Auch wenn das hier kein reines Buchblog ist, schreibe ich doch sehr viel über die Bücher, die ich gelesen habe. Bis jetzt aber meistens ohne irgendeine Systematik, sondern immer dann, wenn ich gerade wieder ein Buch ausgelesen habe und dem Rest der Welt davon erzählen möchte. Aber für 2015 habe ich mir vorgenommen, einmal etwas anderes auszuprobieren und will meine Buchrezensionen monatlich sammeln und sortieren. Ich werde also gegen Ende eines jeden Monats einen eigenen Artikel veröffentlichen und darin alle (zumindest alle für das Blog halbwegs relevanten) Bücher vorstellen. Und da der Januar schon fast vorbei ist, geht es nun also los!

Außenseiter-Fußball

thirtyonenil

Den Anfang macht ein Buch über ein Thema, mit dem ich mich normalerweise weder beruflich, noch privat beschäftige: Fußball. Aber “Thirty-One Nil” von James Montague ist auch kein normales Fußball-Buch. Der Sport spielt zwar eine wichtige Rolle, dient aber eigentlich nur als Aufhänger, um über die Politik und die politischen Probleme der Welt zu sprechen.

Montague verfolgt in seinem Buch die Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2014. Allerdings nicht so, wie wir sie hier bei uns im Sportprogramm verfolgen. Die Nationalmannschaften, die im Fokus des Buches stehen, tauchen in den Sportsendungen unseres Fernsehprogramms so gut wie nie auf und wenn, dann höchstens als Kuriosität. Es geht um Außenseiter wie die Teams von Montserrat, Palästina, Tahiti, Tonga und so weiter.

Wer sich nun aber amüsante Underdog-Geschichten á la “Cool Runnings” erwartet, wird vom Buch enttäuscht sein. Dieser Aspekt spielt zwar auch eine Rolle – viel interessanter sind aber die oft überraschenden Probleme, mit denen diese Mannschaften abseits des Fußballplatzes konfrontiert werden. Das fängt schon bei der Suche nach passenden Spielern an, die oft auf der ganzen Welt zusammen gesucht werden müssen. Und geht bis hin zur großen Weltpolitik. Das Nationalteam von Palästina zum Beispiel kann nicht einfach so wie jedes andere Team ins Flugzeug steigen und zu seinen Qualifikationsspielen fliegen. Da den Spielern in vielen Ländern die Ein- und Ausreise nicht genehmigt wird, muss es auf abenteuerlichen und anstrengenden Routen durch die Welt reisen. Aber, und das beschreibt Montague in seinem Buch sehr anschaulich, sie nehmen diese Strapazen gerne auf sich, denn die Nationalmannschaft hat für Palästina einen völlig anderen Stellenwert, als es die Mannschaften zum Beispiel in den europäischen Ländern tun. Für Palästina, das seit langer Zeit darum kämpft, als eigener Staat anerkannt zu werden und dieses Ziel noch lange nicht erreicht hat, ist die Anerkennung ihres Nationalteams von der FIFA ein wichtiger Schritt auf diesem Weg und Fussball eine wesentlich politischere Angelegenheit als anderswo.

In “Thirty-One-Nil” kann man überhaupt sehr viel über Weltpolitik lernen; fast mehr als über Fußball. Mir war zum Beispiel bis jetzt noch nicht bekannt, dass Eritrea so etwas ähnliches ist wie das Nord Korea von Afrika. Die Menschen dort werden vom Staat offenbar ebenso von der Außenwelt abgeschirmt und haben kaum eine Chance, ihr Land zu verlassen wie in der koreanischen Diktatur. Zu den wenigen, die reisen dürfen, gehören die Fußballer des Nationalteams und tatsächlich sind in den letzten Jahren gleich zwei komplette Teams während internationaler Qualifikationsspiele geflüchtet und nicht mehr zurück gekehrt. Und auch dass Ausschreitungen im ägyptischen Liga-Fußball eine wichtige Rolle bei den politischen Umbrüchen des Landes gespielt haben, war mir nicht bewusst gewesen.

