Machen wir ein Experiment!

Diese Idee geht mir im Kopf herum, seit ich in dem sehr empfehlenswerten Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ von Daniel Kahneman im Kapitel über Framing-Effekte gelesen habe, wie unterschiedlich die Zustimmung zur Organspende in Deutschland (12%) und in Österreich (99.98%) ist. Die Überlegung führte mich bis hin zur Frage, in wie weit die Entscheidung zur Organspende von mir selbst stammt, wie weit die Entscheidung durch äußere Einflüsse manipuliert ist und was das über unseren freien Willen aussagt.

(So endlich die versprochene Kurve zur Organspende geschafft!)

Ausgangspunkt

Woher kommt es nun, dass die Zustimmung zur Organspende in Deutschland und Österreich so unterschiedlich sind? Sind Österreicher mehr um das Wohlergehen ihrer Mitbürger bemüht? Oder spielen Eigenheiten der deutschen Geschichte eine Rolle? Misstrauen gegenüber der Schulmedizin oder dem Staat, wie er in alternativmedizinischen bzw. verschwörungsaffinen Kreisen zu finden ist? Die jüngeren Skandale (2013) um Manipulation im Rahmen von Organspenden an einigen deutschen Kliniken jedenfalls sind nicht der Grund, da die oben zitierten Zahlen von 2003 stammen.

Einen Hinweis auf eine mögliche Ursache des gravierenden Unterschieds zwischen der deutschen und österreichischen Bevölkerung ergibt sich, wenn man sich noch die Daten aus weiteren europäischen Ländern ansieht. Wie Sie in der Abbildung 1 unten sehen, ist in Europa die Zustimmung zur Organspende in den 11 dort betrachten Ländern deutlich unterschiedlich – ja geradezu gegensätzlich. Obwohl wir, wie oft betont wird, in einer europäischen Wertegemeinschaft leben, gehen bei dieser Frage die Ansichten je nach Land weit auseinander. Die Wertegemeinschaft zerfällt in zwei Gruppen mit den Ländern Dänemark, Niederlande, Großbritannien und Deutschland auf der Einen und Österreich, Belgien, Frankreich, Ungarn, Polen, Portugal und Schweden auf der anderen Seite ohne Länder, die bei dieser Frage dazwischen liegen.

Zustimmung zur Organspende in verschiedenen europäischen Ländern (Eric J. Johnson, Daniel Goldstein, „Do Defaults Save Lives?“,  Policy Forum Science, 21.11.2003)

Zustimmung zur Organspende in verschiedenen europäischen Ländern (Eric J. Johnson, Daniel Goldstein, „Do Defaults Save Lives?“, Policy Forum Science, 21.11.2003)

Ein Unterschied zwischen den Ländern ist durch die Farben der Säulen für die einzelnen Länder markiert. In den Ländern mit den goldenen Balken wird ein „opt-in“-Modell praktiziert, d. h. man muss sich aktiv zur Organspende bereiterklären (bei uns durch Ausfüllen eines Organspendeausweises) während in den blau markierten Ländern ein „opt-out“-Modell gilt, also man muss etwas aktiv tun, um nicht automatisch im Falle des eigenen Todes als Organspender zu gelten.

(Noch eine Anmerkung zu den Zahlen: Inzwischen (Stand 2014) ist die Zahl der Bürger mit Organspendeausweis in Deutschland auf erfreuliche 35% gestiegen, von denen 86% der Organentnahme zugestimmt haben.)

Annahmen

Auch wenn eine Korrelation alleine nicht ausreichend ist, um einen ursächlichen Zusammenhang, also eine Kausalität, nachzuweisen (unter Korrelation und Kausalität
habe ich selber schon mal Gedanken gemacht), so ist es doch ein plausibler Ausgangspunkt. Gestützt wird die Annahme durch Experimente, die zeigen, dass (durchaus die Moral bzw. Ethik betreffende) Fragen unterschiedlich beantwortet werden, je nachdem wie die Frage im Einzelfall gestellt wurden (siehe z. B: hier).

Folgerungen

Wenn ich aber davon ausgehe, dass sich die Bevölkerungen der Länder in dem Beispiel nicht grundsätzlich unterschieden, dann muss ich davon ausgehen, dass der Unterschied zwischen 12% und quasi 100% Organspendern in Deutschland bzw. Österreich nur auf die Art der Fragestellung zurückgehen.

Das heißt dann aber auch, dass die 88% der Bevölkerung,
die sich in Deutschland gegen und in Österreich für die Organspende entschieden haben, das nicht aus eigenem moralischen Empfinden

– also aus ihrem „freien Willen“ –

heraus getan haben, sondern aufgrund dessen, dass sie für eine andere Entscheidung etwas aktiv hätten unternehmen müssen.

Selbst bei einer so essentiellen Frage mit potenziell lebensrettenden Auswirkungen sind es nur wenige, die sich die fünf Minuten Zeit nehmen, einen Zettel zu schreiben und ihn in ihren Geldbeutel zu legen.
Mein Schluss (und dabei bitte die Einschränkung zu den verschiedenen Definitionen des freien Willen beachten) ist, dass obwohl jeder das Gefühl hat, sich zu allen unwesentlichen und wesentlichen Dingen des Lebens frei zu entscheiden, diese Entscheidungen sehr stark von äußeren und nebensächlichen Umständen abhängen und damit tatsächlich unfrei sind in dem Sinne, dass sie eben nicht eine Konstante für die jeweilige Person sind.

Für einen skeptischen Beobachter sollte diese Argumentation den besonderen Charme haben, dass sich hier ein Weg auftut, die Frage nach dem freien Willen auf eine empirische Grundlage zu stellen – also eine Grundlage, die unabhängige Prüfung und die Möglichkeit zur Widerlegung einschließt.

Am Ende möchte ich Ihnen noch zwei Dinge mitgeben. Das Eine ist ein Zitat, auf das ich bei meiner Recherche zu diesem Beitrag gestoßen bin – sozusagen von allerhöchster Quelle:

“Als Organspender bin ich selbst am Ende meines Lebens noch reich. Ich kann einem anderen das Leben schenken.”

Franz Beckenbauer

und falls Sie sich nach diesem Beitrag beschlossen haben, Ihren freien Willen auszuüben und sich gegen die Standardoption in Deutschland entscheiden, hier ein Ausweis zum Ausdrucken

:

[4] organspendeausweis_beidseitig

Und noch etwas: Egal, ob Sie sich für oder gegen eine Organspende entscheiden, so sollten Sie diese Entscheidung dokumentieren – Sie ersparen es damit Ihren Angehörigen, diese Entscheidung für Sie treffen zu müssen. Wenn Ihnen was passiert ist, dann haben die es auch so schon schwer genug.

————————————————-
Hinweis zum Autor: Dieser Artikel wurde von “phank” geschrieben: “Selber habe ich Physik studiert (meine Doktorarbeit ging über Neutronenresonanzspinechospektroskopie, aber das wollte ich dann doch hier niemandem zumuten) und da tut es mir in der Seele weh, wie viel pseudowissenschaftlicher Blödsinn allgemein verbreitet und dann auch noch geglaubt wird. Immer wieder mal in Vorträgen oder Internetartikeln versuche ich dagegen anzugehen, in dem ich zeige, warum wir unserem gesunden Menschenverstand manchmal nicht trauen dürfen, wie uns das wissenschaftliche Vorgehen dann helfen kann und woran man pseudowissenschaftlichen Unsinn erkennt.”

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Kommentare (68)

  1. #1 knorke
    5. Oktober 2015

    Ich bleibe mal beim freien Willen: In einem wenigstens sind sich Psychologen und Hirnforscher einig: Viel von dem, was wir für unseren freien Willen halten, ist es sicher nicht. Man kann genug Belege finden, dass Dinge, die wir meinen, spontan, unbeeinflusst, nach einiger Reflexion oder auch mutwillig herbeizuführen, doch sehr stark durch Automatismen, Reflexe und unbewusste Prozesse moderiert und angetrieben wird. Ob es einen freien Willen aber gar nicht gibt? Die Gegenfrage wäre, ob es denn in Wahrheit einen Zufall gibt. Oder, ob es in Wahrheit wirklichen Determinismus gibt. Auf alles drei fehlt die Antwort und ich bin nicht sicher, ob wir wirklich jemals die Erkenntnisfähigkeit haben werden, eine dieser Dinge zweifelsfrei schlussfolgern zu können.

