Mars, therefore, is not only uninhabited by intelligent beings such as Mr. Lowell postulates, but is absolutely UNINHABITABLE.

Bedenkt man, dass Wallace seine Arbeit im Jahr 1907 im Alter von 84 Jahren veröffentlicht hat, ist das eine erstaunliche Leistung. Noch erstaunlicher ist, dass er offenbar der Erste gewesen ist, der sich überhaupt die Frage gestellt hat, ob es auf Mars überhaupt Leben geben kann. Bis dahin war die Annahme, dass alle Planeten des Sonnensystems von intelligenten Wesen bewohnt seien, keineswegs eine Absurdität. Bereits Johannes Kepler spekulierte um das Jahr 1600 über die Bewohner der anderen Planeten. Und auch für Immanuel Kant war es in der Mitte des 18. Jahrhunderts geradezu eine Gewissheit, dass die Planeten des Sonnensystems von Vernunftwesen bewohnt sind. Im Dritten Teil seiner “Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels” aus dem Jahr 1755 leitete er sogar folgendes Gesetz ab, das die Beschaffenheit der Bewohner bezüglich zum Abstand von der Sonne regelt:

Der Stoff woraus die Einwohner verschiedener Planeten, ja so gar die Thiere und Gewächse auf denselben, gebildet seyn, muß überhaupt um desto leichterer und feinerer Art, und die Elasticität der Fasern sammt der vortheilhaften Anlage ihres Baues, um desto vollkommener seyn, nach dem Masse als sie weiter von der Sonne abstehen. (S. 185)

Von daher war es zwar einerseits eine Sensation, dass man auf dem Mars scheinbar die Aktivitäten einer Zivilisation beobachten konnte – andererseits jedoch insofern keine Überraschung, da die Annahme, dass Zivilisationen im Sonnensystem vorhanden sind, durchaus dem Zeitgeist entsprach. Anderenfalls ließen sich die Versuche von Gauß (1820) und Littrow (1840) nicht erklären, Kontakt zu anderen Zivilisationen aufzunehmen, indem man entweder in Sibirien eine große Waldfläche in Gestalt eines rechtwinkligen Dreiecks rodet bzw. in der Sahara Kerosin-Brände entfacht, die die Gestalt geometrischer Figuren haben.

Es scheint daher, dass Wallace wissenschaftliches Neuland betreten hatte, als er sich fragte: “Geht das überhaupt? – Kann es Leben auf dem Mars geben?” und somit ein Vordenker der späteren Astrobiologie gewesen ist. Die Annahme, dass es auf dem Mars wenigstens primitives Leben in Gestalt von Moosen oder Flechten geben könnte, hielt sich noch bis in die frühen 1960er Jahre. Offenbar war Wallace mit seiner Ausarbeitung nicht nachhaltig erfolgreich. Möglicherweise lag das darin begründet, dass er seine Reputation zu dieser Zeit bereits verloren hatte, weil er versuchte, den Spiritismus in den Naturwissenschaften zu etablieren. Im Zuge dessen blieb von Wallace im öffentlichen Bewusstsein nicht viel mehr übrig als seine Ko-Urheberschaft bei der Ausarbeitung der Evolutionstheorie. Seine übrigen wissenschaftlichen Leistungen gerieten hingegen mehr und mehr in Vergessenheit.

Wie man sieht, sind im Spätwerk von Wallace durchaus noch einige wissenschaftliche Perlen vorhanden, die auch heute noch Gültigkeit beanspruchen können. Die einfache Gleichung, dass das Fehlen von Wasser das Fehlen von Leben nach sich zieht, entspricht dem sogenannten “Mantra der Astrobiologie”: Follow the Water!, welches immer noch aktuell ist. In diesem Punkt war Wallace seiner Zeit voraus – Zeit, sich dessen zu erinnern …
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Hinweis zum Autor: Dieser Artikel wurde von Jürgen Hoffmann geschrieben: “Ich wohne in Halle an der Saale und arbeite dort als Lehrer. Ich interessiere mich nebenberuflich insbesondere für Fragen zur Lebensentstehung sowie zur Astrobiologie.”

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Kommentare (19)

  1. #1 lisalea
    29. September 2015

    Na das passt ja perfekt zur Wasser-auf-Mars-Meldung der NASA 😉
    Fand ich sehr interessant zu lesen, man kennt in der Regel nur den jungen Wallace mit der Evolutionstheorie, Hut ab, dass er sich noch bis ins hohe Alter mit solchen Themen auseinandergesetzt hat.

  2. #2 bazille2003
    29. September 2015

    Wirklich ein sehr schöner Zufall.
    Wallace war einfach ein großer Geist seiner Zeit . Seine Beobachtungen und Erkenntnisse waren bahnbrechend und können nicht genug betont werden. Mich haben seine Beobachtungen zu der Biogeographie (spätere Wallace Linie) sehr beeindruckt.