Aber es sind nicht nur die asiatischen, afrikanischen und die Teams der kleinen Pazifikinseln, in denen es im Buch geht. Auch die europäischen Nationen spielen eine Rolle (und keine Sorge, liebe österreichische Landsleute: die Färöer-Inseln und ihr legendärer Sieg gegen unsere Mannschaft tauchen nicht auf; man kann das Buch also gefahrlos lesen). Zum Beispiel Island: Die Insel im hohen Norden ist nicht unbedingt für ihre guten Fußballer bekannt und das liegt unter anderem auch daran, dass es bis vor einiger Zeit kaum Hallenplätze gab und die Freiluftsaison temperaturbedingt recht kurz war. Erst seit man dort entsprechende Indoor-Plätze gebaut hat und das ganze Jahr über trainieren kann, geht es voran und die Mannschaft stand kurz davor, sich für die Weltmeisterschaft in Brasilien zu qualifizieren (und wäre dann das bevölkerungsärmste Land gewesen, das sich jemals qualifiziert hätte).

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Kommentare (10)

  1. #1 Axel
    29. Januar 2015

    ” Ich werde also gegen Ende eines jeden Montags”

    Heute ist doch aber Donnerstag…
    😉

  2. #2 rolak
    29. Januar 2015

    Heute ist doch aber

    Donnerstag ist der neue Montag, Axel, wußteste noch nicht? s/Montags/Monats/

    Schöne Idee, Florian.

  3. #3 Petra
    29. Januar 2015

    Klasse, ich freue mich immer über deine Empfehlungen! Das Einstein-Buch von Bührke liegt zum Glück schon auf meinem Stapel. Darauf bin ich jetzt besonders gespannt.
    Wenn du gern mal einen neuen Science-Fiction Roman lesen möchtest, kann ich den Marsianer von Andy Weir empfehlen, über einen auf dem Mars gestrandeten Astronauten, der mit dem, was ihm zur Verfügung steht versucht zu überleben.

  4. #4 Amöbe
    29. Januar 2015

    Zu “Mr. Penumbra’s 24-Hour Bookstore” gibt es ein kurzes Prequel namens “Ajax Penumbra 1969”.
    Ich hab beide noch nicht gelesen, aber nach deiner Rezension gleich auf meine “haben-will”-Liste gesetzt.

  5. #5 robert
    29. Januar 2015

    Gibt es eigentlich schon einen Parser, der deine Buchempfehlungen direkt in Amazon-Wunschlisten wandelt?

  6. #6 Bruno
    29. Januar 2015

    “Der Titel des Buchs bezieht sich auf die 31:0 Niederlage von Australien gegen Amerikanisch-Samoa” Das Spiel hat Australien gewonnen, in dem Satz klingt es aber nach einer Niederlage Australiens.

  7. #7 Florian Freistetter
    29. Januar 2015

    @Bruno: Ja, da hast du natürlich recht. Danke!

  8. #8 rolak
    29. Januar 2015

    Gibt es eigentlich schon einen Parser

    Warum denn, robert? So regulär, wie die links im Artikel geformt sind, reichen die üblichen Verdächtigen grep und curl völlig aus.

    Zumindest unter der Annahme, daß Deine ‘hab ich schon’-und ‘will ich nicht’-Filter funktionieren.

  9. #9 hasta la proxima
    29. Januar 2015

    Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa! Hervorragende Idee. Danke, Florian.

  10. #10 peer
    31. Januar 2015

    Robin Sloan hat gerade geschrieben, dass er seinen zweiten Roman im “rough cut” fertig geschrieben hat – d.h. er hat die Handlung durch und konbzentriert sich jetzt aufs verbessern, ergänzen etc. Er hoff auf eine Veröffentlichung 2016.
    Das Prequel ist eine Kurzgeschichte, aber mehr als ein Gimmick. Auch da ist eine nette (Bücher-) Idee dran verwurstelt und daher kann man sie als Fan des “Hauptwerkes” ohne Probleme mal lesen!

    James Montaguie hatte bereits vor 31:0 ein Buch über Fussball-Politik geschrieben, dass sich auf den Nahen Osten konzentriert. Das enthielt auch viele sehr interessante Details (z.B. über Katar und den Hintergrund zur WM-Vergabe), war aber für meinen Geschmack etwas zu lang und z.T. auch von aktuellen Geschehnissen überholt. Dennoch lesenswert, wenn man sich für die Region interessiert.

    Ich habe gerade “Unruly Places” gelesen – weiß nicht mehr von welcher Webseite die Empfehlung stammt (Florian?), aber das hat mich echt umgehauen!