Heute findet an der Universität Jena eine Podiumsdiskussion zum Thema “Wissenschaftskommunikation” statt an der auch ich teilnehme (und ich habe vorletzte Woche schon sehr ausführlich meine Gedanken dazu dargelegt). Vor kurzem bin ich aber auch noch auf einen anderen, sehr interessanten Gedanken zu diesem Thema gestoßen. Er stammt aus einer Sendung der Reihe “Sternstunde Philosophie” die schon vor 5 Jahren im Schweizer Fernsehen lief. Zu Gast war der Philosoph Richard David Precht und nachdem er lange über das Schul- und Bildungssystem gesprochen hat, ging es in der Diskussion auch kurz um die Vermittlung von Wissen. Auf die Frage, ob Forscherinnen und Forscher eine Pflicht hätten, ihr Wissen an die Öffentlichkeit zu vermitteln, hat er geantwortet:

“Ich würde nicht sagen es gibt ne Pflicht, aber man muss gute Gründe habe, es nicht zu tun. Was ist diese Forschung wert, wenn sie hochintelligent Fragen der praktischen Ethik behandelt, Fragen des Klimawandels (…) wenn sie nichts anderes sind als Briefe an Freunde? Wenn sie einen Text schreiben der adressiert ist an 50 andere, plus einer Community von 300/400 anderen die in der Lage sind, das zu lesen und das zu verstehen. Und das ganze bleibt immer in dieser Welt gefangen. Dann wird sich nichts in dieser Gesellschaft zum Positiven ändern.”

“Was ist diese Forschung wert?” – dieser Satz hat mich zum Nachdenken gebracht. In vielen früheren Texten zum Thema habe ich ja schon ausführlich erklärt, warum Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mit der Öffentlichkeit über ihre Arbeit reden sollten. Weil eine Gesellschaft über die Themen informiert sein sollte, über die sie Entscheidungen treffen muss. Weil es wichtig ist, die Welt zu verstehen in der man lebt. Weil die Universitäten ihre Geldgeber (also die Öffentlichkeit) über ihre Arbeit informieren sollte. Weil es genau so gewinnbringend sein kann, über Wissenschaft zu lernen wie ein Konzert anzuhören oder einen Film anzusehen. Und so weiter – ich will das gar nicht alles erneut ausbreiten. Aber den Aspekt, den Precht anspricht, habe ich mir so noch nie überlegt.

“Was ist diese Forschung wert?” – Das ist eine Frage, die man sich stellen sollte. Aber wenn sie gestellt wird, dann meistens nicht so wie Precht das getan hat, sondern nur in einem wirtschaftlichen Kontext. Also: Kann ich das, was du erforscht, irgendwem verkaufen? Kann man damit bessere Handys bauen oder tödliche Krankheiten heilen? Etc – und wenn das auch unter Umständen relevante Fragen sind, ist es doch bei weitem nicht der einzige Gesichtspunkt, unter dem man die Ergebnisse der Forschung betrachten sollte. Aber was man sich durchaus fragen sollte ist das, was Precht gemeint hat: Wenn meine Forschung nur für eine Handvoll Menschen verständlich und relevant ist – was ist sie dann wert?

Bei vielen Forschungsprojekten ist ziemlich klar, dass sie etwas “wert” ist. Wer an neuen Medikamenten forscht oder an besseren Akkus, umweltfreundlichen Recyclingprojekten, und so weiter, hat wenig Probleme zu erklären, warum das für den Rest der Menschheit relevant ist (das einzige Problem liegt dann wieder bei der Wissenschaftsvermittlung und der Tatsache, das viele das nicht erklären können oder wollen). Aber auch die Arbeit all der Forscherinnen und Forscher die hoch komplexe, abstrakte und auf den ersten Blick alltagsferne Phänomene erforschen kann für den Rest der Welt relevant sein und ist das im Allgemeinen auch. Nur ist es dann eben eine andere Art der Relevanz. Ich habe mich zum Beispiel während meiner Zeit als aktiv forschender Astronom mit der Dynamik extrasolarer Planetensysteme beschäftigt. Also mit der Frage, wie sich die Planeten anderer Sterne bewegen. Das hat erstmal nichts mit unserem Alltag zu tun. Und nichts, was ich über die fernen Planeten herausgefunden habe, wird irgendwann zu einem Produkt führen, dass man im Supermarkt um die Ecke kaufen kann.

Und natürlich war meine Arbeit, so wie die Arbeit aller Wissenschaftler, für Außenstehende kaum verständlich. Wenn ich einen Fachartikel geschrieben habe, dann hatte der – so wie Precht es gesagt hat – vermutlich wirklich nur eine Zielgruppe von ein paar Dutzend Kollegen und ein paar hundert Astronomen aus der erweiterten Community waren in der Lage (und hatten die Lust) das zu lesen und zu verstehen. Aber darüber hinaus war mir klar, dass sehr viel mehr Menschen von diesem Thema fasziniert waren! Auch wenn die fernen Welten anderer Sterne nichts mit unserem Alltag zu tun haben, wollen sehr viele Menschen trotzdem darüber Bescheid wissen. Wir wollen wissen, was es da draußen noch für Planeten gibt; wie sie beschaffen sind; wie sie sich verhalten und ob es dort vielleicht noch Leben gibt. Das sind Fragen, die die Menschheit seit Jahrtausenden interessiert – ganz unabhängig von ihrem rein praktischen Wert.

Und genau das ist es, was sich alle Forscherinnen und Forscher überlegen sollen: Was ist diese Forschung wert? Wo betrifft meine Arbeit den Rest der Menschheit? Wo finde ich das, dass zumindest prinzipiell alle interessiert und nicht nur die paar Dutzend Fachkollegen? Wenn ich zu dem Schluss komme, dass da wirklich absolut nichts ist, was abgesehen von den paar Fachkollegen für irgendwen von Interesse ist, dann sollte man sich vielleicht Gedanken nach der Sinnhaftigkeit seines Tuns machen.
Aber ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass man zu diesem Schluss kommt. Denn zumindest die Naturwissenschaft erforscht die Natur, also die Welt in der wir leben. Und weil wir in dieser Welt leben, muss sich da eigentlich zwangsläufig etwas finden lassen, dass den “Wert” dieser Forschung ausmacht.

Diesen Wert zu identifizieren und dann zu kommunizieren: Das ist es, worauf es bei der Vermittlung von Wissenschaft ankommt. Man kann seine Forschung noch so verständlich vermitteln: Wenn man sich zuvor nicht über das Gedanken macht, was “diese Forschung wert ist”, wie Precht sagt, dann kann man die Kommunikation auch gleich bleiben lassen, denn dann wird abgesehen von den paar Dutzend Kollegen niemand Interesse daran haben.

Kommentare (59)

  1. #1 Joseph Kuhn
    12. April 2018

    Ein berühmter philosophischer Antwortversuch war die “Starnberger Finalisierungsthese” in den 1970er Jahren.