    Zum freien Willen aber trotzdem ein Nachsatz: Aus praktischer Sicht ist es unerheblich für mich als Individuum, ob meine Entscheidung mein freier Wille ist oder ich nur glaube, es sei so. In jede Falle wird mir eine Entscheidung, die ich für meine eigene halte mehr Wert sein als eine, die mir aufgezwungen wird. Man tut also aus praktischer Sicht seiner Sache selbst einen Gefallen, wenn man die Menschen überzeugt oder dahingehend anregt, die “richtige” freie Entscheidung zu treffen. Ich bin daher auch stark für ein Opt-Out-Verfahren. Niemand wird gezwungen, aber alle, denen es eigentlich wurscht ist sind dabei – ohne für eine Sache, die ihnen Wurscht ist Ressourcen (mental, Zeit, Geld – egal wie gering auch immer der Aufwand sein mag) zu investieren. Das ist leichter als Zwang und effizienter als das Schmackhaftmachen im Rahmen eines Opt-In Verfahrens.

    Mir selbst ist Organspende ein unangenehmes Thema: Man sieht sich mit der eigenen unausweichlichen Sterblichkeit konfrontiert, was ich als höchst unangenehm empfinde. Deshalb habe ich mich nie aktiv darum bemüht habe, mich einzubringen. Ich habe aber andererseits auch nichts dagegen. Vielleicht “fürchte” ich mich schlicht davor, durch einen formalisierten Prozess meine eigene Sterblichkeit anzuerkennen bzw. mich mit dieser zu konforntieren (gilt für Opt-In wie auch Opt-Out). Wer weiß.

  2. #2 Spritkopf
    5. Oktober 2015

    Das heißt dann aber auch, dass die 88% der Bevölkerung, die sich in Deutschland gegen und in Österreich für die Organspende entschieden haben, das nicht aus eigenem moralischen Empfinden – also aus ihrem „freien Willen“ – heraus getan haben, sondern aufgrund dessen, dass sie für eine andere Entscheidung etwas aktiv hätten unternehmen müssen.

    Interessante und meiner Ansicht nach zutreffende Beobachtung. Und eigentlich heißt das, dass man ihre “Entscheidung” als nachträgliche Rationalisierung einer Nicht-Entscheidung bezeichnen könnte.

  3. #3 Till Korten
    5. Oktober 2015

    Sehr schöner Beitrag.

    Ich habe mir eben das Formular ausgefüllt und so mein Einverständnis zur Organspende dokumentiert.

    Ich möchte allerdings Deiner Aussage:

    “Selbst bei einer so essentiellen Frage mit potenziell lebensrettenden Auswirkungen sind es nur wenige, die sich die fünf Minuten Zeit nehmen, einen Zettel zu schreiben und ihn in ihren Geldbeutel zu legen.”

    Etwas entgegnen:

    ich habe mir eben den Artikel in Science durchgelesen, aus dem die Abbildung stammt. Dort fand ich einige interessante Erklärungen für die Zahlen:

    “Many people would rather avoid making an active decision about donation, because it can be unpleasant and stressful”

    “Viele Menschen vermeiden es eine aktive Entscheidung über [Organ]spende zu treffen, da sie [die Entscheidung] unangenehm und belastend ist.”

    “[…], defaults often represent the existing state or status quo, and change usually involves a trade-off. Psychologists have shown that losses loom larger than the equivalent gains, a phenomenon known as loss aversion.:

    Vorgaben verkörpern oft einen bestehenden Zustand oder Status Quo und Änderungen sind üblicherweise mit Kompromissen verbunden. Psychologen haben gezeigt, dass Verluste bedrohlicher wirken als äquivalente Gewinne, ein Phänomen dass als Verlustaversion bekannt ist.

    Es liegt also nicht an Gedankenlosigkeit, dass vielen diese wichtige Entscheidung vermeiden. Es ist vielmehr so, dass diese Entscheidung aus guten psychologischen Gründen sehr schwer fällt. Ein wichtiger Grund ist, dass die potentiellen Verluste (die [unbegründete] Angst, Ärzte könnten sich weniger bemühen das eigene Leben zu retten, wenn sie durch die Organentnahme anderen Patienten das Leben retten können) uns selbst direkt betreffen, während wir von den Vorteilen (das gute Gefühl drei Menschen das Leben gerettet zu haben) nicht mehr selbst profitieren können, da wir dann ja bereits tot sind.

    Das widerlegt natürlich nicht das Fazit Deines Artikels, das ich hier noch einmal mit meinen Worten formuliere: Freier Wille ist zum großen Teil eine Illusion, da wir in den meisten Entscheidungen von unseren Instinkten stärker beeinflusst werden als wir uns gerne eingestehen.

  4. #4 Till Korten
    5. Oktober 2015

    Ich möchte noch etwas anderes aus dem Science Artikel hinzufügen um zu erklären, warum die Angst, Ärzte könnten das Einverständnis zur Organspende missbrauchen unbegründet ist:

    There are many reasons preventing registered potential donors from actually donating. […] doctors’ hesitancy to use a default option, […].

    Es gibt viele Gründe, die verhindern, dass registrierte Organspender tatsächlich Organe spenden. […], das Zögern der Ärzte die gesetzliche Vorgabe zu nutzen, […]

    Das bedeutet also, dass viele Ärzte im Zweifel lieber auf eine Organentnahme verzichten.

  5. #5 Saxifragus
    5. Oktober 2015

    Ein nützlicher und hilfreicher Text, denn er zeigt prima, wie man Leute dahin schiebt, wo man sie braucht. Gemeint sind die sogenannten opt-out-Modelle.

    In den Argumentationen für Organverpflanzungen wird nur selten (oder gar nicht) über die Sterbenden berichtet, die man auseinanderschneidet. Deren Einstufung als „tot“ auf Basis von fehlenden Hirnströmen und ausbleibenden Reizreaktionen ist ja erst eingeführt worden, als man die ersten Transplantationen ausprobierte. Vorher durfte man zu Ende sterben.

    Jeder sollte wissen, dass die Behandlung des Patienten in der Klinik ab einem bestimmten Punkt sich nicht mehr auf die Vermeidung von Leiden konzentriert, sondern auf den Erhalt der Organe. Alles, was dann die Organe schädigt, unterbleibt dann, wenn er oder seine Angehörigen der Entnahme zugestimmt haben. (Man nimmt an, dass der Patient ja eh nix mehr merkt. Aber man hat auch lange angenommen, dass Patienten in Narkose nichts merken. Das stimmt für die meisten, aber eben nicht für alle.)
    Der Test auf Hirnströme bzw. Reize wird dabei OHNE alle Medikamente gemacht, denn die können ja das Ergebnis verfälschen. Das nennt man organzentrierte Behandlung.
    Ohne Spenderausweis dagegen ist die Chance deutlich größer, dass man bis zum Schluss eine patientenzentrierte Behandlung bekommt, bei der Schmerzvermeidung im Mittelpunkt steht – auch, wenn das Organe schädigt.

    Um den Bogen zurück zuschlagen. Wer hat eigentlich so ein massives Interesse an Organtransplantationen? Sind das wirklich nur die Patienten?

    Und was qualifiziert eigentlich einen Herrn Beckenbauer? Kennt der den Alltag auf der Intensivstation?

    Zum Gruß
    Saxifragus

  6. #6 Primergy
    5. Oktober 2015

    Der Test auf Hirnströme bzw. Reize wird dabei OHNE alle Medikamente gemacht, denn die können ja das Ergebnis verfälschen. Das nennt man organzentrierte Behandlung.
    Ohne Spenderausweis dagegen ist die Chance deutlich größer, dass man bis zum Schluss eine patientenzentrierte Behandlung bekommt, bei der Schmerzvermeidung im Mittelpunkt steht – auch, wenn das Organe schädigt.

    Das klingt als wäre man noch bei vollem Bewusstsein und die Ärzte drehen einem dann das Morphium ab.

    Aber ist die Frage, ob man zum Zeitpunkt der Organentnahme bereits “tot” ist, denn nicht nur eine rein philosophische?
    Die Wahrscheinlichkeit, dass, sobald man den physischen Zustand eines möglichen Organspenders erreicht hat, die Augen wieder aufschlägt und aus dem Krankenhaus spaziert liegt doch bei Null, oder?

