wir ein rotes Auto erwischen und 1/10, dass wir ein Elektroauto wählen, dann beträgt die Wahrscheinlichkeit dass wir ein rotes Elektroauto bekommen 1/10 mal 1/10, also 1/100. Die erste Wahrscheinlichkeit wählt aus den 100 Autos 10 aus (die roten) und die zweite aus den 10 dann eines. Weil es voneinander unabhängige Ereignisse sind, von denen jede Wahrscheinlichkeit die Gesamtmenge weiter einschränkt, müssen wir sie multiplizieren, um zu einem korrekten Ergebnis zu kommen.

Aber manchmal muss die Wahrscheinlichkeiten auch addieren und dass ist das letzte fundamentale Gesetz der Wahrscheinlichkeiten das Mlodinow in diesem Kapitel vorstellt:

“Gibt es für den Ablauf eines Ereignisses mehrere voneinander verschiedene Resultate A, B, C und so weiter, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass entweder A oder B eintritt gleich der Summe der individuellen Wahrscheinlichkeiten für den Eintritt von A oder B und die Summe aller individuellen Wahrscheinlichkeiten (A, B, C, usw) ist gleich 1.”

Simpel gesagt: Wenn ich einen Würfel werfe, dann liegt die Wahrscheinlichkeit eine “1” zu würfeln bei 1/6. Genauso wie die Wahrscheinlichkeit eine “2” zu würfeln, und so weiter. Die Wahrscheinlichkeit eine “1” ODER eine “2” zu würfeln liegt dann bei 1/6 + 1/6 = 1/3. Und die Summe aller Wahrscheinlichkeiten aller sechs Möglichkeiten ist 1/6 + 1/6 + 1/6 + 1/6 + 1/6 + 1/6 = 1.

Die Wahrscheinlichkeiten für diese alten und kaputten Würfel zu berechnen dürfte kompliziert sein... (Bild: Musée gallo-romain de Saint-Romain-en-Gal-Vienne, Vassil, Public Domain)

Die Wahrscheinlichkeiten für diese alten und kaputten Würfel zu berechnen dürfte kompliziert sein… (Bild: Musée gallo-romain de Saint-Romain-en-Gal-Vienne, Vassil, Public Domain)

Auch das klingt erstmal logisch, ist aber oft schwer umzusetzen. Immer dann, wenn wir im Alltag Wahrscheinlichkeiten kombinieren müssen, haben wir Probleme. Wieder bringt Mlodinow ein Beispiel aus der Justiz. Bei DNA-Tests wird oft erzählt, dass zum Beispiel eine Chance von 1 zu 1 Milliarde besteht, dass die am Tatort genommene Probe zufällig mit der DNA einer unschuldigen Person übereinstimmt. Gleichzeitig gibt es aber auch noch die Möglichkeit, dass irgendjemand im Labor einen Fehler gemacht hat; Proben vertauscht oder sonst irgendwie Mist baut. Die Wahrscheinlichkeit dafür lässt sich schwer quantifizieren, ist aber sicher größer als 1:1 Milliarden (man schätzt sie auf etwa 1 Prozent). Sagen wir 1:100 oder 1:1000. Wie groß ist nun die gesamte Fehlerwahrscheinlichkeit? Irgendwo bei 1 zu ein paar Millionen oder Milliarden? Nein – denn wir wollen ja nicht wissen wie wahrscheinlich es ist das es eine zufällig falsche Zuordnung UND einen Fehler im Labor gegeben hat. Wir wollen wissen, wie wahrscheinlich es ist dass entweder das eine ODER das andere passiert ist. Wir müssen die Wahrscheinlichkeiten addieren und da fällt die Wahrscheinlichkeit von 1:1 Milliarden kaum ins Gewicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass die DNA-Probe auf die eine oder andere Weise fehlerhaft ist, ist im wesentlichen identisch mit der größeren Wahrscheinlichkeit eines Laborfehlers; liegt also bei ungefähr einem Prozent. Das klingt schon nicht mehr so beeindruckend wie “falsch nur in einem Fall unter Milliarden”… wird aber in Gerichtssälen (zumindest laut Mlodinow in den amerikanischen) nicht so gesagt weil Aussagen zu menschlichen Fehlern in Laboren wegen ihrer schlechten Quanifizierbarkeit vor Gericht als Beweis nicht zugelassen werden.