  2. #2 Angela Detmers
    Lübeck
    12. April 2018

    Was für ein interessanter Artikel – und Ansatz.
    Ich habe lange nicht mehr etwas derart Wissenschaftskritisches gelesen.
    Ein Blog, den ich mir merken werde. Ich komme beruflich aus einer ganz anderen Ecke….www.slowlife-now.de…..aber die Frage nach Sinnhaftigkeit beschäftigt mich ebenfalls. Und damit wird das Hinterfragen zum Selbstläufer.
    Danke!
    Grüße von der Küste
    Angela Detmers

  3. #3 Captain E.
    12. April 2018

    Mir fällt dazu der bekannte Spruch ein: “Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn.” Und bevor sich einer wundert, sei hinzugefügt, dass besagtes “blindes Huhn” natürlich Precht selber ist. Ich erinnere daran, dass Precht Philosoph ist, und damit gehört er zu einer (wissenschaftlichen?) Berufsgruppe, der in den letzten Jahrtausenden ein wenig ihr Forschungsgegenstand weggebrochen ist. War früher die gesamte Natur ihre Spielwiese, so bleiben den Philosophen heute kaum mehr als ethische und gesellschaftliche Fragen, und selbst da haben sie Konkurrenz. Also wird immer mal wieder auf fremden Gebieten gewildert, nur leider zuweilen unter Außerachtlassung des dort aktuellen Wissensstandes. So spekulieren manche Philosophen über widerspruchsfreie logische Systeme, deren Existenz seit Kurt Gödel negiert werden muss.

    Und Precht selber hat vor einiger Zeit ein Buch über die Ernährungsgewohnheiten der Menschheit geschrieben, in dem er vorausgesetzt hat, dass das Kochen eine ziemlich junge gesellschaftliche Erfindung sei und Menschen kein rohes Fleisch essen könnten. Infolge dessen kommt er also zu dem Schluss, wir müssten allesamt wieder Vegetarier werden.

    Und so lässt sich auch hier die Frage stellen: Was ist diese Forschung wert? Oder eben auch die Metafrage: Was ist diese Frage wert, wenn sie ein Mensch stellt, der bar jeden Fachwissens meint Aussagen treffen zu dürfen? Zur Beantwortung nach dem Wert von Prechts Forschung über Ernährung neige ich in der Tat dazu, ihr jeglichen Wert abzusprechen, selbst wenn die Verkaufszahlen seines Buches auf große Resonanz hindeuten sollten. Was die Metafrage angeht, so tendiere ich dazu, zu differenzieren. Er kann da tatsächlich auf einen interessanten Aspekt gestoßen sein. Wie gesagt: “Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn.”

    Allerdings sagt eine große oder kleine Resonanz durch andere Menschen nun einmal nur bedingt etwas über ihren Wert aus, wie wir alle wissen, die sich schon über Homöopathie, Präastronautik oder Astrologie geärgert haben. Was viele kennen und gut finden, muss noch lange nicht gut sein.

  4. #4 Florian Freistetter
    12. April 2018

    @CaptainE: “Allerdings sagt eine große oder kleine Resonanz durch andere Menschen nun einmal nur bedingt etwas über ihren Wert aus”

    Du siehst das was ich meine, falsch herum. Es geht nicht darum, dass die Resonanz bestimmt was “gut” ist oder nicht. Sondern darum, dass man sich als Forscher immer Gedanken darüber machen sollte, was an der eigenen Forschung den Rest der Welt betreffen könnte. Also die Verbindung zwischen der (abstrakten) Forschung und der Realität der Menschen nicht aus den Augen zu verlieren.

  5. #5 Heljerer
    12. April 2018

    @Captain E.

    Ich sehe das in Prinzip genauso wie du: Die Spielwiese der Philosophen ist in der Vergangenheit beträchtlich geschrupft. Gemäß dem Philosophen Odo Marquard bleibt der Philisophie daher letzendlich nur noch die “Inkompetenzkompensationskompetenz”.

    Selbst Kerngebiete wie die Erkenntnistheorie werden heute mehr und mehr von Wissenschaftshistorikern behandelt. Also nicht mehr “Wie wird idealerweise Erkenntnis gewonnen?” sondern “Wie wird und wurde Erkenntnis tatsächlich gewonnen?”.

    Ich habe mal ein Interview mit Precht gesehen, in dem er sich des Problems durchaus bewusst war. Er versteht sich daher eher als Vermittler zwischen den Fachgebieten, jemand der den Gesamtüberblick hat, oder das zumindest versucht. Bei der hier zur Debatte stehenden Frage finde ich so jemanden durchaus hilfreich. Wissenschaftler selbst neigen oftmals dazu, vieles sehr isoliert zu betrachten und dabei den sozialen und politischen Hintergrund zu vergessen.

    Jemand, dessen Stärke eher der Gesamtüberblick ist, muss natürlich zwangsläufig bei Detailfragen an seine Grenzen stoßen. Trotzdem: Sachliche Fehler – gerade in einem Buch – entschuldigt das natürlich nicht.

    Ein anderer Philosoph, der gerne auch im Fernsehen auftritt, ist Peter Slotterdijk. Historiker haben zahlreiche Fehler in seinem Buch “Kritik der zynischen Vernuft” gefunden. Slotterdijk scheint es mit Faktenwissen nicht so genau zu nehmen.

    Ich sehe in der Philosophie weniger ein Fachgebiet, das von Berufsphilosophen vertreten wird. Ich denke, jeder Wissenschaftler sollte sich selbst auch mit Philosophie auseinandersetzen. Er sollte über den eigenen Tellerrand hinausgucken und sein Tun auch im gesellschaftlichen, politischen und historischen Kontext betrachten. Wer dies tut, kann der Allgemeinheit den “Wert seiner Forschung” bedeutend besser nahebringen.

  6. #6 foobar407
    12. April 2018

    @Freistetter

    Vielen Dank für diesen Artikel. Nachdem unsere letzte Diskussion ja genau um dieses Thema kreiste, freut es mich, dass du dazu noch mal einen längeren Artikel verfasst hast.

    Aber darüber hinaus war mir klar, dass sehr viel mehr Menschen von diesem Thema fasziniert waren! […], wollen sehr viele Menschen trotzdem darüber Bescheid wissen. Wir wollen wissen, was es da draußen noch für Planeten gibt; […]. Das sind Fragen, die die Menschheit seit Jahrtausenden interessiert – ganz unabhängig von ihrem rein praktischen Wert.

    Ja, der Mensch ist ein neugierieges Wesen. Er beschäftigt sich mit Plantenbewegungen, wie du, oder, wie ich als Informatiker, mit der Formulierung bestimmter Probleme in formalisierten Sprachen. Oder mit Fußball oder Kunst oder Religion … eben mit allem was unsere Umwelt so hergibt und die ist riesig.

    Und genau das ist es, was sich alle Forscherinnen und Forscher überlegen sollen: Was ist diese Forschung wert?

    Ich finde ja, dass sich ruhig jeder Mensch diese Frage bei allem, was er tut, stellen sollte. Es ist einfach die zentrale Frage nach den grundlegenden Werten eines jeden Einzelnen.

    Und da Religion (von mir aus auch andere Weltanschauungen wie Materialismus oder Naturalsimus oder meinetwegen auch Agnostizismus) in der Hinsicht mehr bieten kann als Wissenschaft, müsste man das erst mal vorziehen bevor man sich mit Wissenschaft beschäftigt.

    Wo betrifft meine Arbeit den Rest der Menschheit? Wo finde ich das, dass zumindest prinzipiell alle interessiert und nicht nur die paar Dutzend Fachkollegen? Wenn ich zu dem Schluss komme, dass da wirklich absolut nichts ist, was abgesehen von den paar Fachkollegen für irgendwen von Interesse ist, dann sollte man sich vielleicht Gedanken nach der Sinnhaftigkeit seines Tuns machen.

