Es wird mal wieder Zeit für ein schönes Bild aus dem Weltraum. Zum Beispiel dieses hier, das vom Hubble-Weltraumteleskop aufgenommen wurde. Es zeigt eine Galaxie, die es eilig hat und das sieht man regelrecht im Bild:

Bild: NASA, ESA, and Z. Levay (STScI)

Bild: NASA, ESA, and Z. Levay (STScI)

Oben rechts ist die Galaxie ESO 137-001 zu sehen. Sie gehört zum großen Norma-Galaxienhaufen. Der gehört zu den großen und dicht besiedelten Galaxienhaufen; ganz im Gegensatz zu der eher kleinen Lokalen Gruppe, zu der unsere eigene Milchstraßengalaxie gehört. Hier bei uns geht es vergleichsweise ruhig zu, aber in engen und dichten Galaxienhaufen wie dem Normal-Cluster sind die Dinge ein wenig stressiger. Die Galaxien bewegen sich mit wesentlich höheren Geschwindigkeiten. ESO 137-001 saust mit knapp 9000 Kilometer pro Sekunde durch den Galaxienhaufen; bei der Milchstraße sind es nur knapp 500 km/s.

Die hohe Geschwindigkeit wird im Bild tatsächlich auch sichtbar. Es sieht so aus als würde die Galaxie blaues Material verlieren bzw. “im Fahrtwind” hinter sich her wehen lassen. Und das sieht nicht nur so aus: Das ist auch so! Der Raum zwischen den Galaxien in einem Galaxienhaufen ist nicht komplett leer sondern von einem dünnen Gas erfüllt; dem Intra-Cluster-Medium (ICM). Supernova-Explosionen, Sternenwind, Jets von schwarzen Löchern und diverse andere Phänomen schleudern immer wieder Gas aus Galaxien raus und das sammelt sich dann im intergalaktischen Raum. Wenn sich nun die Galaxie mit hoher Geschwindigkeit durch dieses Gas bewegt, dann verliert sie dabei einen Teil ihres eigenen Gases. Es interagiert mit dem ICM und bleibt quasi hängen. Die kompakteren Sterne dagegen bewegen sich ungehindert durchs ICM.

In diesem Foto ist der ursprünglichen Aufnahme ein Bild des Chandra-Röntgenteleskops überlagert. Das zeigt (in blau) die Röntgenstrahlung des heißen Gases an, die bei der Interaktion abgegeben wird:

Bild: NASA, ESA, and the Hubble Heritage Team (STScI/AURA)

Bild: NASA, ESA, and the Hubble Heritage Team (STScI/AURA)

Wenn man genau schaut, dann sieht im Zentrum von ESO 137-001 noch ein paar braune fadenförmige Wolkengebilde, bei denen es ebenfalls so aussieht, als würden sie zurückgelassen. Das ist auch so; nur ist es hier kein Gas, sondern Staub aus der Nähe des galaktischen Zentrums, der bei der Interaktion mit dem ICM zurückgelassen wird. Das alles ist natürlich doof für die Galaxie, die durch diesen Vorgang des “ram pressure stripping” immer weniger Material zur Verfügung hat, aus dem neue Sterne entstehen können. Klar, aus dem zurückgelassenen Material entstehen schon noch ein paar Sterne. Aber die Galaxie hat wenig davon.

Aufnahmen wie die von ESO 137-001 sind wichtig, wenn man verstehen will, wie Galaxien funktionieren und sich im Laufe der Zeit verändern. Abgesehen davon sind sie aber auch einfach nur ziemlich schön!

P.S. Und bevor jemand fragt: Die beiden orangenen Flecken links und rechts unten im Bild sind zwei elliptische Galaxien des Norma-Haufens und die ganzen hellen Sterne sind Vordergrundsterne in unserer eigenen Milchstraße.

Kommentare (24)

  1. #1 Martina
    6. März 2014

    Ist doch klar, die Galaxie muss auf’s Klo…
    Spaß beiseite, ich habe eine Frage: warum spüren wir auf der Erde eigentlich nicht, dass unsere Galaxie so schnell unterwegs ist? Ist das ähnlich wie beim Einfluss des Mondes auf die Erde, den wir aber nicht spüren, weil wir im Vergleich zu klein sind? Ich erinnere mich an Deinen Artikel mit den komischen Vollmondäpfeln.

