Dieser Gastartikel ist ein Beitrag zum ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerb. Alle eingereichten Beiträge werden im Lauf des Septembers hier im Blog vorgestellt. Danach werden sie von einer Jury bewertet. Aber auch alle Leserinnen und Leser können mitmachen. Wie ihr eure Wertung abgeben könnt, erfahrt ihr hier.

sb-wettbewerb

Dieser Beitrag wurde von Anti-Held eingereicht.
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Von der Wiederentdeckung der Neugier

Ein Autobiografischer Rückblick

Ich war schon immer neugierig, vielleicht auch schon immer ein wenig neugieriger als das was man immer so gerne als den Ottonormalbürger bezeichnet. Wenn
ich mich an meine frühe Kindheit zurückerinnere dann kommen mir Szenen in den Kopf wie ich mit meinem Vater auf dem Sofa ein Buch über die Ägyptischen
Pyramiden lese und gar nicht genug bekommen kann von all den Rätseln die sich um die Kultur und um den Bau erstrecken. Diese Neugierde war es auch die
meine Eltern viel Geld kostete, denn jedes Hobby wollte ausprobiert und möglichst jedes Buch der Welt gelesen werden. Während sich für zweiteres die
örtliche Bibliothek als mein zweites Zuhause fand , ein Ort an dem ich mich stundenlang zurückziehen konnte und an dem ich von den Bibliothekarinnen des
Öfteren am Ende der Öffnungszeiten aus meinen Phantasiewelten gerissen wurde mussten sich meine Eltern damit abfinden das ich neben BMX fahren, Judo,
Tischtennis, Fußball spielen und einem Mikroskop auch ein Teleskop haben wollte. Einen 114/900 Newton Reflektor nannte ich bald darauf mein eigen und ich
verschlang alles was es an Informationen zum Sternegucken und über unser Universum zu wissen gab, das größte war dann ein Buch von Serge Brunier (Reise
durch das Sonnensystem) welches unterm Weihnachtsbaum (oder wars mein Geburtstag??) lag. Ich erinnere mich auch noch gut daran meinen Vater überredet (ich
glaub aber das hat ihm ganz gut gefallenJ) zu haben bei einem Treffen der Mitglieder der Lübecker Sternenwarte mitzumachen wo wir sogar an einer
Nachtbeobachtung teilnahmen und ich mit meinen 11 oder 12 Jahren ganz begeistert all die Teleskope ausprobieren durfte die die Mitglieder da so aufgebaut
hatten.


Also alles gut so weit, ein Junge der sich für die Welt begeisterte, dessen Wünsche von seinen Eltern unterstützt wurden und der sich heute immer noch
für Wissenschaft interessiert…..

Tja, auch ich wurde nicht verschont von einem Evolutionärem Vorgang der uns bestimmt schon so manchen guten Wissenschaftler oder Ingenieur gekostet hat :
die PUPERTÄT (der tot jeglichen wissenschaftlichen Interesses) und wenn ich was mache dann richtig….es ging so mit 13 los und dann gleich volles
Pfund Saufen, Rauchen, Mädchen, (zum glück nur leichte) Drogen ,eine fragwürdige Politische Einstellungen und im allgemeinen nicht so guter Umgang. Das
Gymnasium war damit auch passé und im Nachhinein kann ich froh sein das das mit dem Realschulabschluss geklappt hat. Zum ende der Schule erfasste
mich dann irgendwie langsam Panik, ich sah eine Zukunft vor mir, die in etwa so aussah: Beruf erlernen (irgendwo im Ort) und dann bis zum Lebensende
morgens zur Arbeit und abends Feierabendbier auf der Parkbank….(Panik)……. also musste schnell ein Ausweg her… mhhhh ich habs: na dann ab zum Militär und
auf 8. Jahre verpflichtet , ne Berufsausbildung (Elektroniker)gab es auch noch obendrauf und Langweile kam (erstmal ) auch nicht auf (wissenschaftliches
Interesse aber auch noch lange nicht) . Doch ich hatte Glück und traf die Richtigen Leute, in Erinnerung ist mir besonders ein Hauptmann der Luftwaffe aus
dem tiefsten Bayern (dessen Name ich leider Vergessen habe) , ich traf Ihn auf meinem LKW Führerscheinlehrgang und er nahm mich eines Tages beiseite und
fragte mich warum ich nicht Studieren oder Offizier werden würde und das er, wenn ich wollte, sich dafür einsetzen würde das ich in seinem Verband eine
Stelle bekommen würde. Auch wenn er damit wohl weit mehr versprach als er hätte halten können und ich auch nicht versucht habe sein Angebot anzunehmen, so
war er doch der erste der mir sagte ich könne mehr aus mir machen. Der Gedanke begann in mir zu brodeln…..Zum ende meiner Dienstzeit (mittlerweile war ich
auch Vater geworden) fasste ich dann den Entschluss meine Fachhochschulreife nachzuholen und Elektrotechnik zu studieren.

