Hurra! Endlich wird eine Raumsonde zu den Trojanern fliegen! Und nein, es geht dabei weder um eine Zeitreise ins alte Griechenland zum trojanischen Krieg noch geht es um Computerviren. Es geht um eine meiner Lieblingsfamilie von Asteroiden: Die Trojaner-Asteroiden. Dabei handelt es sich um ein paar Millionen kleinere Himmelskörper die sich in der gleichen Umlaufbahn bewegen wie Jupiter. Auch andere Himmelskörper haben eigene Trojaner-Asteroiden in ihren Umlaufbahnen; Neptun zum Beispiel oder auch unsere Erde. Gefährlich sind sie nicht; trotz der geteilten Umlaufbahn kommt es nicht zu Kollisionen weil sich die Asteroiden immer in vom Planeten entfernten befindlichen Stabilitätsbereichen befinden müssen. Aber interessant sind die Trojaner! Einerseits aufgrund ihrer sehr komplexen speziellen Dynamik, andererseits aber auch, weil wir durch sie etwas über die Entstehung der Planeten lernen können!

Lucy und Psyche: Zwei neue Missionen zu den Asteroiden! (Bild: SwRI and SSL/Peter Rubin)

Lucy und Psyche: Zwei neue Missionen zu den Asteroiden! (Bild: SwRI and SSL/Peter Rubin)

Das hat auch die NASA verstanden und schickt nun mit Lucy die erste Raumsonde direkt zu den Trojanern des Jupiters! “Lucy” ist in diesem Fall übrigens kein Akronym, sondern bezieht sich auf das berühmte 3,2 Millionen Jahre alte Hominiden-Skelett das 1974 in Äthiopien entdeckt worden ist. Und so wie das Fossil Lucy uns revolutionäre neue Erkenntnisse über die Vergangenheit der Menschen gebracht hat, soll die Raumsonde Lucy uns die Vergangenheit des Sonnensystems besser verstehen lassen. Denn auch die Trojaner-Asteroiden kann man in gewissen Sinn als “Fossile” betrachten. Als vor 4,5 Milliarden Jahren die Planeten aus einer großen Staubscheibe um die junge Sonne herum entstanden, ging das nicht in einem Rutsch. Zuerst ballte sich der Staub zu kleineren Felsbrocken zusammen aus denen dann erst später die großen Planeten wurden. Die Asteroiden, die damals als Trojaner von Jupiter eingefangen wurden, blieben kleine Felsbrocken und stellen, so beschreibt das zumindest die NASA, “Fossile der Planetenentstehung” dar.

Es wird auf jeden Fall eine äußerst spannende Mission. Wir haben schon erdnahe Asteroiden aus der Nähe gesehen. Wir haben Asteroiden des Hauptgürtels zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter aus der Nähe beobachtet. Wir waren sogar schon im Kuipergürtel hinter der Bahn des Neptun und haben dort den großen Asteroid/Zwergplanet Pluto beobachtet (und werden dort in den nächsten Jahren auch zumindest einen weiteren Asteroiden untersuchen können). Die Trojaner des Jupiters sind die einzige große Asteroidengruppe im Sonnensystem, die wir noch nicht aus der Nähe erforscht haben! Lucy wird 2021 von der Erde ins All starten und sich dann 2027 die vier Trojaner Eurybates, Polymele, Leucus und Orus ansehen. Diese Asteroiden befinden sich immer vor Jupiter auf seinem Umlauf um die Sonne (sie gehören zur sogenannten “L4”-Gruppe der Trojaner). Dann wird Lucy wieder zurück zur Erde fliegen und sich dort mit einem Swing-By-Manöver neuen Schwung holen. Der bringt sie zurück zum Jupiter, aber diesmal zur “L5-Gruppe” der Trojaner, die sich immer hinter dem Gasriesen um die Sonne bewegen. Dort steht dann ein Besuch beim Doppelasteroid Patroclus-Menoetius auf dem Programm. Ich bin besonders gespannt ob die Wissenschaftler einen relevanten Unterschied in den Eigenschaften der L4- und L5-Trojaner finden können. Die Frage nach der Existenz und der Ursache solcher Unterschiede war früher eines meines Forschungsgebiete als Himmelsmechaniker und ich würde gerne wissen, ob Lucy da neue Erkenntnisse liefern kann.

Die Asteroiden des inneren Sonnensystems - in grün die beiden Gruppen der Trojaner (Bild: Public Domain)

Die Asteroiden des inneren Sonnensystems – in grün die beiden Gruppen der Trojaner (Bild: Public Domain)

Neben Lucy hat die NASA aber auch noch eine zweite coole Asteroidenmission auf ihrer To-Do-Liste: Die Raumsonde Psyche wird 2023 starten und sich dann auf den Weg zum gleichnamigen Asteroiden machen. Und der Asteroid Psyche ist definitiv einen Besuch wert! Mit einem Durchmesser von etwa 250 Kilometern ist Psyche einer der größten Himmelskörper im Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter. Und nicht nur das: Psyche gehört auch zu den wenigen Asteroiden, die nicht aus einer Mischung von Gestein, Metall und Eis bestehen. Alles was wir bis jetzt über Psyche wissen deutet darauf hin, dass es sich um einen Himmelskörper handelt, der komplett aus Metall besteht. Psyche ist ein 250 Kilometer großer Brocken aus Eisen und Nickel und das kann nur eines bedeuten: Der Asteroid war früher mal Teil des Kerns eines Planeten!

