Science-Fiction auf Drogen

Nachdem ich ja in den letzten Monaten recht viel Science-Fiction gelesen habe, wollte ich mir für den Dezember noch ein schönes neues Buch gönnen. Dabei bin ich auf “Light” von John Harrison gestoßen; der erste Band einer Trilogie die auf deutsch auch gleich in einem Band unter dem Titel “Licht – Die Trilogie”) erhältlich ist.

light

Der Klappentext klang vielversprechend: Astronomen haben in der Nähe des galaktischen Zentrums eine Region entdeckt, in der die Naturgesetze anscheinend irgendwie komisch sind und außerdem enorm viele außerirdische Artefakte herumliegen. Und eine junge Astronautin macht sich auf, diese Gegend zu untersuchen. Nun. Soweit der Klappentext. Das Buch dagegen war völlig anders als das, was man sich angesichts so einer Beschreibung erwarten würde. Ich weiß nicht, welche Drogen Harrison eingeworfen hat, als er das Buch geschrieben hat. Aber vermutlich muss man ebenso drauf sein, wenn man verstehen will, worum es geht. Ich habe “Light” nüchtern gelesen und keine Ahnung, worum es eigentlich geht.

Die Geschichte besteht aus drei Handlungssträngen; eine spielt in der Gegenwart und erzählt die Erlebnisse eines Wissenschaftlers der an einem Quantencomputer arbeitet, in seiner Freizeit Frauen umbringt und andauernd irgendwelche seltsamen Visionen hat. Der zweite Handlungsstrang spielt in einer Zukunft in der die Menschen zu den Sternen aufgebrochen sind und dort u.a. Krieg miteinander führen. Es ist eine komplett fremde Welt, voll mit künstlicher Intelligenz, unverständlicher Technik und unmenschlichen Menschen. Hier folgen wir der Geschichte einer “K-Schiff”-Pilotin die durch die Gegend fliegt, seltsame Visionen und Träume hat und ständig gegen irgendwelche anderen Raumschiffe kämpft. Und dann ist da noch Ed, ein ehemaliger Pilot der nun auf einem komischen Planeten lebt, Stress mit irgendwelchen Gangstern hat und außerdem seltsame Visionen und Träume. ALLE haben in diesem Buch seltsame Visionen und Träume. Ständig. Man kann kaum zwei Seiten lesen, ohne wieder auf irgendwelche unverständliche Traumsequenzen zu stoßen…

Ein gewisses Maß an Unverständlichkeit ist bei Science-Fiction ja auch ganz nett. Science-Fiction in der alle Menschen so denken und handeln wie in der Gegenwart ist langweilig. Aber was Harrison da geschrieben hat, ist vollkommen unverständlich. Erst im letzten Kapitel des Buchs werden die Handlungsstränge zusammengeführt und man bekommt eine vage Ahnung, was der ganze Kram mit den Visionen sollte. Trotzdem fand ich das Buch viel zu anstrengend und die Handlung zu schwach, als das sich die Anstrengung lohnen würde. Auf die Lektüre der beiden weiteren Bände der Trilogie (“Nova Swing” und “Empty Space: A Haunting”) habe ich daher verzichtet.

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Kommentare (12)

  1. #1 Heinz
    Solarystem
    29. Dezember 2015

    Ein wunderbares Buch: “Das Drachenei” von Robert L. Forward. Auf solider physikalischer Basis geschrieben, wird eine Spezies vorgestellt, die auf einem Neutronenstern lebt…
    …Im Jahr 500.000 vor Christus entstand in den Weiten unserer Galaxis ein Neutronenstern. Im Jahr 2050 bricht ein Expeditionsteam auf, um diesen Neutronenstern, genannt das Drachenei, zu erforschen, und macht eine unglaubliche Entdeckung: Auf dem Drachenei, dem vermutlich unwirtlichsten Ort im ganzen Universum, existiert Leben! Doch für die Cheela, die Bewohner des Dracheneis, vergeht die Zeit unendlich viel schneller als für die Menschen und so wird das Expeditionsteam Zeuge, wie eine fremdartige Spezies die Entwicklung von der Steinzeit bis zur Hochtechnologie durchläuft – und das alles an einem Tag!

