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Ob als Systemlord oder Cartoonfigur, den Gottesnamen Seth bringen die meisten Menschen mit dem Bösen in Verbindung, sehen ihn häufig als das Äquivalent der ägyptischen Mythologie zum christlichen Teufel. Zu sagen das wäre falsch ist leicht. Es zu erklären dauert etwas länger. Und was hat das mit meinem Namen zu tun?

Die Mythen um Seth stimmen darin überein, dass er als Herrscher von Oberägypten seinen Bruder Osiris tötete und daraufhin selbst von Osiris’ Sohn Horus getötet wurde. Die Motive für den Mord an Osiris drehen sich dabei immer um Eifersucht auf das Land Ägypten, das “in dieser Zeit” von Osiris regiert wird. Der verstorbene Osiris wird danach zum Gott im Totenreich und Seth Herr über die Wüsten und fremden Lande während Horus zum Königs- und Himmelsgott wird, dessen Augen Sonne und Mond repräsentieren.

Funfact: Isis, Schwester von Seth und Osiris und gleichzeitig Osiris’ Gemahlin, machte sich auf, die von Seth über Ägypten verstreuten Teile von Osiris zu finden und zeugte mit dem toten (!) Phallus ihres Gattenbruders ihren Sohn Horus.

Nun ist Seth aber mehr als der Mörder seines Bruders. Neben der Bedeutung als Auge des Horus, ist die Sonne gleichzeitig der Gott Re, der wohl wichtigste unter den ägyptischen Göttern. Re wiederrum wird auf seiner täglichen Fahrt über den Himmel in der Sonnenbarke von Seth beschützt, denn der tötet jede Nacht aufs Neue die Schlange Apophis, die nach Res Leben trachtet, verteilt ihr Blut am Horizont als Abend- und Morgenrot und rettet so jeden Tag. So galt er unter anderem als Beschützergott der Könige, der zwar hinter Horus, dem Herr von Ober- und Unterägypten, zurück blieb, jedoch bekam er eine wichtige Rolle in einer Periode von Sedfesten, dem rituellen Fest, in dem ein Pharao seine Regentschaft nach einer gewissen Zeit (u.a. nach 30 Jahren) erneuert. Da Sedfeste über Jahrtausende hinweg gefeiert wurden, veränderten sich Ablauf und Rituale immer wieder. Bishin ins neue Reich, etwa 1550 v.Chr., gibt es Abbildungen die zeigen, wie Seth dem Pharao vier Pfeile und Bogen bringt. Diese verschießt der König in alle vier Himmelsrichtungen, manchmal auch mit Hilfe von Seth, um so symbolisch die Herrschaft über alle Himmelsrichtungen neu zu erlangen.

Seth (Mitte) in Res (links) Sonnenbarke, wie er die Schlange Apophis (rechts) tötet. (Bild: Public Domain)

Seth (Mitte) in Res (links) Sonnenbarke, wie er die Schlange Apophis (rechts) tötet. (Bild: Public Domain)

Erst zu Beginn der 22. Dynastie um 950 v. Chr, als der Osiriskult der vorherrschende wurde, geriet Seth als sein Widersacher immer mehr in eine dämonisierte Rolle. Dass Seth in den Jahren davor noch sehr beliebt war, lässt sich unter anderem an den Namen der Pharaonen deuten. So gab es noch 1190 v. Chr. den König Sethnachtmereramunre, dessen Namensteil Sethnacht “Seth ist siegreich” bedeutet. Auch Sethos II, der von 1200 v. Chr bis 1198 regierte, trägt in seinem Namen “Setechimerienptah” den Teil “Setechi” für Seth. Außerdem gibt es zahlreiche Tempel und Kultzentren, die Seth gewidmet sind. So zum Beispiel die von den Griechen “Ombos” genannte Stadt, die gleichzeitig als Geburtsort von Seth gilt.

Funfact: Seths Schwester und Frau Nephthys hat sich als ihre Zwillingsschwester Isis ausgegeben um so Osiris zu verführen. Aus Angst ihr Mann könnte davon erfahren, setzte sie das daraus entstandene Kind aus. Isis fand es und zog es auf. Aus dem Kind wurde Anubis, Schutzgott der Einbalsamierer und Verstorbenen. Fröhliche Familie.