Der Zufall ist hinterhältig! Wie hinterhältig, wird das nächste Kapitel eindrucksvoll zeigen…

Kommentare (29)

  1. #1 rolak
    28. Dezember 2013

    availability bias

    Scheint noch selten übersetzt worden zu sein… Vielleicht gibt es im Deutschen keine Fauler Sack Heuristik, dieses Grundprinzip ‘was ich mir leichter vorstellen kann ist auch wahrscheinlicher’ 😉
    Selektive Wahrnehmung würde ich eher als eine Untermenge davon ansehen, also diejenigen Abweichungen, bei denen die Fehlbewertung des Wahrgenommenen einigen Elementen den Wert 0 zuordnet. Auch das schon irgendwo gelesene ‘Risiko-Fehleinschätzung’ klingt mir zu einschränkend.

  2. #2 Baumgarten
    28. Dezember 2013

    Der Linda-Test ist meiner Meinung nach nicht sehr stichhaltig. Das liegt einfach daran, dass ich selber z.B. die verschiedenen Wahlmöglichkeiten höchstwahrscheinlich als sich gegenseitig ausschließend interpretiert hätte. Ich hätte also gedacht, dass die Möglichkeit “Linda arbeitet in einer Bank” auch gleichzeitig bedeutet, dass Linda keine aktive Feministin ist – denn für diese Kombination gibt es ja eine eigene Auswahl.
    Natürlich wären meine Antworten dann auch falsch gewesen – aber nicht, weil ich die Wahrscheinlichkeiten falsch einschätze, sondern weil ich die Fragestellung falsch verstanden habe. Ich kann mir vorstellen, dass es so auch einigen anderen Leuten geht.

  3. #3 Florian Freistetter
    28. Dezember 2013

    @baumgarten : naja der test wurde ja auch reproduziert. Und ich hab ja auch geschrieben dass die Leute selbst dann noch die Wahrscheinlichkeit nicht verstanden haben als ihnen der test genau erklärt wurde. Der test ist außerdem schon sehr alt und wenn das unsinn wäre dann hätte man das mittlerweile sicher festgestellt und würde den nicht mehr als Beispiel anführen…

  4. #4 stone1
    28. Dezember 2013

    @Florian: In dem Absatz über den “availability bias” steht ein “geht”, wo wohl ein “gibt” hingehören würde.

    Hätten wir in der Schule Wahrscheinlichkeitsrechnung nicht so oberflächlich abgehandelt, hätte ich wohl ein paar Ösen für den ein- oder anderen Lottoschein eingespart. Hab mich dann etwas später nochmal in das Thema eingelesen, seitdem kaufe ich auch keine Lotterielose mehr.

  5. #5 Toddy
    28. Dezember 2013

    Also schon das erste “fundamentale” Gesetz bringt mich zum Grübeln…

    Zitat:
    “Die Wahrscheinlichkeit das zwei Ereignisse beide eintreffen kann niemals größer sein als die Wahrscheinlichkeit das jedes davon einzeln eintrifft.”

    Denn sofort beim lesen des Satzes dachte ich an einen Imbiss vielleicht in einem Stadion. Und möchte zum Beispiel wissen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, das jemand nur Hunger hat, oder nur Durst, oder eben beides.

    Ich könnte schwören das die Kombination Hunger UND Durst die bei weitem größste Wahrscheinlichkeit hat – statistisch ermittelt.

    Oder sehe ich da etwas grundsätzlich falsch?

  6. #6 Berlin
    Berlin
    28. Dezember 2013

    Ja das Wort NUR ändert alles, damit sind es 3 unabhängige
    Ereignisse.
    Ist das alles nicht Stoff im 2. Sylvester äh Semester,
    Jedenfalls bei uns in der DDR war es noch so.

    Gruß
    Bernhard

  7. […] meiner Serie über Zufall und Wahrscheinlichkeit ging es heute im zweiten Teil um die Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Und weil der ganze Kram mit Median, Mittelwert […]

  8. #8 Lulu
    28. Dezember 2013

    availability bias = Verfügbarkeitsheuristik

    Je mehr passende Beispiele zu einem Ereignis einfallen, desto wahrscheinlicher erscheint dieses Ereignis.

    klick

  9. #9 Alderamin
    28. Dezember 2013

    @Toddy

    Ich könnte schwören das die Kombination Hunger UND Durst die bei weitem größste Wahrscheinlichkeit hat – statistisch ermittelt.

    Oder sehe ich da etwas grundsätzlich falsch?