    Das ist aber deine persönliche Motivation. Ein Wert, andere Menschen von deiner Tätigkeit zu faszinieren, für den du dich persönlich entschieden hast. Das folgt jetzt nicht allgemeingültig von irgendwo her.

    Ich fände es hingegen sogar gut, wenn ich mit meiner Arbeit immerhin 50 andere Mitstreiter in meinem Fachbereich fasziniert hätte. Ich kann mir sogar vorstellen, dass es irgendwo Doktorarbeiten gibt, die außer dem Erstbetreuer (falls überhaupt) nie jemand lesen wird. Das ist doch dann nicht automatisch schlecht oder sinnlos. Vielleicht war es dem Autor ein persönliches Bedürfnis sich über das Thema der Arbeit mal Gedanken zu machen und die Ergebnisse niederzuschreiben. Und gut ist.

    Warum sollen es denn prinzipiell alle Menschen sein? Du kannst doch unmöglich meinen, dass alle Menschen alles Wissen sollten? Es gibt so viel in unserer Umwelt, dass gar nichts anderes übrig als sich in unserer kurzen Lebenszeit auf irgendwas zu beschränken.

  7. #7 Captain E.
    12. April 2018

    @Florian Freistetter:

    Du siehst das was ich meine, falsch herum. Es geht nicht darum, dass die Resonanz bestimmt was “gut” ist oder nicht. Sondern darum, dass man sich als Forscher immer Gedanken darüber machen sollte, was an der eigenen Forschung den Rest der Welt betreffen könnte. Also die Verbindung zwischen der (abstrakten) Forschung und der Realität der Menschen nicht aus den Augen zu verlieren.

    So weit sind wir gar nicht auseinander, denke ich. Du denkst an den Forscher, der in seinem Institut wichtige Dinge erforscht, die von seinen Fachkollegen als sehr wertvoll eingeschätzt werden – und außerhalb dieses elitären Kreises weiß keiner davon. Eine praktische Anwendung kann es schon deshalb nicht geben, weil die Leute, die so etwas entwickeln könnten, außerhalb dieses Kreises stehen. Und selbst wenn es sich um so etwas exotisches wie das Sitnikov-Problem handelt, für das es außerhalb der Literatur (aber immerhin dort!) vermutlich niemals eine Anwendung geben wird, bekommt vielleicht niemals jemand etwas davon mit. Warum hat man sich diese Gedanken also überhaupt gemacht? So weit, so klar.

    Aber was geschieht, wenn der betreffende Forscher seine Resultate einer breiten Öffentlichkeit bekannt macht? Vielleicht gibt einen Autoren, der die Idee literarisch umsetzt, oder einen Ingenieur, der es technisch tut. Vielleicht fasziniert es tausende oder Millionen, oder eben immer noch niemanden. Wird die Arbeit also mehr wert, wenn alle sie kennen könnten, es aber tatsächlich niemanden interessiert? Macht es einen Unterschied im Vergleich dazu, die Arbeit in Fachkreisen quasi geheim zu halten?

    Tja, und umgekehrt gibt es eben Menschen wie einen Erich von Däniken, der sich selbst gerne als Wissenschaftler sieht, aber nur einen Haufen Unsinn verbreitet, den alle Welt kennt, und wenn nur rudimentär. Wird diese “Arbeit” nun mehr wert, weil sie viele Menschen kennen? Oder die Arbeit eines Richard David Prechts, der aus den irrigen Annnahmen, Menschen könnten kein rohes Fleisch essen und das Kochen gäbe es erst seit wenigen tausend Jahren, sich die krude These zusammenstoppelt, wir müssten also Vegetarier werden?

    Im Grunde läuft es daraufhinaus, dass der Wert von Forschung ein mathematisches Produkt ist, nicht wahr? Der Basiswert wird mit dem Bekanntheitswert (wie immer man beide auch genau quantifizieren soll!) multipliziert, und wenn einer von beiden Null ist, dann ist es eben auch der Gesamtwert.

  8. #8 Florian Freistetter
    12. April 2018

    @foobar: “Nachdem unsere letzte Diskussion ja genau um dieses Thema kreiste, freut es mich, dass du dazu noch mal einen längeren Artikel verfasst hast.”

    Ich hatte beide Artikel zur gleichen Zeit geschrieben; nur den hier erst heute veröffentlicht.

    “Ich kann mir sogar vorstellen, dass es irgendwo Doktorarbeiten gibt, die außer dem Erstbetreuer (falls überhaupt) nie jemand lesen wird. Das ist doch dann nicht automatisch schlecht oder sinnlos. “

    Es geht nicht um lesen oder nicht-lesen. Es geht auch nicht um schlecht oder sinnlos. Es geht darum, dass man sich Gedanken machen sollte, wenn man zu dem Schluss kommt, dass die eigenen Forschung nur für ein paar Dutzend Leute PRINZIPIELL relevant/interessant ist. Und damit nicht wieder Missverständnisse entstehen: Nein, ich sage nicht, dass die Relevanz jeder Forschung zwanghaft allen Menschen mitgeteilt werden sollten. Aber wenn das, was ich tue, prinzipiell uninteressant für alle anderen ist, dann mache ich irgendwas falsch.

    Ein Beispiel: Ich könnte mit aller wissenschaftlicher Exaktheit einen Fachartikel schreiben, in dem ich analysiere, wie stark die Buntstifte auf meinem Schreibtisch Tag für Tag abgenutzt werden. Ich kann die Frequenz des Anspitzens nach verschiedenen Stiftfarben aufspalten, usw. Diese Arbeit hat aber absolut keine Relevanz für irgendwen. Ich kann mich noch so sehr anstrengen und werde trotzdem nichts finden, mit dem ich irgendwem erklären könnte, warum meine Analyse meiner privaten Buntstifte für irgendwen interessant sein sollte. Vielleicht finde ich noch ein, zwei andere Spinner auf dieser Welt, die so etwas ähnliches machen und mit denen ich mich im (von uns gegründeten) “Journal of colored pencil analysis” austausche. Und für uns mag das ok sein – es gibt durchaus seltsamere Hobbys. Aber wir dürfen dann nicht dem Fehlschluss unterliegen, unsere Arbeit hätte einen “wissenschaftlichen Wert” der von der Gesellschaft irgendwie akzeptiert werden müsste (oder gar von der Öffentlichkeit finanziert).

    Und bei der echten Wissenschaft ist es genau so. Ich bin davon überzeugt, dass man dort so gut wie nichts finden wird, das meinem Buntstift-Beispiel ähnlich ist. Aber trotzdem sollten sich alle Forscher überlegen: Was tue ich da? Warum tue ich es? Und welchen Wert (im Sinne von Precht bzw dem was ich gerade beschrieben habe) hat das, was ich tue? Denn GENAU die Antwort auf diese Frage ist der Punkt, an dem die Vermittlung von Wissenschaft an die Öffentlichkeit ansetzen kann.

    “Du kannst doch unmöglich meinen, dass alle Menschen alles Wissen sollten? “

    Hab ich auch mit keinem Wort irgendwo gesagt oder auch nur angedeutet.

  9. #9 stone1
    12. April 2018

    Hmm, interessanter Artikel, dieser Taschenbuchphilosoph Precht hat bei mir bisher auch keinen besonders guten Eindruck hinterlassen, er ist halt anscheinend medientauglich und kann sich und seine Bücher ganz gut verkaufen.

