Die Beobachtungen des europäischen Weltraumteleskops Planck sind in den letzten Monaten meistens unter dem Aspekt der sogenannten kosmischen Inflationsphase betrachtet worden. Es ging um die Frage, ob die spektakulären Ergebnisse des BICEP-Teleskops aus dem letzten Jahr von Planck bestätigt oder widerlegt werden können – ich habe darüber erst vor kurzem berichtet. Planck konnte zeigen, dass die weitreichenden Konsequenzen, die BICEP aus den Daten gezogen hat, nicht haltbar sind und das ist definitiv ein wichtiges Ergebnis. Aber das ist ja nicht der einzige Zweck der Planck-Mission. Sie dient dazu, einen viel umfassenderen Blick auf die Entwicklung unseres Universums zu erhalten als es bisher möglich war. Und, wie die nun kürzlich veröffentlichten Daten zeigen, hat dieser Blick teilweise überraschende Ergebnisse geliefert.

Vor knapp zwei Jahren gab es die erste große Veröffentlichung von Planck-Daten (ich habe hier ausführlich darüber geschrieben). Die Beobachtungen des Teleskops haben die grundlegenden Eigenschaften unseres Universums genauer bestimmt als es zuvor möglich war und sehr exakte Werte für sein Alter und seine Zusammensetzung geliefert. Die neue Datenauswertung, in der nun alle Beobachtungen inkludiert sind, die das Teleskop während seiner aktiven Zeit gemacht hat, bestätigen diese Daten. Aber mittlerweile sind auch neue Erkenntnisse dazu gekommen.

Plancks neuer Blick aufs Universum. Die Farben geben die Temperaturunterschiede in der Hintergrundstrahlung an; die Struktur zeigt die Richtung der Polarisation (Bild: ESA and the Planck Collaboration)

Plancks neuer Blick aufs Universum. Die Farben geben die Temperaturunterschiede in der Hintergrundstrahlung an; die Struktur zeigt die Richtung der Polarisation (Bild: ESA and the Planck Collaboration)

Planck beobachtet die kosmische Hintergrundstrahlung, also das erste und älteste Licht des Universums. Nach dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren war der Kosmos angefüllt mit einer Mischung aus Atomkernen, Elektronen und Energie. Es war kleiner als heute und es war vor allem viel heißer. So heiß, dass die negativ geladenen Elektronen sind nicht an die positiv geladenen Atomkerne binden konnten um komplette Atome zu bilden. Das hatte Auswirkungen auf die Ausbreitung des Lichts: Sein Weg war durch die vielen überall herumsausenden Elektronen versperrt und es wurde von ihnen ständig abgelenkt. Erst als das Universum 380.000 Jahre nach dem Urknall weit genug abgekühlt war, damit Elektronen und Atomkerne sich zu elektrisch neutralen Atomen verbinden konnten, hatte das Licht die Möglichkeit, sich ungestört auszubreiten. Es strahlte in alle Richtungen davon und wenn es auf seinem Weg durch das All nicht irgendwo auf andere Materie getroffen und absorbiert worden ist, dann ist dieses allererste Licht immer noch unterwegs.

Weil es damals an jedem Punkt des Universums entstanden ist, kommt es heute auch noch von jedem Punkt des Universums auf uns zu. Darum nennt man es auch die “kosmische Hintergrundstrahlung”: Der gesamte Himmel leuchtet schwach im Mikrowellenlicht (der Wellenlänge, die die allererste Strahlung heute hat). Seine Analyse ist das wichtigste Werkzeug der Kosmologen und Astronomen, um etwas über die frühe Kindheit des Universums herauszufinden. Die Verteilung der ersten Materie im jungen Kosmos hat die Eigenschaften der Hintergrundstrahlung beeinflusst und dieser Einfluss lässt sich durch sorgfältige Analysen auch heute noch beobachten. Die Menge an normaler Materie im Vergleich zur dunklen Materie beispielsweise beeinflusst, wie stark die Variationen in der Temperatur der Hintergrundstrahlung sein können. Aber es gibt noch viel mehr herauszufinden!