  7. #7 Sulu
    5. Oktober 2015

    Das heißt dann aber auch, dass die 88% der Bevölkerung, die sich in Deutschland gegen und in Österreich für die Organspende entschieden haben, das nicht aus eigenem moralischen Empfinden

    Deshalb wäre ich dringend dafür, das opt-out-Modell auch in Deutschland einzuführen.

    Deren Einstufung als „tot“ auf Basis von fehlenden Hirnströmen und ausbleibenden Reizreaktionen ist ja erst eingeführt worden

    Der “Hirntod” ist eine deutliche Präzesierung in der Feststellung, ob ein Mensch lebt oder eben tot ist. Es ist die sicherste Diagnose.

    Obwohl der Begriff zu suggerieren scheint, dass – weil eben nicht “alles” tot ist – ein beliebiges Kriterium (Hirn) herangezogen wird (um Organe überhaupt entnehmen zu können?) …

    Man nimmt an, dass der Patient ja eh nix mehr merkt. Aber man hat auch lange angenommen

    Wenn das Hirn tot ist, kann es keine Reize mehr verarbeiten. Der Mensch als fühlendes Wesen existiert dann nicht mehr. Darin liegt doch die Verbesserung der Diagnose im Gegensatz zu früheren Kriterien, wie Atem- und Herzstillstand.

  8. #8 Artur57
    5. Oktober 2015

    Was man wirklich sagen kann: die Leute vertrauen dem Staat dann eben doch, auch wenn sie im Internet wie die Rohrspatzen auf ihn schimpfen.

    Und, lässt sich da nicht eine Zweiter Hauptsatz der Merinungsbildung formulieren? Die Meinungsbildung in einem abgeschlossenen System strebt einem Zustand maximaler Faulheit entgegen.

  9. #9 Zaphod
    5. Oktober 2015

    Hier sind mir zu viele Tipp- Rechtschreib- und Analogiefehler drin. Hab im ersten Drittel aufgehört zu lesen.

  10. #10 Jan
    5. Oktober 2015

    Meiner Meinung nach wird die dritte, und den Daten nach größte, Gruppe in diesem Artikel schlicht vergessen: Die Nichtinteressierten und/oder Faulen. Und ironischerweise sind es gerade die, die eine Existenz des freien Willens am besten belegen, denn auf die Aufgabe, gleich wie sie gestellt ist:
    “Entscheide dich bitte, ob du Organspender sein möchtest/nicht sein möchtest.”
    antworten sie mit einem beherzten “Muss ich dafür aufstehen?” Oder “Interessiert mich nicht.” oder “Ich will nicht, dass sich am Status Quo etwas ändert, weil es mir damit grad ganz gut geht.”
    Welch erhabene Demonstration des freien – und zuverlässig trägen – Willens der überwiegenden Mehrheit.

  11. #11 Jan
    5. Oktober 2015

    …nochmal genauer gelesen und bemerkt, dass es gegen Ende doch um genau diese Gruppe geht. Entschuldigung. 🙂

  12. #12 Till Korten
    5. Oktober 2015

    @Saxifragus Du verquirlst hier ziemlich viel. Deine Argumente spiegeln genau wieder, warum uninformierte Menschen unnötig angst vor dem Organspendeausweis haben.

    Ich versuche hier mal einiges klarzustellen:

    Jeder sollte wissen, dass die Behandlung des Patienten in der Klinik ab einem bestimmten Punkt sich nicht mehr auf die Vermeidung von Leiden konzentriert, sondern auf den Erhalt der Organe. Alles, was dann die Organe schädigt, unterbleibt dann, wenn er oder seine Angehörigen der Entnahme zugestimmt haben.

    Das passiert nachdem offiziell der Tod festgestellt wurde (wie Du ja selbst gesagt hast durch Messung der Hirnströme/Reiztests). Das bedeutet ohne Einverständnis zur Organspende würde zu dieser Zeit die Behandlung komplett eingestellt Punkt. Da gibts dann auch kein Morphium mehr, sondern nur noch eine Fahrt in die Leichenhalle.

    (Man nimmt an, dass der Patient ja eh nix mehr merkt. Aber man hat auch lange angenommen, dass Patienten in Narkose nichts merken. Das stimmt für die meisten, aber eben nicht für alle.)

    Der Vergleich zwischen Hirntod und Narkose hinkt auf so vielen Ebenen. Bei einer Narkose gibt es selbstverständlich noch jede Menge Hirnströme. Wenn es kein Hirnströme mehr gibt, dann kann das Gehirn auch keine Reize mehr verarbeiten, auch keine Schmerzen mehr. Da braucht man auch selbstverständlich kein Morphium mehr. Die Reiztests selbst werden auch erst nach der (schmerzfreien) Messung der Hirnströme gemacht.

    Der Test auf Hirnströme bzw. Reize wird dabei OHNE alle Medikamente gemacht, denn die können ja das Ergebnis verfälschen. Das nennt man organzentrierte Behandlung.

    Das ist ganz im Sinne des Patienten, da Medikamente die Hirnaktivität senken und so zu einer fälschlichen Feststellung des Todes führen könnten.

    Wie oben in Kommentar #4 geschrieben, fangen Ärzte erst dann an über eine Organspende nachzudenken, wenn sie 200% sicher sind, dass der Patient nicht mehr zu retten ist und er zu Lebzeiten mit der Organentnahme einverstanden war (falls es keinen Organspendeausweis gibt werden dazu die Angehörigen befragt). Im Zweifel wird immer GEGEN die Organentnahme entschieden.

  13. #13 Peter H.
    5. Oktober 2015

    “Till Korten

    Ich habe mir eben das Formular ausgefüllt und so mein Einverständnis zur Organspende dokumentiert.”

    Dann hat sich mein Beitrag schon gelohnt – danke!

  14. #14 wage
    5. Oktober 2015

    Schön und gut, hätte ich nicht bereits einen Ausweis, bereits der 2te, da mir der 1te zusammen mit der Brieftasche entwendet wurde, das Thema dann jahrelang irgendwie brach lag, meine Freundin mich stets daran erinnert hat, ich es aber vermutlich gerade deswegen angefangen habe als “lästig” zu ignorieren bis Sie mir schließlich einen mitgebracht hat den ich dann unter Aufsicht ausfüllen durfte und der nicht mehr in der Brieftasche, sondern an einem geheimen Ort, welcher von ihr persönlich überwacht wird, gelagert wird, würde ich glatt einen Ausfüllen. Generell pflichte ich bei: OPT-out denn OPT-in. Es ist nicht das die Leute nicht wollen, es ist etwas das man gerne weit von sich schiebt da man ja noch Zeit hat. Theoretisch. Hoffentlich…

  15. #15 Chemiker
    5. Oktober 2015

    Auch wenn es nur eine Nebenfront ist:

    Ist allein schon die Tatsache, dass mein Verhalten nicht im Voraus determiniert ist, ausreichend zu vermuten, dass ich einen freien Wille habe?

    Ein Dualist, der von der Existenz einer nicht an Natur­gesetze gebundenen, aber mit dem Gehirn des Trägers wechsel­wirken­den Seele ausgeht, könnte hier meiner Meinung nach kon­sistent antworten:

    Die Seele manipuliert den Quanten­zufall im Gehirn so, daß als Resultat der gewünschte Makrozustand entsteht. Wenn die Seele will, daß das Gehirn ein Nein denkt, dann kann sie das bewirken, indem sie Wellen­funktio­nen so kol­la­biert, daß als Resultat das Nein-Zentrum im Gehirn aktiv ist.

    Ich glaube nicht, daß das in irgendeiner Art und Weise widerlegbar wäre, obwohl es sehr nach special pleading aussieht.

  16. #16 Sulu
    5. Oktober 2015

    nicht mehr in der Brieftasche, sondern an einem geheimen Ort

    Da nützt er im Unfallsfall mglw. nicht viel. Sollte der Ausweis nicht immer dabei sein? Kann doch sein, dass keine Zeit ist, Angehörige ausfindig zu machen…

  17. #17 Saxifragus
    5. Oktober 2015

    An Till Korten

    Ich teile Deine Einschätzung keinesfalls, dass erst dann über eine Organspende erst nachgedacht wird, wenn die Angehörigen befragt wurden. Das dauert nämlich manchmal sehr lange.
    Mein Bruder ist mit dem Motorrad verunglückt und als man mich dann endlich aufgetrieben hatte, waren mehrere Tage vergangen. Das Verhalten aller Beteiligten auf meine Bitte hin, meinen Bruder sehen zu wollen, war überaus befremdlich und ich bin nie den Verdacht losgeworden, das die gehandelt haben, ohne zu fragen. Mein Bruder war der ideale Spender. (Ich kenne die üblichen Argumente von wegen in angenehmer Erinnerungen behalten etc. und meine Widerrede wurde übergangen.)
    Leider war ich damals zu jung, um mich durchzusetzen und eine Überprüfung der Leiche auf Vollständigkeit zu verlangen.