Neben der mythologischen Geschichte werden Seth diverse Symboliken zugeschrieben. So verfügt er über unglaubliche körperliche und magische Kräfte, denen er sich bedient um Chaos zu verbreiten. Seine Muskeln seien aus Eisen und seine Stimme sei der Donner. Dargestellt wird er oft mit dem Kopf eines Tiers, dass nicht genau definiert werden kann. Es wird vermutet, dass es sich dabei um eine Art Hund handelt, der in der Wüste gelebt hat, jedoch früh ausgestorben ist. Denkbar ist auch, dass es sich dabei um einen Schakal handelt, allerdings wird bereits Anubis eindeutig mit einem Schakalskopf dargestellt. Oft wird Seth mit Eselskopf abgebildet. Das Tier war damals aufgrund seiner Stärke als Lasttier überlebenswichtig für die Ägypter. Außerdem werden starke Tiere wie das Krokodil und das Nilpferd mit Seth in Verbindung gebracht.

Funfact: Während Seth und seine drei Geschwister die Kinder der Himmelsgöttin Nut und des Erdgottes Geb sind, haben sich Schöpfergottheiten wie Atum und Chnum selbst erschaffen – durch Masturbation. Auch Atums Kinder Schu und Tefnut hat er selbst “mit der Hand” erschaffen.

Seth ist also vor allem ein mächtiger Gott, der die Naturgewalten beherrscht und diese nicht nur heraufbeschwören, sondern auch wieder beenden kann. Als Herr über das Chaos ist er fähig bestehende Dinge zu vernichten, um so Platz für die Entstehung des Neuen zu schaffen. Im Chaos liegt gleichzeitig die Kraft zur Veränderung, die notwendig ist um eine Entwicklung durchzumachen und sich auch als Kultur weiter zu bringen. Als Gott über die fremden Länder ist er außerdem dazu befähigt die Feinde des Königs ins Unglück zu stürzen. So kann das “Seth is siegreich” in Sethnachtmereramunres Namen als ein Bezwingen der ausländischen Armeen interpretiert werden. Alternativ gilt die gleiche Interpretationsweise für Seth als Herr über die Dämonen, die er in Schach hält, und somit Ägypten vor dem Bösen schützt, sowie für die Schlange Apophis, die er jede Nacht bezwingt. Alle drei Ansätze weisen jedoch klar darauf hin, dass Seth, trotz all der vermeindlich bösen Kräfte, die ihm zugeschrieben werden, ein Gott ist, der zwar im eifersüchtigen Streit mit seinem Bruder liegt, sich dennoch als Beschützer des Pharaos und des ägyptischen Volks verdient macht.

Das Wandbild aus Abu Simbel zeigt Seth (links) und Horus (rechts) bei der Krönung Ramses II (Bild: Public Domain)

Das Wandbild aus Abu Simbel zeigt Seth (links) und Horus (rechts) bei der Krönung Ramses II (Bild: Public Domain)

Sieht man sich Sethnachtmereramunres Namen weiter an, so setzt sich der zweite Teil aus “merer-amun-re” zusammen. Übersetzen lässt sich das mit “Der, der von Amun-Re geliebt wird” oder “Geliebter des Amun-Re”. Das bezieht sich nicht etwa auf eine Liebe im sexuellen Sinne, sondern bedeutet vielmehr, dass Sethnachet, neben dem Schutz durch Seth, auch in der Gunst des Gottes Amun-Re steht. Je nach Zusammenhang wird “Mer” auch als Vorsteher gedeutet und kann in Verbindung mit einer Gottheit einen Priester meinen. In der weiblichen Form wird “Mer” zu “Merit”. So trug zum Beispiel die erste Tochter der Nefertari den Namen Meritamun (“Geliebt von Amun”).

