Die erste Frage stellte Katharina Gsöllpointner, Universitätslektorin für Medienästhetik an der Universität für angewandte Kunst. Sie beschäftigt sich mit Synästhesie, also dem Phänomen der Kopplung normalerweise ungekoppelter Sinneswahrnehmungen. Synästhesie tritt dann auf, wenn man zum Beispiel Musik sehen kann oder Bilder schmeckt. Und das war dann auch die Frage von Gsöllpointner an das Publikum: Welche Farbe hat ein Walzer?

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Informatiker Helmut Veith von der TU Wien hat sich für seine Frage an das Publikum das schon weiter oben erwähnte Logikrätsel (bzw. dessen komplexere Erweiterung) ausgesucht:

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Und Quantenmechaniker Jörg Schmiedmayer vom Atominstitut bat die Ballbesucher, über den Unterschied zwischen der normalen Alltagswelt und der verwirrenden Welt der Quantenmechanik nachzudenken. Warum, so seine Frage, treffen wir die Quantenphänomene nicht auch im Alltag an? Wieso unterscheiden sich die wissenschaftlichen Beschreibungen der Mikro- und Makrowelt so sehr voneinander?

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Drei interessante Fragen, über die nachzudenken sich durchaus lohnt. Aber ich befürchte, die meisten Ballbesucher werden das nicht getan haben. Nicht, weil sie nicht an der Wissenschaft interessiert gewesen wären. Sondern weil die meisten von ihnen die Fragen nicht gehört haben werden. Die Akustik im großen Tanzsaal im Wiener Rathaus war leider nicht sonderlich gut und wer nicht direkt in der Nähe der Bühne stand, hat wenig mitbekommen.

Das galt leider auch für die sogenannte “24/7-Lecture”, die Marc Abrahams im Anschluss gehalten hat. Dieses Vortragskonzept war mir bis dahin völlig unbekannt, aber ich war sofort begeistert, als Abrahams mir erklärt hat, um was es sich dabei handelt! Er hat diese Art der Präsentation für die Dankesreden der Preisträger bei den Ig-Nobelzeremonien eingeführt. Zuerst muss man seine Forschungsarbeit vorstellen und darf dafür nicht mehr als 24 Sekunden brauchen. Dieser Kurzvortrag kann durchaus kompliziert sein und Fachausdrücke enthalten. Denn danach muss man alles noch einem zusammenfassen und das in nur 7 allgemeinverständlichen Worten!

Man muss sich also vorher wirklich Gedanken darüber machen, was man sagen möchte (etwas, das vielen wissenschaftlichen Vorträgen durchaus gut tun würde). Wie das funktioniert, hat Marc Abrahams auf dem Ball gleich selbst demonstriert. Seine 24/7-Lecture trug den Titel “Scientists of Vienna”. Damit die 24 Sekunden auch eingehalten werden und ihr Verstreichen für das Publikum gut sichtbar ist, durften Katharina Gsöllpointner, Helmut Veith, Jörg Schmiedmayer gemeinsam mit Barbara Blaha und mir eine menschliche Uhr bilden und im Sekundetakt hin und her schwanken. Und weil das wirklich sehr seltsam ausgesehen hat, gibt es davon natürlich auch ein Video:



Für alle, die am Ball oder hier im Video nicht verstanden haben, was Abrahams vorgetragen hat, habe ich die Rede hier noch einmal komplett aufgeschrieben:

” Scientists of Vienna!

SCHROEDINGER saw the waves, the rhythms, the dance-like qualities of elementary particles.

PAULI predicted that the parts of an atom prance in exclusive ways.

LORENZ learned that animals live in tune with their natures.

HEDDY LAMARR was hip to frequency hopping.

FREUD and his friends — who WANTED to be scientists — theorized a taxonomy of tangos in people’s heads.”

Besonders schön fand ich aber dann Abrahams Zusammenfassung des Themas in sieben Worten:

“Vienna inspires scientists to merrily, mentally waltz!”