Zum Beispiel die Dauer des sogenannten “dunklen Zeitalters”. Nach dem Urknall gab es nur einzelne Atome und noch keine daraus aufgebauten komplexeren Himmelskörper wie zum Beispiel Sterne. Die musste sich aus den großen Gaswolken erst bilden. Die Phase bis zur Entstehung der allerersten Sterne wird das “dunkle Zeitalter” genannt und es ist naturgemäß schwer, etwas darüber herauszufinden. Es gab damals kein Licht, das man heute beobachten könnte. Bis auf die Hintergrundstrahlung natürlich, und ihre Analyse durch Planck hat nun zu einem Durchbruch geführt.

Zirkular polarisiertes Licht (Bild: public domain)

Zirkular polarisiertes Licht (Bild: public domain)

Es geht um die Polarisation der Hintergrundstrahlung, die auch bei den letztes Jahr veröffentlichten BICEP-Daten zur inflationären Phase nach dem Urknall die Hauptrolle gespielt hat. Polarisierte Lichtwellen schwingen nicht einfach irgendwie hin und her, sondern in einer bestimmten Ebene bzw. auf ganz bestimmte Art und Weise. Ich habe das in einem früheren Artikel ausführlich erklärt und möchte das jetzt nicht alles noch einmal wiederholen. Die Astronomen unterscheiden bei der Polarisation sogenannte “E-Moden” und “B-Moden”. Die B-Moden entstehen, wenn die Hintergrundstrahlung durch den Gravitationslinseneffekt beeinflusst und polarisiert wird. Materie krümmt den Raum und da Licht der Raumkrümmung folgt, können große Ansammlung von Materie (wie zum Beispiel Galaxien) so wirken wie eine optische Linse. Aber auch die gravitativen Erschütterungen, die unmittelbar nach dem Urknall das gesamte Universum durchzogen haben, erzeugen B-Moden und die meinte BICEP letztes Jahr entdeckt zu haben. Die Entdeckung hat sich als falsch herausgestellt – aber das heißt nicht, dass die Beobachtung der Polarisation keine interessante Ergebnisse liefern kann!

Plancks extrem detaillierter Blick auf die Polarisation der Hintergrundstrahlung (Bild: ESA and the Planck Collaboration)

Plancks extrem detaillierter Blick auf die Polarisation der Hintergrundstrahlung (Bild: ESA and the Planck Collaboration)

Planck hat nun (unter anderem) die E-Moden so detailliert beobachtet wie nie zuvor. E-Moden entstehen, wenn die kosmische Hintergrundstrahlung durch Atome in heißem Plasma polarisiert werden. Also genau die Situation, die bei der Entstehung der Hintergrundstrahlung geherrscht hat: Die damals noch freien Elektronen haben das Licht beeinflusst und ihm eine Polarisation aufgeprägt. Danach war aber erst mal Ruhe; die freien Elektronen haben sich mit den Atomkernen verbunden und das Licht sich ausbreiten lassen. Das dunkle Zeitalter hatte begonnen und irgendwann lange später sind die ersten Sterne entstanden. Aber wann? Genau das ist die kritische Frage! Bis jetzt dachte man, dass das etwa 450 Millionen Jahre nach dem Urknall der Fall war. Es exakter zu bestimmen, ist schwierig – es sei denn, man hat die detaillierten Polarisationsdaten, die Planck nun geliefert hat!

Denn als die ersten Sterne entstanden waren, konnte deren energiereiche Strahlung die freien Atome im Universum wieder in Atomkerne und Elektronen aufspalten! Es gab nun also wieder freie Elektronen, an denen die kosmische Hintergrundstrahlung nun ein zweites Mal polarisiert werden konnte! Nicht mehr im gleichen Ausmaß wie zuvor, aber immer noch so, dass es in späteren Analysen auffällt. Genau diese Analysen haben die Wissenschaftler des Planck-Teams durchgeführt und dabei festgestellt, dass das dunkle Zeitalter etwa 100 Millionen Jahre länger gedauert hat, als bisher angenommen! Die ersten Sterne des Universums haben ihr Licht ungefähr 550 Millionen Jahre nach dem Urknall angeknipst.