    Den Rest hat mir ein Praktikum auf einer medizinischen Intensivstation in Hamburg gegeben (Ausbildung zum Rettungssanitäter). Ich habe gesehen, wie Entscheidungen gefällt oder besser nicht gefällt werden und gelernt, dass die allermeisten Angehörigen völlig überfordert sind. Die machen, warum man sie bittet.

    Deshalb ist es in der Tat sehr sinnvoll, sich bei Zeiten zu überlegen, was man will und so eine Diskussion hier ist sehr nützlich. Auch dann, wenn ich das Zerschneiden von Leuten grundsätzlich ablehne. Die atmen (oder werden beatmet) und sind warm. Solltest Du mal sehen.
    Saxifragus

  18. #18 Sulu
    5. Oktober 2015

    Die atmen (oder werden beatmet) und sind warm.

    Deswegen kann es (nicht nur für Laien) auch so verstörend wirken. Aber die Person ist tot, wenn das Hirn nichts mehr macht. Unwiederruflich.

    wenn ich das Zerschneiden von Leuten grundsätzlich ablehne

    Warum “grundsätzlich”?

  19. #19 Frankie
    5. Oktober 2015

    Besonders gut gefällt mir das Zitat mit der Plastiktüte.
    Ich las diese Woche ein Interview, in dem erwähnt wurde, dass der Empfänger einer Spenderleber Medikamente im Wert von € 150.000 benötigt – pro Jahr!
    Und weiter: “Die meisten Erkrankungen, die heute zu Transplantationen führen, sind sogenannte Zivilisationskrankheiten, also Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes, die durch falsche Ernährung und Bewegungsmangel gefördert werden, sowie Alkohol- oder Tablettenmissbrauch. ”
    Und an dieser Stelle frage ich mich dann, ob es ethisch vertretbar ist, hier in unserer Wohlstandsgesellschaft zu versuchen, unter Einsatz aller verfügbarer Mittel ein Menschenleben zu retten, wenn man für den Bruchteil des Geldes viel mehr Menschen mit z. B. sauberem Wasser und Lebensmitteln versorgen könnte?
    Und ja, es muss eine Diskussion geführt werden über den Wert eines Menschenlebens, denn wieso soll meines wertvoller sein (d.h. der zur Rettung notwendige Aufwand darf höher angesetzt werden), als das Leben z. B. eines Kindes in Asien oder Afrika oder Südamerika, welches an Unterernährung leidet.
    Und eine weitere Diskussion muss geführt werden, ob die Transplantations”industrie” und die anhängende Pharmalobby nicht selbst den Bedarf an immer mehr Spenderorganen weckt, weil einfach eine Menge Geld damit zu verdienen ist!
    Denn glaubt bloss nicht, euch wird ein Organ “geschenkt”, weil der Arzt so grossmütig ist (oder der verstorbene Spender) sondern weil alle daran verdienen. (ausser dem Spender)

    Hier der Link zum Interview: https://gloria.tv/?media=295439&language=KiaLEJq2fBR

  20. #20 Frankie
    5. Oktober 2015

    Interessant finde ich auch den Ansatz, den Empfang eines Spendeorgans von der Bereitschaft, seine eigenen zu spenden, abhängig zu machen.

  21. #21 Crazee
    5. Oktober 2015

    @wage: Es schadet doch nichts, ein “Kopie” des Ausweises zu erstellen und in die Brieftasche zu tun, oder?

  22. #22 Chemiker
    5. Oktober 2015

    @Frankie

    Das funktioniert nicht wirklich, weil der typische Spender viel jünger als der typische Empfänger ist. Wer heute 50 ist, der braucht vielleicht bald mal ein neues Stück Hardware, kann aber auf keinen Fall eines spenden.

  23. #23 Franz
    5. Oktober 2015

    Thema freier Wille: Mir konnte noch niemand erklären, wo die Grenze sein soll zwischen ‘mein Gehirn entscheidet’ und …. ? Wo ist da noch was ?
    Thema Organspende: Den meisten ist es meiner Meinung egal, somit gewinnt der ‘Defaultzustand’. Ich selbst habe noch ein opt-out, weil in meiner Jugend das Gerücht umging (VT ?), dass man verletzte Motorradfahrer absichtlich sterben lässt. In der Jugend vertraut man ‘dem System’ halt nicht und jetzt ist es vermutlich sowieso schon egal.

  24. #24 Till Korten
    5. Oktober 2015

    @Saxifragus

    Ich teile Deine Einschätzung keinesfalls, dass erst dann über eine Organspende erst nachgedacht wird, wenn die Angehörigen befragt wurden. Das dauert nämlich manchmal sehr lange.

    Danke, dass Du Deine Erfahrungen hier so offen teilst. Ich selbst habe Zivildienst in der Chirurgie gemacht und meine dortigen Erfahrungen in meine Antwort auf Deinen Beitrag einfließen lassen. Dort habe ich das so erlebt, dass das wohl des Patienten (Spenders) an allererster Stelle steht und erst wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft waren, wurde über Organspende nachgedacht. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Ärzte im Fall Deines Bruders eine Gefängnisstrafe in Kauf genommen und ohne Einverständnis Organe entnommen haben.

    Mir ging es in meinen Beiträgen eher um das wohl des Patienten (Spenders wie Empfängers), als darum das Einverständnis der Angehörigen einzuholen. Ich bin ehrlich gesagt der festen Überzeugung, dass jeder Mensch einzig und allein selbst über seine Organe entscheiden sollte. Gleichzeitig sollte es ein opt-out Verfahren geben, damit Menschen die (aus welchen Gründen auch immer) ein Organ benötigen geholfen werden kann. In dem Falle wäre das Einverständnis der Angehörigen nicht mehr nötig und es könnte viel mehr Patienten (Empfängern) geholfen werden. Außerdem müssten Angehörige dann nicht mehr in einer eh schon entsetzlichen Situation mit der Entscheidung über Organspende belastet werden.

    Das Verhalten aller Beteiligten auf meine Bitte hin, meinen Bruder sehen zu wollen, war überaus befremdlich und ich bin nie den Verdacht losgeworden, das die gehandelt haben, ohne zu fragen.

    Ich finde solche Anschuldigungen sind sehr gefährlich. Damit schürst Du Ängste die in 99.9999% der Fälle unbegründet sind und Menschen dazu bringen sich gegen Organspende zu entscheiden was letztendlich Menschenleben kostet. Ganz abgesehen davon, dass Du damit ohne Beweise den behandelnden Ärzten eine schwere Straftat unterstellst.

  25. #25 Till Korten
    5. Oktober 2015

    @Franz: weil in meiner Jugend das Gerücht umging (VT ?), dass man verletzte Motorradfahrer absichtlich sterben lässt.

    Genau das meine ich damit, dass es gefährlich ist (vor allem für Menschen die ein Organ benötigen) entsprechende Anschuldigungen gegen Unfallärzte auszusprechen ohne Beweise zu haben!

    und jetzt ist es vermutlich sowieso schon egal.

    Das denke ich nicht. Die Nierenstiftung Deutschland schreibt dazu:

    Gibt es eine Altersgrenze für das Spenden?
    Nein, jede Altersgruppe kann Organe spenden. Das Mindestalter variiert von 0 bis 15 Monaten, das Höchstalter von 55 bis 100 Jahren. Ein Spender von Hornhaut der Augen kann also auch 100 Jahre alt sein.

    Meiner Großtante z.B. konnte durch eine Hornhauttransplantation das Augenlicht zurückgegeben werden.