Auf deutsch könnte man das vielleicht mit “Wien inspiriert Wissenschaftler zum glücklichen geistigen Walzertanz” übersetzen.

Nach der Wissenschaft ging es dann wieder klassisch weiter, mit der Mitternachtsquadrille, bei der auch wieder der gesamte Tanzsaal voll besetzt war:

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Ebenfalls nicht wissenschaftlich, aber typisch für Wien und äußerst lecker waren die Schwedenbomben, die zu später Stunde kostenlos an die Ballgäste verteilt wurden:

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Und dann wurde weiter getanzt. Vermutlich bis in die frühen Morgenstunden – mich hat dann irgendwann die Müdigkeit übermannt und irgendwann zwischen zwei und drei Uhr morgens habe ich die Tanzenden weitertanzen und den Ball verlassen.

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Kommentare (19)

  1. #1 Higgs-Teilchen
    3. Februar 2015

    @Florian

    Respekt! Du kannst auf alle Fälle besser tanzen als ich 😉

  2. #2 TingelTangel
    3. Februar 2015

    Hallo Florian, danke für deinen ausführlichen Bericht zum Ball. Musste zwischendrin immer wieder schmunzeln (Quantendisco). Hoffentlich findet der Ball ab jetzt regelmäßig statt.

  3. #3 Nemesis
    Hel
    3. Februar 2015

    Nobel, nobel… und sogar mit Spieltisch… gehts der Wissenschaft finanziell wirklich so schlecht, wie böse Zungen behaupten? o^_^o

  4. #4 Florian Freistetter
    3. Februar 2015

    @Nemesis: Lies doch bitte den Artikel bevor du irgendwelche unsinnigen Schlüsse ziehst.

  5. #5 JoselB
    3. Februar 2015

    Welche Farbe hat ein Walzer? Kommt auf den Kontext an:
    Als Wort: Irgendwo zwischen schwarz und der Farbe eines dunkelgrünen Filzhutes.

    Als Tanzschritte: Diffuses Grau, wie die meisten Dinge mit denen ich mich nur selten beschäftige. Wenn ich mich ganz drauf konzentriere kanns am besten mit 8 umschrieben werden. Wobei 8 eher ein sehr dunkles Schwarzbraun ist. Komisch…

    Als gesellschaftliches Ereignis: Kommt drauf an, an welche Momente ich mich erinner, so ists meist ein dunkler Silberton mit je nach Erinnerung einem rötlichen Schimmer, leicht golden oder ohne weitere Farbe… Aber auch das lässt sich nicht genau bestimmen weil die Farbe mehr von den damit zusammenhängenden Erinnerungen geprägt ist

  6. #6 Tina
    3. Februar 2015

    Sehr interessant!
    Danke für die tiefen Einblicke in die Wiener Ball-Kultur 🙂
    Wurden die Fragen der Forscher eigentlich auch beantwortet oder wurden die nur so in den Raum gestellt? Ich hab nämlich eine klare Antwort auf die Frage nach der Farbe des Walzers: Ganz klar braun-grün, da brauch ich nicht lange drüber nachzudenken 😉

  7. #7 Nemesis
    Hel
    3. Februar 2015

    @Florian

    Welche unsinnigen Schlüsse meinst Du?

  8. #8 Nemesis
    Hel
    3. Februar 2015

    ” Dort konnte jeder mitspielen, ganz ohne eigenes Geld einzusetzen. Dafür gab es aber auch keine großen Geldsummen zu gewinnen, sondern nur diverse Sachpreise.”

    Ok.

  9. #9 Franz
    3. Februar 2015

    Da muss ich mich nächstes Jahr ja direkt mal aufraffen.
    Übrigens, ich hätte FF fast nicht mehr erkannt. Hab noch ein Foto von vor 3 Jahren bei Thalia. Das sah irgendwie anders aus.

