In unserem Sonnensystem gibt es nur acht Planeten. Aber viel, viel mehr Monde! Zur Zeit kennt man 181 kleine Himmelskörper, die sich in einer Umlaufbahn um einen Planeten befinden. Die meisten davon befinden sich allerdings bei den großen Gasplaneten im äußeren Sonnensystem. Die vier kleineren Planeten im inneren Sonnensystem bringen es insgesamt nur auf drei Mond: Einer umkreist unsere Erde und zwei unseren Nachbarn Mars. Venus und Merkur haben überhaupt keine natürlichen Satelliten. Die Monde des Sonnensystems sind enorm vielfältige Welten (siehe hier und hier). Und sie können auch auf ganz unterschiedliche Art und Weise entstehen. Die großen Monde der Gasriesen entstanden wohl wie die Planeten selbst. So wie sich um die junge Sonne eine Scheibe aus Gas und Staub gebildet hat, in der das Material zu den Planeten zusammenklumpte, hatten auch die Gasriesen während ihrer Entstehung eigene, kleinere Scheiben in denen sich dann die großen Monde bildeten. Und die vielen kleinen Monde die Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun umkreisen sind höchstwahrscheinlich eingefangene Asteroiden.

Phobos und Deimos im Größenvergleich (Bild: NASA)

Phobos (oben) und Deimos im Größenvergleich (Bild: NASA)

Bei den kleineren Planeten im inneren Sonnensystem lief das offensichtlich anders ab. Ihre Masse war zu gering um während der Entstehung entsprechend große Scheiben auszubilden, in denen sich Monde formen konnten. Und es gab im inneren Sonnensystem auch zu wenig Asteroiden die man einfangen konnte (und wieder war die Masse der Planeten zu gering, um einen Einfang effektiv ablaufen zu lassen). Unser eigener Mond ist auch viel zu groß für einen Asteroiden und man geht davon aus, dass er bei einer gigantischen Kollision vor 4,5 Milliarden Jahren aus Trümmern der Erde entstanden ist. Die beiden Monde des Mars dagegen sind viel kleiner und entsprechen in ihrem Aussehen und ihrer Masse durchaus typischen Asteroiden. Mars liegt auch direkt an der inneren Grenze des Asteroidengürtels und darum hielt man es nicht für unwahrscheinlich, dass er seine beiden Monde – die Phobos und Deimos heißen – tatsächlich eingefangen haben könnte.

Aber in den letzten Jahren haben sich die Hinweise verdichtet, dass auch hier eine große Kollision stattgefunden haben könnte. Nähere Untersuchungen diverser Raumsonden die den Mars besucht haben, haben zum Beispiel gezeigt, dass die Zusammensetzung von Phobos und Deimos nicht unbedingt der ähnelt, die man von Asteroiden erwarten würde. Man hat auf Phobos Mineralien gefunden, die es auch auf der Mondoberfläche gibt und Messungen während der Mars-Expression-Mission der Europäischen Raumfahrtagentur haben gezeigt, dass die Dichte der Monde sehr gering ist und sie sehr porös sind. All das scheint eher dafür zu sprechen, dass sich die Monde aus Material gebildet haben, das bei einer großen Kollision vom Mars ins All geschleudert worden ist. Um zu überprüfen, ob das wirklich funktionieren könnte, haben Wissenschaftler aus den USA und Japan die ganze Sache mal am Computer simuliert (“Formation of Phobos and Deimos via a Giant Impact”).