  26. #26 libertador
    5. Oktober 2015

    Die Statistik zur “Zustimmung” zur Organspende ist allerdings nicht leicht zu interpretieren, wenn es darum geht die Entscheidung der einzelnen zu verstehen.
    Vielleicht gibt es einfach eine Gruppe von 60-80% der Bevölkerung denen die Organspende einfach egal ist. Dadurch kommt dann ein anderer Wert an Organspendern zustande, jenachdem ob man aktiv zustimmen oder verneinen muss. Dadurch lassen sich die Werte bezogen auf die Entscheidungen nur schwer vergleichen, es lassen sich aber politische Maßnahmen (opt-in,opt-out) auf ihre Folgen vergleichen.
    Die Statistik sagt nicht direkt etwas darüber aus, wie Menschen sich in ihrer Entscheidung beeinflussen lassen. Ein Großteil könnte einfach in diesem Fall keine Entscheidung treffen, es wird garkein Willen gebildet. Für diesen Nichtvorhandenen Willen ist die Frage nach Freiheit dann ziemlich überflüssig und es sagt nichts über ihre Beeinflussbarkeit aus.

  27. #27 Frankie
    5. Oktober 2015

    @Chemiker: Das mag ja sein, ich dachte aber eher an eine Art “Ich möchte im Ernstfall ein Spendeorgan, daher bin ich auch bereit, meine im Falle meines Hinrtodes zu spenden.”
    Auch wenn dein Argument mit dem Altersunterschied nicht zu vernachlässigen ist, müsste sich jeder damit auseinandersetzen.

  28. #28 Chemiker
    5. Oktober 2015

    @Frankie

    Das wäre vielleicht ein winziger Schritt in die richtige Richtung. Aber warum nicht gleich Nägel mit Köpfen machen und eine opt-out-Lösung durchziehen? Als Öster­reicher finde ich das das am nahel­iegendsten, und gleichzeitig am effizientesten.

  29. #29 Nora
    5. Oktober 2015

    @Frankie: “Und an dieser Stelle frage ich mich dann, ob es ethisch vertretbar ist, hier in unserer Wohlstandsgesellschaft zu versuchen, unter Einsatz aller verfügbarer Mittel ein Menschenleben zu retten, wenn man für den Bruchteil des Geldes viel mehr Menschen mit z. B. sauberem Wasser und Lebensmitteln versorgen könnte?”
    Naja… Abgesehen davon, dass ich nicht einsehe, warum nciht grundsätzlich beides angestrebt werden sollte; wo willste da die Grenze ziehen? Viele chronische Krankheiten sind sehr teuer zu behandeln – sollte man die Leute alle direkt zu den Wölfen schicken? Bzw. wer entscheidet, bei wem es sich “lohnt” und bei wem nicht? Sollen “Wohlstandskrankheiten” gar nicht mehr behandelt werden, weil wir alle selber schuld dran sind? Wenn ich diesen Gedanken weiterverfolge, wird mir ganz schön kalt.

  30. #30 BreitSide
    Beim Deich
    5. Oktober 2015

    Opt-out erfüllt alle Voraussetzungen legaler und moralischer Art.

    Wer nicht will, kann das ja kundgeben, wenn es ihm wichtig ist. Wenn eh über 95% zustimmen, ist doch die Gefahr, dass jemand ungewollt was entnommen bekommt, viel geringer. Es gibt ja jede Menge Alternativen, 10-mal mehr als bei uns.

    Ich habe auch selbst gemerkt, dass ich ein paar Anläufe brauchte, um den Organspenderausweis endlich auszufüllen.

    Genau dasselbe war mit der Knochenmark-Typisierung, die ja hoffentlich auch schon jeder von Euch vollzogen hat 😉

  31. #31 BreitSide
    Beim Deich
    5. Oktober 2015

    @Nora: Vollste Zustimmung!

  32. #32 Frankie
    5. Oktober 2015

    @Nora:
    “warum nicht grundsätzlich beides angestrebt werden sollte” – da bin ich ganz deiner Meinung.
    “wo willste da die Grenze ziehen?” – ganz einfach: ICH ziehe die Grenze bei MIR. Ich will mir überhaupt nicht anmassen, eine solch wichtige Entscheidung für jemanden anderes zu treffen. Aber ich entscheide für mich. Das ist alles, was ich tun kann.
    Und ich spende nicht, und ich möchte keine Spende habe (auf die Organe bezogen).
    Ich gehe zu keiner Vorsorgeuntersuchung, aus ganz ähnlichen Gründen.
    Und das nicht etwa, weil ich zu faul bin oder weil ich mir keine Gedanken mache, sondern gerade weil ich mir Gedanken darüber mache.
    Und gerade weil die Medizin so grosse Fortschritte macht, kann man jetzt auch noch einem achtzigjährigen ein neues Herz oder ganz egal was einsetzen Neue Hüfte, neue Knie, wieder sehend durch eine neue Netzhaut, aber die Knete musste schon haben.
    Und die Armen können verrecken!
    Weisste was, bei diesen Gedanken wird MIR ganz kalt!

  33. #33 Dampier
    5. Oktober 2015

    Zum freien Willen: ich denke da gibt’s nur eins oder null – es gibt ihn oder es gibt ihn nicht. Was du im Artikel beschreibst, ist allenfalls ein eingeschränkter Wille. Meine Entscheidungen können durch sowas wie Herdentrieb (alle haben nen Ausweis, hol ich mir auch einen – oder umgekehrt) eingeschränkt sein, auch z. B. die Partnerwahl findet großteils unbewusst (und auch nicht steuerbar) statt. Und trotzdem kann ich einen freien Willen haben. Genauso kann ich mich frei und selbstbestimmt fühlen, bin es aber nicht, merke das nicht und habe keine Möglichkeit, das festzustellen.

    Ich glaube, es wird immer Spekulation bleiben.

    Zur Organspende: ich fand Opt-out immer gut, das sollte man hier auch einführen. Vor einiger Zeit habe ich meine Trägheit aber mal besiegt und reingeoptet. (Ich glaub aber nicht, dass noch irgendjemand meine Organe haben will B)

    @BreitSide

    Genau dasselbe war mit der Knochenmark-Typisierung, die ja hoffentlich auch schon jeder von Euch vollzogen hat

    Da hab ich ehrlich gesagt Datenschutzbedenken. Da entsteht eine riesige Gendatenbank, und die wird irgendwann sicher die üblichen Begehren wecken. Die Spender sollen zwar anonymisiert sein, aber irgendwie muss man die ja zurückverfolgen können, sonst ergibt das ja keinen Sinn. Auf zkrd.de finde ich jedenfalls nichts zum Datenschutz für Spender. Da würde ich erst noch sehr viel mehr wissen wollen, bevor ich sowas in Erwägung ziehe. Ok, bin eh bald zu alt dafür, seh ich gerade …

  34. #34 Nora
    5. Oktober 2015

    @Frankie: nur eine Verständnisfrage, falls Dir das nicht zu persönlich wird… der logische Schritt von “keine Organspende” zu “aus ähnlichen Gründen keine Vorsorgeuntersuchung” fällt mir schwer. Geht es Dir darum, dass Du eine eventuell teure Behandlung von vornherein ausschließen willst, indem Du die zugrundeliegende Krankheit gar nicht diagnostiziert haben willst, oder wie ist das zu verstehen?

  35. #35 BreitSide
    Beim Deich
    5. Oktober 2015

    @Dampier: Datenschutz kann man auch übertreiben (ups, jetzt werd ich sicher gleich gesteinigt…).

    Wenn dabei Menschen draufgehen, weil jemand um seine heiligen Daten zittert, hab ich kein Verständnis mehr. Die NSAs dieser Welt wissen eh schon mehr über mich und Dich als wir selbst. Falls da noch ein Restchen sein sollte, den sie noch nicht kennen sollten, ist das sicher kein Ersatz für gerettete Menschenleben.

    Beispiel ist ja das unselige Krebsregister in D – bzw. das Fehlen eines Solchen.

  36. #36 BreitSide
    Beim Deich
    5. Oktober 2015

    @Nora: Ich kenne auch solche Menschen, die WOLLEN gar keine Diagnose, weil “wenn man´s nicht sagt, ist es nicht da”.

    Wenn dann doch mal was ist, schreien sie am lautesten nach den Ärzten. Und wenn es dann nicht klappt, weil sie zu spät zum Arzt gegangen sind, ist die pöhse Medizin schuld.

    Aber jede ist ja ihres Glücks eigener Schmied.

  37. #37 Peter H.
    5. Oktober 2015

    @knorke:
    “Mir selbst ist Organspende ein unangenehmes Thema: Man sieht sich mit der eigenen unausweichlichen Sterblichkeit konfrontiert, was ich als höchst unangenehm empfinde.”