  2. #2 Florian Freistetter
    6. März 2014

    @Martina: “warum spüren wir auf der Erde eigentlich nicht, dass unsere Galaxie so schnell unterwegs ist? “

    Was genau willst du da denn spüren? Du spürst ja auch nicht, wie sich die Erde mit 30 km/s um die Sonne bewegt oder die Sonne mit 220 km/s durch die Milchstraße. Da sich die Erde als ganzes bewegt spürst du nix davon. Du spürst nur was, wenn du dich relativ zu deiner Umgebung bewegst und das passiert in diesem Fall nicht. Natürlich kann man die Bewegung messen; die Positionen der Sterne verschieben sich langsam, etc. Aber “spüren” tut man da nix…

  3. #3 Kryptonoob
    6. März 2014

    Das sind wirklich wundeschöne Bilder, danke!

  4. #4 Kryptonoob
    6. März 2014

    @Martina:
    Konstante Geschwindigkeiten kann man nicht spüren.
    Spüren würde man nur Beschleunigung bzw. Abbremsen.

  5. #5 pederm
    6. März 2014

    Wir können diese Bewegung(en) nicht spüren, der Doctor schon!

  6. #6 Jeeves
    6. März 2014

    Das mit dem Nicht-Spüren der recht hohen Geschwindigkeit mit der wir uns permanent bewegen (recht hoch nach menschlichen Maßen) wäre doch mal einen Artikel wert? (Ich hab’ das schon als Kind nicht verstanden. heute hab’ ich zumindest eine Ahnung, …bin ja auch kein Astronomiker, sondern hab’ mit Musik zu tun)

  7. #7 Jeeves
    6. März 2014

    “…die Erde mit 30 km/s um die Sonne bewegt…”

    Das heißt: mit 108tausend Stundenkilometer ?
    .
    Meine liebe Gattin sagt mir dazu gerade: “Ach. Deshalb hab ich manchmal so Schwindelgefühle!”

  8. #8 rolak
    6. März 2014

    schon als Kind nicht verstanden

    Macht ja nix, Jeeves – doch wo wir Menschen uns typischerweise bewegen spüren wir ebenfalls keine Geschwindigkeit. Was Du eventuell damals und noch etwas eventueller immer noch verwechselst: Es ist der Fahrtwind, den Du spürst (also die Arbeit des Luft-aus-dem-Weg-Schiebens), nicht die Bewegung an sich.
    Beschleunigung (ab einer gewissen Größe) können wir allerdings wahrnehmen…

  9. #9 5yF0Rc3
    6. März 2014

    Cooles Bild, aber.. Ich frage mich wie die Kreuze (Horizontal und Vertikal) von den Sternen entstehen? also, wieso werden die von Hubble oder so erfasst? Sorry für so eine “dumme” frage^^

  10. #10 omnibus56
    6. März 2014

    @Martina, Jeeves:
    Lineare gleichförmige Bewegungen spürt man tatsächlich nicht (bestenfalls Effekte relativer linearer gleichförmige Bewegung wie den Fahrtwind, den rolak ansprach). Aber Rotationsbewegungen spürt man schon, nämlich wenn man sich selbst bewegt und zwar als Corioliskraft (https://de.wikipedia.org/wiki/Corioliskraft). Weil Florian zwar Dreh-(Bahn-)bewegungen anspricht, aber nicht im Detail eingeht, werde ich mal als Korinthenkacker aktiv. 🙂

    Da die Erde sich dreht (am Äquator ist die Tangentialgeschwindigkeit ca. 1670km/h), “spüren” die Hoch- und Tiefdruckgebiete auf der Erde diese Corioliskraft, da die Luft aus ihnen heraus, bzw. in sie hinein strömt. Deren Drehrichtung ist nämlich von der Corioliskraft bestimmt und wegen der entgegengesetzten Strömungsrichtung ebenfalls einander entgegengesetzt. Da sich nun die Erde auf den Nordpol geschaut gegen und auf den Südpol geschaut im Uhrzeigersinn dreht, ist die Corioliskraft und damit die Drehrichtung der Druckgebiete auf der Nord- und Südhalbkugel genau entgegen gesetzt. [¹] Wenn Du also mal auf die Wetterkarte schaust, siehst Du tatsächlich die Corioliskraft am Werk.

