Der Beton verbindet sich mit dem Metall genau so gut und fest wie mit dem Stein und die kombinierte Struktur ist wesentlich stabiler. Der Stahl fängt die Spannungen ab und der Beton bricht nun auch unter diesen Belastungen nicht mehr. Und dass das funktioniert ist einer der großen Zufälle des Universums! Jedes Material hat ja einen bestimmten Ausdehnungskoeffizient; reagiert also unterschiedlich auf Hitze oder Kälte. Wenn sich Beton und Stahl unterschiedlich stark ausdehnen oder zusammenziehen würden, wäre Stahlbeton nicht brauchbar. Aber zufälligerweise haben beide Materialien annähernd den gleichen Ausdehnungskoeffizient und darum konnten sie buchstäblich zum Fundament unserer ganzen Zivilisation werden!

Aber so stabil Stahlbeton auch ist; so sehr muss man sich um ihn kümmern, damit er stabil bleibt. Durch kleine Risse kann Wasser eindringen, das die Risse vergrößert oder das Eisen im Inneren rosten lässt. Aber auch hierfür könnte es bald eine Lösung geben und es ist eine wirklich wunderbare Lösung, die nicht nur zeigt, wie kreativ die Wissenschat ist, sondern auch die erstaunliche Vielfalt unserer Welt demonstriert. Es gibt Bakterien, die unter extrem alkalischen Bedingungen leben und als Ausscheidungsprodukt das Mineral Calcit produzieren (ein Bestandteil von Beton). Diese Bakterien können ohne Licht tief im Gestein überleben und jahrzehntelang in Stasis “überwintern”. Mischt man nun diese Bakterien gemeinsam mit Stärke in den Beton, dann sterben sie dabei nicht ab. Aber wenn Risse im Beton auftreten und Wasser hinein gelangt, dann wachen sie auf. Sie fressen die Stärke, scheiden Calcit aus und das Mineral repariert die Risse! Wenn das nicht beeindruckend ist, dann weiß ich nicht, was es sein sollte…

Es ist kein Wunder, dass Miodownik vom Beton so begeistert ist. Der riesige Betonturm von The Shard wurde aber bald wieder hinter jeder Menge Stahl und Glass versteckt. Denn Beton wird von den meisten als “hässlich” empfunden und das, so Miodownik, ist ungerecht. In den 1960er Jahren waren die Menschen noch richtig beeindruckt von den Möglichkeiten, die ihnen dieses Material bot und nach den Zerstörungen des Kriegs wollten sie damit die moderne Welt aufbauen. Aber die Architektur der damaligen Zeit finden wir heute nicht mehr so ansprechend und diese Abneigung hat sich auf das Material übertragen. Aber “cheap design is cheap design”, egal welches Material man verwendet. Aber wenn richtig baut, dann kann auch Beton schön sein. Wie zum Beispiel das Opernhaus von Sydney, das Barbican Centre in London oder die Misericordia Kirche in Rom.

Bild: Astrophysikalisches Institut Potsdam

Auch aus Beton: Der Einsteinturm in Potsdam (Bild: Astrophysikalisches Institut Potsdam)

Miodownik hat noch viel mehr zu Beton zu sagen. Über selbstreinigenden Beton zum Beispiel. Oder über “Betonstoff”, der zum Beispiel in Krisengebiete einfach als Zelt aufgespannt und mit Wasser übergossen werden kann, so dass daraus eine feste Struktur entsteht. Beton ist überall in unserer Zivilisation; Beton ist unsere Zivilisation und Miodownik vergleicht ihn mit den Knochen, die das Fundament unseres Körpers bilden. Aber so wie unsere Knochen wollen wir eben auch den Beton nicht unbedingt mit eigenen Augen sehen sondern halten ihn lieber versteckt…

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Kommentare (9)

  1. #1 Nekrassow
    8. Januar 2015

    Der gezeigte Einsteinturm ist aber eher ein schlechtes Beispiel für die Betonbauweise, er wurde zwar als Betonbau geplant, aber dann doch zum großen Teil in Ziegelbauweise ausgeführt.

  2. #2 Buck Rogers
    8. Januar 2015

    Schöner Artikel!
    Mal ein Thema, dass ich sogar in der Schule hatte.
    Ich habe mich schon damals gefragt, wie die Welt wohl aussehen würde, hätten Stahl und Beton nicht zufällig den gleichen Wärmeausdehnungskoeffizienten. Man könnte ja fast meinen, es sollte so sein 😉

  3. #3 Basilius
    Mashiroiro Symphony
    8. Januar 2015

    Hm….
    Ich denke, wenn Stahl & Beton nicht so gut zusammenpassen würden, dann hätte irgendjemand irgendeine andere Lösung gefunden die irgendwie auch praktikabel gewesen wäre. Vielleicht nicht ganz so prima. Aber das hätte dann auch keinen gestört, weil ja der Vergleich zum besseren Stahlbeton gar nicht existieren würde.