    Verstehe ich, aber auf der anderen Seite, wenn man dann mal sein Testament (und Patientenverfügung und Organspendeausweis gemacht hat), das war für mich dann ein sehr befreiendes Gefühl. Man hat das Unangenehme hinter sich und muss sich nicht mehr darüber Gedanken machen.

    @Till Korten:
    Ich stimme zu, dass es viele Gründe gibt, die die Entscheidung zur Organspende beeinflussen können.
    Dennoch, wenn man nicht die Voraussetzung in Frage stellt, dass sich die Bevölkerungen in Europa im Wesentlichen ähnlich sind, dann ist die Art der Frage (“opt-in” oder “opt-out”) immer noch der wesentlich Faktor für die sich (auch aus dem Nichtstun) ergebende Entscheidung.
    Aber es könnte durchaus in diesem Fall auch so sein, dass erst die Entscheidung kommt und dann erst die Gründe gesucht werden, die diese Entscheidung begründen.
    Wenn man sich psychologische Forschung zum Stichwort Kognitive Dissonanz ansieht, dann zeigt sich, dass Menschen sehr gut sind, an einem einmal eingeschlagenen Kurs festzuhalten.

    @Saxifragus:
    Um es mal ganz unsentimental auszudrücken, die Definition für tot muss sich an den technischen Fortschritt anpassen. Inzwischen kann man mit einer Herz-Lungen-Maschine Patienten bei einer Operation am Leben halten, die nach der früheren Definition von fehlender Atmung oder Herzschlag einwandfrei tot gewesen wären.

    @Chemiker:
    Ein Dualist … “Wenn die Seele will, daß das Gehirn ein Nein denkt, dann kann sie das bewirken, indem sie Wellen­funktio­nen so kol­la­biert, daß als Resultat das Nein-Zentrum im Gehirn aktiv ist. ”
    Abgesehen davon, dass es, wie Du schon gesagt hast, Special pleading ist, sobald diese gedachte Seele in den Quantenzufall eingreift, würde diese Seele wieder den “Herrschaftsbereich der Naturgesetze betreten.
    Also im Prinzip (in der Praxis wäre es wohl sehr schwierig) könnte man dann diese Art der Seele durchaus experimentell prüfen, wenn man sich vorstellt, dass man das Experiment durch geschickte Vorbereitung wiederholen könnte, denn dann kommt entweder raus, dass die Wellenfunktion entweder immer aufgrund der Seele immer in den Nein-Zustand übergeht oder dass der Kollaps zufällig entsprechend der quantenmechanischen Wahrscheinlichkeit mal den Einen, mal den anderen Zustand annimmt.

    @Franz, Saxifragus
    Ich denke mir, wenn ein Ärzteteam, Krankenschwestern, Pharmaindustrie mich wirklich umbringen wollten, um an meine Organe zu kommen, dann wird sie ein Nein auf einem Zettel Papier nicht aufhalten.

    @libertador:
    Wäre interessant, die, die zumindest keine Entscheidung dokumentiert haben, zu fragen. Ich kann mir dann zwei mögliche Ergebnisse vorstellen – wie Du sagst, es war ihnen egal oder es geben doch eine Begründung an, die zur akzeptierten Defaultantwort passt – wie oben geschrieben, könnte diese Begründung aber auch im Nachhinein entstanden sein.

    @BreitSide:
    Knochenmark-Typisierung – sehr guter Hinweis und dann dazu noch – bitte Blutspenden.

  38. #38 Frankie
    5. Oktober 2015

    @Nora
    @BreitSide

    Ich bin nicht sicher, ob es einen logischen Schritt gibt.
    Habe ich jedenfalls nicht behauptet.

    Aber (ja, auch das habe ich irgendwo gelesen) es gibt da diese tollen Statistiken, wie viele Fälle von Krebs schon entdeckt wurden und deshalb erfolgreich behandelt werden konnten.
    Dann hatte aber mal jemand genauer hingeschaut und entdeckt, dass
    – in x Fällen der Krebs nicht geheilt werden konnte, weil er bereits zu weit fortgeschritten war.
    – in x Fällen der Patient an einer anderen Krankheit verstarb, noch ehe der nicht behandelte Krebs ihn hätte töten können.
    – in x Fällen es sich um eine Fehldiagnose mit anschliessender unnötiger OP handelte
    – usw usw
    Ich bekomme nicht mehr alle Einzelheiten zusammen, aber jedenfalls war plötzlich von der tollen Statistik nicht mehr viel übrig.
    Aber wer auf jeden Fall immer daran interessiert war, weil es sich gut damit verdienen lässt, sind die Ärzte und die Pharmaindustrie. Und aus diesem Grund rühren diese auch schön die Werbetrommel. Und alle rennen immer schön zur Vorsorge.

    @ Peter H.:
    “wenn man dann mal sein Testament (und Patientenverfügung und Organspendeausweis gemacht hat”
    In einer Quelle las ich, dass sich die Patientenverfügung, in der es ja meistens um den Ausschluss von lebensverlängernden Massnahmen geht, nicht mit einer Organspende vereinbaren lässt, sich aber kaum jemand dieser Tatsache bewusst ist.

  39. #39 BreitSide
    Beim Deich
    5. Oktober 2015

    @Peter H.: Danke für den Hinweis mit dem Blutspenden!

    Hatte ich früher extensiv gemacht (auch zur Kofinanzierung des Studiums), darf aber leider nicht mehr wegen eines doofen Antikörpers… ;-(

  40. #40 BreitSide
    Beim Deich
    5. Oktober 2015

    @Frankie: Was Du alles schon irgendwann mal irgendwo gelesen hast… Ich hab auch mal irgendwo irgendwann gelesen, dass im Loch Ness ein Monster wohnt… 🙄

    Was Du Dir da zusammenreimst, ist pure Verschwörungfantasie. Du hast Dir da anscheinend eine sehr stabile Antihaltung gegen unsere Medizin entwickelt. Schlechte Erfahrungen oder nur einfache Antipathie?

  41. #41 Frankie
    5. Oktober 2015

    Gerade nachgelesen, schliessen sich nicht aus, muss aber in der Patientenverfügung ausdrücklich angegeben werden!

  42. #42 Frankie
    5. Oktober 2015

    @ BreitSide:
    Ach weisst du, lesen bildet.
    Und warum nicht auch mal auf die andere Seite des Zauns schauen?

  43. #43 Sulu
    5. Oktober 2015

    die Patientenverfügung, in der es ja meistens um den Ausschluss von lebensverlängernden Massnahmen geht, nicht mit einer Organspende vereinbaren lässt

    Wieso sollte das so sein, Frankie?

  44. #44 Frankie
    5. Oktober 2015

    @ Sulu:
    “Viele Betroffene lehnen in ihrer Verfügung lebensverlängernde, intensivmedizinische Maßnahmen ab. Ist der Patient aber gleichzeitig Organspender, kann es zu Konflikten kommen. Der Grund: Organe für Transplantationen dürfen erst bei einem nachgewiesenen Hirntod entnommen werden. Um das Absterben der Organe zu verhindern und ihre Transplantationsfähigkeit zu erhalten, müssen die Lebensfunktionen des Organspenders bis zur Feststellung des Hirntods künstlich aufrechterhalten werden.”

    Darum.

  45. #46 regow
    Graz
    5. Oktober 2015

    Das Beispiel mit der Organtransplantation leuchtet zuerst einmal ein. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass da verschiedene Wirk-Ebenen hinweg argumentiert wird – ja, ich tu mir schwer das zu benennen, aber irgendwas stimmt mit der Argumentation einfach nicht.
    Was anderes:
    Wünscht man sich bei Entscheidungen nicht unbewußt, KEINEN freien Willen zu haben? Unlängst habe ich mir eine Kamera gekauft. Da habe ich im Vorfeld im Internet recherchiert und habe alle Informationen in mich hineingefressen, damit ich ja das beste Produkt für mein Geld bekomme. Da wünscht man sich doch, dass man möglichst rational – deterministisch also, funktioniert?!

  46. #47 BreitSide
    Beim Deich
    5. Oktober 2015

    @Frankie: Die andere Seite, ist das die mit Nessie, Ufos oder Elfen?

