urlaub (Mobile)Es ist Urlaubszeit! Da will man sich entspannen und keine komplizierten Bücher, Zeitschriften oder gar Blog-Artikel lesen. Ich hab mich also mal in einem Zeitschriftenladen umgesehen und überprüft, welche Themen da in den einschlägigen Publikationen als “leichte” Sommerlektüre durchgehen. Meine Recherche kam zu dem Ergebnis, das auf jeden Fall folgende Themen behandelt werden müssen: Abnehmen. Mode. Kochrezepte. Schnulzige Geschichten. (Schlager/Volks)Musik. Und natürlich irgendwas mit Königen und Adel!

Ich möchte in den nächsten Tagen probieren, ein wenig Urlaub zu machen. Und da ich euch in meiner Abwesenheit nicht mit komplizierter Wissenschaft die Erholung verderben möchte, gibt es hier im Blog ab jetzt Boulevard! Ich habe zu jedem der sechs oben genannten Themen einen Artikel vorbereitet (und konnte dabei natürlich doch nicht ganz darauf verzichten, ein wenig Wissenschaft unter die leichte Sommerlektüre zu mischen). Viel Spaß also; schönen Urlaub (falls ihr das Glück habt, Urlaub machen zu können) und bis bald.

Ein Hinweis noch: Dort wo ich bin, habe ich vermutlich keinen bzw. nur sehr sporadischen Internetzugang. Ich habe auch keinen Laptop mit sondern nur mein Smartphone. Ich werde also nicht auf Kommentare/Emails antworten können. Ich werde auch eure Kommentare nicht so schnell moderieren können wie sonst. Wenn einer eurer Kommentare im Spamfilter landet, müsst ihr in den nächsten Tagen leider damit leben.

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Die Zeit der sommerlichen Boulevardthemen in meinem Blog neigt sich dem Ende zu. Aber bevor es bald wieder normal weiter geht, wird noch einmal so richtig Party gemacht! Natürlich mit der passenden Musik…

Ok, nein – hier muss ich jetzt die Notbremse ziehen. Selbst für diese Serie werde ich es nicht so weit kommen lassen, und euch (und mir) das gesammelte Grauen der Musikantenstadel/Fernsehgarten-Schlagerwelt zuzumuten. Es mag zwar sein, das Andy Borg, Florian Silbereisen, Hansi Hinterseer & Co zu den bevorzugten Themen der Schundblätter gehören, die ich in dieser Blog-Serie zu kopieren versuche. Aber das würde dann doch zu weit gehen. Ich werde auch Helene Fischer weiträumig ignorieren (Obwohl sich aus “Atemlos durch die Nacht” in astronomischer Hinsicht durchaus was machen lassen könnte…).

Aber ein bisschen können wir uns der Volksmusik ja annähern. Ich hatte kürzlich bei meinem Vortrag in Oberösterreich das Vergnügen, den Gitarristen der Band Seer kennen zu lernen. Nicht, weil ich in deren Vorprogramm aufgetreten wäre oder so (das hätte dann auch eine ziemlich seltsame Veranstaltung sein müssen), sondern weil er tatsächlich an meinem Vortrag interessiert war. Danach haben wir bei ein paar Bier über Astronomie, Pseudowissenschaft und Musik gesprochen und ich meinte, dass man doch sicher auch in den Texten der Seer ein paar astronomische Bezüge finden könnte, wenn man nur genau genug hinschaut (beim Songcontest funktioniert das ja schließlich auch immer.