Damit konnten nun auch einige Unklarheiten über den Zustand des frühen Universums geklärt werden, die Astronomen bisher verwirrt haben. Aus optischen Beobachtungen mit großen Teleskopen hatte man schon einen groben Überblick über die frühesten Galaxien im Kosmos gewonnen. Aber die Daten zeigten, dass es damals eigentlich noch nicht genug Strahlung der Sterne geben hätte können, um das dunkle Zeitalter schon nach 450 Millionen Jahren zu beenden, was ja aus den alten Untersuchungen früherer Vermessungen der Hintergrundstrahlung gefolgt war. Mit den neuen Planck-Daten passt nun alles wieder zusammen!

Die Geschichte des Universums, nach Planck (Bild: ESA)

Die Geschichte des Universums, nach Planck (Bild: ESA)

Die neuen Polarisationsmessungen sind aber bei weitem nicht das alles, was Planck geliefert hat. Aus einer Untersuchung des schon weiter oben erwähnten Gravitationslinseneffekts konnte man die Verteilung der Materie im frühen Universum bestimmen und so eine Karte erstellen, die zeigt, wo es im frühen Universum dunkle Materie gab; man hat den Effekt der dunklen Energie vermessen und den Einfluss von Magnetfeldern im Kosmos. Man hat den Staub in unserer eigenen Galaxie katalogisiert, was zukünftige Beobachtungen viel einfacher machen wird, weil man nun genau weiß, wo viel und wo wenig störender Staub zu finden ist.

Planck hat außerdem einen großen Katalog von fernen Galaxien erstellt, die aus der Analyse des sogennanten Sunyaev-Zel’dovich-Effekts (den ich hier ausführlich erklärt habe) stammen. Auch hier geht es darum, wie die kosmische Hintergrundstrahlung bei ihrer Ausbreitung durch die Anwesenheit großer Mengen von Materie beeinflusst wird.

Es ist kaum möglich, alle Erkenntnisse von Planck in einen einzigen Artikel zu packen. Die Wissenschaftler haben gleich 28 wissenschaftliche Fachartikel veröffentlicht (bzw. werden das in den nächsten Wochen noch tun) und sie sind alle vollgepackt mit Zahlen, Daten und Diagrammen.

“Die Ernte unserer Entdeckungen hat gerade erst begonnen”, sagt der Planck-Wissenschaftler Jan Tauber und er sagt in einem Interview noch etwas sehr interessantes:

“Was ich an dieser Mission am faszinierensten finde ist, dass man durch ein so simples Phänomen wie die kosmischen Hintergrundstrahlung so viel Informationen über den Ursprung und die Entwicklung unseres sehr komplexen Universums gewinnen kann.”

Ja, das ist allerdings enorm faszinierend! Und fast noch faszinierender ist für mich die Tatsache, dass wir Menschen überhaupt in der Lage sind, etwas über diese unvorstellbar weit in der Vergangenheit liegenden Phasen des Universums herausfinden können! Ich finde das immer wieder beeindruckend. Seit Jahrtausenden blicken wir Menschen von unserem kleinen Planeten aus hinauf in den Himmel. Und jedes Mal, wenn wir das tun, lernen wir dabei etwas über die grandiose Geschichte des komplexen Universums in dem wir leben! Der Blick in den Himmel hat Religionen begründet und vergehen lassen, hat Weltbilder entstehen lassen und wieder gestürzt. Der Blick in den Himmel hat uns gezeigt, woher wir kommen, wohin wir gehen und welche Rolle wir im Universum einnehmen. Der Blick in den Himmel hat sich gelohnt und wird sich auch in Zukunft lohnen!

Kommentare (18)

  1. #1 Robert
    6. Februar 2015

    Toller Artikel über eine tolle Mission! Wenn man in der Lage ist, nur aus der detaillierten Beobachtung der Hintergrundstrahlung so viele Informationen zu gewinnen, dann freue ich schon auf die Ergebnisse von Gaia. Lieber Florian, berichte bitte auch darüber 🙂

  2. #2 Franz
    6. Februar 2015

    Was mich ja immer wieder fasziniert ist , dass für einige der damals ausgestrahlten Photonen noch immer keine Zeit vergangen ist.