    Wenn das Ernst gemeint war: ja. Die Menge der Leute, die Hunger UND Durst haben, ist jeweils eine Teilmenge der Leute, die Hunger haben (unabhängig, ob sie Durst haben oder nicht) wie auch der der Leute die Durst haben (ob Hunger oder nicht). Sie ist genau genommen die Schnittmenge der Hunger-Haber- und Durst-Haber-Mengen. Und die Schnittmenge kann nicht mehr Elemente haben als die kleinste der beiden sich schneidenden Mengen.

    Deswegen ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig ausgewählte Person Hunger UND Durst hat, kleiner als die W’keit, überhaupt Hunger zu haben (Durst oder nicht) und auch kleiner als die W’keit, überhaupt Durst zu haben (Hunger oder nicht).

    Vermutlich denkst Du an die Komplementärmengen, das heißt über diejenigen Leute, die Hunger, aber keinen Durst haben (bzw. Durst aber keinen Hunger), die durchaus kleiner als die Schnittmenge der Hunger-und-Durst-Haber sein können, ja sogar leer. Aber um die geht es nicht.

  10. #10 Flosch
    28. Dezember 2013

    Hach, schöne Artikelreihe. Da kommen Erinnerungen an meinen alten Statistik-Prof. hoch.

    Ich fand seine mit Don-Martin-Comics gespickten Übungsaufgaben immer ganz witzig; und als er einmal einen (Spielzeug-)Revolver in die Vorlesung mitbrachte, um uns die Geometrische Verteilung anhand von Russisch Roulette näherzubringen, hatte er den Hörsaal auf seiner Seite. 🙂

  11. #11 Baumgarten
    28. Dezember 2013

    @Toddy:
    Genau das ist der Verständnisfehler, den ich in meinem vorigen Post in Bezug auf den Linda-Test geschildert habe. Ich bin also nicht allein ^^

  12. #12 Florian Freistetter
    28. Dezember 2013

    @baumgarten ich glaub dieser ” verständnisfehler” ist genau das was dieser test aufdecken soll. Es geht ja gerade darum das man Wahrscheinlichkeiten schlecht versteht.

  13. #13 Toddy
    28. Dezember 2013

    Deswegen ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig ausgewählte Person Hunger UND Durst hat, kleiner als die W’keit, überhaupt Hunger zu haben (Durst oder nicht) und auch kleiner als die W’keit, überhaupt Durst zu haben (Hunger oder nicht).

    Und genau DAS glaube ich eben nicht.

    Mir ist ja bewusst dieses Beispiel in den Sinn gekommen weil ich der Meinung bin, hier läuft die Realität der Satistik zuwieder.

    Wenn ich in der Fussgängerzone zahllose Menschen befrage: a – haben Sie Hunger, b – haben Sie Durst, oder c – haben Sie Hunger und Durst…dann wird mir doch (hoffentlich) jeder hier zustimmen, dass mehr Leute Antwort c geben, als die anderen Varianten.

    Ich geb zu, es ist ja durchaus ein psychologischer Aspekt der bei der Antwort eine Rolle spielt.

    Ich will ja nur damit vermuten, dass dieser erste Grundsatz vielleicht nicht bei jeder Analyse/Berechnung gilt/gelten kann.

    Bei solchen “Qualia-Entscheidungen” kann ich unter Umständen nicht die gleichen Formeln anwenden wie: “eine Gruppe hat blaue Hosen, die andere Gruppe rote Schuhe. Menge der Leute mit blauen Hosen UND roten Schuhen.

    Wie Florian schon schrieb…Ich raff’s halt nur nicht, das mit den Wahrscheinlichkeiten.

  14. #14 Sven
    28. Dezember 2013

    Der Link zu den anderen Artikeln der Serie im ersten Absatz ist funktioniert nicht. Kann es sein, dass Du kein “www.” davor gesetzt hast? Ich erinnere mich dunkel, sowas auch mal gehabt zu haben.

    Ansonsten: vielen Dank für die spannenden Artikel, freue mich schon auf die Fortsetzung!

  15. #15 Florian Freistetter
    28. Dezember 2013

    @Toddy: “dann wird mir doch (hoffentlich) jeder hier zustimmen, dass mehr Leute Antwort c geben, als die anderen Varianten.”

    Die Mathematik ist eindeutig. Und genau darum geht es ja in dieser Serie: Wir verstehen den Kram mit den Wahrscheinlichkeiten nicht intuitiv. Das läuft unserem Verständnis komplett zu wieder. Wart auf den morgigen artikel: Da kommt ein Paradebeispiel dafür….