    Allerdings auf menschlichen Längen- und Zeit-Skalen (also vielleicht rund 2 Meter und 1 Sekunde) und die Empfindlichkeit unserer Sinne bezogen, ist a) die Drehbewegung der Erde in erster grober Näherung „praktisch linear“, resp. sind b) die Effekte viel zu klein, um für uns spürbar zu werden. Die Bahnbewegung der Erde um die Sonne, die Florian ansprach, hat natürlich ebenfalls einen Corioliseffekt zur Folge, der aber noch um viele Größenordnungen kleiner ist als der der Erdrotation, die für uns schon nicht sprübar ist. Und der Corioliseffekt der Bahnbewegung der Sonne um die Galaxie ist selbstredend nochmal um viele Größenordnungen kleiner.

    Also: Florian hat Recht, wenn er sagt: ‘Spüren tut man nix.’ Das gilt für alle genannten Bewegungen. Auch die vorhandenen Effekte der Drehungen sind für unsere Sinne einfach zu klein. (Nein Jeeves, davon wird Dir bestimmt nicht schwindelig. :-))
    ___

    [¹] Nicht von der Corioliskraft bestimmt ist jedoch die Drehrichtung beim Wasserabfluss der Badewanne! Ehrlich nicht! Dazu ist sie zu schwach (s. a. Skalenargument im nächsten Absatz).

  11. #11 Compuholic
    6. März 2014

    Ich frage mich wie die Kreuze (Horizontal und Vertikal) von den Sternen entstehen?

    Die Dinger nennen sich Spikes und entstehen bei fast allen Spiegelteleskopen. Falls ich mich richtig erinnere ist es die Aufhängung der Spiegel (die meistens kreuzförmig ist) die diesen Effekt verursacht.

  12. #12 Flosch
    6. März 2014

    Genau, die Spikes.

    Viele Spiegelteleskope (auch das HST) haben in der Öffnung einen kleineren Fangspiegel, der das vom Hauptspiegel reflektierte Licht zur Kamera bzw. Okular lenkt. Dieser Sekundärspiegel wird von Streben gehalten, an denen sich das Licht beugt und dadurch diese Spikes entstehen läßt.

    Bei besonderen Bauformen, wie dem Schiefspiegler, sitzt der Fangspiegel nicht im Strahlengang, wodurch solche Spikes vermieden werden.

  13. #13 5yF0Rc3
    6. März 2014

    cool Danke 😛

  14. #14 Peroppi
    6. März 2014

    Man sieht in dem Bild (in blau) so grieselige Verdickungen in dem Gas. Sieht aus wie fadenförmig hinter der Galaxie hergezogen. Bedeutet das, dass das Intra-Cluster-Medium dieser Verdickungen schon besitzt? oder sind das eine Art Verwirbelung durch die Bewegung der Galaxie? Oder ist das etwas ganz anderes?

  15. #15 Jouron
    6. März 2014

    9000km/s sind doch höher als Lichtgeschwindigkeit. Kann die Galaxie die Milchstraße treffen?

  16. #16 PDP10
    6. März 2014

    @Jouron:

    “9000km/s sind doch höher als Lichtgeschwindigkeit. Kann die Galaxie die Milchstraße treffen?”

    Nope. Die Lichtgeschwindigkeit beträgt ungefähr 300000 km / s.

  17. #17 johnny
    6. März 2014

    @Jouron
    Die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum beträgt ca. 300.000 km/s, da liegen also einige Größenordnungen dazwischen.
    Zur zweiten Frage:
    Nein!

  18. #18 Florian Freistetter
    6. März 2014

    @Peroppi:“Man sieht in dem Bild (in blau) so grieselige Verdickungen in dem Gas. Sieht aus wie fadenförmig hinter der Galaxie hergezogen. Bedeutet das, dass das Intra-Cluster-Medium dieser Verdickungen schon besitzt? oder sind das eine Art Verwirbelung durch die Bewegung der Galaxie? Oder ist das etwas ganz anderes?”

    Naja, das ist das Gas aus der Galaxie. Und das kommt natürlich nicht gleichmäßig durch das ram pressure stripping raus sondern kann durchaus auch mal klumpig sein…

  19. #19 Florian Freistetter
    6. März 2014

    @Jouron: Das Licht bewegt sich mit 300.000 km/s. Und nein, die Milchstraße kollidiert nicht mit einer anderen Galaxie. Wenn, dann erst in knapp 2 Milliarden Jahren.