  3. #3 Florian Freistetter
    6. Februar 2015

    @Robert: “Toller Artikel über eine tolle Mission!”

    Ja, Planck ist wirklich eine ziemlich faszinierende Sache!

    (Obwohl heute alle in meinem Blog lieber wieder über die Chemtrails diskutieren wollen…)

  4. #4 Alderamin
    6. Februar 2015

    Es ist wahrlich faszinierend, was aus der Hintergrundstrahlung alles abgelesen werden kann und wie sich alles zusammen fügt. Die wenigen Urknallkritiker stört diese nur, sie passt nicht in ihr Modell.

    Aber eine Frage hätte ich:

    Die damals noch freien Elektronen haben das Licht beeinflusst und ihm eine Polarisation aufgeprägt.

    Wie funktioniert das in einem Plasma, wo eigentlich alles ungeordnet durcheinander fliegt? Bei der Sonne sorgen ihre Magnetfelder für Polarisation des Lichts. Geht man von vergleichbaren Plasmaströmungen im Feuerball aus (aber warum, bei der Sonne gibt’s Konvektionsströmungen durch aufsteigendes heißes Plasma, im Urknall mit überall etwa gleicher Dichte und Temperatur wohl eher nicht), oder wie erklärt man sich die E-Moden?

  5. #5 Thomas ahrendt
    6. Februar 2015

    Hat sich das Universum dann schneller als die Hintergrundstrahlung ausgedehnt – abgesehen von der Inflation?

  6. #6 Alderamin
    6. Februar 2015

    @Thomas ahrendt

    Weil uns die Strahlung jetzt noch erreicht?

    Die Orte, von denen sie uns jetzt erreicht, sind mittlerweile rund 46 Milliarden Lichtjahre entfernt, waren uns aber 1100-mal näher, als sie auf den Weg ging. Zwischendurch wuchs die Entfernung so an, dass die Photonen effektiv 13,9 Milliarden Lichtjahre zurücklegten, bis sie hier eintrafen. Die tatsächliche Entfernung wuchs auf das fast dreifache dieses Werts.

    Wenn das Weltall unendlich groß sein sollte, ist seine Ausdehungsgeschwindigkeit über beliebig große Entfernungen auch entsprechend beliebig groß, während die Hintergrundstrahlung nur mit Lichtgeschwindigkeit voran kommt. Uns wird aber für alle Zeiten Hintergrundstrahlung erreichen, deren Strahlung ist längst unterwegs. Die fernste Strahlung, die uns je erreichen wird, kommt aus einer derzeitigen Entfernung von (hoffentlich richtig erinnert) 67 Milliarden Lichtjahren. Gegen diesen Grenzwert strebt der Ort, von dem uns noch Hintergrundstrahlung in endlicher Zeit erreichen kann. Alles dahinter ist gewissermaßen nicht mehr unser Universum, damit gibt es keinerlei Verbindung und keine Wechselwirkung. Das bleibt ewig hinter unserem Horizont (wo’s bekanntlich weiter geht).

  7. #7 Jens
    6. Februar 2015

    Klasse Bericht über die Planck-Mission. Ich denke hier ist jeder Euro gut angelegt. Florian bitte weiter darüber berichten.

  8. #8 Alderamin
    7. Februar 2015

    @Thomas ahrendt

    Hier gibt’s übrigens eine schöne Grafik dazu:
    https://i.stack.imgur.com/cvw3l.png

    Unten ist die Entfernung in Lichtjahren angegeben, und zwar die “mitbewegte” (comoving) Entfernung, quasi die augenblickliche Entfernung “eingefroren” für alle Zeiten, so als ob der Raum nicht expandierte – das Lineal expandiert mit. Oben dasselbe in parsec, 1 parsec = 3,26 Lichtjahre. Links ist die Zeit aufgetragen und zwar so etwas wie logarithmisch (aber inklusive 0 und unendlich, weiß nicht, wie man das nennt), so dass Lichtstrahlen sich entlang von Geraden mit 45°-Winkel durch das Diagramm bewegen. Rechts der Skalenfaktor, der angibt, wie groß das Weltall (oder das Lineal der mitbewegten Entfernung) relativ zur heutigen Größe ist. Wir befinden uns also zeitlich bei 13,8 Milliarden Jahren und dem Skalenfaktor 1 (now) und im Mittelpunkt der Entfernungsskala, wo die fetten schwarzen Linien sich kreuzen.