  16. #16 PDP10
    28. Dezember 2013

    @Toddy:

    “Wenn ich in der Fussgängerzone zahllose Menschen befrage: a – haben Sie Hunger, b – haben Sie Durst, oder c – haben Sie Hunger und Durst…dann wird mir doch (hoffentlich) jeder hier zustimmen, dass mehr Leute Antwort c geben, als die anderen Varianten.”

    Das Stimmt aber nur, wenn du bei der Antwort “Hunger und Durst” keinen Strich bei den beiden Antworten “Hunger” bzw. “Durst” machst.

    Und wenn du das nicht machst, hast du, wie @Berlin in #6 schon angemerkt hast 3 unabhängige Ereignisse.

  17. #17 Toddy
    29. Dezember 2013

    Das Stimmt aber nur, wenn du bei der Antwort “Hunger und Durst” keinen Strich bei den beiden Antworten “Hunger” bzw. “Durst” machst.

    Danke…jetzt ist der Groschen gefallen.
    Ich brauch’s halt etwas simpler 🙂

  18. #18 Gefbo
    29. Dezember 2013

    Ich glaube, dass Problem liegt wirklich darin, dass Leute oft die ganz fundamentalen, simplen Bedeutungen der Worte nicht gebacken kriegen. Wenn da steht “Linda arbeitet in einer Bank” dann heißt das eben genau das. Es schließt andere Dinge auch nicht aus.
    So ähnlich ist das auch immer mit Angaben wie “Tobias hat 3 Kinder”. Diese Aussage ist z.B. auch richtig, wenn Tobias 4 Kinder hat, sie bedeutet nämlich mathematisch gesehen das Gleiche wie “Tobias hat mindestens 3 Kinder”. Denn wenn er 4 hat, hat er auch 1, 2 und 3. Was anderes wäre es, wenn man sagen würde “Tobias hat genau 3 Kinder”, dann schließt das die Möglichkeit, dass er 4 hat, aus.
    Wenn ich also sage “ich arbeite in einer Bank”, dann kann ich auch zusätzlich einen Zweitjob als Pantomime haben, die Aussage wird dadurch nicht falsch, denn es bedeutet das gleiche wie “ich arbeite mindestens in einer Bank”. Ich kann außerdem auch Feministin sein, Vegetarierin oder Bergsteigerin oder alles zusammen.

  19. #19 Florian Freistetter
    29. Dezember 2013

    Wenn es bei der Zwillingsfrage jetzt schon heftige Diskussionen gibt, wie wird das dann erst im Kapitel über den Satz von Bayes werden…

  20. #20 rolak
    29. Dezember 2013

    wie wird das dann erst ..[bei] Bayes werden…

    🙂 hey, contenance, ich möchte mich auf den talk konzentrieren, Florian.

  21. #21 definition
    29. Dezember 2013

    Bei solchen Fragen, ist den Probanden im Prinzip nie absolut klar, welche Annahmen zur Beantwortung der Frage gemacht werden sollen. Wenn man annimmt, dass alle 3 Ereignisse (die Biographie, Feministin, Bankjob) unabhängig voneinander sind, dann gibt man die Anwort, die die Tester hören wollten. Man kann die Frage aber auch so verstehen, dass es sei eine empirisch zu ermittelnde Frage ist und da ist alles möglich.
    Gut, nach der Erklärung ist klar wie die Frage gemeint sein soll, damit eben diese Antwort heraus kommt.

  22. […] wie sehr der Zufall unser Leben bestimmt und vor allem dort, wo wir nicht damit rechnen. Das zweite Kapitel hat sich mit den grundlegenden Regeln der Wahrscheinlichkeit beschäftigt. Im dritten Kapitel […]

  23. […] wie sehr der Zufall unser Leben bestimmt und vor allem dort, wo wir nicht damit rechnen. Das zweite Kapitel hat sich mit den grundlegenden Regeln der Wahrscheinlichkeit beschäftigt. Im dritten Kapitel […]

  24. […] wie sehr der Zufall unser Leben bestimmt und vor allem dort, wo wir nicht damit rechnen. Das zweite Kapitel hat sich mit den grundlegenden Regeln der Wahrscheinlichkeit beschäftigt. Im dritten Kapitel […]

