Der Februar war zwar kurz, aber ich habe trotzdem einige sehr hervorragende Bücher gelesen. Ein paar davon haben mich wirklich begeistert und ich freue mich, sie in der monatlichen Buchempfehlung vorstellen zu können.

“Haterz”: Eine radikale Lösung für das Trollproblem

Die Welt ist voll mit Leuten, die einem gewaltig auf die Nerven gehen. Und dank der sozialen Medien im Internet können sie das auch äußerst effektiv tun. Typen, die bei Facebook nur unsinnigen Krempel posten. Trolle, die jede Diskussion in einem Blog kapern und zum Stillstand bringen. Hassprediger, manipulative Kolumnisten, Twitter-Stalker, und so weiter. Man kann sie eigentlich nur ignorieren. Oder das tun, was die Hauptperson im Buch “Haterz” von James Goss tut.

Haterz

Dave hatte eigentlich nicht geplant, die Verlobte seines besten Freundes umzubringen. Aber sie ging ihm mit ihren sinnlosen Facebook-Beiträgen so gewaltig auf die Nerven, dass es dann irgendwo doch ganz einfach ging, als sich die Gelegenheit dazu geboten hat. Und wenn man schon einmal angefangen hat, das Internet auf diese Art und Weise zu einem besseren Ort zu machen, kann man ja auch einfach weitermachen…

Dave ist ein relativ untypischer Serienmörder. Vor allem ist er ein sehr sympathischer Serienmörder. Die Typen, die er zu seinen Opfern auserkoren hat, sind genau die Leute, die jeder von uns schon im Internet getroffen hat. Aber wo andere es bei Gewaltfantasien belassen, geht Dave einen Schritt weiter.

James Goss hat in seinem Buch die Welt der sozialen Medien wirklich gut getroffen und exakt die Typen identifiziert, die dort wirklich ständig zu treffen sind und nichts anderes tun, als Leuten auf die Nerven zu gehen. Sein Buch ist vor allem ein enorm lustiges Buch und das trotz der durchaus grauenhaften Wege, in der die Menschen dort zu Tode kommen. Da ist zum Beispiel dieser Typ, der nichts besseres zu tun hat, als Leute anzupöbeln, die in Internetforen Fragen stellen. Und ihnen erklärt, dass ihre Frage doch schon vor 7 Jahren in diesem anderen Beitrag beantwortet worden ist und sie sich doch gefälligst erst mal informieren sollen. Oder die eBook-Autorin, die jede Kritik an ihren Werken mit persönlichen Beleidigungen ersticken will. Oder die hysterischen Fans von Boybands, die einen Shitstorm nach dem anderen verursachen, wenn sie auf negative Äußerungen über ihre Lieblinge stoßen. Und so weiter – und Dave findet für alle die jeweils passende Bestrafung…

Goss nutzt in seinem Buch die Stilmittel der Medien, über die er schreibt und erzählt die Geschichte genau so sehr in Tweets, Facebook-Beiträge und Blog-Kommentare wie in normalen Text. Ich habe das Buch innerhalb eines Tages durchgelesen und bin äußerst begeistert davon. Das Ende war zwar nicht so ganz nach meinem Geschmack. Aber insgesamt ist es ein sehr empfehlenswertes Buch!

Genau so gut, wie die nächsten beiden Werke, die aber mit einem ganz anderem Thema zu tun haben.

“Superposition” und “Supersymmetry”: Die Quantenmechanik wird Makro!

David Walton habe ich schon vor zwei Jahren lobend erwähnt, als es um seine “Quintessence”-Bücher ging. Seine neue Serie ist mindestens so originell. Diesmal geht es aber nicht um eine alternative Welt in der die Grenze zwischen Magie und Wissenschaft verschwimmt. Obwohl… eigentlich doch!

Superposition

“Superposition” spielt in einer sehr nahen Zukunft. Ist im wesentlichen unsere normale Welt, nur gibt es in den USA einen neuen, großen Teilchenbeschleuniger und auf das Internet greift man nun über Kontaktlinsen zu. Jacob Kelley, früher Teilchenphysiker und jetzt Lehrer lebt mit seiner Familie ein friedliches Leben, bis er eines Abends Besuch von einem ehemaligen Kollegen bekommt. Der nichts besseres zu tun hat als irgendwas von “Quanten-Intelligenzen” zu schwafeln und auf Kelleys Frau zu schießen. Sie stirbt allerdings nicht; die Kugel geht einfach durch sie hindurch.