Um also die Eingangsfrage zu beantworten: Mein Pseudonym Merit-Seto bedeutet nichts anderes als “die, die von Seth geliebt wird”. In Verbindung mit seiner Rolle als Herr über das Chaos beschreibt es also nicht nur treffend meine, im klassischen Sinne, chaotischen Eigenschaften, sondern ebenso die unzähligen Möglichkeiten die mir, Dank der Existenz des Chaos, jeden Tag offen stehen. Als Herr des Chaos ist Seth also auch symbolisch für das große Wibbly Wobbly Timey Wimey, in dem alles ist, was passierte, passieren wird und passieren könnte. Welche Pfade darin mich treffen kann ich mir nicht wirklich aussuchen, aber mich anpassen um sie in eine gewünschte Richtung zu lenken. Wäre hingegen überall Ordnung, gäbe es nur einen möglichen Zustand der Dinge. Wäre aber unvorteilhaft, denn:

“Du bleibst nur, indem du dich wandelst. Du musst dich verwandeln, um bleiben zu können” – Friedrich Georg Jünger
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Hinweis zur Autorin: Dieser Artikel wurde von “Merit-Seto” geschrieben: “Über mich selbst gibt es zu sagen, dass ich mein Geld mit Qualitätssicherung für medizinische Software verdiene, in meiner Freizeit für krautgaming.com über Videospiele schreibe oder eben Geschichten und Kurzgeschichten. ”

Kommentare (16)

  1. #1 Theres
    23. September 2015

    Ah, ein ganz neues Thema … und vor allem diese Funfacts 🙂
    @Merit-Seto
    Interessanter Ausflug in die Götter/Göttinnengeschichte nur … so ungern ich wegen Rechtschreibfehlern nörgele, heute muss es mal sein. Es gibt nur noch acht (8) Kommaregeln, und wenigstens drei davon könntest du trotz Nähe zum Gott des Chaos doch einhalten? Gestörter Lesefluss ist nervig, tut mir Leid.

  2. #2 Wizzy
    23. September 2015

    Thematisch mal wieder etwas ganz anderes, aber habe ich mit deutlichem Gewinn gelesen – nicht zuletzt die Funfacts =D Die äqyptische Mythologie ist extrem inspirierend!

    Meiner Neugier geschuldet zu den Kommasetzungen: Die entsprechen zwar nicht meinem Geschmack aber @Theres sie kommen mir auch nicht wirklich falsch vor. Wo liegt der Hase im Pfeffer?

  3. #3 Theres
    23. September 2015

    @Wizzy
    Ach, es sind ja gar nicht so viele (fehlende), nur meinen Lesefluss störten sie halt. Kommt “morgens” schon mal vor. Und https://www.duden.de/sprachwissen/rechtschreibregeln/komma
    Ich such die Sätze nämlich jetzt nicht heraus … dazu war es nun wirklich nicht schlimm genug, außerdem finde ichs gelungen, dass mal ein Nickname erklärt wird, und gleich richtig. 🙂

  4. #4 DAD
    23. September 2015

    In den letzten Tagen habe ich viel über die unterschiedlichsten Themen gelesen und gelernt. Jetzt auch noch ägyptische Mythologie. Gut zu lesen und super Idee, die Funfacts einzubinden. Sollte Standard beim bloggen werden ;-).
    Vielen Dank, Merit-Seto

  5. #5 Dampier
    23. September 2015

    Wäre hingegen überall Ordnung, gäbe es nur einen möglichen Zustand der Dinge.

    Das gefällt mir :))

    siehe auch:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Diskordianismus#Sacred_Chao

    Die antiken Göttersagen finde ich zum Teil schon extrem schräge. ich frage mich immer, wie man auf sowas kommen kann. Von alten Völkern würde ich eigentlich etwas elementareres, vor allem intuitiv verständlicheres erwarten. Stattdessen erscheint mir das oft sehr artifiziell und ich kann mir das zwar durchlesen, finde aber keinen wirklichen Zugang dazu.

  6. #6 bruno
    23. September 2015

    Sehr interessant!

    Ich hätte mir evtl. einen Stammbaum gewünscht!! Ich weiss noch immer nicht, wer mit wem wie verwandt ist…

    Kommata – naja, der erste, einführende Absatz ist (dadurch) etwas konfus. Was irretiert. Aber der Text ist doch ok!

    Weiss (jemand), inwiefern diese verworrene Familien-Historie Einfluss auf das “Alte Testament” gahabt hatte – da wird sich doch auch stundenlang in “Verwandtschaftsbeziehungen” ergangen…. Irgendwo müssen “die (TM)” das ja her gehabt haben… ?!?