  25. […] wie sehr der Zufall unser Leben bestimmt und vor allem dort, wo wir nicht damit rechnen. Das zweite Kapitel hat sich mit den grundlegenden Regeln der Wahrscheinlichkeit beschäftigt. Im dritten Kapitel […]

  26. #26 omnibus56
    5. Januar 2014

    »wird aber in Gerichtssälen (zumindest laut Mlodinow in den amerikanischen) nicht so gesagt weil Aussagen zu menschlichen Fehlern in Laboren wegen ihrer schlechten Quantifizierbarkeit vor Gericht als Beweis nicht zugelassen werden.«

    Weil man die Fehler im Labor nicht exakt quantifizieren kann, nimmt man (auch zum Nachteil des Beschuldigten?) an, der Fehler sei identisch Null? m( m( m(

    Wer außer Juristen kommt denn auf so einen Schwachsinn?

  27. #27 omnibus56
    5. Januar 2014

    PS: Die Qualität von Zeugenaussagen ist ebenfalls praktisch unquantifizierbar (sie kann tatsächlich je nach Person und Frager von 0 bis nahe 100% gehen). Zeugen werden aber als Beweis zugelassen…

  28. #28 A.P.
    8. Januar 2014

    @Florian Freistetter: Ein kleiner mäkeliger Hinweis: In Deinem Post fehlen eine Menge (wirklich VIELE) Kommas und Punkte. Und eine “das-dass-Schwäche” scheint auch durch (oft steht “das”, wo “dass” stehen müsste und zuweilen “dass”, wo “das” stehen müsste).

    Bspw. “Die Wahrscheinlichkeit das zwei Ereignisse beide eintreffen kann niemals größer sein als die Wahrscheinlichkeit das jedes davon einzeln eintrifft.” hat gleich 5 Fehler.

    Korrekt wäre “Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Ereignisse beide eintreffen, kann niemals größer sein als die Wahrscheinlichkeit, dass jedes davon einzeln eintrifft.”

    (Ich würd nicht meckern, wenn’s nicht sooo viele Fehler wären, aber so wirkt das wirklich ein wenig nachlässig runtergetippt.)

    (Aber das Buch kaufe ich mir; also Danke für die Rezension!)

  29. #29 knorke
    20. März 2015

    Der Kommentar kommt sehr sehr spät aber zu Linda und der Bank fällt mir etwas ein:
    Eine mögliche Alternativerklärung wäre die, dass Menschen bei der Formulierung “und” intuitiv die bedingte Wahrscheinlichkeit meinen, d.h. dass Menschen es für wahrscheinlicher halten, dass Feministinnen in einer Bank arbeiten als andere Frauen. d.h. statt einer intuitiven Fehleinschätzung könnte es auch sein, dass die Leute Linda sowieso für eine Feministin halten und präziser eben eine, die in einer Bank arbeitet.

    Und das könnte theoretisch tatsächlich wahrscheinlicher sein (auf Basis der gegebenen Informationen) als einfach nur eine Frau die in einer Bank arbeitet. Allerdings nur unter drei Prämissen (ich kenne den Versuchsaufbau nicht):
    1) Die Probanden müssten “arbeitet in einer Bank” missverstanden haben im Sinne “ist keine Feministin und arbeitet in einer Bank”
    2) Denn dies wäre nach den Beschreibungen ja unwahrscheinlich, d.h. wir müssten unterstellen dass die allermeisten Linda sowieso eigentlich für eine Feministin halten würden oder zumindest für irgendwas in die Richtung und sicher nicht für eine Nicht-Feministin.
    3) Feministinnen müssten per se deutlich häufiger in Banken arbeiten als Nicht-Feministinnen.

    Mit anderen Worten: Wenn wir davon ausgehen, dass die Basiswahrscheinlichkeiten des Bank-Arbeitens zwischen Feministinnen und Nicht-Feministinnen stark unterschiedlich sind und wenn wir zudem davon ausgehen, dass man kaum eine andere Wahl hat als Linda aufgrund ihrer Beschreibung als Feministin zu bezeichnen und wenn man zudem zugesteht, dass Menschen manche Fragen im Kontext fehlinterpretieren, dann wäre die Reihenfolge durchaus auch stochastisch begründbar. 🙂
    Wirklich unplausibel ist von diesen drei Szenarien nach meinem Gefühl und meiner Erfahrung per se nur 3) während ich mir 1 und 2 ganz gut vorstellen kann (ähnliches schon erlebt)