  47. #48 BreitSide
    Beim Deich
    5. Oktober 2015

    @Frankie: Du solltest schon zu Ende lesen, auch wenn Dein Vorurteil bestätigt sein sollte (oder Du das denkst). Dann hättest Du nämlich (in Deinem Link) gelesen:

    “Damit Vertrauenspersonen und Ärzte ihre Entscheidungen nicht vor diesem rechtlichen Dilemma treffen müssen, sollte der Betroffene seine Patientenverfügung so gestalten, dass seine Bereitschaft zur Organspende berücksichtigt wird. Wichtig ist eine eindeutige Regelung, die es Ärzten gestattet, Lebensfunktionen bis zur Organentnahme kurzfristig aufrechtzuerhalten, sofern der Patient als Organspender in Betracht kommt.”

    Und – schwupps – ist der von Dir suggerierte angebliche Widerspruch in sich zusammengefallen.

  48. #49 Frankie
    5. Oktober 2015

    @ BreitSide:
    Habe mich in Post #41 doch schon korrigiert.
    Hatte ich dann nur nochmals rausgekramt, weil Sulu es wissen wollte.

  49. #50 Sulu
    5. Oktober 2015

    Um das Absterben der Organe zu verhindern und ihre Transplantationsfähigkeit zu erhalten, müssen die Lebensfunktionen des Organspenders bis zur Feststellung des Hirntods künstlich aufrechterhalten werden.

    Dieser Zeitraum ist aber sehr eng begrenzt. Wer einen Organspendeausweis besitzt, sollte sich dessen eigentlich bewusst sein. Und wer eine Patientenverfügung hat, sollte das dort auch berücksichtigen. Und es geht idR Patientenverfügung vor Organspende. Im Zweifelsfall wird mit den Angehörigen beraten (was bei Patientenverfügungen generell ja auch der Regelfall ist).

    Also insgesamt sind beide Willensbekundungen durchaus vereinbar.

  50. #51 BreitSide
    Beim Deich
    5. Oktober 2015

    @Frankie: Was hat der Eierstockkrebslink jetzt mit dem Thema zu tun? Nur mal so ein Schlag gegen die pöhse Schulmedizin?

    Was aus dem SZ-Artikel rauszulesen ist: IGEL-Leistungen sind Geschmackssache und nicht evidenzbasiert. Oder wusstest Du das noch nicht?

    Und dass gerade in D viele Leistungen (eben auch OPs) unnötig erbracht werden, liegt einfach daran, dass Ärzte dazu gezwungen werden, wirtschaftlich zu arbeiten. Das ist politisch so gewollt. Unterhalte Dich mal mit einem Arzt über die Quartalsbudgets und wieviel er für Dich in einem Quartal arbeiten darf.

  51. #52 Nora
    5. Oktober 2015

    @Frankie: Es ist natürlich Deine persönliche Angelegenheit, was Du mitmachst und was nicht, ebenso wie niemand Dich zwingen kann, Organe zu spenden. Eine Gesellschaft, in der so etwas verpflichtend ist, würde ich übrigens auch nicht wollen.
    Ich würde aber ungern völlig unwidersprochen lassen, was Du über Vorsorgeuntersuchungen schreibst (auch da wieder: Es geht mich nichts an, was DU tust, aber Deine Aussagen sind doch recht allgemein formuliert). Es gibt sicher mehr und weniger sinnvolle Untersuchungen, ebenso wie mehr und weniger sinnvolle Therapien. Dass z.B. diese ganzen Krebsvorsorgedinger, die einem der Gynäkologe seit ein paar Jahren so aufschwatzen will, nicht alle gleichermaßen empfehlenswert sind, ist ja auch nichts Neues und kein Geheimwissen (an dieser Stelle ein Buchtipp: Siddharta Mukherjee, The Emperor of All Maladies). Aber das heißt doch nicht, dass alles grundsätzlich immer sinnlos ist.
    Brustkrebs und schwarzer Hautkrebs sind z.B. zwei Vorsorgeuntersuchungen, die mir sehr sinnvoll vorkommen, weil es sich um häufige Erkrankungen handelt, die bei rechtzeitiger Diagnose oft gut zu behandeln und ansonsten tödlich sind.
    Das Thema etwas weiter gefasst: Würdest Du tatsächlich anzweifeln, dass es z.B. gut ist, regelmäßig mal seine Zähne durchchecken zu lassen? Oder dass werdende Mütter sich und ihren kleinen Untermieter während der Schwangerschaft ab und zu mal checken lassen sollten? Etc. etc…..

  52. #53 Peter H.
    5. Oktober 2015

    @Frankie:

    Für die Patientenverfügung gibt es ja viele unterschiedliche Vorlagen. Bei meinem Formular heißt es ausdrücklich in einem Punkt:

    “Werden für die Durchführung einer Organspende ärztliche Maßnahmen (z.B. eine kurzfristige künstliche Beatmung) erforderlich, die ich in meiner Patientenverfügung
    untersagt habe,
    geht die von mir erklärte Bereitschaft zur Organspende vor.
    oder
    gehen die Aussagen in meiner Patientenverfügung vor.
    (Bitte nur eine der beiden Alternativen ankreuzen!)”

    siehe https://www.bestellen.bayern.de/application/stmug_app000033

  53. #54 Frankie
    5. Oktober 2015

    @ BreitSide:
    Nee, eigentlich steh ich auf Schulmedizin…
    Aber du pickst dir auch nur die Punkte raus, die für deinen Standpunkt sprechen, nicht wahr?
    Der wesentlich Punkt, nämlich dass der Nutzen dieser Krebsvorsorgeuntersuchung fragwürdig ist, und sogar eher schaden kann, den lässt du unter den Tisch fallen.
    Und ob IGEL oder nicht, das ist doch wurst wie nochwas.
    Bei manchen kassenfinanzierten Vorsorgeuntersuchungen (z.B. Brustkrebsvorsorge) sieht es nicht besser aus.

    @ Nora: ich hatte nicht behauptet und ich werde auch nicht behaupten, dass alles grundsätzlich immer sinnlos ist.
    Ich habe nur versucht, meinen Standpunkt darzustellen.

    Aber: “Hey, da gibt es jetzt diese neue Vorsorge, lasst uns da mal alle hingehen und uns untersuchen! Und während wir warten, füllen wir noch schnell unsere neuen Organspendeausweise aus!”
    “Echt? Was wird denn da genau untersucht?”
    “Ist doch egal! Komm einfach mit. Mach dir nicht so viel Gedanken!”

    Viel Spass.
    Aber geht mal alleine.

    Ich denk da erst mal drüber nach.

  54. #55 BreitSide
    Beim Deich
    5. Oktober 2015

    @Frankie: Bau mal keine Strohmänner auf. Keine von uns hat behauptet, alle Vorsorgeuntersuchungen seien gut und ein Muss. Oder? Also warum behauptest Du das dann?

    Und welche Punkte bitte picke ich unberechtigterweise heraus? Oder erwartest Du, dass ich Dir die Medizin in Gänze erkläre? Das kann ich nun beim besten Willen nicht. Ist es nicht so, dass Du willkürlich Punkte herauspickst? Um sie gleich wieder zu revidieren?

    Und was bitte lasse ich unter welchen Tisch fallen? Was meinst Du mit “DIESE Krebsvorsorgeuntersuchungen”? Du hast uns kommentarlos einen Link vorgeklatscht und ich bin darauf eingegangen. Hast Du das nicht gemerkt? Anscheinend nicht. Sonst würdest Du nicht schreiben:

    “Und ob IGEL oder nicht, das ist doch wurst wie nochwas.”

    Nochmal für Dich: IGEL-Leistungen sind eben nicht evidenzbasiert. Wusstest Du das nicht? Und Du weißt doch auch, was evidenzbasiert heißt?

    Und ehrlich, hattest Du bisher gedacht, dass alles, was Kassen finanzieren, sinnvoll sei? Dann wird mir Einiges klar.

  55. #56 Nora
    5. Oktober 2015

    Haha, ja. OK. Dann geh ich mal alleine, Ausschau halten nach neuen Vorsorgeuntersuchungen, zu denen ich gehen kann. 😀 Nachdenken kannste schön selber, da bist Du hier mit Sicherheit weit und breit der einzige, der das jemals versucht hat.
    Schade, einen Moment lang dachte ich, das könnte interessant werden.

  56. #57 Nora
    5. Oktober 2015

    #55 bezieht sich auf #53, falls es da irgendeinen Zweifel geben sollte.