Die Musik der Seer ist eine Verbindung aus Pop, Schlager und traditioneller Volksmusik und wenn das auch vielleicht nicht jedermanns Geschmack ist, ist es doch weit vom Grauen der “Volkstümlichen Musik” entfernt! Und ihren Texten findet man – natürlich! – jede Menge Astronomie…

Zum Beispiel im Lied “Wia Feuer und Wossa” (für die Dialekt-Unkundigen: “Wie Feuer und Wasser”). Da heißt es:


“Uns trennt
A gonze Wöd
Doch in dem Moment
Is des nix mehr wos zählt
(…)
Wir san wia
Feur und wia Wossa
Wia d’ Sun und wia der Mond
Doch immer wenns drauf onkimmt
Hoitn ma felsenfest zuanond
San wia
Summa und wia Winter “

Schon der erste Absatz bietet viel Material für astronomische Betrachtungen: “Uns trennt eine ganze Welt”. Ich weiß nicht, um wen es in dem Lied geht, aber das ist natürlich eine tragische Angelegenheit! Es ist vor allem gar nicht so einfach, zwei Punkte zu finden, an denen zwei Personen durch die ganze Welt getrennt sind. Natürlich hat jeder Ort auf der Oberfläche ein Gegenstück, das exakt auf der anderen Seite der Erde liegt. Die Chancen stehen aber gut, das man an einem dieser Orte schwimmen muss. Denn die Landmassen der Erde konzentrieren sich auf die Nordhalbkugel; auf der südlichen Hälfte ist hauptsächlich Ozean zu finden. Wer Lust hat, kann dieses tolle Tool ausprobieren, das einem genau zeigt, was auf der anderen Seite der Erde liegt. Das kann man zum Beispiel für die Gemeinde Grundlsee machen, aus der die Seer stammen: Auf der anderen Seite der Erde findet man da nur Wasser (Was den Liedtext natürlich doppelt tragisch macht. Nicht nur sind die beiden armen Menschen durch die Welt getrennt, einer von beiden steckt auch mitten im Ozean und weitab jeder Küste fest!). Das gilt übrigens für ganz Österreich – jeder Tunnel den man aus der Alpenrepublik durch die Erde graben würde, käme auf der anderen Seite am Meeresboden heraus. Auch in Deutschland schaut es schlecht aus… In Südfrankreich könnte man noch Glück haben und auf der anderen Seite auf die Chathaminseln treffen. In Spanien geht es ein wenig besser: Wer sich in der Hauptstadt Madrid aufhält ist durch die ganze Welt von den Leuten in der Pampa der Nordinseln von Neuseeland getrennt.

Viel Land (Bild: gemeinfrei)

Viel Land (Bild: gemeinfrei)

Viel Wasser (Bild: gemeinfrei)

Viel Wasser (Bild: gemeinfrei)

Es kommt übrigens auch darauf an, wo man sich befindet, wenn man wissen will, wie weit die Trennung durch die Welt ist! Befindet sich eine Person am Nordpol und die andere am Südpol, dann sind sie durch 12.713 Kilometer voneinander getrennt. Steht eine aber am Äquator in Indonesien und die andere am Äquator in Ecuador, dann beträgt der Abstand hier 12.756 Kilometer. Die Erde ist nicht exakt kreisrund, sondern am Äquator ein wenig ausgebuchtet. Diese Abplattung wird durch die Fliehkraft verursacht, die bei der Rotation der Erde um ihre Achse entsteht (und kann auch bei anderen Himmelskörpern beobachtet werden; sie ist umso stärker ausgeprägt, je weniger dicht dessen Masse ist).

Aber wie auch immer die beiden Personen aus dem Lied der Seer getrennt sind, es scheint sie nicht allzu sehr zu stören, denn sie “halten felsenfest zusammen” und sind wie “Feuer und Wasser”, wie “Sonne und Mond” und wie “Sommer und Winter”. Nun: Feuer und Wasser sind nicht unbedingt optimal, wenn es um “felsenfesten” Zusammenhalt geht, denn große Temperaturunterschiede sorgen eher dafür, das Felsen zerspringen und nicht zusammenhalten. Aber zumindest was “Sonne und Mond” angeht ist der Vergleich mit “Feuer und Wasser” nicht völlig falsch. Wenigstens dann, wenn es darum geht massive Unterschiede auszudrücken.