    Ich habe allerdings gar nichts gegen Philosophen im Allgemeinen, wenn es darum geht fundiert über Problemstellungen nachzudenken und dabei möglichst viele relevante Aspekte zu berücksichtigen. Auch wenn beispielsweise der in Österreich medial bekannte Philosoph Konrad P. Liessmann meist etwas arrogant rüberkommt, ist er dennoch immer eine Bereicherung bei Polittalks im TV, der zumindest ein paar interessante Fragen aufwirft und Argumente anführt, über die es sich nachzudenken lohnt.
    Die ModeratorInnen alleine schaffen es ja meist nicht, den Talkgästen irgendetwas Interessantes abgesehen von Politsprechblasen zu entlocken.

    Auch sehe ich das nicht so eng mit den 50 Leuten die ein Thema mit einer Community von ein paar hundert Menschen teilen, das hat vielleicht keinen großen direkten ‘impact’, kann aber dadurch, dass ein paar dieser Leute vielleicht auch noch mit anderen darüber reden dennoch etwas bewirken. Vielleicht inspiriert so irgendwann mal eine wissenschaftliche Idee, für die eigentlich niemand eine mögliche Anwendung gesehen hat, jemanden zu einer ausgefallenen Erfindung oder etwas Ähnliches. Auch wenn mir jetzt ad hoc nicht direkt ein Beispiel einfällt, ist so etwas sicher schon vorgekommen.

    Sich auch ein wenig Gedanken über die möglichen Auswirkungen eines Forschungsthemas zu machen ist sicher nicht verkehrt, aber es sollte meines Erachtens primär nicht im Vordergrund stehen, ob überhaupt und wenn ja wieviel das Thema einer wissenschaftlichen Arbeit ‘Wert’ ist.
    Man kann nie wissen, ob es nicht irgenwann mal relevant wird, naja, abgesehen von Buntstiftforschung vielleicht. ; )

  10. #10 Florian Freistetter
    12. April 2018

    “Taschenbuchphilosoph Precht”

    Es ist überraschend, wie viele Leute Vorurteile gegenüber Precht haben. Das ist irgendwie die gleiche Situation, die in der Naturwissenschaft zwar noch nicht ganz aber immerhin doch schon fast überwunden ist. Da gabs ja auch immer das Vorurteil: “Der ist dauernd in den Medien und redet allgemeinverständlich zum normalen Volk. Der kann irgendwie nicht seriös sein!”. Aber was Geisteswissenschaften angeht, scheint immer noch in vielen Köpfen die Gleichung “Unverständlich = Seriös” zu existieren (da reicht ja schon ein Blick ins Feuilleton und den absichtlich komplizierten Stil den die dort immer noch pflegen).
    Ich will nicht sagen, das Precht niemals Unsinn erzählt oder ich in allen Dingen seiner Meinung bin. Aber er ist in der Lage, komplexe Gedanken verständlich zu vermitteln. Und kann so erzählen, das Leute ihm (gerne) zuhören. Das ist genau das, was Wissenschaftsvermittler tun sollen und können müssen. Und Precht macht das sehr gut. Hier ist ein schönes Beispiel: https://www.youtube.com/watch?v=51NjOpL3kDM

    (Die Bücher von Precht kenn ich übrigens gar nicht – bis auf das zur Philosophiegeschichte, das sehr gut ist; ich kenn hauptsächlich seine Vorträge und Interviews)

  11. #11 stone1
    12. April 2018

    @Florian Freistetter

    Ich hab ja gar nichts gegen Precht, er kann Dinge einfach erklären, nur wie Captain E. schon schrieb ist manches davon nicht wirklich gut durchdacht oder fundiert bzw. stimmt einfach nicht. Außerdem behagt mir seine Art nicht, er hat so etwas leicht missionarisches an sich.
    Ist aber mein rein persönlicher Eindruck, andere finden den super, ist auch Okay.

  12. #12 Christian Jänsch
    Wien
    12. April 2018

    ich hab in diesem zusammenhang diese unterhaltung sehr erhellend gefunden: nämlich, dass forschung je verständlicher für andere (auch andere forscher) je mehr kann aus ihr entstehen, was vordergründig gar nichts mit dem eigentlich gegenstand zu tun hatte: #neildegrassetyson #marquesbrownlee https://www.youtube.com/watch?v=pqQrL1K0Z5g

  13. #13 stone1
    12. April 2018

    Ergänzung zu #11:
    Die Bezeichnung ‘Taschenbuchphilosoph’ war natürlich etwas frech, aber als Person öffentlichen Interesses muss der das schon aushalten, man könnte ihn vielleicht etwas versöhnlicher auch als Volksphilosophen bezeichnen, weil er Philosophie, die im (Grund)Schulunterricht ohnehin wohl meist zu kurz kommt, einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht. Keine Ahnung wie hoch die Auflagen seiner Bücher sind, aber damit hat er wohl unzweifelhaft Positives bewirkt, indem er Menschen dazu bringt, auch mal genauer über Dinge nachzudenken.

  14. #14 Richard
    12. April 2018

    Aber was man sich durchaus fragen sollte ist das, was Precht gemeint hat: Wenn meine Forschung nur für eine Handvoll Menschen verständlich und relevant ist – was ist sie dann wert?

    Hmm. Mir fällt da spontan die Zahlentheorie als Beispiel ein: Über ein Jahrhundert lang das Paradebeispiel für reinste Theorie, die nur eine Handvoll Mathematiker verstehen und die außerhalb dieses kleinen elitären Kreises auch keine Sau interessiert – bis dann im letzten Drittel des letzten Jahrhunderts die ganzen modernen, auf der Zahlentheorie aufbauenden Verschlüsselungsverfahren erfunden wurden ohne die sichere digitale Kommunikation gar nicht mehr denkbar ist.

    Und dann stelle ich mir vor, wie ich als Zahlentheoretiker so um 1920 rum die Frage von oben beantwortet hätte…

  15. #15 Captain E.
    12. April 2018

    @Florian Freistetter :

    Wie kommst du denn darauf, dass ich gegen Precht im besonderen Vorurteile hätte? Nur seit er es auf die erste Seite des Kulturteils geschafft hat mit einem Interview, in dem er vor allem über sein neues Buch gesprochen hat, halte ich eben nicht mehr viel von ihm. Wer im fremden Terrain wildern möchte, sollte zumindest ein Mindestmaß an Fachwissen aufbringen.

    Jetzt würde nur noch fehlen, dass irgendwer behauptete, als Philosoph müsse man kein Fachwissen besitzen, sondern dürfe getrost über alles möglich philosophieren, auch in krassem Gegensatz zu dem bereits gesicherten Wissen.

  16. #16 Florian Freistetter
    12. April 2018

    @Captain: “Wer im fremden Terrain wildern möchte, sollte zumindest ein Mindestmaß an Fachwissen aufbringen. “

    Das ist natürlich klar (und trivial). Da ich jetzt allerdings weder weiß, was genau du meinst noch beurteilen kann, ob das was Precht gesagt hat, falsch ist oder nicht (grad wenns ums Fleisch essen geht ist das richtig/falsch ja leider sehr oft von Ideologie überblendet), kann ich dazu nicht mehr sagen. In meinem Artikel hab ich mich auf eine ganz spezifische Aussagen bezogen und das was ich dazu gesagt habe, kann und soll unabhängig vom Rest betrachtet werden.

    Und mit den Vorurteilen hab ich vor allem das mit dem “Taschenbuchphilosoph” gemeint…

  17. #17 stone1
    12. April 2018

    @Florian Freistetter

    Das mit dem ‘Taschenbuchphilosophen’ hab ich ja zurückgenommen und auch begründet, warum ich der im Artikel zitierten Aussage von Precht nicht wirklich zustimmen kann.