Als Ausgangspunkt für ihre Modelle diente ihnen dabei das Borealis-Becken. So wird eine 7700 Kilometer durchmessende Ebene genannt, die sich über die gesamte Nordhalbkugel des Mars zieht und in dieser topografischen Karte in der oberen Hälfte des Bildes in blau zu sehen ist:

Bild: NASA

Bild: NASA

Wenn diese Ebene bei einem großen Einschlag entstanden ist, dann könnte dabei genug Material ins All geschleudert worden sein, um daraus die beiden Monde Phobos (ungefähr 25 Kilometer groß) und Deimos (ungefähr 15 Kilometer groß) zu bilden. Die Wissenschaftler haben den Einschlag am Computer simuliert und nachgesehen, wie viel des bei der Entstehung der Ebene ausgeworfenen Materials tatsächlich ins All entkommt. So sehen ihre Ergebnisse aus:

Bild: Citron et al, 2015

Bild: Citron et al, 2015

Man sieht die zeitliche Entwicklung des Einschlags vom Impakt selbst bis zur Situation 44 Stunden später. Schwarze Punkte stellen Material dar, das so weit weg geworfen wird, dass es in den interplanetaren Raum entkommt. Blaue Punkte fallen zurück zum Mars und rot ist das Material dargestellt, das am Ende tatsächlich eine Scheibe um den Planeten bildet. Das ist nicht wenig: Ungefähr 500 Trillionen Kilogramm befinden sich 30 Stunden nach dem Einschlag im Marsorbit und das ist ausreichend, um daraus zwei Monde wie Phobos und Deimos zu machen.

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Kommentare (6)

  1. #1 Cakir
    27. März 2015

    In der Entstehungsphase von Planeten im Universum gehören Kollisionen einfach zu Tagesordnung, deshalb kann ich mir gut vorstellen, dass die zwei kleine Monde auch so entstanden sind, wie der Mond der Erde.

  2. #2 tp1024
    27. März 2015

    Auf Twitter habe ich die Frage gestellt:

    “Wie kommen die Trümmer eigentlich in einen Orbit? Braucht ja min. noch einen 2. Impuls dafür. Kollision mit anderen Trümmern?”

    Der Hintergrund ist ganz gut hier unter “Orbital Maneuvers” beschrieben:
    https://www.braeunig.us/space/orbmech.htm

    Ein Trümmerstück kann mit einem einzigen Impuls – wie bei einem Asteroideneinschlag – nur in einen Orbit wechseln, dessen Bahn den momentanen Standort kreuzt.

    Wenn ein Trümmerstück also von der Oberfläche in eine elliptische Bahn geschossen wird, dann wird diese Ellipse wieder den Punkt schneiden müssen, von dem der ursprüngliche Impuls kam – der Einschlagsstelle.

    Alternativen dazu sind ein kreisförmiger Orbit, aber das wäre entlang der Oberfläche innerhalb der Marsatmosphäre. Oder eine Fluchtbahn. Jedes Trümmerstück, das über die Fluchtgeschwindigkeit hinaus beschleunigt wird, verschwindet. Jede Geschwindigkeit darunter resultiert in einem elliptischen Orbit der zurück zum Mars führt.

    Würde man genau die Fluchtgeschwindigkeit treffen, findet sich das Stück in einer instabilen Lage wieder und jede winzige Abweichung führt zum obigen Ergebnis.

    Der einizige Mechanismus um große Mengen Trümmerstücke in einen Orbit zu bringen ist meiner Erkenntnis nach, wenn Trümmerstücke ins All geschleudert werden und dort durch Kollisionen einen weiteren Impuls erhalten.

    Dieser Impuls könnte dann zu einem Orbit führen, der den Mars nicht mehr trifft. Denn die neue Bahn muss ja nun nur den Punkt schneiden an dem der zweite Kraftimpuls stattfand – der Punkt liegt weit über dem Mars und bietet entsprechend großen Spielraum für eine neue Orbit-Ellipse, die die Marsoberfläche nicht schneidet.

    Ohne weitere Kollisionen, oder einen dritten Körper zur Interaktion, kann ich mir partout keinen Mechanismus vorstellen, der in einem Orbit resultiert der nicht durch den Mars hindurch führt.