So große Mengen an Metall, ohne Beimischung anderer Materialien, entstehen nicht einfach so von selbst. Metalle wie Eisen oder Nickel findet man zwar überall in den Asteroiden aber nicht pur, sondern vermischt mit Gestein. Erst wenn sich aus vielen Asteroiden ein sehr großer Himmelskörper gebildet hat, kann sich das Metall vom Gestein trennen. Dafür sorgen die ebenfalls überall enthaltenen radioaktiven Elemente. Ihr Zerfall erzeugt Wärme und ist ein Objekt groß genug, dann ist auch die Wärme stark genug, um den gesamten Himmelskörper aufzuheizen. Sein Inneres wird flüssig und die schweren Elemente wie eben Eisen und Nickel sinken in den Kern während das leichtere Gestein außen bleibt. Deswegen haben auch alle große Planeten wie zum Beispiel die Erde einen metallischen Kern und eine Kruste aus Gestein. In der Frühzeit des Sonnensystems gab es noch viel mehr große Himmelskörper als heute, es gab jede Menge Protoplaneten die auch immer wieder kollidierten. Bei solchen Zusammenstößen kann ein kleinerer Protoplanet auseinanderbrechen und dann bekommt man nicht nur jede Menge Felsbrocken sondern eben auch Bruchstücke seines metallischen Kerns: Objekte, die so wie Psyche, fast komplett aus Eisen und Nickel bestehen.

Metall-Meteorite kommen aus dem Inneren von toten Planeten!

Metall-Meteorite kommen aus dem Inneren von toten Planeten!

Psyche ist also das, was von einem Planeten übrig geblieben ist, der sich vor 4,5 Milliarden Jahren gebildet hat und der danach bei einer Kollision zerstört worden ist. Wie gesagt: Ein absolut lohnendes Ziel für eine Weltraummission.

Ich bin sehr erfreut darüber, dass es mit Lucy und Psyche nun zwei weitere Missionen gibt, die sich die Erforschung der Asteroiden zum Ziel gesetzt haben. Dass die Asteroiden unser Weg in die Zukunft sind, habe ich ja schon oft genug gesagt. Ich bin gespannt, was wir im nächsten Jahrzehnt für neue Erkenntnisse gewinnen werden!

Kommentare (19)

  1. #1 Robert Schreiner
    Deutschland
    18. Januar 2017

    Da ist ein Fehler drin:
    “Die Trojaner des Jupiters sind die einzige große Asteroidengruppe im Sonnensystem, die wir noch nicht aus der Nähe erforscht haben! Lucy wird 2021 von der Erde ins All starten und sich dann 2017 die vier Trojaner Eurybates, Polymele, Leucus und Orus ansehen.”
    Ich vermute, das muss 2027 heißen?!

  2. #2 Florian Freistetter
    18. Januar 2017

    Danke!

  3. #3 RPGNo1
    18. Januar 2017

    Die Ahnenreihe von Lucy ist noch länger:
    Das Skelett des Australopithecus wiederum wurde nach dem Song “Lucy in the Sky with Diamonds” benannt. Wir können also den Beatles für die Namensgebung der Sonde danken. 🙂

  4. #4 robsn
    18. Januar 2017

    Habe an anderer Stelle gelesen “NASA to Explore Asteroid Made of $10,000 Quadrillion Worth of Metal”. Na, wenn das keine Motivation ist.

  5. #5 pane
    18. Januar 2017

    Einige Trojaner könnten auch eingefangen sein.

    Im obigen Bild fallen mir einige Dinge auf:
    Die Hildas sind nicht gleichmäßig verteilt, sondern gruppieren sich um die Punkte L3, L4, und L5, natürlich innerhalb der Jupiterbahn, sonst wären es ja Trojaner, aber wieso können sie da stabil sein? Die müssten sich doch schneller als Jupiter drehen und sich dadurch gleichmäßig verteilen.

    Zum anderen gibt es auch grüne und rote Punkte innerhalb der weißen Hauptgürtelasteroiden. Ein grüner Punkt sogar innerhalb der Merkurbahn. Was soll das sein?