    @Tina
    Walzer ist eher gelb-blau, das sind genau die Farben die ich bei Überanstrengung sehe wenn meine Frau unbedingt weitertanzen will 🙂

  10. #10 Franz
    3. Februar 2015

    Apropos Wurst um 3 Uhr früh. Ihr glaubt gar nicht was so um 5Uhr in der Früh am Neujahrstag an Menschenmassen auf meinem Lieblingswürstelstand (Schottenring) herumstand. Unglaublich.

  11. #11 Concentus
    Bärlin
    3. Februar 2015

    Ein schöner Bericht über eine anscheinend gelungene Veranstaltung. Doch eine kurze Anmerkung zu Schostakowitschs Festlicher Ouvertüre Op. 96 kann ich mir nicht verkneifen. Das Werk wurde tatsächlich zum Jubiläum der russischen Oktoberrevolution komponiert, allerdings zum 37. Jahrestag. Eine direkte Verbindung zur Wissenschaft, und damit dem Ball überaus angemessen, besteht trotz der politischen Konnotation gleichwohl aus historischen Gründen. Denn die Ouvertüre stand 2009 auf dem Programm des Konzerts anlässlich der Nobelpreisverleihung. Wer reinhören möchte: https://www.youtube.com/watch?v=1gDZTah8J2A

  12. #12 Florian Freistetter
    3. Februar 2015

    @Franz: “Hab noch ein Foto von vor 3 Jahren bei Thalia. Das sah irgendwie anders aus.”

    Ich bin immer wieder erstaunt, dass immer noch Menschen über mein Äußeres überrascht sind. Ist ja nicht so, als wäre das jetzt das erste Foto, das von mir veröffentlicht worden ist. Mein aktuelles Gewicht habe ich seit etwa Juni 2014 und in der Zwischenzeit sind überall im Internet schon sehr viele Bilder von mir aufgetaucht…

    @Concentus: Danke für den Hinweis!

  13. #13 Franz
    3. Februar 2015

    @FF
    Nicht überrascht, eher neidisch. Aber sorry fürs erwähnen.

  14. #14 Florian Freistetter
    3. Februar 2015

    @Franz: Nein, das muss dir ja nicht leid tun! Es ist halt nur ungewöhnlich, wenn Leute über etwas überrascht sind, was für mich schon lange normal ist.

  15. #15 Tilman Baumann
    3. Februar 2015

    Schönes Fest.

    Ich finde ja toll wie idiosynkratisch die Moderatoren von TM Wissen so drauf sind. Aber mit der Wissenschaft tun sie sich öfter mal schwer finde ich. Aber das kann auch sein das die Moderation halt nicht so geschliffen ist und nicht jeder Witz sitzt.
    Wie auch immer, die gefallen mir. Und mit Yasmine Blair würde ich auch tanzen.

  16. #16 Frantischek
    3. Februar 2015

    Das Frackselfie ist so geil! Nächstes Jahr musst du dir unbedingt noch ein Monokel besorgen!

    Und ich muss sagen, obwohl ich deine Bilder regelmäßig im Internet sehe ist deine “neue” Figur für mich auch immer noch ungewohnt. Weiß auch nicht woran das liegt.

  17. #17 Franz
    3. Februar 2015

    @Frantischek
    Vermutlich ist es auch der Frack und die Umgebung. Ehrlich gesagt, hätte mich jemand gefragt wer das ist auf dem Selfie, hätte ich kaum auf Florian getippt.

  18. #18 PDP10
    3. Februar 2015

    “Und weil sich das vorab schon einige Blogleserinnen und Blogleser gewünscht haben, gibt es davon auch ein Foto:

    Noch besser – es gibt sogar ein Video:”

    Yaiiii! Und das Wünschen hat sich gelohnt!

    Seeeehr Elegant, der Herr Doktor 🙂

    Ok, mit Frack an und Yasmine Blair als Tanzpartnerin … nicht sooo schwer 😉

  19. […] in Harvard (mit dem tollen Konzept der “24/7-Lecture” über das ich hier berichtet habe) sondern auch eine “Ig-Nobel-Tour” die überall auf der Welt Station […]