Der interessanteste Vortrag der ganzen Konferenz war eine Übersicht über die Hubblemission. Eigentlich war es ein freier Nachmittag um mal den Kopf freizubekommen, aber es gab ein kleines Unterhaltungsprogramm für diejenigen die noch nicht genug hatten (wie mich). Bei diesen Vorträgen ging es nicht primär um die Technik sondern um Geschichten aus dem Spacebereich. Der Vortragende hatte einen reichen Fundus an Anekdoten, da er von Anfang an maßgeblich am Hubble mitarbeitete und auch das Talent hatte, die Geschichten genial zu präsentieren. Ein Highlight war der Austausch der Solarpanels am Hubbleteleskop. Nach der Landung des Space Shuttles muss dieser immer gereinigt werden, da die Treibstoffrückstände giftig sind. In der ‘Ankunftshalle’ standen an die 50 Techniker und mussten vom Bodenpersonal fast mit Gewalt daran gehindert werden auf die Rollbahn zu stürmen, weil jeder die Panels als erster untersuchen wollte. Ich stellte mir die Reaktion der Crew des Space Shuttles vor, als 50 Menschen mit irrem Blick auf das Raumschiff zustürmten. Es folgten noch viele weitere Geschichten, sodass der Nachmittag wie im Flug verging. Die beste jedoch bezog sich auf den Satz in der Einleitung. Es ging um den Tausch der wide field camera des Hubble Teleskops. Der Astronaut der den Tausch durchführte meldete, dass sich die letzte Schraube nicht lösen lässt, worauf alle Techniker zusammengetrommelt wurden um eine Lösung zu finden. Nach einer langen Diskussion wurden alle möglichen Lösungsansätze dem Astronauten übermittelt. Keins funktioniere. In der folgenden Stille wagte dann ein heroischer Techniker zu sagen: “Er soll fest ziehen, das Ding hat 8 Schrauben, eine weniger …”. Nachdem die anfängliche Empörung der Teilnehmer abebbte, wurde der Astronaut instruiert: “Just pull hard” und nach einer kurzen Rückfrage “please repeat”, zog er. Mit reichlich ausgeschmückten Sätzen erzählte der Vortragende dann, dass alle im Raum den ‘Knack’ gehört hätten, obwohl dies unmöglich ist im Vakuum. Man sieht, auch im All hilft zu Reparaturzwecken mal kräftig draufzuklopfen.

Nachdem schon drei Seiten voll sind muss ich zum Ende kommen. Es gab noch viele interessante Tage und ich kann allen empfehlen, wenn ihr die Chance habt an solchen Konferenzen teilzunehmen dann macht mit und versucht in den Pausen mit den Spezialisten zu reden. Allein die Diskussion über die Ariane 5 während einer Busfahrt ….

Fazit: Meist reden diese Menschen sehr gerne über ihre Fachgebiete und man lernt eine Menge. Für interessierte Personen ist dies eine wahre Fundgrube. Der Trick ist hier, mit solchen Personen außerhalb der offiziellen Angelegenheiten in ungezwungener Atmosphäre zusammenzutreffen. Sonst wird es ein langweiliger Arbeitseinsatz.

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Kommentare (7)

  1. #1 Dampier
    23. September 2014

    Vielen Dank für den spannenden Bericht. Hab mich festgelesen und meinetwegen hätte er sogar länger sein können.

    grz
    Dampier

  2. #2 chris
    23. September 2014

    Sicher sind die inoffiziellen “Termine” interessant und ergiebig. Aber man darf eben trotzdem nicht mit eben dieser Erwartung hingehen, sondern sie als das nehmen, was sie sind: Lückenfüller im offiziellen Programm. Sonst nämlich wird auch der Lückenfüller zum quasi-offiziellen Termin, was den Mehrwert zerstört.

  3. #3 Anti-Held
    Ratzecastle
    23. September 2014

    Wunderbar, ein angenehm zu lesender und interessanter Artikel, danke.

  4. #4 Hans
    24. September 2014

    Ich schliesse mich dem Dampier an: Der Beitrag hätte ruhig noch länger ausfallen können. 🙂
    Die Einstellung der Dame, die über die misglückten Versuche mit den “Silizium-batterien” berichtete, finde ich übrigens auch genial. Solche Berichte über misglückte Experimente, erfolglose Entwicklungen oder sonstige Forschungen, die nicht die Ergebnisse lieferten, die man erwartet hat, sollten Standard werden.

  5. #5 Crazee
    24. September 2014

    Ich wiederum schließe mich Hans an:

    Schöner Artikel, sehr kurzweilig. Und ja: Berichte über Forschungsthemen, die nicht geklappt haben, aber trotzdem einen Mehrwert schaffen, sollte man in der Tat öfter bekommen.

  6. #6 Franz
    24. September 2014

    @Chris
    Das stimmt, wenn man mit der Erwartungshaltung möglichst viele ‘Lückenfüller’ zu bekommen zu so einer Konferenz geht , dann wird es wahrscheinlich frustrierend.

    Meine Kernaussage sollte eher in die Richtung gehen: Wagt es auch mal die ‘Profis’ anzusprechen.

  7. #7 stillerleser
    24. September 2014

    @ Franz:
    Gut zu lesender Beitrag.
    Hatte zwar mehr zum konkreten Thema gegenwärtige und zukünftige Energiesysteme erwartet, aber wie gesagt, war auch so interessant zu lesen.
    Nur ein off-topic-Punkt:

    Das wirft in mir immer wieder die Frage auf, warum in vielen Ländern noch immer auf etwa 50% der möglichen Kreativität verzichtet wird, weil Frauen von Bildung ferngehalten werden.

    Dies ist mittlerweile nicht mehr so.
    Über alle 30-jährigen Frauen der Welt gemittlet beträgt die Verweilzeit in Schulen 7 Jahre. 30-jährige Männer haben 8 Jahre in Schulen verbracht.
    Es gibt noch einzelne, bevölkerungsärmere Länder in denen Frauen/Mädchen tatsächlich von Bildung ferngehalten werden, aber die überwältigende Mehrheit des weiblichen Geschlechts geht heute annähernd genauso lange zur Schule wie die männlichen Altergenossen.
    D.h. nicht, dass sie nicht in anderen Gesellschaftsbereichen weiterhin diskriminiert werden. Im Bildungsbereich ist dies aber nicht mehr der Fall.