  18. #18 foobar407
    13. April 2018

    @Freistetter

    Es geht darum, dass man sich Gedanken machen sollte, wenn man zu dem Schluss kommt, dass die eigenen Forschung nur für ein paar Dutzend Leute PRINZIPIELL relevant/interessant ist.

    Meinst du so ähnlich wie den kategorischen Imperativ? Also ein potentielles Interesse aller Menschen als allgemeines Gesetz und die Forschung (oder die Kommunikation darüber) dann als deine Maxime?

    Und wie willst du dann das prinzipielle Interesse einschätzen? Was ist denn das Prinzip hier? Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass sich jeder Mensch potentiell von Planetenbewegungen in anderen Sternsystemen faszinieren lassen kann – oder nur wenn man prinzipiell jegliches Interesse an allen möglichen Dingen in unserer Umwelt (dann kämen wir zu deinem Bleistift-Beispiel) annimmt.

    Aber wir dürfen dann nicht dem Fehlschluss unterliegen, unsere Arbeit hätte einen “wissenschaftlichen Wert” der von der Gesellschaft irgendwie akzeptiert werden müsste (oder gar von der Öffentlichkeit finanziert).

    Ich verstehe deine Forderung nicht. Darf der Hobby-Bleistiftler jetzt keine Bleistift-Partei gründen oder politische Lobbyarbeit betreiben?
    Und vor allem warum denn nicht? Weil es sich für dich nicht um Wissenschaft handelt (ich würde dir sogar halbwegs zustimmen) oder weil du bezweifelst, dass der Hobby-Bleistiftler nach deinem “kategorischen Imperativ” handelt?

    Oder sagst du bloß aus, dass er keinen gesellschaftlichen Konsens finden wird, weil er nur zwei Anhänger hat?

  19. #19 foobar407
    13. April 2018

    @Captain E.

    Ich erinnere daran, dass Precht Philosoph ist, und damit gehört er zu einer (wissenschaftlichen?) Berufsgruppe, der in den letzten Jahrtausenden ein wenig ihr Forschungsgegenstand weggebrochen ist.

    Ich würde schon sagen, dass Philosophie eine Wissenschaft ist.

    War früher die gesamte Natur ihre Spielwiese, so bleiben den Philosophen heute kaum mehr als ethische und gesellschaftliche Fragen, …

    Das klingt bei dir so, als ob das dann wenig wäre oder unwichtig. Also zentraler geht es doch kaum. Außerdem hat Philosophie so viele unterschiedliche Strömungen, als dass man deine Liste bestimmt noch erweitern kann.

    …und selbst da haben sie Konkurrenz.

    Aber ist das jetzt gut oder schlecht?

    Also wird immer mal wieder auf fremden Gebieten gewildert, nur leider zuweilen unter Außerachtlassung des dort aktuellen Wissensstandes. So spekulieren manche Philosophen über widerspruchsfreie logische Systeme, deren Existenz seit Kurt Gödel negiert werden muss.

    So was kann passieren. Aber dann kann man das ja schnell klar stellen und gut ist. Ich meine, es gibt so viel Spezialwissen, da kann man nicht alles wissen. Und sieh es mal so, immerhin hat sich der Philosoph selbst Gedanken gemacht.

  20. #20 PDP10
    13. April 2018

    Disclaimer: Keine Kritik am Artikel oben. Die Frage ist interessant und wichtig … aber …

    Precht? Der Germanist aus Iserlohn?

    “Viele sagen ja er ist für die Philosophie das, was die Alliierten für Dresden waren…”
    (Thomas Freytag)

    Wer möchte kann sich im Fernsehen auch bei denen über Philosophie schlau machen, die dazu was fundiertes zu sagen haben:

    https://www.arte.tv/de/videos/RC-014080/philosophie/

  21. #21 epsilon
    13. April 2018

    Umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Wissenschaft sollte sich nicht *mehr*, sondern eher weniger um “Aussenwirkung” kümmern.

    Denn genau dieses Fixiert-sein auf die “Aussenwirkung”, den Wert, das Image, die Verkaufbarkeit, Zeitgeist-Konformität,
    das Vermarkten, Verkaufen unter PR-Gesichtspunkten

    führt zu jenem unseligem “Publish-or-perish”-Prinzip unter der Wissenschaftler heute leiden.

    Forscher sollten in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen können, unbehelligt von Forschungs- und gesellschaftspolitischen “Grosswetterlagen” ohne den Druck möglichst schnell gut “verwertbare” und oder gut “kommunizierbare” Ergebnisse zu liefern.

    Ergebnisse von tatsächlicher positiver Relevanz für die Gesellschaft werden sich ganz von alleine durchsetzen.
    (Das ist dann aber das Aufgabenfeld von Ingenieuren, Politikern, Verkäufern, Marketing- und PR-Fachleuten)

  22. #22 Tox
    13. April 2018

    @Captain E.:

    So spekulieren manche Philosophen über widerspruchsfreie logische Systeme, deren Existenz seit Kurt Gödel negiert werden muss.

    So, muss sie das? Oder hat hier vielleicht jemand anderes den Wissensstand in der Mathematik außer Acht gelasssen? Gödel hat mitnichten gezeigt, dass es keine widerspruchsfreien logischen Systeme gibt. Er hat vielmehr (unter anderem) gezeigt, dass jedes ausreichend mächtige und widerspruchsfreie formale System unvollständig ist.

  23. #23 Florian Freistetter
    13. April 2018

    @foobar: Ich kann mir nicht vorstellen das du nicht verstehst was ich meine. Und ich hab keine Lust schon wieder eine Pseudodiskussion über deine absichtlich falsch verstandene Version meiner Artikel zu führen.

  24. #24 foobar407
    13. April 2018

    @Freistetter
    Doch ich verstehe es nicht ganz.

    Du vermischst hier zwei unterschiedliche Sachen:
    1. Was ist Wissenschaft
    2. Welche Werte hat ein Mensch, um sein Handeln zu rechtfertigen

    Das eine hat mit dem anderen nicht so viel zu tun.

  25. #25 Florian Freistetter
    13. April 2018

    @foobar: Von “Werten” wie du sie zu meinen scheinst, hab ich nie geredet. Alles was ich gesagt habe war: “Macht euch Gedanken darüber, was an eurer Forschung andere Menschen interessieren könnte, die keine Wissenschaftler sind!”

  26. #26 Adent
    13. April 2018

    @foobar407

    1. Was ist Wissenschaft
    2. Welche Werte hat ein Mensch, um sein Handeln zu rechtfertigen

    Meinem bescheidenen Verständnis nach hat Florian diese beiden Sachen nicht vermischt, du hast sie ins Spiel gebracht (aus welchem Grund auch immer) und Florian untergeschoben. Sowas nennt man eine Strohmanndiskussion. Ich lese da nichts von dem, was du Florian vorwirfst, du scheinst also (wieder einmal) Texte sehr anders zu verstehen als andere. Das ist natürlich trivial, da keine zwei Leute einen Text gleich verstehen, aber die Diskrepanz zwischen deinem Leseverständnis, die sich auch in dem anderen Thread gezeigt hat, sollte dich doch langsam mal zum Nachdenken über dich bringen, oder nicht?