Schon auf den ersten Seiten des Buches wird also klar, dass es um Physik geht – aber Physik mit jeder Menge Fantasie! Von der Handlung will ich gar nicht zu viel verraten. Nur so viel: Es geht darum, was passieren würde, wenn die absurden Effekte der Quantenwelt plötzlich auch in der Makrowelt unseres Alltags auftreten würde. Teilchen/Wellen, die sich aufspalten und quasi verdoppeln um sich später wieder zu vereinen, sind eine Sache. Wenn das mit ganzen Menschen passiert, wird es aber kompliziert. Und wenn dann noch eine völlig fremde und unverständliche Intelligenz aus – ne, ich verrate nicht woher 😉 – mitmischt, wird es richtig seltsam.

Das Buch ist hervorragend; dort wissenschaftlich exakt wo es wissenschaftlich exakt sein soll und dort auf Basis der Wissenschaft spekulativ und originell, wo es spekulativ und originell sein soll. Man muss kein Experte für Quantenmechanik sein, um es mit Vergnügen lesen zu können, aber wenn man ein wenig Ahnung hat, dann wird das Vergnügen nur um so größer!

Auf Deutsch ist das Buch unter dem Titel “Quantum” im Sommer erhältlich; in englisch kann man schon den zweiten Teil lesen: “Supersymmetry”. Auch der hat mir sehr gut gefallen, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz so hervorragend war wie “Superposition”. Diesmal waren für meinen Geschmack zu viele Science-Fiction-Elemente mit dabei und auch das Ende war mir ein wenig zu sehr “Deus-Ex-Machina”. Obwohl es ja eigentlich im ganzen Buch darum geht, einen Deus-Ex-Machina zu bekämpfen; insofern passt das eigentlich wieder.

So oder so. Lest die Bücher! Und bitte auch das nächste, diesmal mit echten Göttern!

“The Library at Mount Char” – Götter in Ausbildung

“The Library at Mount Char” von Scott Hawkins ist jetzt schon eines meiner Lieblingsbücher des Jahres. Wenn ihr aus meiner Liste nur ein Buch lest, dann lest dieses hier!

library

Dabei ist es gar nicht so einfach zu beschreiben, worum es geht. Oder schon, aber dann besteht die Gefahr, einen falschen Eindruck zu bekommen. Wenn ich zum Beispiel sage, dass es um die Ausbildung von und den Kampf zwischen Göttern geht, dann könnte man denke, es wäre klassische Fantasy mit Helden, Heeren, Magie, und so weiter. Das ist aber definitiv nicht der Fall. Würde ich erklären, dass das Buch die Geschichte von ein paar Kindern beschreibt, die von einem mysteriösen Mann aufgenommen und in ebenso mysteriösen und magischen Fähigkeiten ausgebildet werden, klingt das wie eine Variation von “Harry Potter”. Und auch das ist definitiv nicht der Fall.

In “The Library at Mount Char” geht es um “Vater”. Der hat 12 Kinder adoptiert, die alle in einer “Bibliothek” ausgebildet werden. Und das mit einer Strenge, die altestamentarische Grausamkeit weit übertrifft. Wer nicht folgt, wird da schon mal bestialisch umgebracht – und danach wieder zum Leben erweckt. Was klar macht, dass die Ausbildung in der “Bibliothek” nichts mit normaler Bildung zu tun hat. Die Kinder lernen, so etwas ähnliches wie Götter zu werden: Götter des Krieges, der Heilkunst oder der Weisheit. Neben dem (echten?) Gott “Vater” treiben sich auf der Welt aber auch noch andere (gott)ähnliche Figuren herum, die zwar immer wieder erwähnt aber (und das steigert die Spannung genau so wie die Frustration) nie erklärt werden. Was es zum Beispiel mit dem “Fürst” oder “Liesel” auf sich hat, erfährt man nicht, genau so wenig wie mit “Q33-North”. Hawkings beschränkt sich darauf zu erklären, dass es eine Art Eisberg mit Beinen ist und dass die Welt untergehen würde, käme er an die Macht…

Und um die Machtübernahme geht es: “Vater” ist verschwunden. Und die 12 Bibliothekare müssen herausfinden, was mit ihm passiert ist. Dabei haben sie sowohl mit der göttlich-magischen Welt der Bibliothek zu tun als auch mit den USA der Gegenwart. Wie gesagt: Ich weiß nicht, wie ich am besten beschreiben kann, worum es eigentlich geht. Ein klein wenig hat mich das Buch an “American Gods” von Neil Gaiman erinnert.