  4. #4 Chris
    Keller
    8. Januar 2015

    Moin,
    was mich in der Uni recht überrascht hatte ist was mit Beton so alles gemacht werden kann. Klar, die Lautsprechergehäuse wegen denen ich mit ein paar Bau IngStudenten gesprochen hatte lagen zumindest mir noch nahe.

    Aber die Vorführung vom Betonkanu und Betonsegelboot waren da schon was anderes…
    Viel Spaß: https://www.betonkanu-regatta.de/

  5. #5 bikerdet
    8. Januar 2015

    Bei aller Begeisterung sollte man zwei Dinge nicht vergessen : Die Herstellung von Zement erzeugt viel CO2. Jede Tonne Zement entlässt auch fast eine Tonne CO2 in die Atmosphäre. Außerdem geht uns der Sand aus.

    https://www.ingenieur.de/Themen/Klima-Umwelt/Der-Sandverbrauch-fuehrt-Raubbau-an-Natur

    Aktuell verbrauchen wir je Erdenbürger 2 Tonnen Sand im Jahr , da kommen rund 15 Mrd. Tonnen zusammen, die unwiederbringlich in Beton verwandelt werden.

    https://www.arte.tv/de/krieg-um-den-sand/7459746,CmC=7459738.html

    Mittlerweile gibt es eine Sandmafia, Sandschmuggler und Sandräuber. Flüsse, Strände und Flachgewässer werden systematisch ‘entsandet’. Besonders Inselstaaten leiden darunter, der fehlende Sand fördert die Erosion der Küsten.

  6. #6 Michael J. Hußmann
    Hamburg
    9. Januar 2015

    Zum römischen Beton (Opus caementicium) fällt mir noch ein: Weil die Römer in Köln frisches Wasser brauchten, bauten sie ein Aquädukt, das Quellwasser aus der Eifel über rund 100 km nach Köln führte – nicht überirdisch wie in Italien üblich, sondern unterirdisch, in aus Opus caementicium gegossenen Leitungen, die teilweise bis heute erhalten sind. Ich finde ja, dass Arminius einen großen Fehler gemacht hatte, als er seine römischen Freunde verriet und in einen Hinterhalt lockte.

  7. #7 Alderamin
    9. Januar 2015

    @Michael J. Hußmann

    nicht überirdisch wie in Italien üblich, sondern unterirdisch

    Was durchaus logisch ist, weil es früher im Winter fror, insbesondere in der Eifel 😉

    Obwohl ich aus der Gegend bin, weiß ich gar nicht, wo die lang lief, gibt’s davon noch zugängliche Reste zu sehen?

  8. #8 Michael J. Hußmann
    Hamburg
    9. Januar 2015

    @Alderamin: In Köln sind natürlich Reste ausgestellt, aber es gibt auch Teile, die man in situ sehen kann: https://www.naturpark-rheinland.de/kultur/die-roemer-im-naturpark/der-roemerkanal-wanderweg/.

  9. #9 Andriool
    12. Januar 2015

    @ Michael J. Hußmann @Alderamin
    Es freut mich, etwas über das römische Zement zu hören. Es war ja das einzige Material, mit dem ganz früher in Flüssen Bauten errichtet werden konnten, die länger halten als Bauten aus Holz oder Beton. 🙂 Ja, es gibt neuere Bauwerke aus “unserem Beton”, die wieder abgerissen werden müssen wohingegen die Betonbauten der Römer, die zum Teil auch dem Wasser, genauer Salzwasser ausgesetzt sind, über zweitausend Jahre bis heute gehalten haben. Das ist schon wirklich so spitze, dass irgendlich keiner mehr wagte zu fragen, warum das so ist, weil wir uns damit nur blamierten. 🙂

    Im übrigen kann hierzulande noch heute oberirdisch verbauter römischer Zement an den übrig gebliebenen Stützmauern eines Äquaduktes bei Mainz (Moguntiacum) betrachtet werden. Auf fünften Foto in der Fotogalerie unten ist die einstige Architektur des Äquaduktes zu sehen. https://www.roemisches-mainz.de/index.php?qp_active=global&qp_lnr=39 Das röm Äquadukt war einst 9 km lang und 25 m hoch und lieferte mehrere hundert Kubikmeter Wasser pro Tag.