Hier diente das Aerogel nicht als Isolator, sondern als Auffangbecken für kleinste interstellare Staubkörner. Die bewegen sich mit enorm hohen Geschwindigkeiten von bis zu ein paar Dutzend Kilometer pro Sekunde. Will man sie unbeschadet einsammeln und untersuchen, dann muss man sie auf etwas prallen lassen, dass in der Lage ist, die Körner abzubremsen, ohne sie (oder das Raumschiff) dabei zu beschädigen. Ein Material mit sehr geringer Dichte, damit die Teilchen nicht abrupt sondern sanft abgebremst werden. Ein Material, dass diese Abbremsung auf einer kurzen Strecke verursacht. Und ein Material, dass transparent ist, damit man die Teilchen später auch finden kann. Ein Material wie das Aerogel…

Die Sonde flog ins All, besuchte den Kometen Wild 2 und warf ihre Proben im Januar 2006 bei einem Vorbeiflug an der Erde ab. Und tatsächlich fanden die Wissenschaftler im Aerogel die gewünschten, gut erhaltenen Staubteilchen aus dem All. An der Auswertung dieser Proben wird heute immer noch gearbeitet und wer Lust hat, kann die Forscher im Rahmen des Citizien-Science-Projekts Stardust@home dabei unterstützen.

Kometenstaub im Aerogel von Stardust (Bild: NASA)

Kometenstaub im Aerogel von Stardust (Bild: NASA)

In den Alltag hat es das Aerogel aber immer noch nicht wirklich geschafft. Noch immer ist es zu teuer, um als Isoliermaterial auch auf der Erde eingesetzt zu werden (was sich aber ändern könnte, wenn die Energiepreise weiter steigen). Es gibt aber mittlerweile neue Entwicklungen, mit denen sich flexible, quasi textile Aerogele herstellen lassen, die extrem dünne aber auch extrem isolierende Kleidung möglich machen würde. Keine dicke Winterjacke mehr – sondern nur noch hauchdünne aber trotzdem warme Kleidung: Das wär doch was…

Aber noch ist es leider nicht so weit. Außergewöhnlich und beeindruckend ist das Aerogel aber trotzdem. Seine Faszination fasst Miodownik am Ende des Kapitels wie üblich sehr ergreifend und enthusiastisch zusammen:

“For if ever there was a material that represented mankind’s ability to look up to the sky and wonder who we are, if there ever was a material that represented our ability to turn a rocky planet into a bountiful and marvelous place, if ever there was a material that represented our ability to explore the vastness of the solar system while at the same time speaking of the fragility of human existence, if ever there was a blue-sky material – it is aerogel.”

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Kommentare (12)

  1. #1 JaJoHa
    10. Januar 2015

    Eine andere Anwendung für Aerogele ist in Teilchendetektoren. Das Zeug liegt im Brechungsindex über den meisten Gasen, aber unter Glas oder Wasser. Das wird mit dem Tscherenkow-Effekt genutzt, unter anderem um Teilchen zu unterscheiden.
    Zum Beispiel bei BELLE und ZEUS.
    Also nicht nur die Raumfahrt findet das toll 🙂

  2. #2 MartinB
    10. Januar 2015

    Oh ja, und vor langer Zeit im ZEUS-Detektor-Seminar hatte ich mal so ein Ding in der Hand – das sieht unglaublich gespenstisch aus, weil man wirklich nicht weiß, wo der Klotz genau zu Ende ist.

  3. #3 ulfi
    10. Januar 2015

    Wie stabil ist so ein klotz eigentlich? kann man da drauf drücken ohne dass da was passiert, oder ist das material her empfindlich?

  4. #4 rolak
    10. Januar 2015

    Wie stabil?

    Im wiki ist ein ZiegelsteinBeispiel, ulfi.

  5. #5 haarigertroll
    10. Januar 2015

    Ich frage mich gerade, warum das Zeug nicht als Hitzeschild von Raumkapseln eingesetzt wird… Würden die Luftbläschen im Vakuum evtl. platzen und das Gel zerbröseln?