Betrachten wir zuerst einmal die Zusammensetzung der Sonne (bzw. ihrer äußeren Schichten die einer direkten Beobachtung zugänglich wären). Sie besteht aus: 92 Prozent Wasserstoff, 7,8 Prozent Helium, 0,05 Prozent Sauerstoff, 0,02 Prozent Kohlenstoff, 0,01 Prozent Neon und diversen anderen Elementen in noch geringere Menge. Ihre mittlere Dichte beträgt nur 1,4 Gramm pro Kubikzentimeter. Der Mond dagegen hat eine mittlere Dichte von 3,3 Gramm pro Kubikzentimeter was auf eine ganz andere Zusammensetzung hinweist. Das Material seiner Oberfläche (Regolith) besteht zu 45 Prozent aus Siliciumdioxid, 15 Prozent sind Aluminiumoxid, 14 Prozent sind Eisenoxid, ungefähr 12 Prozent bestehen aus Calciumoxid (d.h. ungelöschtem Kalk) und Titanoxid, Natriumoxid und Magnesiumoxid sind auch noch in relevanten Mengen vorhanden. Mond und Sonne könnten also tatsächlich kaum unterschiedlicher sein.

Allerdings nur wenn es um die Geologie geht. Am Himmel erscheinen Sonne und Mond überraschenderweise genau gleich groß! Überraschend deswegen, weil der Mond einen Durchmesser von nur 3476 Kilometern hat, die Sonne dagegen 1,4 Millionen Kilometer durchmisst! Aber die Sonne ist eben auch 150 Millionen Kilometer weit weg und der Mond nur etwa 380.000 Kilometer. Und zufällig (es ist tatsächlich Zufall) führt das dazu, dass am Himmel beide gleich groß aussehen. Ich hab das hier ausführlich erklärt. Und das ist auch nur in der Gegenwart der Fall. Früher, kurz nach seiner Entstehung war der Mond viel, viel näher an der Erde und sah auch noch viel, viel größer aus (nur das damals niemand da war, der ihn ansehen hätte können):

mond

Bei “Sommer und Winter” ist die Sache mit dem Unterschied ähnlich ambivalent. Sommer und Winter sind zwar tatsächlich sehr unterschiedliche Jahreszeiten. Aber man vergisst gerne mal, dass auch immer irgendwo Winter ist, wenn anderswo Sommer herrscht und umgekehrt. Die Jahreszeiten sind ja nicht global gleich, sondern entstehen durch die geneigte Erdachse. Mal ist deswegen die nördliche Hälfte der Erde der Sonne zu- und die südliche Hälfte abgewandt; und ein halbes Jahr später ist es umgekehrt. Auf der zugewandten Seite ist Sommer, auf der abgewandten Seite ist Winter. Zur Zeit kommen wir hier auf der Nordhalbkugel in den Genuss des Sommers, die Menschen auf der südlichen Hälfte haben jetzt gerade Winter. Andererseits sind Sommer und Winter auch immer durch “A gonze Wöd” getrennt, also passt das schon irgendwie. Man muss nur aufpassen, dass man sich nicht in der Nähe des Äquators befindet, denn da gibts gar keine Jahreszeiten mehr…

Das Lied “Wia Feuer und Wossa” kommt übrigens vom Album “Junischnee”, was ein schöner Anlass wäre, um über die Jahreszeiten auf dem Pluto (den wir ja seit einiger Zeit endlich aus der Nähe kennen) zu reden. Auf diesem fernen Planeten entstehen die Jahreszeiten nicht durch eine geneigte Rotationsachse, sondern durch den während eines Plutoumlaufs variablen Abstand zur Sonne. Für eine Runde braucht er 247 Jahre und die Jahreszeiten dauern entsprechend lang. Und mit Sommer ist dort auch nicht viel: Wenn es da im “Plutojuni” einfach nur ein bisschen Schnee gäbe, wäre das schon ein Fortschritt. Stattdessen steigen die Temperaturen dort auch im “Hochsommer” nie über -218 Grad Celsius!