    Die Hintergrundstrahlung entstand etwa beim Skalenfaktor 0,001 – ein elfhundertsel wäre noch genauer, d.h. eine Entfernung im Weltall, die rein durch die Expansion gewachsen ist, war damals ein elfhundertsel der heutigen Entfernung. Entsprechend nahe war die Quelle der heutigen Hintergrundstrahlung, die in Comoving Distance etwa 46 Milliarden Lichtjahre entfernt ist (damals waren es 46 Milliarden / 1100 = 4,18 Millionen Lichtjahre). Damals expandierte das Weltall aber sehr schnell, was man an dem grünen Bereich erkennt: alles jenseits des grünen Bereichs eilte mit mehr als Lichtgeschwindigkeit von uns fort. Diese Entfernung wächst zunächst, d.h. Orte, die sich mit Lichtgeschwindigkeit entfernten, waren immer weiter von uns weg, die Expansion verlangsamte sich, weil sich die Materie im Weltall gegenseitig anzog und bremste. Etwa bei 7 Milliarden Jahren Weltalter kehrte sich der Trend um und die Expansion beschleunigte sich wieder, weil die Dunkle Energie die Überhand über die Gravitation bekam, und seitdem schrumpft der Bereich immer mehr, der sich langsamer als das Licht von entfernt, unser Horizont wird immer kleiner (in mitbewegter Entfernung). An der Spitze der Grafik endet er bei 0.

    Das heißt aber nicht, dass uns dann keine Strahlung mehr erreicht – uns erreicht nur keine Strahlung mehr, die zu dieser Zeit noch von dort zu uns startet. Uns erreicht sehr wohl noch Strahlung, die entsprechend früher von dort auf den Weg ging.

    Die Hintergrundstrahlung kommt z.B. gerade über die gelbe Linie “past light cone” bei uns an, aus einer mitbewegten Entfernung von 46 Milliarden Lichtjahren. Genau so weit wäre ein Photon gekommen, das wir beim Urknall mit Lichtgeschwindigkeit losgeschickt hätten blaue Linie, particle horizon), quasi unsere Hintergrundstrahlung, die gerade eine ferne Galaxie erreicht. Das ist der Bereich, den wir heute überblicken können.

    Strahlung aus 63 (nicht 67) Milliarden Lichtjahren mitbewegter Entfernung wird uns noch irgendwann erreichen (event horizon), alles dahinter ist von uns komplett abgekoppelt und hatte niemals und wird niemals mit uns Kontakt haben.

    Interessant sind noch die hellblaue und violette Teilstrecke auf den gelben Linien rechts. Alles Licht, was heute bei uns ankommt, kommt über die gelbe Linie “light cone” zu uns herein. Es muss nicht aus der Zeit des Hintergrundstrahlung stammen, sondern kann auch später aus näherer Entfernung gestartet sein. Das hellblaue Teilstück zeigt Licht von Galaxien, die sich zur Zeit der Aussendung vor rund 10 Milliarden Jahren gerade mit Lichtgeschwindigkeit von uns entfernten, die etwas mehr als 14 Milliarden Lichtjahre mitbewegte Entfernung entfernt sind (ihre Entfernung ist die senkrechte gestichelte Linie). Diese Galaxien rutschen gerade wieder aus dem grünen Unterlicht-Bereich heraus, in den sie damals eingetreten waren. Das Licht von ihnen, das jetzt gerade auf den Weg geht, erreicht uns noch irgendwann in 30 Milliarden Jahren entlang des violetten Segments der zweiten gelben Linie. Aber bald kreuzen sie die rote Linie und dann werden sie nie mehr jünger zu sehen sein.