  27. #27 Jolly
    13. April 2018

    @ Joseph Kuhn

    Die Finalisierung der Wissenschaft (Zeitschrift für Soziologie; 1973; S. 128-144), danke für den Hinweis.

    @ Captain E.

    So spekulieren manche Philosophen über [???] Systeme, deren Existenz seit Kurt Gödel negiert werden muss.

    Klingt vielversprechend. Welche Philosophen sind denn das? Gibt es dazu eine Veröffentlichung?

    Da ist das ‘frei’ in freie Wissenschaft scheinbar sehr frei interpretiert worden.

  28. #28 foobar407
    13. April 2018

    @Adent

    Meinem bescheidenen Verständnis nach hat Florian diese beiden Sachen nicht vermischt, du hast sie ins Spiel gebracht (aus welchem Grund auch immer) und Florian untergeschoben

    Freistetters Faszinationspotential-Kriterium passt für mich eher zu Punkt 1 “Was ist Wissenschaft”. Also viele Menschen machen sich besonders Mühe zu einem Thema, und dann wird über einen gesellschaftlichen Konsens irgendwie Wissenschaft daraus. Dem würde ich sogar zustimmen.

    Dann kommt Punkt 2 mit den Werten. Der Begriff steht in der Überschrift, mehrmals im Artikel, und Sätze sind als normative Aussagen formuliert. Da ist dann meine Aussage zu, dass das nicht unbedingt das Themengebiet der Wissenschaft ist. Auf die Fragen Antworten zu liefern, ist dann eher die Rolle von Weltanschauungen.

    Das ist natürlich trivial, da keine zwei Leute einen Text gleich verstehen, aber die Diskrepanz zwischen deinem Leseverständnis, die sich auch in dem anderen Thread gezeigt hat, sollte dich doch langsam mal zum Nachdenken über dich bringen, oder nicht?

    Schon wieder diese Meta-Diskussion. Dass ich hier den Text lese und dazu Fragen aufschreibe, heißt doch, dass ich mich damit beschäftigt habe, und versuche den Autor oder die Kommentatoren hier zu verstehen. Und dann schreibe ich auch meine eigenen Überzeugungen dazu, womit ich mich euch gegenüber öffne und “riskiere” dass mein Verständnis sich verändert (oder von mir aus dass meine Vorurteile überwunden werden). Das ist doch ganz fair, oder nicht? Und das ist einfach die Beschreibung dessen, was ein Dialog ist. Was soll ich denn jetzt noch mehr machen? Wie soll ich denn jetzt nachdenken?
    Wie willst du denn ohne Dialog etwas verstehen?

    Und ja, wie ich sehe, haben wir es nicht geschafft, in ein paar Kommentaren hier unter den Artikeln uns zu verstehen. Aber wenn wir den Dialog beenden (vielleicht weil wir keine Zeit haben oder andere Dinge wichtiger sind), dann heißt das nur, dass wir uns nicht verstehen werden – nicht mehr und nicht weniger.

  29. #29 rolak
    13. April 2018

    Die Finalisierung der Wissenschaft .., danke für den Hinweis

    Danke für die Datensuche, Jolly. Hatte ich mich bisher vor gedrückt ;·)

  30. #30 Adent
    13. April 2018

    @foobar407
    Was Florian über Wert sagt ist meines Erachtens nicht normativ und betrifft auch nicht den Wert des Handels eines Menschen an sich, sondern die Frage, ob seine Arbeit (nicht sein Hobby), für die er irgendwie bezahlt wird einen Wert für andere hat.
    Weiterhin sagt er nicht, wenn dem nicht so ist sollte man es sein lassen, sondern er sagt, dass er a) nicht denkt, dass Wissenschaft vollkommen wertlos ist, egal wie abgefahren sie ist und b) wenn kein Wert erkennbar ist sollte man drüber nachdenken, ob es für einen selbst sinnvoll ist.
    Normativ wäre für mich, der Wert des Handelns im täglichen Leben für den Menschen in Bezug auf andere (also moralische Werte, ethische Werte) etc.
    Ein Beispiel wäre, ob man Forschung betreiben sollte, die direkt zur Waffenentwicklung mit der Absicht Menschen (z.B. Neutronenbombe) zu töten führt oder nicht. Eine andere “Wertfrage” wäre, ob man die Grundlagenforschung zu Neutronen machen sollte, weil sie ja irgendwie zur Waffenentwicklung führen kann. Aber das hat meiner Meinung nach alles nichts mit dem Thema zu tun, was Florian hier angerissen hat.

  31. #31 StefanL
    13. April 2018

    @foobar407

    1. Was ist Wissenschaft
    2. Welche Werte hat ein Mensch, um sein Handeln zu rechtfertigen

    Das eine hat mit dem anderen nicht so viel zu tun.

    Quatsch. Einfaches Beispiel:
    Hexenverbrennung – Wissenschaft widerlegt die Prämisse.

  32. #32 foobar407
    13. April 2018

    @Adent

    Was Florian über Wert sagt ist meines Erachtens nicht normativ und betrifft auch nicht den Wert des Handels eines Menschen an sich,

    Ich benutze da eine einfache Regel: Wenn der Satz das Verb “Sollen” enthält, ist es eine normative Aussage. Da geht es dann nicht um den Wert des Handelns sondern der Wert wäre dann die Begründung für das Handeln.

    er sagt, dass er a) nicht denkt, dass Wissenschaft vollkommen wertlos ist, egal wie abgefahren sie ist und

    Ok. Aber er begründet das nicht ausreichend. Wenn er wissenschaftliches Handeln (oder Kommunizieren darüber) begründen möchte, muss er einen Wert (oder einen Sinn oder eine ethische Regel) hinschreiben. Wie gesagt, was er dann dazu geschrieben hat, fällt für mich eher unter die Kategorie, was Wissenschaft ist, und nicht darunter was sie Wert ist. Also je mehr Leute sich für ein Thema prinzipiell interessieren lassen desto wissenschaftlicher ist es (ich vermute, das würde er jetzt wieder abstreiten, ich aber nicht).

    Oder aber er sagt, dass Wissenschaft für ihn einen Wert an sich darstellt. Das folgt aber nicht aus der Wissenschaft selbst heraus und ließe sich dann unter Szientismus zusammenfassen. Und ich glaube auch nicht, dass Freistetter Szientist ist (oder doch?)

    wenn kein Wert erkennbar ist sollte man drüber nachdenken, ob es für einen selbst sinnvoll ist.

    Er schreibt an einer Stelle sogar von “wissenschaftlichem Wert”. Aber wenn es dabei auf die Wissenschaft ankommt, wäre es Szientismus. Und wenn es darauf nicht ankommt steht da für mich: “Wenn jemand keinen Wert findet, muss er weiter nach einem Wert Suchen” oder “Wenn er keinen Sinn sieht, muss er weiter nach einem Sinn suchen”. Und ja, Wert, Sinn oder ethische Regel sind für mich Synonym.

    Normativ wäre für mich, der Wert des Handelns im täglichen Leben für den Menschen in Bezug auf andere (also moralische Werte, ethische Werte) etc.

    Ich denke, es fängt schon früher an bzw. es ist allgemeiner zu verstehen. Normativ (Ethik, Moral, Werte, …) betrifft jegliche Begründung eines jeglichen Handelns. Ob man dabei überhaupt andere Menschen berücksichtigt, ist dann selbst eine ethische Frage

  33. #33 Adent
    13. April 2018

    @foobar407

    Ich benutze da eine einfache Regel: Wenn der Satz das Verb “Sollen” enthält, ist es eine normative Aussage.