  57. #58 Joseph Kuhn
    6. Oktober 2015

    Um auch noch etwas Salz und Pfeffer einzuwürzen:

    1. Man spricht aus gutem Grund von der Krebsfrüherkennung, weil der Vorsorgecharakter der Untersuchungen nachrangig ist. Es geht im Wesentlichen darum, Frühstadien zu erkennen, nicht darum, ihnen vorzubeugen. Bei der Mammografie wogt der Streit darum, ob sie nützlich ist oder nicht, seit Jahren hin und her, das Hautkrebsscreening ist gerade heftig in die Diskussion gekommen. Man will erstens nicht, dass die Diagnosen nur früher gestellt werden, ohne dass die Sterberaten sinken, zweitens nicht, dass die Nachteile (z.B. Biopsien, psychische Belastungen, unnötige Operationen usw.) die Vorteile überwiegen.

    2. Organ-Spende und Framingeffekte: Auch dazu, ebenfalls mit etwas Eigenwerbung verbunden, ein Link zum Thema nudging nach nebenan, oder wer es lieber staatskritisch lesen will, zu den libertären Erben des Trotzkismus. Ob die freie Entscheidung damit unterstützt oder unterlaufen wird, darüber lässt sich trefflich streiten.

    3. Der freie Wille als philosophische Frage im Kontext des Leib-Seele-Problems: Das hat, wie auch im Blogbeitrag im Zusammenhang mit dem Thema Zufall schon anklingt, viel damit zu tun, wie man den Begriff des freien Willens überhaupt widerspruchsfrei fassen kann. Handeln ganz frei von allem bedeutet auch: mir nicht zurechenbar. Und es hat viel damit zu tun, was gerade in einem anderen Schreibwettbewerbsbeitrag diskutiert wurde, mit der Möglichkeit, mentale Sätze auf physikalische Sätze zu reduzieren. Es gibt dazu Berge an Literatur und ich vermute, dass auch Fachphilosophen das nicht mehr überschauen. Gut lesbare Einführungen sind Peter Bieris Bestseller “Das Handwerk der Freiheit” oder, noch kürzer, aber etwas sperriger, Geert Keils “Willensfreiheit und Determinismus”.

  58. #59 Captain E.
    6. Oktober 2015

    @BreitSide:

    Eines ist aber sicher: IGeLs, die nicht von den Krankenkassen bezahlt werden, gelten als wirkungslos. Bestenfalls sind die Kassen im Entscheidungsfindungsprozess, ob sie doch einen Sinn machen.

    De Umkehrschluss gilt nicht per se. Kassenleistungen werden mit Sicherheit als sinnvoll angesehen und sind es in den meisten Fällen wohl auch, aber eine Garantie gibt es sicherlich nicht. Falls also eine Kasse homöopathische Therapien bezahlt, wirken diese trotzdem nicht besser als Placebos.

  59. #60 Ursula
    6. Oktober 2015

    Aufgrund des Beitrags wieder mal eine kl. Umfrage bei meinen Kursteilnehmenden gestartet, wer über unsrige österreichische Bestimmung zur Organspende bescheid weiß. Zu meiner großen Überraschung war tatsächlich eine Person anwesend.
    Das erste mal! Ich vermute, dass viele Menschen bei uns keine Ahnung haben, und fest davon überzeugt sind, dass die Organentnahme an einen entsprechenden “Ausweis” gebunden ist.

  60. #61 Joseph Kuhn
    6. Oktober 2015

    Zum Thema IGe-Leistungen vielleicht hilfreich: Der “IGeL-Monitor” mit Bewertungen einzelner IGels (https://www.igel-monitor.de/IGeL_A_Z.php).

  61. #62 Nora
    6. Oktober 2015

    @Joseph: Interessanter Link, vielen Dank!

  62. #63 noch'n Flo
    Schoggiland
    7. Oktober 2015

    Meine Güte, was wurde hier in den letzten Tagen ein Müll über Organspende verzapft. Teilweise äusserst gefährlicher Müll. Das meiste wurde glücklicherweise schon beantwortet, aber hier noch ein paar Punkte:

    @ Till Korten:

    Ganz abgesehen davon, dass Du damit ohne Beweise den behandelnden Ärzten eine schwere Straftat unterstellst.

    Sehr gut beobachtet, damit hat sich “Saxifragus” gleich selber strafbar gemacht – nennt man im StGB “falsche Verdächtigung”. Ich möchte daher dem Blogcheffe dringend ans Herz legen, die unqualifizierten Kommentare von Saxifragus zu diesem Thema zu entfernen – sie sind 100%ig justiziabel.

    @ Frankie:

    Und gerade weil die Medizin so grosse Fortschritte macht, kann man jetzt auch noch einem achtzigjährigen ein neues Herz oder ganz egal was einsetzen Neue Hüfte, neue Knie, wieder sehend durch eine neue Netzhaut, aber die Knete musste schon haben.
    Und die Armen können verrecken!

    Ich wüsste nicht, dass jemandem aufgrund seines niedrigen Vermögens in Deutschland schon einmal eine Knie-TEP oder auch eine Herztransplantation verweigert worden wäre. Du scheinst wirklich seltsame Vorstellungen vom deutschen Gesundheitswesen zu haben.

    Ich bekomme nicht mehr alle Einzelheiten zusammen, aber jedenfalls war plötzlich von der tollen Statistik nicht mehr viel übrig.
    Aber wer auf jeden Fall immer daran interessiert war, weil es sich gut damit verdienen lässt, sind die Ärzte und die Pharmaindustrie. Und aus diesem Grund rühren diese auch schön die Werbetrommel. Und alle rennen immer schön zur Vorsorge.

    Unqualifiziertes Truther-Geblubber ohne einen einzigen Beleg.

    Bei manchen kassenfinanzierten Vorsorgeuntersuchungen (z.B. Brustkrebsvorsorge) sieht es nicht besser aus.

    Doch. Aber ich vermute mal zu wissen, auf welche sog. “Studie” Du Dich beziehst – da hat sich ebenfalls ein Pseudo-Wissender wie Du einen Haufen Daten so lange zurechtinterpretiert, bis er seine Meinung zu stützen schien. Klar, dass Du auf solchen Schmarrn hereinfällst.

    “Hey, da gibt es jetzt diese neue Vorsorge, lasst uns da mal alle hingehen und uns untersuchen! Und während wir warten, füllen wir noch schnell unsere neuen Organspendeausweise aus!”
    “Echt? Was wird denn da genau untersucht?”
    “Ist doch egal! Komm einfach mit. Mach dir nicht so viel Gedanken!”

    Du hast ein wirklich krankes Weltbild! Bestehend aus Zehntel-Wissen, jeder Menge Gerüchten, noch mehr Ärztehass und dem tiefsitzenden Glauben an die grosse Pharma-Weltverschwörung. Leute wie Du, die ihre kruden Ansichten auch noch in der Öffentlichkei breittreten, sind eine Gefahr für ihre Mitmenschen. Pfui!

  63. #64 Denna
    Linz
    17. Dezember 2015

    Interessanter Beitrag! Allerdings, mein Mann ist betroffen und braucht eine Transplantation. Wenn man in so einer Situation ist, dann handelt man wahrscheinlich spontaner… Diejenigen, die sich für einen Organspenderausweis, bzw. Transplantationen interessieren, können bei meinetransplantation.at weitere Infos finden!

  64. #65 BreitSide
    Beim Deich
    17. Dezember 2015

    Alles Gute Deinem Mann!

    Ich muss wahrscheinlich meinen Ausweis mal wieder erneuern.

    Typisiert bin ich auch schon – nach einigen Anstößen…

  65. #66 PDP10
    17. Dezember 2015

    Ich hab inzwischen auch einen.

    Wollt ich nur mal gesagt haben, da der Thread wieder aufgemacht worden ist …

    Und @BreitSide: Den muss man nicht erneuern. Es sei denn, das Pappkärtchen ist inzwischen so abgenudelt, dass man deine persönlichen Daten nicht mehr lesen kann 🙂

  66. #67 Denna
    17. Dezember 2015

    BreitSide & PDP10
    DANKE!! Das freut mich.

  67. #68 noch'n Flo
    Schoggiland
    17. Dezember 2015

    Hab auch einen, Ehrensache. Und bin im Standby als potentieller Lebend-Leberspender für meine Schwester (die ist an “primär sklerosierender Cholangitis” erkrankt und braucht deswegen in absehbarer Zukunft ein neues Organ). Typisierung passt nicht ganz optimal, aber ausreichend für den Fall, dass sich bei Bedarf kein anderer Spender findet.