  2. #2 Chris
    29. Dezember 2015

    >wurde das in der deutschen Ausgabe wirklich mit “Tiffany Weh” übersetzt??

    Ja, ich “musste” das Buch schon vor 1 Monat lesen, war leider viel zu schnell zu Ende…. Jetzt kann man nur mehr die ‘alten’ hervorholen, das war leider das letzte 🙁

  3. #3 rolak
    29. Dezember 2015

    Harrison/Licht

    Vielen Dank für die Erinnerung – das fiel in die Zeit zwischen altem und neuem local dealer für Bücher und ist wohl -äh- irgendwie unter den Tisch aus dem BestellText gefallen.
    Mal schauen, ob nach dem Lesen an die eigentlich angesagte Rückmeldung gedacht wird ;‑)

    mit “Tiffany Weh” übersetzt??

    Allerdings, Florian, habe ich etwas übersehen, was dieser Übersetzung des Namens einen Riegel vorgeschoben haben sollte? Im Sinne von ‘im Gegensatz zu den anderen Namens-Übersetzungen’?

  4. #4 Florian Freistetter
    29. Dezember 2015

    @Heinz: Ja, Drachenei und auch die Fortsetzung sind wirklich super!

  5. #5 Florian Freistetter
    29. Dezember 2015

    @rolak: “Im Sinne von ‘im Gegensatz zu den anderen Namens-Übersetzungen’?”

    Ich hab gar nicht gewusst, das alle Namen übesetzt werden? Hab die Bücher immer nur in englisch gelesen (und das “Weh” nur kürzlich in ner anderen Rezension gelesen)

  6. #6 rolak
    29. Dezember 2015

    gar nicht gewusst

    Ach das erklärt einiges, Florian… Generell finde ich NamensÜbersetzungen gräßlich, doch in gewissen Fällen wie zB der Rückübersetzung (speziell hiesiger) Ortsnamen in die hier gebräuchliche Form gibts kaum bis keine Bedenken. So auch bei den bedeutungs- bis funktions-behafteten Eigennamen der Scheibenwelt, die wären andernfalls kaum analog zum Original in die Geschichte einwebbar.

  7. #7 Folke Kelm
    im schnee
    29. Dezember 2015

    Was die Übersetzungen angeht muss ich wirklich sagen, dass es sich lohnt Pratchett im original zu lesen. Allerdings sind die deutschen Übersetzungen nicht wirklich schlimm, es geht nicht wirklich viel verloren.
    Da ich in Schweden lebe bin ich allerdings auch mehrfach in den “Genuss” der schwedischen Scheibenwelt gekiommen und muss leider sagen,….und das müsst ihr euch jetzt mal wirklich vorstellen….., dass sämtlicher Wortwitz der Scheibenwelt verschwindet. Die Bücher sind schlicht nicht lesbar und es ist kein Wunder, dass die Scheibenwelt in Schweden nicht so populär ist. Das gleiche gilt übrigens auch für Douglas Adams, auch den Anhalter kennt hier niemand, weil die schwedische Übersetzung komplett humorbefreit ist.

  8. #8 Bjoern
    29. Dezember 2015

    “Nova Swing” habe ich vor ca. einem Jahr gelesen – bis eben wusste ich allerdings nicht, dass das der zweite Band einer Trilogie ist! 😀

    Was Florian über den ersten Band “Licht” geschrieben hat, kann man auf “Nova Swing” fast 100% übertragen: ziemlich unverständliche Handlung und öfters mal seltsame Visionen/Träume.

  9. #9 Moss the TeXie
    Ladenburg
    29. Dezember 2015

    @Folke:

    Was die Übersetzungen angeht muss ich wirklich sagen, dass es sich lohnt Pratchett im original zu lesen. Allerdings sind die deutschen Übersetzungen nicht wirklich schlimm, es geht nicht wirklich viel verloren.