    Vielleicht der Beginn des Missverständnisses?

    Also je mehr Leute sich für ein Thema prinzipiell interessieren lassen desto wissenschaftlicher ist es (ich vermute, das würde er jetzt wieder abstreiten, ich aber nicht).

    Das streite ich auch ab, wie du sagtest Florian sicher auch, weil das eine nichts mit den anderen zu tun hat. Du begehst meiner Meinung nach andauernd Kategorienfehler und das macht die Kommunikation mit dir sehr anstrengend.
    Weil 2,3 Mrd Menschen Christen sind und sich für die christliche Religion interessieren ist es eine Wissenschaft. Das wäre eine für dich typische Argumentationskette, die für mich keinen Sinn ergibt.
    Weil 100 Mrd Fliegen Scheiße interessant finden ist die Scheißologie eine Wissenschaft?
    Ehrlich gesagt finde ich das ermüdend, du bewegst dich in dieser Diskussion in Quantensprüngen (wörtlich genommen), also nahezu überhaupt nicht, das wäre ja ok, wenn dein Verständnis nicht teilweise so eklatant abweichend von dem wäre was eigentlich gemeint war. Daraus kann man dann auch sehr leicht eine (für dich) logische Kette aufbauen.
    a) Du verstehst das was dir geantwortet wird anders als das was dir geschrieben wurde, also falsch (das kann natürlich an dem geschriebenen liegen, warum aber verstehen es denn die anderen?)
    b) Du antwortest nur auf das was du verstehst (was nach a) falsch ist), daraus ergibt sich
    c) die Diskussion mit dir ist sinnlos da deine Prämissen schon falsch sind.

  34. #34 Adent
    13. April 2018

    @foobar407
    Ich will in 33 nicht wieder eine Metadiskussion anfangen, ich möchte dir nur zeigen, dass deine Art “logische” Argumente zusammenzutragen, die nicht zusammen gehören nicht Dialog-fördernd ist.
    Versuch doch mal ohne dies Akausalketten zu argumentieren.

  35. #35 foobar407
    13. April 2018

    @Freistetter

    Von “Werten” wie du sie zu meinen scheinst, hab ich nie geredet.

    Ich rede von Werten wie hier: “Werte bezeichnen im allgemeinen Sprachgebrauch als erstrebenswert oder moralisch gut betrachtete Eigenschaften bzw. Qualitäten”

    Alles was ich gesagt habe war: “Macht euch Gedanken darüber, was an eurer Forschung andere Menschen interessieren könnte, die keine Wissenschaftler sind!”

    Ok. Und fogt diese Aufforderung (dieser Imperativ / diese normative Aussage) aus irgendetwas oder ist das jetzt erst mal dein privates Postulat?

  36. #36 foobar407
    13. April 2018

    @Adent
    Wenn du keine Meta-Diskussion führen willst, dann schreib doch einfach, warum dein Begriff für Normen/Werte angemessener sein sollte als meiner. Ich denke, meiner ist allgemeiner (ich hab ja auch woanders Wiki dafür zitiert) und deinen Zusatz mit dem Bezug zu anderen Menschen sehe ich als künstliche und unnötige Einschränkung zu meinem Begriff.

    Falls du doch eine Meta-Diskussion führen willst, dann schreibe ich dir auch warum dein Satz “die Diskussion mit dir ist sinnlos da deine Prämissen schon falsch sind” falsch ist. Gerne auch woanders wenn man dort genauso einfach wie hier kommentieren kann.

  37. #37 Metalgeorge
    13. April 2018

    prima
    ich glaube ich habe eine neue Diskussionsform entdeckt.
    Nach der bereits bekannten Form “Karl-grossen”.
    Ich nenne sie “foobarisieren”.
    Der Effekt beider Diskussionsformen ist,
    dass sie zu Endlosschleifen führen.
    Ein Hoch auf die Anders(herum)denkenden.

  38. #38 foobar407
    13. April 2018

    @Metalgeorge

    Ich muss dich leider entäuschen. Dass argumentative Diskussionen prinzipiell immer unendlich sind, ist leider keine neue Entdeckung sondern Allgemeinwissen in der Argumentationstheorie

  39. #39 lindita
    13. April 2018

    Ist nur die Frage des richtigen Verkaufens.

    Eine ferngesteuerte Waffe:
    Moralisch, vielleicht, fraglich… Aber ich als Mutter/Schwester/Tochter/Frau würde es doch bevorzugen, dass die mir nahestehende Person, die aus welchen Gründen auch immer im Kriegsgebiet agieren muss, die höchsten Überlebenschansen hat.

    Homöopathie verkauft sich als Wissenschaft sehr gut, obwohl sie keine ist. Was ist ihre Verkaufstrategie? Welche Ängste und Hofgnungen spricht sie an -a), und b) wie einfach oder kompliziert erklärt sie den Prozess selbst?

    Menschen, die ihr (HP) anhängen werden keinem genau erklären können, wie Homöopathie funktioniert, sie wollen es gar nicht genau wissen.

    Wichtig ist allein ihr Wert.

    Deshalb wird in die Krebsforschung ohne wenn und wie investiert, und bei Marsflug gestrichen. Wenn jemand aber sagen wird, dein Internet wird durch die Marsforschung schneller, oder ein unbekannter sich dort befindender Element wird Krebs heilen oder oder oder …

    Oder so: f ist total uninteressant/unsinnig, aber f brauch man für e, und e braucht man für d, und d braucht man für c – ohne c ist a, was absolutes Ineresse erregt und grossen Sinn stiftet, nicht möglich… jeder wird sich für f interssieren, weil es am Ende grossen Wert hat.

    Auch wenn ohne Ziel geforscht wird, soll der Wert dieser Art von Forschung kommuniziert weden, denn sie hat einen.

  40. #40 lindita
    13. April 2018

    Sorry – das Element ( -tes -des)

  41. #41 Winni
    14. April 2018

    Wenn Richard David Precht fragt,
    “Was ist diese Forschung wert,(…) wenn sie nichts anderes sind als Briefe an Freunde?”,
    dann steht die Frage nach der Verständlichkeit und Zugänglichkeit im Raum und nicht die Frage nach dem Wert dieser Arbeit für die Gesellschaft.
    Wenn Du Florian, die Aussage so verdrehst, dass der Forschende den Wert für die Gesellschaft bemessen solle und wenn er erkennt, dass
    “….da wirklich absolut nichts ist, was abgesehen von den paar Fachkollegen für irgendwen von Interesse ist, dann sollte man sich vielleicht Gedanken nach der Sinnhaftigkeit seines Tuns machen”,
    führt das zu einer unheilvollen Wertediskussion.
    Und der Satz,
    “Wenn man sich zuvor nicht über das Gedanken macht, was “diese Forschung wert ist”, wie Precht sagt, dann kann man die Kommunikation auch gleich bleiben lassen, denn dann wird abgesehen von den paar Dutzend Kollegen niemand Interesse daran haben”,
    treibt diese Fehlinterpretation immer weiter.
    Möchtest Du unter deiner Forschungsarbeit eine Note für den Wert der Gesellschaft haben? Über Planeten, die um fremde Sonnen drehen?
    Wer soll das beurteilen?
    Die sich in dieses Wertegremium drängen würden, wären sicher keine intergalaktischen Freidenker, sondern Hinterhofkleinkrämer und deine Note wäre wenig schmeichelhaft.
    Der Forscher soll und kann niemals den Wert seiner Forschung für die Gesellschaft beurteilen.
    Nicht jeder forscht an Verbrennungsmotoren. Es gibt Forschungen in der Kunst und Gesellschaftswissenschaften, wie soll dort der Wert bemessen werden?
    Was ist mit Forschungen, die schlussendlich Thesen negieren?
    Sind sie unwert, obwohl ihr Ergebnisse richtungsweisend sind?
    Wahrscheinlich kann man den ganzen LHC demnächst abbauen und Metallskulturen daraus schmieden, aber sind die Ergebnisse deshalb nichts wert?
    Was glaubst Du, stände bei der Note Gesellschaftliche Relevanz beim LHC?
    Eine Note ist eine Zeitaufnahme.
    Eine Relevanz ist eine Funktion über die Zeit.
    Niemand sollte meinen, einen Wert für die Gesellschaft einer Forschungstätigkeit bewerten zu können. Und ich hoffe niemals in einer Gesellschaft leben zu müssen, die auf diese Idee kommt.
    Und Forscher in dieses Dilemma zu treiben, ist schlichter Unsinn.