  7. #7 Crazee
    24. September 2015

    Ich kann nicht sagen, warum, aber ich komme mit dem Text nicht so zurecht. Dabei ist das Thema ja durchaus interessant. Vielleicht die Namen?

  8. #8 BreitSide
    Beim Deich
    24. September 2015

    Schön flüssig lesbar.
    Die FunFacts kriegt man ja in den “seriösen” Sendungen gar nicht so mit. Schon seltsam, wie die Menschen sich ihre skurrilen Geschichten immer wieder zurechtbiegen. Je älter, umso häufiger kommt dann meist das “so isses halt, so sind die Götter”.

    Wir halt immer mit unserer starren Logik… 😉

  9. #9 Dark_Tigger
    24. September 2015

    Schöner Artikel.
    Bin ich übrigens der einzige der findet das Seth im letzten Bild aussieht, als trüge er einen Tapir Kopf?

  10. #10 T
    24. September 2015

    Ich glaube, das ist ein Ibis.

  11. #11 Merit-Seto
    25. September 2015

    @ Dark_Tigger & T
    Nein, das ist tatsächlich dieses mysteriöse Sethtier. Das erkennt man gut an den nach oben breiter werdenden Ohren. Auch die Darstellung mit der nach unten gebogenen Schnauze ist typisch dafür. 🙂

    @Bruno:
    Es sind alle miteinander verwandt. 🙂
    Isis, Osiris, Seth und Nephtys sind Geschwister (Nephtys und Isis Zwillinge).Dabei sind Isis und Osiris verheiraten und haben Horus, Osiris und Nephtys haben dank der List von Nephtys Anubis. Seth und Nephtys sind außerdem verheiratet gewesen, aber Nephtys verließ ihn, weil sie keine Kinder bekamen.
    Seth ist also noch solo, Ladies 😉

  12. #12 Kyllyeti
    25. September 2015

    @Merit-Seto

    Es sind alle miteinander verwandt

    Kenn ich. Genauso wie hier bei uns in der Eifel.

    (Jedenfalls ist das die Ansicht der Kölner.

    In Wirklichkeit sind die Verhältnisse hier viel viel komplizierter. )  😉

  13. #13 T
    26. September 2015

    @ Merit-Seto #11
    “Dargestellt wird er als Pavian, als Ibis oder in Menschengestalt mit Ibiskopf.” https://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=030515115704

  14. #14 Nicole
    27. September 2015

    Ein interessanter Ausflug in die ägyptische Mytholgie! Ich befasse mich auch gerne mit Mythologie und konnte einiges Neues erfahren. Danke!

  15. #15 2xhinschauen
    28. September 2015

    Hat mir Spaß gemacht zu lesen. In diesem Stil hast Du bestimmt auch Talent zum Slammen.

    Mich amüsiert vor allem die altägyptische Version der Urknalltheorie. Mit ihren nach heutigen Maßstäben begrenzten Möglichkeiten mussten sie sich halt irgendwie vozustellen versuchen, wie alles angefangen haben könnte. Und sie haben immerhin weitergedacht als die Autoren der Bibel, indem sie auch dem Schöpfer einen Anfang angedichtet haben, und den doch sehr phantasievoll und lebensfroh….

  16. #16 Trottelreiner
    1. Oktober 2015

    @Bruno:
    Naja, die Geschlechterfolgen im AT dienen IMHO hauptsächlich zwei Zielen. Einige sind eine Art Volksethnographie

    https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Josephustable_3.svg

    andere dienen eher der Legitimation über die Vorfahren.

    Und wo wir gerade bei einer gewissen Mythensammlung sind…

    Angeblich soll sich der schlechte Ruf Seths ja auch darauf begründen, daß er der Lieblingsgott gewisser, ähm, Beute-Ägypter war,

    https://de.wikipedia.org/wiki/Hyksos

    einerseits als Herr fremder Länder, andererseits als Sturmgott, den man als Entsprechung der eigenen entsprechenden Gottheit sah. Keine Ahnung ob ein gewisser El da auch figuriert.

    Allgemein gab es AFAIK “die altägyptische Religion” ja nicht, sondern nur diverse lokale Traditionen, die dann in entsprechende Verwandtschaftsbeziehungen gesetzt wurden. Wobei die Genealogien sich auch mal widersprachen.