Es gäbe noch viel über die Astronomie der Seer-Texte zu erzählen. Über das Lied “2,5 Sekunden” zum Beispiel mit der schönen Zeile: “für 2,5 Sekunden ghört uns die gonze Welt”. Wäre man so schnell wie das Licht, dann würde einem in 2,5 Sekunden die Welt sogar fast 19 Mal gehören. Denn in dieser Zeit könnte man den Planeten am Äquator genau 18,7 mal umrunden. Man würde es sogar fast bis zum Mond und zurück schaffen (das dauert im Durchschnitt 2,6 Sekunden). Und wenn man wissen wollte, wie das mit der später in diesem Lied erwähnten “eine Sekunde Ewigkeit” ist, müsste man sich nur ein wenig mit der speziellen Relativitätstheorie beschäftigen.

Aber ich denke, ich habe mich jetzt genug mit der Musik beschäftigt. Und mit den sommerlichen Boulevardthemen. Nach Diät, Adel, Kochrezepten, Mode und all dem anderen Kram geht es morgen wieder mit normalen Artikeln im Blog weiter. Ich hoffe, der kleine thematische Sommerausflug hat trotzdem Spaß gemacht!

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Die Urlaubsthemen bei Astrodicticum Simplex:

[Abnehmen][Astronomie & Adel][Die Sommergeschichte][Astronomische Mode][Backen mit Planeten][Die Astronomie der Schlagermusik]

Kommentare (9)

  1. #1 walter
    28. Juli 2015

    jaaaa, bitte mehr davon! Denn solche “Schlagertexte” sind in der Tat jenseits jeglicher Logik.

    Eine Frage ist beim Durchlesen dieses Beitrages aufgetaucht. Der Mond besteht aus 12% Calciumoxid. Soviel ich weiß, reagiert das Zeug wenn es mit Wasser übergossen wird, recht heftig. Was würde demnach passieren, wenn man am Mond theoretisch Unmengen von Wasser ausschütten würde? Die Wärmeentwicklung wäre wahrscheinlich für zufällig dort rumhüpfende Raumfahrer sicher nicht ungefährlich.

  2. #2 phunc
    28. Juli 2015

    @walter

    Es ist ja nicht so, dass die gesamten 12% CaO auf einem Haufen vorliegen. Davon abgesehen, wie will man da Unmengen von Wasser ausleeren?

  3. #3 cmahr93
    Bonn
    28. Juli 2015

    Oder – vielleicht etwas realistischer – ein Asteroid bringt eine ausreichend große Menge Wasser mit sich. Das könnte für ein ansehnliches Schauspiel sorgen.

  4. #4 Franz
    28. Juli 2015

    @cmahr93
    Im Gegensatz zur Energie des Aufpralls wäre das bisl ‘schäumen’ wohl vernachlässigbar.

  5. #5 Markus
    28. Juli 2015

    Jetzt hast du uns in den letzten gefühlt 20 Beiträgen zum Pluto eingebläut, dass der Pluto kein Planet mehr ist (und auch warum) und nun bezeichnest du ihn hier als einen… Naja, weil’s ein Urlaubsartikel ist, lassen wir das nochmal durchgehen

  6. #6 manu
    28. Juli 2015

    Die Bilder der Erd-Hemisphären sehen für mich seltsam aus. Da sind doch nicht die Pole in den Kreismittelpunkten?

  7. #7 PDP10
    28. Juli 2015

    @manu:

    “Die Bilder der Erd-Hemisphären sehen für mich seltsam aus. Da sind doch nicht die Pole in den Kreismittelpunkten?”

    Nö. Aber das hat auch niemand nirgendwo behauptet, oder?

  8. #8 dgbrt
    28. Juli 2015

    Wer es etwas anspruchsvoller mag sollte sich Chris Hadfield mit “Space Oddity” von David Bowie sich anschauen. Das Video ist immer noch der Wahnsinn.

    Ground control to Major Tom…

  9. […] Die Astronomie der Schlagermusik […]