  20. #20 Franz
    7. März 2014

    warum spüren wir auf der Erde eigentlich nicht, dass unsere Galaxie so schnell unterwegs ist?

    Um etwas zu spüren muss eine Kraft auf unsere Masse wirken. Diese Kraft is nach dem Newtonschen Gesetz definiert als Kraft = Masse * Beschleunigung.

    Somit erzeugt sowohl Stillstand als auch eine geradlinige Bewegung keine Kraft und deshalb merken wir nichts.

    Ist wie beim Autofahren. Selbst wenn du mit 200 mit geschlossenen Augen gerade durch die Gegend bretterst , dann merkst du nichts, außer die Geschwindigkeit ändert sich (bremsen, beschleunigen, Schlaglöcher, Kurven, plötzlicher Aufprall auf einem Hinderniss usw.)

    Das faszinierende an der Sache ist ja auch, dass sich das aus den Regeln der Differentation quasi automatisch ergibt 🙂
    (für x = 0 oder x = k ist dx/dt beide male 0).

  21. #21 Alderamin
    7. März 2014

    @Compuholic

    Manche kleinen Amateurteleskope haben nur eine Strebe, die den Fangspiegel hält, das ergibt trotzdem je einen Spike auf zwei gegenüberliegenden Seiten eines hellen Sterns. Eine (übliche) kreuzförmige “Spinne” (wie die Dinger auch genannt werden) verursacht kreuzförmige Spikes, wie oben in den Bildern. Manchmal findet man auch Spinnen mit drei Streben im 120°-Winkel, die machen 6 Zacken.

    Überrascht war ich, als ich erste Aufnahmen mit meiner Astrokamera durch ein gewöhnliches Minolta-Objektiv mit Lamellenblende machte, eine Blendenstufe abgeblendet (wegen der Bildschärfe). Die 6-eckige Blendenöffnung verursachte nämlich auch ziemlich auffällige 6-zackige Spikes.

    Spikes lassen sich verhindern, wenn man den Fangspiegel seitlich aus dem Strahlengang holt (der von Flosch angesprochene Schiefspiegler, der aber diverse andere Probleme verursacht, unter anderem eine verkippte Fokusebene), den Fangspiegel mittels einer Glasplatte hält (katadioptrische Spiegelteleskope) oder gebogene Spinnenbeine verwendet (z.B. so oder so).

    Normalerweise stören die Spikes nicht, sie sind nur bei hellen Sternen offensichtlich. Es gibt sogar Leute, die sie aus Gründen der Ästhetik per Bildmaske, Kreuzfilter oder nachträglich per Software absichtlich ins Bild einfügen, wenn ihr Teleskop (Linsenfernrohr, Schmidt-Spiegelteleskop) keine erzeugt.

  22. #22 Stefan K.
    7. März 2014

    Ich hab auch eine Frage zu den GEschwindigkeiten:
    wie kann man eigentlich bestimmen, “wie schnell” die Milchstraße unterwegs ist? Wenn ich alles soweit verstanden habe, gibt’s doch im universum keinen “Fixpunkt”, auf den man die Geschwindigkeit beziehen könnte:
    bin nicht sicher, ob klar ist, was ich meine, nämlich folgendes:
    vich : auf die Erde bezogen (klar)
    vErde : auf die Sonne bezogen (klar)
    vSonne: auf die Milchstraße bezogen (klar)
    vandereGalaxie: auf die Milchstraße bezogen (klar)
    vMilchstraße : ???? (unklar, gibt ja keinen “Fixpunkt”)

  23. #23 Florian Freistetter
    7. März 2014

    @Stefan: “Milchstraße : ???? (unklar, gibt ja keinen “Fixpunkt”)”

    Du kannst bestimmen, wie schnell sich die Milchstraße im Vergleich zum kosmischen Mikrowellenhintergrund bewegt – zum Beispiel. Oder wie schnell sie sich auf die Andromeda zubewegt. Oder im Vergleich zu den anderen Galaxien des lokalen Galaxienhaufens.

  24. #24 Walter
    Schweiz
    8. März 2015

    Wie interagiert eigentlich das Gas im Weltraum? Durch Kollision? Ist es dazu nicht viel zu dünn, z.B. ein Atom pro m^3? Oder gibt es eine Interaktion durch Photonen?