  3. #3 Alderamin
    29. September 2015

    Hervorragender Artikel, und wieder was gelernt!

  4. #4 Kyllyeti
    29. September 2015

    Hochinteressant.
    Und überraschend: Auch mein Bild von Wallace war bisher nur von seiner ‘irdischen’ Biologie geprägt.

    Auf dem Mond gibt es ja einen nach ihm benannten Krater – aber er hätte es verdient, seinen Namen auch auf dem Mars verewigt zu sehen.

  5. #5 Kyllyeti
    29. September 2015

    @myself

    Sehr schön … es ist schon passiert: Wallace-Krater

  6. #6 Captain E.
    29. September 2015

    Na, das ging aber mal schnell… 😀

  7. #7 Kyllyeti
    29. September 2015

    @Captain E.

    Klar. Und hab das gleich auch sogar rückwirkend ab 1973 hingekriegt. 😉

  8. #8 Hoffmann
    29. September 2015

    Ja, dass nun gerade aktuell der Mars und seine Habitabilität im Gespräch sind, ist wirklich ein schöner Zufall. Was mich bei Wallace beeindruckt hat, ist seine Vielseitigkeit und seine Produktivität bis ins hohe Alter.

    An dieser Stelle möchte ich noch auf die sehr lesenswerte Biographie von Matthias Glaubrecht hinweisen (Titel: “Am Ende des Archipels”), aus der ich die Anregung für diesen Artikel bekommen hatte. Die Recherchen dazu brachten dann weitere Fundstücke zutage, die ich im Text verlinkt habe.

  9. #9 Captain E.
    29. September 2015

    @Kyllyeti:

    Schön. Die Werkstatt hat also jetzt endlich den Fehler in deiner Zeitmaschine gefunden? 😉

  10. #10 Kyllyeti
    29. September 2015

    @Captain E.

    Erinnere mich nicht daran. Das stotternde Ding musste nach 2067 in die Werkstatt zurückgebracht werden. Und das war vor allem bei dem starken Verkehr ab 2054 überhaupt kein Vergnügen.

  11. #11 Captain E.
    29. September 2015

    Ja, die Baureihe von 2099. Schick sah sie aus, aber die Technik war unter aller Sau.

  12. #12 rolak
    29. September 2015

    Und wieder einen völlig unbekannten, doch interessanten Aspekt einer vermutet bekannten Person dazugelernt – schicker Text!

  13. #13 LasurCyan
    29. September 2015

    Schöner Text!

  14. #14 Spritkopf
    29. September 2015

    Sehr schöner Text. Leider hat ja Wallace im Bewusstsein der Allgemeinheit auch posthum nicht die Würdigung erfahren, die seine Beiträge zur Wissenschaft eigentlich verdient hätten.

  15. #15 Hoffmann
    29. September 2015

    @ Spritkopf:

    Ja, ich vermute, dass das mit dem Verlust an Reputation zu tun hat, den sich Wallace mit seinem Hobby Spiritismus eingehandelt hatte. Was natürlich sehr schade ist, weil er ja durchaus noch im hohen Alter zu rationalen Erörterungen fähig gewesen ist, die vollends im Kontext der Naturwissenschaft lagen.

    Mit seiner Spiritismus-Eskapade wurde ihm offenbar unterstellt, seines Verstandes nicht mehr ganz mächtig zu sein. Hinzu kam noch die fehlende Zugehörigkeit zur gesellschaftlichen Elite, zu der ihm Darwin zwar verholfen hatte, indem er ihm Türen öffnete, aber dieselben sich ebenso schnell wieder schlossen, nachdem Darwin 1882 verstarb. Das erleichterte die Vernachlässigung der Beiträge Wallaces zur Naturwissenschaft.

  16. #16 Dampier
    29. September 2015

    Sehr schöner Artikel!

  17. #17 gaius
    29. September 2015

    Ein aktuelles Thema, eine bekannte Person und trotzdem etwas Neues herausgearbeitet: tolle Kombination für einen Blogartikel. Er wirkt auch – nicht zuletzt durch die Abwesenheit von Fehlern – professionell geschrieben.

  18. #18 BreitSide
    Beim Deich
    30. September 2015

    Auch mir ging das so wie Einigen: Erst kannte ich ihn gar nicht, nur Darwin, dann las ich ab+zu was auch über den “Konkurrenten” Wallace, dann mehr über eine Zusammenarbeit.

    Was er sonst noch Großes geleistet hatte, war auch mir völlig unbekannt. Again what learned 🙂

  19. #19 Hoffmann
    30. September 2015

    Danke für die positiven Kommentare! Es freut mich, dass mein Artikel einige Wissenslücken füllen konnte. 🙂