  3. #3 dgbrt
    27. März 2015

    @tp1024:
    “Ohne weitere Kollisionen, oder einen dritten Körper zur Interaktion, kann ich mir partout keinen Mechanismus vorstellen, der in einem Orbit resultiert der nicht durch den Mars hindurch führt.”

    Das geht schon, wenn da nur ein Körper hinausgeschossen wird hast du recht, aber das sind Millionen.. Und natürlich fällt das Meiste zurück auf die Oberfläche, aber die anderen Brocken beeinflussen sich so stark, dass sie sogar das Gravitationsfeld verlassen können. Genau das zeigen die Simulationen.

    Der Einfang eines Asteroiden ist auch nicht einfacher zu erklären, wie soll eine relativ kreisförmige Umlaufbahn dadurch entstehen?

    Ich mag aber diese Einschlagstheorien auch nicht, warum nimmt man nicht an, dass solche Monde bei der Entstehung des Planeten die Reste sind, die es nicht geschafft haben auf den Planeten zu fallen.

    Und nur so zum Nachdenken:
    Die vielen Monde um den Jupiter oder Saturn können nicht durch Einschläge entstanden sein. Geht eine kreisrunde Bahn im Saturn-Ring per Einfang ?

  4. #4 AmbiValent
    28. März 2015

    @dgbrt
    Zu sagen, die kleinen Monde wären eingefangene Asteroiden, ist natürlich eine starke Vereinfachung. Bei Jupiter und Saturn gibt es innere Monde mit sehr niedrigen Bahnneigungen und Exzentritzitäten und äußere mit meistens hohen Bahnneigungen und Exzentrizitäten. Von letzteren nimmt man an, sie seien eingefangene Asteroiden. Die inneren Monde dagegen wären im Orbit um den Planeten entstanden. Dabei gibt es auch die Annahme, dass die Konstellation der inneren Saturnmonde ursprünglich eher der der inneren Jupitermonde ähnelte, es dann aber Kollisionen gab, nach denen die heutige Konstellation übrigblieb (Titan, einige mittelgroße Monde und viele kleine sowie die Ringe). Das habe ich auch nur aus dem Internet (und habe ich nur geschrieben, weil die Astronomen noch nicht geantwortet haben).

  5. #5 Mark S
    31. März 2015

    Das würde auch ihre kreisförmigen Umlaufbahnen erklären, denn normalerweise würde man davon ausgehen, dass eingefangene Asteroiden sich auf viel exzentrischeren Bahnen bewegen.
    Fragen:
    1.Da einer der Monde Mars ja verlässt und der andere wohl auf Mars einschlägt, frage ich mich ob es möglich ist die Zeit des Impacts zu berechnen (Wenn das denn so stimmt).
    2. Wie nennen wir das Kind? Endo/Exo-gene Monde? Dann wären aber sowohl die Mars- als auch der Erden-Mond endogene Monde!(?)

  6. #6 Dietmar
    31. März 2015

    Das ist ja wieder spannend! Lädt mich zu wilder Spekulation ein:

    Es wäre auf jeden Fall eine interessante Erkenntnis, wenn nicht nur der Mond der Erde sondern auch die beiden anderen Monde des inneren Sonnensystems durch große Einschläge entstanden wären. Und würde ein weiteres mal demonstrieren, wie chaotisch und brutal die Frühzeit des Sonnensystems war…

    Wenn das so wäre, könnte man dann nicht sogar sagen, dass ein Mond bei Gesteinsplaneten relativ leicht entsteht, sodass man bei flüssigem Kern mit guter Wahrscheinlichkeit von einem Magnetfeld ausgehen kann?

    Ich stelle mir vor, dass alle Objekte in einem frühen Planetensystem wachsen und irgendwann größere kollidieren müssen, weil nur die stabilen Umlaufbahnen übrig bleiben.

    Wäre schon sehr, sehr cool, wenn sich herausstellte, dass die beiden Monde aus einer Kollision entstanden sind.