Eines meiner ersten Bücher trägt den schönen Titel “Der Komet im Cocktailglas”*. Nun haben Astronomen nachgewiesen, dass Kometen tatsächlich alle Voraussetzungen für einen ordentlichen Cocktail bieten. Auf C/2014 Q2 (Lovejoy) konnte das erste Mal die Existenz von Ethanol (a.k.a. “Weingeist”) nachgewiesen werden. Und da neben jeder Menge Wasser und Eis auch Zucker gefunden werden kann, ist alles da, was man für ein ordentliches Mixgetränk benötigt!

Den Kometen Lovejoy war einer der hellsten, der uns in letzter Zeit besucht hat. Anfang dieses Jahres konnte man ihn sogar mit freiem Auge sehen, als er in nur 70 Millionen Kilometer Abstand an der Erde vorbei flog. Seinen sonnennächsten Punkt erreichte Lovejoy am 31. Januar 2015 und war dabei 193 Millionen Kilometer von ihr entfernt. Bis er wieder so nahe kommt, wird es allerdings 14.000 Jahre dauern; Lovejoy wird nun wieder weit hinaus in die Oortsche Wolke wandern, bevor er das nächste Mal ins innere Sonnensystem kommt.

C/2014 Q2 Lovejoy (Bild: Patrick Stewart, CC-BY-SA 2.0)

C/2014 Q2 Lovejoy (Bild: Patrick Stewart, CC-BY-SA 2.0)

Den aktuellen Besuch haben Nicolas Biver vom Observatoire de Paris und seine Kollegen aber gut genutzt! Sie haben Lovejoy mit einem Radioteleskop beobachtet und nach komplexen Molekülen gesucht (und wieso man Moleküle mit Radioteleskopen nachweisen kann, habe ich hier genau erklärt). Es ging um den Nachweis sogenannter COMs, also “Complex Organic Molecules”, womit alles gemeint ist, was aus mindestens sechs Atomen besteht. Und dieser Nachweis war erfolgreich (“Ethyl alcohol and sugar in comet C/2014Q2 (Lovejoy)”).

Lovejoy war dafür ein ideales Ziel. Erstens war der Komet der Erde sehr nahe und schon deswegen gut beobachtbar. Und zweitens hat er auch extrem viel Wasser produziert! Als er der Sonne am nächsten und damit am wärmsten war, schleuderte er 20 Tonnen Wasser pro Sekunde hinaus ins All. Dabei wurde natürlich auch alles andere mit hinaus gerissen, was sich sonst noch so auf und in dem Kometen finden lässt und erlaubten den Astronomen entsprechende Beobachtungen.

Man konnte 21 COMs nachweisen, darunter auch Ethanol und Glycolaldehyd die zuvor noch nie bei einem Kometen gefunden werden konnten:

Auf der Erde kennen wir Menschen Ethanol schon lange. Dieser Alkohol entsteht auf natürlichem Weg wenn zuckerhaltige Früchte vergären und wird seit Jahrtausenden als Rauschmittel verwendet. Im Weltall sind Ethanol und die anderen COMs vor allem deswegen so interessant, weil sie uns etwas über die Bedingungen verraten können die vor und während der Phase der Planetenentstehung geherrscht haben.

Denn eigentlich erscheint es ja seltsam, dass man solche komplexen Moleküle gerade im Weltall finden kann. Da ist ja eigentlich nichts – wieso treiben sich da auf einmal Dinger wie Glycolaldehyd, Ethanol und noch viel wildere chemische Verbindungen herum? Man hat die COMs ja nicht nur in Kometen entdeckt, sondern auch in den sogenannten protoplanetaren Scheiben, also den Gas- und Staubscheiben die junge Sterne umgeben und auch in den riesigen kosmischen Wolken in denen Sterne entstehen kann man sie finden.

Ganz so überraschend ist es dann aber doch nicht. Sterne entstehen, wenn kosmische Gaswolken kollabieren. Die protoplanetaren Scheiben werden aus dem Material gebildet, dass nach der Sternentstehung von diesen Wolken noch übrig geblieben ist. Und Kometen sind (so wie Asteroiden) die Überbleibsel der in diesen Scheiben entstandenen Planeten. Das, was sich in den Kometen finden lässt, ist als quasi der letzte Rest des ursprünglichen Materials aus der Zeit vor der Entstehung des Sterns. Und deswegen natürlich enorm interessant!

Man geht davon aus, dass die COMs in der kalten Phase vor der eigentlichen Sternentstehung ihren Ursprung haben. Da können Atome des Gases auf Staubteilchen quasi festfrieren. Man bekommt so verschiedenste Atome die nicht weit entfernt voneinander durchs All fliegen sondern sich alle relativ nahe auf einem Staubkorn befinden. Wenn der Stern dann entstanden ist und es langsam ein wenig wärmer wird, werden die Atome beweglicher. Sie können sich nun miteinander verbinden und komplexe Moleküle formen.

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Kommentare (3)

  1. #1 Dampier
    18. November 2015

    C/2014 Q2 Lovejoy (Bild: Patrick Stewart, CC-BY-SA 2.0)

    Lustig. Ich dachte gleich, etwa DER Patrick Stewart? Aber auf Flickr heißt er dann doch Paul … freudscher Verschreiber?

    Danke für einen weiteren spannenden Einblick ins All :]

  2. #2 Artur57
    18. November 2015

    Kleine Korrektur: Ethanol C2H5OH ist zwar auch dabei, das 20 mal häufigere Molekül ist aber das Methanol CH3OH. Wie immer, das einfachere Molekül ist das häufigere.

    In den Weiten des Internets wird jetzt vermutet, dass die Saurier an Leberzirrhose und Diabetes gestorben sind. Muss man jetzt nicht fürchten, dass Bier und Kaiserschmarrn verboten werden? Diesem Gesundheits-Kuhn würde ich das zutrauen. Sollte man da nicht bereits vorauseilend gegenhalten?

  3. #3 wage
    20. November 2015

    Hmm… Zucker kommt nun allerdings als Mineral eher selten auf der Erde vor. Natürlich herrschen auf Kometen ganz eigene, von Planeten unterschiedliche Prozesse vor. Kometen treffen nun natürlich ab und an Planeten. Man könnte auch argumentieren das sich kosmischer Zucker einfach nicht lange auf einer Planetenoberfläche hält, die vor Leben wimmelt. Oder bin ich da völlig auf dem Holzweg?