  6. #6 Pete
    10. Januar 2015

    Ganz einfach: Zu teuer und moeglicherweise auch zu empfindlich.
    Die “Kacheln”, mit denen das Space-Shuttle “beplankt” war, waren da billiger (und immer noch teuer, jede war ein Einzelstueck) und hatten aehnliche Eigenschaften wie Aerogel. Waermeleitvermoegen und -kapazitaet sind so gering, man kann es zur Weissglut erhitzen und direkt anfassen. Die beruehrten Stellen werden durch die Finger sofort abgekuehlt, etwas weiter glueht das Material immer noch.
    Andere Hitzeschilde bei Wiedereintrittskoerpern werden aus ablasiven(?) Materialien gefertigt. Sie “verbrennen” (eher verdampfen) kontrolliert, dafuer wird Energie benoetigt, die dann fehlt, um in das Fahrzeug einzudringen. Das sind dann Schilde aus faserverstaerktem Kunststoff, ich habe in dem Zusammenhang auch von Kork gelesen.

    Zum Aerogel, irgenwo spukt in meinem Hinterkopf herum, dass es empfindlich auf Luftfeuchtigkeit etc. reagiert. Falsche Erinnerung?

  7. #7 MartinB
    11. Januar 2015

    @haarigertroll
    Aerogele sind ja auf Kohlenstoffbasis, die dürften sich bei einigen Hundert Grad zersetzen, während Hitzeschilde weit über 2000Grad abkönnen müssen.

  8. #8 John Steed
    11. Januar 2015

    @Pete:
    Ja, stimmt, Aerogel ist hygroskopisch, Blockware bildet während des Trocknens Risse, normal für Silikatdämmstoffe. Falsch ist, das Aerogel die Funktion einer Wärmeisolation hat, Aerogel erfüllt die Funktion einer Wärmedämmung. Wenn ich nach der alten DIN 18165 gehe, gehört das Aerogel zur Wärmeleitfähigkeitgruppe 015 bis 020. Zum Vergleich: Normale Steinwolle/Glaswolle haben 035 bis 040, wird wohl jeder kennen. In Steinwolle wird heutzutage Aerogel mit eingearbeitet, für den normalen Hausgebrauch(im wahrsten Sinne des Wortes).
    Dieses Aerogel macht ein flufiges Gefühl, auf einer Baumesse in Bad Salzuflen hatte mir ein Hersteller so einen Block in die Hand gelegt, es ist sichtbare Luft. Die SpaceShuttle Kachel hatte ich anfang der 80ér auf den Stand des Dämmstoffherstellers John Manville in der Hand. Ich weiß nicht mehr, was mich mehr fasziniert hat, das sehr geringe Gewicht, oder der exorbitant hohe Preis,… wohl mehr der Preis.

  9. #9 Alderamin
    11. Januar 2015

    @Florian

    Ad Aerogel bei Stardust:

    Ich find’s faszinieren, dass so ein hauchfeines Material es schafft, Staubpartikel mit Relativgeschwindigkeit von einigen km/s auf einer Strecke von ein paar dm abzubremsen, ohne dass sie verglühen (oder das Aerogel). Irgendwie schwer vorstellbar. Das ist eine Verzögerung in der 10-fachen Größenordung der Beschleunigung einer Kugel in Gewehrlauf. Oder irre ich mich da bei der Relativgeschwindigkeit?

  10. #10 Franzl Lang
    11. Januar 2015

    Was wäre denn etwa der Preisrahmen?

  11. #11 Franz
    12. Januar 2015

    Genau, wo bekommt man so was. Das hört sich ja echt cool an.

  12. #12 John Steed
    13. Januar 2015

    @10 und @11:
    Falls sich die Frage auf #8 bezieht, bei jeden Baustoffhändler eures Vertrauens der Dämmstoffe aus Gladbeck verkauft. Den Schornstein der Firma seht ihr ohne Probleme von der A2 aus.