    Wenn man die mitbewegten Entfernungen zu jeder Zeit mit dem Skalenfaktor multipliziert, kommt man auf die wahren Entfernungen (die man mit einem Lineal fester Größe messen würde, das nicht mit der Expansion wächst), und mit linearer Zeitskala sieht das gleiche Bild dann so aus:

    https://i.stack.imgur.com/shSoJ.png

    Das ist nur deutlich komplexer, aber mit dem Verständnis des ersten Bilds sollte man es ebenfalls verstehen können.

  9. #9 PDP10
    7. Februar 2015

    @Alderamin:

    “Aber eine Frage hätte ich:

    Die damals noch freien Elektronen haben das Licht beeinflusst und ihm eine Polarisation aufgeprägt.”

    Das habe ich mich auch gefragt.
    Beim nochmaligen lesen des älteren Artikels von Florian von vor einem Jahr bin ich auf dieses von Florian verlinkte Paper gestossen:

    https://www.scielo.br/scielo.php?pid=S0103-97332006000700004&script=sci_arttext

    Und darin auf den Begriff Thomson-Streuung:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Thomson-Streuung

    (Den ich eigentlich hätte kennen müssen … ähem … )

    Da wird das mit der Polarisation allerdings nicht erklärt, dafür aber hier:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Polarisationsfaktor

    Ich bin jetzt zu müde um das genau aufzudröseln, aber das ganze hat mit der Dipolstrahlung zu tun, die Elektronen abgeben, wenn sie im elektrischen Feld einer Welle mitschwingen.

    Ich denke aber, die beiden Wikipedia Artikel sind schonmal ein guter Startpunkt um sich genauer klar zu machen, was da passiert …. Werde mich morgen mal eingehender damit beschäftigen …

  10. #10 PDP10
    7. Februar 2015

    Nachtrag:

    Mein Post ist in der Mod und es ging um Alderamins Frage nach der Polarisation der Strahlung durch die Wechselwirkung mit Elektronen …

    Und wenn man über sowas recherchiert, stösst man an den unerwartetsten Stellen auf Informationen … sardinien.com?

    Ja genau:

    https://www.sardinien.com/astronomie/cmbp01.cfm

    😉

    Ich will da schon seit Ewigkeiten mal Urlaub machen … noch ein Grund da mal hin zu fahren … und dann war der Italienisch-Unterricht von vor fünf Jahren auch nicht umsonst 🙂

  11. #11 Theres
    7. Februar 2015

    Oh weh .. .also, das Universum ist sozusagen jünger als bisher gedacht?
    Das hab ich hoffentlich richtig verstanden … und den Rest … das ist ganz klar überhaupt nicht meine Uhrzeit!

  12. #12 Theres
    7. Februar 2015

    @PDP10
    Sardinien 🙂 Ich komme mit … da war ich noch nie. Das ist eine interessante Seite … danke und Frühstücksleserchen 🙂

  13. #13 Alderamin
    7. Februar 2015

    @PDP10

    Also, wenn ich einen Lichtstrahl in ein Plasma schicke, dass es dann zu einer Polarisation des gestreuten Lichts kommt (maximal senkrecht zur Strahlrichtung) ist einsichtig (ist ja wie bei der Rayleigh-Streuung, ob das Elektron nun frei ist oder gebunden, Wurst). Beim Urknall kam das Licht aber aus jeder Richtung, d.h. die verschiedenen Polarisationen treten in allen Richtungen auf und überdecken sich, so dass am Ende keine Polarisationsrichtung mehr überwiegen sollte.

    Es sei denn, dass es einige Zonen gab, die eine höhere Helligkeit hatten und dann in den Zonen dazwischen quasi als Lichtquelle aus einer bestimmten Richtung dienten. Dann müsste um helle (heißere) Zonen herum das Licht Polarisationsrichtungen aufweisen, die sie ringförmig umgeben. Sehe ich jetzt nicht so richtig in dem animierten GIF oben.