  6. #6 Florian Freistetter
    18. Januar 2017

    @pane: Bei den Hildas sind es Resonanzen, die die Dynamik stabil machen, das habe ich hier genauer erklärt: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2009/03/23/resonanzen-und-frequenzen/

    Die anderen Asteroiden innerhalb des Asteroidengürtels sind die erdnahen Asteroiden (und ihre Untergruppen). Ich hab die ganzen Asteroidengruppen hier zusammengefasst: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2010/09/29/asteroiden-im-sonnensystem/?all=1

  7. #7 pane
    18. Januar 2017

    Nimmt die Sonde Psyche auch Proben vom gleichnamigen Asteroid? Ich befürchte nicht. Wäre aber interessant, woraus dieser Asteroid und somit unser Erdkern genau besteht. Da ist doch sicherlich nicht nur Eisen und Nickel drin, sondern alle anderen schweren Metalle auch, nur in einer weit geringeren Menge.

  8. #8 Till
    18. Januar 2017

    Metall vom Gestein trennen. Dafür sorgen die ebenfalls überall enthaltenen radioaktiven Elemente. Ihr Zerfall erzeugt Wärme und ist ein Objekt groß genug, dann ist auch die Wärme stark genug, um den gesamten Himmelskörper aufzuheizen.

    Ich dachte immer, die Energie für das Aufheizen kommt hauptsächlich aus der Energie der Kollisionen selbst. Bei größeren Himmelskörpern wird diese Energie tendenziell auch größer, weil die Energie des Gravitationspotentials zur Kollisionsenergie hinzukommt.

    Ich hatte mal irgendwo gelesen, dass die radioaktiven Elemente eine eher kleine Rolle im Wärmehaushalt spielen.

    Die Erde wird z.B. heute hauptsächlich durch die Kristallisationsenergie des Eisens im Erdkern beheizt.

  9. #9 bruno
    18. Januar 2017

    @RPGNo1
    Interessante Geschichte! Dann geht die Ahnenreihe aber noch weiter zu Albert Hoffmann, dem Erfinder von LSD 🙂

  10. #10 bruno
    18. Januar 2017

    @pane: hier war gerade ein interessanter artikel: https://www.spektrum.de/news/was-im-erdkern-fehlt/1435006

  11. #11 RPGNo1
    18. Januar 2017

    @bruno
    Da muss ich dich enttäuschen. 🙂
    Die urbane Legende, dass “Lucy in the Sky with Diamonds” sich von LSD ableiten soll, gibt es schon lange, ist aber falsch. Tatsächlich stammt der Titel von einer Zeichnung, die John Lennons Sohn Julian für eine Klassenkameradingemalt hat.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Lucy_in_the_Sky_with_Diamonds#Julians_Zeichnung

  12. #12 Lercherl
    18. Januar 2017

    Diamant ist ein hervorragendes optisches Material, praktisch komplett lichtdurchlässig von UV bis ins ferne Infrarot, hoher Brechungsindex, geringe Dispersion, beständig, geringe Temperaturabhängigkeit der optischen Eigenschaften usw. Es wird allerdings nur dort verwendet, wo Preis keine Rolle spielt – zum Beispiel in der Raumfahrt.

    Falls Lucy Diamant-Optiken an Bord hat, können wir alle laut singen:

    “Lucy in the Sky with Diamonds”

  13. #13 Donkieshot
    Trantor
    19. Januar 2017

    >> Ich hatte mal irgendwo gelesen, dass die radioaktiven Elemente eine eher kleine Rolle im Wärmehaushalt spielen. <<
    Das muss sehr alt gewesen sein. Je jünger die Infos sind, desto höher ist der Anteil. Nach meiner letzten Info liegt der Anteil des radioaktiven Zerfalls bei der Erdwärme bei 67 %. (arXiv:1003.0284, März 2010, akzeptiert zur Publikation in Physics Letters B)

  14. #14 ofu
    Wir waren sogar schon im Kuipergürtel
    22. Januar 2017

    Echt ? Wer waren diese Weltraumtouristen ?

  15. #15 SonnenKlar
    25. Januar 2017

    Interessant. Also ist Asteroiden-Bergbau in der Zukunft gar nicht so abwegig?

  16. #16 Florian Freistetter
    25. Januar 2017

    @Sonnenklar: Asteroiden-Bergbau wäre rein technisch kein Problem. Aber man braucht ein Konzept. Was macht man mit dem Zeug? Auf die Erde bringen bringt nichts, das ist mit den derzeitigen Mitteln zu teuer. Man könnte im All etwas (im Prinzip alles) damit bauen und NUR damit (mit derzeitigen Mitteln ist es unmachbar, genug Rohstoffe für größere Projekte von der Erde ins All zu bringen). Aber wer will sowas dringend genug? Alternativ bräuchten wir nen Weltraumlift, dann würde sich das Material auch auf der Erde lohnen. Muss aber auch erstmal wer bauen.

    Spontan kann ich dir dazu mein Buch “Asteroid now” empfehlen, wo ich all das sehr viel ausführlicher erklärt habe.

  17. […] Lucy und Psyche: Raumsonden auf der Suche nach Trojanern und Planetenkerne […]

  18. […] ihres Discovery Programms bekannt gegeben. Schon im Jahr 2017 hat man den Start von “Lucy” und “Psyche” bekannt gegeben: Erstere wird zu den Trojaner-Asteroiden des Jupiters fliegen und zweitere den Metall-Asteroiden […]

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