    Da wollte ich durchaus noch einen Schritt weitergehen und meinen, dass man erst durch die Original-Lektüre die Qualität der Übersetzungen von Andreas Brandhorst sieht. Da die Gemahlin die Scheibenwelt auf deutsch liest, haben wir hier von vielen Bänden beide Fassungen im Regal; da kann man gut mal nachgucken, wie er dieses oder jenes gemacht hat.

    Andreas Brandhorst kannte von (viel) früher ich als Übersetzer vieler Star-Trek-Romane, und da fiel er mir immer durch einen extrem hölzernen Stil auf (ohne dass ich da die Originale kannte). Anscheinend übernahm er da diverse englische Konstrukte praktisch wörtlich, was manche Romane doch recht schwer lesbar machte (und mich dazu brachte, auf die Originale umzuschwenken ;-). Seine Pratchett-Übersetzungen sehen (nicht nur) daneben richtig gut aus; insbesondere schafft er es zumindest bei gefühlt der größeren Hälfte der Wortspiele, sie auch im Deutschen funktionieren zu lassen.

    Es gibt mit Regina Rawlinson noch mindestens eine weitere Übersetzerin, aber von der kenne ich nur Das Mitternachtskleid, wobei mir da neben dem Titel (im Original I shall wear Midnight) nicht viel aufgefallen ist – allerdings kenne ich da auch die englische Ausgabe nicht.

  10. #10 noch'n Flo
    Schoggiland
    29. Dezember 2015

    @ FF:

    Du hast bei Deiner Aufzählung der Tiffany Weh Bücher noch den allerersten Band dieser Mini-Reihe vergessen: “Kleine freie Männer” (“The free wee men”). Ich liebe diese kleinen Kerlchen – schon beim ersten Lesen kam mir sofort der Gedanke an eine Art Anti-Schlümpfe.

    Ich habe diesen “letzten Gang” mit Terrys finalem Werk noch vor mir, hoffe, ich muss nicht heulen, wenn es zuende geht. T.P.s Werke haben mich 20 Jahre lang begleitet, sein Stil mich auch ein wenig geprägt (insbesondere seine legendären “footnotes”).

  11. #11 Florian Freistetter
    29. Dezember 2015

    @noch’nFlo: “Du hast bei Deiner Aufzählung der Tiffany Weh Bücher noch den allerersten Band dieser Mini-Reihe vergessen”

    Nicht vergessen, aber nicht erwähnt, weil ich ja immer nur die Bücher erwähne, die ich in diesem Monat auch tatsächlich gelesen habe.

  12. #12 peer
    30. Dezember 2015

    Wenns erlaubt ist würde ich auch gerne ein paar Empfehlungen loswerden: The city &the city vob China Mievielle ist wirklich großartig, wenn es auch etwas sperrig beginnt. Es geht um einen klassischen Whodunnit, aber das Setting sind zwei Städte die irgendwie räumlich denselben Platz einnehmen. Sehr abgefahren, aber spannend!

    Sex on rhe moon von Ben Mezrich hat einen total dämmlichen Titel, der falsche Erwartungen weckt. Das Buch ist aber gut! Es ist die Lebensgeschichte von Thad Roberts, einem brillianten jungen Mann, der einen Job bei der NASA ergattert und dann dort Mondgestein stiehlt – ein Kapotalverbrechen in den USA, da Mondgestein Staatschätze sind. Gut geschrieben und man erfährt viel über die Nasa.

    Deep Sea and Ocean going von Rose George ist ein wirklich interessantes Buch über die Schiffahrtsindustrie, ohne die die moderne Globalisierung nicht möglich wäre (90% aller Dinge werden per Schiff tarnsportiert. 90%!) obwohl keiner was davon weiß. Eines der Bücher, die ein Thema behandeln, mit dem man sich sonst nie beschäftigt hätte.

    Und dann noch Station Eleven von Emily St. Mandel, eines meiner Top-5-Bücher des Jahres. Wieder einmal Endzeit (diesmal Post-Pandemie), aber wunderschön geschrieben und einfach gut!