  14. #14 PDP10
    7. Februar 2015

    @Alderamin:

    Ah, jetzt verstehe ich dein Problem.
    Mein Problem lag eher im eigentlichen Polarisationsmechanismus … da habe ich offenbar viel zu viel vergessen seit dem Studium …

    “Es sei denn, dass es einige Zonen gab, die eine höhere Helligkeit hatten und dann in den Zonen dazwischen quasi als Lichtquelle aus einer bestimmten Richtung dienten.”

    Oder aber Andersrum: Eine inhomogene Verteilung der Materie – durch “schockfronten” durch Gravitationswellen zB., was ja das war, was die BICEP Leute glaubten nachgewiesen zu haben.

    Aber auch wenn deren Ergebnisse falsch waren: Dass die Materie am Anfang ungleichmässig verteilt war – durch welchen Mechanismus auch immer – ist, soweit ich das verstanden habe, unbestritten.

    Also würde man auch örtliche Unterschiede in der Polarisation der Strahlung erwarten.
    Ich stelle mir das ungefähr so vor, wie in dem hübschen Grundpraktikum – Experiment mit der Zuckerlösung:

    Je grösser die Dichte, umso stärker ändert sich die Polarisation des durchstrahlenden Lichts …

    (Und umso mehr Oechsle, desto mehr knallt der Rhein-Wein rein … 🙂 )

  15. #15 Alderamin
    7. Februar 2015

    @PDP10

    Eine inhomogene Verteilung der Materie – durch “schockfronten” durch Gravitationswellen zB., was ja das war, was die BICEP Leute glaubten nachgewiesen zu haben.

    Nee, das waren ja B-Moden, die habe ich verstanden (weil ich gelesen hatte, wie’s geht). Hier geht’s ja laut Artikel um E-Moden.

    Aber auch wenn deren Ergebnisse falsch waren: Dass die Materie am Anfang ungleichmässig verteilt war – durch welchen Mechanismus auch immer – ist, soweit ich das verstanden habe, unbestritten.

    Also würde man auch örtliche Unterschiede in der Polarisation der Strahlung erwarten.

    Na ja, meine selbst zusammengereimte Erklärung würde zu anderen Bildern führen, und über den Oechslegehalt der primordialen Materie möchte ich nicht spekulieren 😉

  16. #16 Florian Freistetter
    7. Februar 2015

    @Alderamin: Sorry, die Diskussion/Frage hab ich irgendwie übersehen (hab ich schon erwähnt, dass die Kommentare hier im Blog-Backend oft sehr konfus aufschlagen und ich sie leicht übersehe; besonders wenn anderswo im Blog gerade recht heftig diskutiert wird?). Kannst du die Frage und den aktuellen Stand der Unklarheit nochmal zusammenfassen?

  17. #17 Alderamin
    7. Februar 2015

    @Florian

    Die Frage war (#4), wie es überhaupt zur E-Moden-Polarisation kommt, weil Plasma ja zunächst einmal per se keine Quelle polarisierter Strahlung sein kann.

    PDP10 erwähnte die Thomson-Streuung, die Licht beim Durchgang durch Plasma polarisieren kann (ähnlich der Rayleigh-Streuung im neutralen Gas), aber das trifft ja nur für gerichtet einfallende Strahlung und Streuung im Winkel zu dieser Richtung zu – beim Urknall-Plasma kam das Licht aber aus allen Richtungen, ohne eine Vorzugsrichtung für eine resultierende Polarisation.

    Meine Hypothese war, dass dichtere, heißere Stellen ihre Umgebung gerichtet beleuchten könnten, was dann eine lineare Polarisation tangential um diese Zonen herum erzeugen würde, aber in dem animierten GIF oben gehen die Polarisationsrichtungen auch radial mitten durch die heißeren Zonen hindurch, das scheint also nicht die Ursache zu sein. Was ist sie dann?

  18. #18 Proletheus
    6. Juli 2015

    Hallo,
    weiß jemand, ob der Herr Gerrit Verschuur die neuen Planck-Daten wieder mit den Radioemissionskarten des Wasserstoffs in unserer Galaxie verglichen hat? Wäre spannend, ob die Karten wieder übereinstimmen. Bis jetzt habe ich da nichts mitbekommen.