An der Bundeswehrfachschule in Hamburg geschah dann etwas was ich nie erwartet hätte. Neben hochmotivierten Lehrern habe ich eine Klassengemeinschaft
erlebt die einmalig war. Da waren lauter Leute die das gleiche Ziel hatten: Wissen regelrecht aufzusaugen. Und ich hab mich wohl gefühlt wie selten zuvor,
wir saßen abends beisammen und haben uns über die Welt unterhalten uns an Mathematik erfreut und versucht höhere Physik zu verstehen. Mit einem mal gab es
da Leute mit denen nicht nur Feiern cool war sondern auch der Besuch Einer Mineralogischen Ausstellung der UNI HH , wir sind zusammen zum Tag der offenen
Tür am DESY, haben uns da öffentliche Vorträge angehört und sind gemeinsam zum Science Slam gefahren. Abends saßen wir zusammen und haben uns gegenseitig
die Relativitätstheorie erklärt (oder zumindest deren Auswirkungen) und über Schrödinger und Planck geredet. Eine tolle Zeit und ich war infiziert. In der
folge habe ich immer mehr geschwankt ob Elektrotechnik oder nicht doch Physik das richtige für mich wäre, am Ende habe ich einen tollen Kompromiss zwischen
Ingenieurs- und Naturwissenschaft gefunden. In wenigen Wochen beginnt mein Studium der Physikalischen Technik in Lübeck. Ich habe meine Neugierde wieder gefunden ……


Ich möchte an jedenden Appell richten seine Träume nicht aufzugeben, seinen Neigungen und Interessen nachzugehen und vor allem Junge Menschen zu
ermutigen in die Eigene Bildung zu investieren und denjenigen Möglichkeiten aufzuzeigen die sie vielleicht gerade nicht sehen.

Ps: Da mein Papa diesen Blog mittlerweile auch ließt: Liebe grüße an Mama und ruf an wenn du deinen Sohn wiedererkannt hast *g*

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Kommentare (9)

  1. #1 Joel
    20. September 2014

    Toller Beitrag! Es macht mir Mut.

  2. #2 Alderamin
    20. September 2014

    Schön geschrieben. Sollte sich mancher Schüler, der gerade keinen Bock auf’s Lernen hat, mal durchlesen. Daumen hoch!

  3. #3 Gaius
    20. September 2014

    @ Anti-held: “Mädchen, (zum glück nur leichte)” 😀

    Lässt sich gut lesen, schöne Geschichte. Ich hab nur immer meine Probleme mit Rechtschreibfehlern …

    Den Appell kann ich absolut unterstützen.

  4. #4 Anti-Held
    20. September 2014

    @Gaius: ups ,der ist mir ganicht aufgefallen…..(leicht bezog sich natürlich NICHT auf Mädchen *g*)
    Ja die liebe Rechtschreibung und ich werden in diesem Leben leider nicht mehr die besten Freunde. Was die Word Rechtschreibprüfung nicht findet bleibt mir meistens leider auch verborgen. Das nächste mal geb ich den Text zum korrekturlesen weiter, versprochen. Heute mit abstand zum schreiben sind mir nämlich auch einige Fehler aufgefallen.
    Freut mich aber das der Text ansonsten gut ankam.

  5. #5 Theres
    20. September 2014

    Das liest frau doch gerne 🙂
    Allerdings … ich korrigiere auch das nächste Mal, vor dem Veröffentlichen (FF hat meine Email) – dann wird es noch viel besser.
    Liest sich trotzdem gut, mutmachend (was garantiert nicht so geschrieben wird, mir aber besser gefällt), kurz: gefällt mir!

  6. #6 PDP10
    20. September 2014

    @Anti-Held:

    “Ich habe meine Neugierde wieder gefunden ……”

    Das ist der beste Satz, den ich seit Langem von einem real existierenden, ganz normalen Menschen gelesen habe!

    Herzlichen Glückwunsch und viel Spass!

    Und lass dich von dem ganzen Frust, den so ein Studium immer mit sich bringt nicht von deiner Neugier abbringen!

    Schöner und motivierender Artikel!

  7. #7 Alter Egon
    21. September 2014

    Wow. Danke für den Artikel. Mit geht’s ähnlich, mein Studium, für das ich einen zwar nicht direkt lukrativen, aber immerhin sicheren Job hingeschmissen habe, beginnt übermorgen. Ich hab ordentlich die Hosen voll, und da lese ich sowas wirklich gern.

    Danke & alles Gute! 🙂

  8. #8 Omnibus56
    21. September 2014

    @Anti-Held: Sehr schöner Artikel! Trotzdem, die Rechtschreibfehler haben mich aber auch gestört, weil sie (für mich) mangelnde Präzision bedeuten. Das macht sich auch in einer Bachelor-Thesis schlecht… Also auch daran arbeiten! 😉 Und bewahre Dir die Neugier!

  9. #9 Hans
    21. September 2014

    #3 Gaius
    @ Anti-held: “Mädchen, (zum glück nur leichte)” 😀

    So hab ich das aber auch erst so verstanden. Aber dann Drogen?! – Das passte irgendwie nicht zusammen, also noch mal genauer hingesehen, dann war es auch klar.
    Ansonsten wirklich motivierend.

    Ach ja, @Anti-held: Wie Du in #4 ja selbst schon festgestellt hast: Es ist immer gut, einen längeren Text auch mal ein paar Tage beiseite zu legen, und dann noch mal zu lesen, weil einem dann meisstens Fehler auffallen, die man beim verfassen regelmässig übersehen hat. Deshalb der Tip für’s Studium, wenn Referate anstehen: Rechtzeitig anfangen, damit man nicht die Nacht vor dem Abgabetermin mit “letzten Arbeiten am Text” verbringen muss. 🙂