Ach, lest das Buch einfach! Es ist wirklich gut! (Oder lest zumindest die Rezension von Josefson beim Standard, der solche Bücher viel besser beschreiben kann als ich).

Was ich sonst noch gelesen habe

Zwei Bücher habe ich außerdem noch gelesen:

  • “Alpenüberquerung – 2000 km Freiheit: Zu Fuß über die Alpen von Wien nach Nizza” von Hans Thurner. Ich wandere gerne; aber nicht unbedingt im Hochgebirge. Trotzdem ist diese Beschreibung einer Fernwanderung über die Alpen sehr nett zu lesen. Das liegt nicht unbedingt am Text selbst; aus literarischer Sicht ist das Buch nichts besonderes. Aber die Bilder (und davon gibts viele) sind wirklich schön und man kann nicht anders als Fernweh zu bekommen.
  • “Isaac Newton” von James Gleick (auf deutsch: “Isaac Newton. Die Geburt des modernen Denkens”). Newton gehört zu den Wissenschaftlern, über die es wirklich viele Bücher gibt. Es ist gar nicht so einfach, hier etwas brauchbares zu finden. Aber die Biografie von Gleick gehört zu den besten, die ich gelesen habe. Sie ist kurz, aber dennoch enorm klar und verständlich geschrieben. Sie beinhaltet alle relevanten Momente, beschreibt Newton selbst genau so wie seine Zeit, sein Umfeld und seine Wissenschaft. Und das alles, ohne akademisch-langweilig zu sein; ganz im Gegenteil!

Das war der Februar. Bald kommt der März. Und mit Sicherheit wieder neue Bücher! Bis bald!

Die Links zu den Bücher sind Amazon-Affiliate-Links. Beim Anklicken werden keine persönlichen Daten übertragen.

Kommentare (7)

  1. #1 ron
    28. Februar 2016

    “Haterz” hat 448 Seiten.Wie schnell kannst du lesen?Wahnsinn!

  2. #2 noch'n Flo
    Schoggiland
    29. Februar 2016

    James Goss ist ein klasse Autor – übrigens auch bekannt als Verfasser einiger Bücher und Hörspiele des “Doctor Who / Torchwood”-Universums.

  3. #3 Karla Kolumna
    1. März 2016

    @ ron, wenn man Zeit und Ruhe hat um in einen guten Lesefluss zu kommen (Urlaub, Sonntag, lange Bahnfahrten…) dann sind 450 Seiten doch leicht machbar.

    Superposition und Library of Mount Char klingen sehr vielversprechend. Haterz scheint auch ganz witzig zu sein. Da muss ich gleich mal herausfinden ob ich mir die als ebooks auf meinen Reader laden kann. Wäre was für den Urlaub nächste Woche 😀 !

  4. #4 Karla Kolumna
    1. März 2016

    Edit: hoppla die eBooks sind aber noch ein bisschen überteuert (20-40€). Also doch lieber die echte Buchvariante für zuhause 😉

  5. #5 ron
    1. März 2016

    @Karla: Ich lese nicht wirklich viel. Daher auch meine Affinität zu FF´s Blog. Er bringt alles Wichtige verständlich auf max. 3 Seiten. Das schmeichelt meiner Lesefaulheit. 😉
    Daher hab ich keine Relation wie schnell sich 450Seiten lesen. Bei mir würde sich das über mindestens 2 Wochen ziehen vermute ich….

  6. #6 rolak
    1. März 2016

    mindestens 2 Wochen

    Och weißte, ron, wenns so ein richtiger pageturner ist und kein Wecker das DamoklesSchwert gibt, dann gehen 4-500 Seiten auch vor dem Einschlafen.

    Ok, es ist dann meist eher ‘vor dem Wegsacken’ ;‑)

  7. #7 Soturi
    3. März 2016

    Die Beschreibung von “Superposition” hört sich nach einer nicht existierenden Episode von “Black Mirror” an. Kommt auf meine Liste. Danke!