  42. #42 Metalgeorge
    14. April 2018

    @foobar407
    ich kenne das Prinzip auch aus der Theorie zu Schwingkreisen.
    Man nimmt eine eingehende Information (Argument) dreht sie in seiner Phase um 90 Grad und gibt es anschliessen wieder an das Eingangssystem zurück:)
    Die kann dann auch oft zu Eskalationen führen.
    Regelkatastrofen.

  43. #43 lindita
    14. April 2018

    @ Winni

    “Sind sie unwert, obwohl ihr Ergebnisse richtungsweisend sind?”

    Darum geht es ja (soweit ich es verstanden habe)- nicht die Öffentlichkeit entscheidet, was wert ist, sondern der Wissenschtler kommuniziert an die Öffentlichkeit , warum das, was er tut wichtig und wertvoll für die Gesellschaft ist. Wenn etwas direkt scheinbar keinen Wert hat, dann hat es oft indirekt einen. “Richtungsweisend” ist für mich ein Wert.

    Manchmal lese und gucke ich einen totalen Trash, aber das entspannt die Sicht auf Dinge und es ergeben sich plötzlich neue Lösungswege, die man vorher nicht zugelassen hat.

    Es geht auch gar nicht darum, was der Forscher forschen soll, denn er wird es tun mit oder ohne öffentlicher Anerkennung. Die Gesellschaft akzeptiert es wie Löcher in den Strassen trotz obligatorisch gezahlter Steuergelder. Aber, wenn sowas wie Homöopathie & Co. eine kritische Masse in der Öffentlichket “überzeugt”, dann kann die Gesellschaft schon die Finanzierung der Wissenschaft in Frage stellen, und da werden der Forschung wirklich erst so richtig Ramen gesetzt.

    Dabei ist es gar nicht so schwer einfach mal zu kommunizieren, warum man an diesen oder jenen Dingen forscht, denn wertlos sind sie in der Wissenschaft die meiste Zeit nicht, und irgendwelche methodischen Details will eh keiner von den Uninteressierten wissen, also kann die komplette Unwissenschaftlichkeit der Öffentlichkeit keine Ausrede sein, um sich unter Brieffreunden zu verkriechen.

  44. #44 Metalgeorge
    14. April 2018

    …siehe auch Eskalation des Syrienkonfliktes.

  45. #45 Winni
    14. April 2018

    @lindita

    “… der Wissenschtler kommuniziert an die Öffentlichkeit , warum das, was er tut wichtig und wertvoll für die Gesellschaft ist.”

    Das kann er gar nicht beurteilen.
    Er weiß nicht, wie relevant sich eine Thematik entwickelt oder welches Umfeld es gibt. Ist eine Forschungsarbeit zu Karl Marx relevant? Oder zur genetischen Veränderung von Nutzpflanzen?
    Seine Entscheidung sollte instinktiv, vielleicht intuitiv sein.

    “Manchmal lese und gucke ich einen totalen Trash, aber das entspannt die Sicht auf Dinge und es ergeben sich plötzlich neue Lösungswege,…”

    Absolut! Und in Zeiten des Populismuses ist man sogar dazu gezwungen.

    “…wenn sowas wie Homöopathie & Co. eine kritische Masse in der Öffentlichket “überzeugt”, dann kann die Gesellschaft schon die Finanzierung der Wissenschaft in Frage stellen,…”

    Definitiv nein!
    Der temporäre Wissensstand in einem Fachgebiet oder ob ich von etwas überzeugt bin, kann nicht ausschlaggebend dafür sein, ob man dort weiter forschen darf.
    (Aktuell ist die Wirkung der Homöopathie wissenschaftlich nicht belegt.
    Das heißt aber nicht, dass sie nicht wirkt. Eine signifikante Zahl an Menschen behauptet es, also warten wir die Zeit ab und hoffentlich Forschungen. Das wird ja wohl nicht die Wissenschaftspolizei verbieten?)

    “Dabei ist es gar nicht so schwer einfach mal zu kommunizieren, warum man an diesen oder jenen Dingen forscht,…”

    Klar ist das schwer. Meistens wird die Antwort darauf sein, dass das jemand zahlt.
    Wenn man Pech hat, versucht man in Zeitprojektionskammern WIMPs durch Szintillationslicht von flussigem Xenon zu
    detektieren. Das einer Öffentlichkeit zu erklären, ist sinnlos, das will keiner wissen.

    “… kann die komplette Unwissenschaftlichkeit der Öffentlichkeit keine Ausrede sein, um sich unter Brieffreunden zu verkriechen.”

    Genau.
    Siehe Homöopathie.

  46. #46 Florian Freistetter
    14. April 2018

    @Winni: “dann steht die Frage nach der Verständlichkeit und Zugänglichkeit im Raum und nicht die Frage nach dem Wert dieser Arbeit für die Gesellschaft.”

    Genau so hab ich das auch verstanden. Und nichts verdreht… Forschung hat dann Wert, wenn sie für die Gesellschaft zugänglich ist. Wenn nichts an der Forschung zu finden ist, dass irgendwie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann, dann hat sie auch keinen “Wert” im genannten Sinn.

    Den Rest deiner Vorwürfe beantworte ich jetzt mal nicht, da sie alle aus der falschen Interpretation erwachsen, ich würde die Forscher irgendwie zwingen wollen, ihre Arbeit einem seltsamen Zwang zur gesellschaftlichen Nützlichkeit zu unterworfen (und warum das Unsinn ist, hab ich schon in vielen Artikel hier im Blog dargelegt).

  47. #47 Florian Freistetter
    14. April 2018

    @lindita: “r einfach mal zu kommunizieren, warum man an diesen oder jenen Dingen forscht, denn wertlos sind sie in der Wissenschaft die meiste Zeit nicht, “

    Genau so hab ichs gemeint 😉

  48. #48 Jolly
    14. April 2018

    @ adent

    Ich [@foobar407] benutze da eine einfache Regel: Wenn der Satz das Verb “Sollen” enthält, ist es eine normative Aussage.

    Vielleicht der Beginn des Missverständnisses?

    Die Diskrepanz zwischen deinem Leseverständnis und dem der Allgemeinheit, zu der ich auch @foobar407 rechne, sollte dich doch langsam mal zum Nachdenken über dich bringen, oder nicht?

    (vgl. @Adent #26)

  49. #49 Winni
    14. April 2018

    Ok, war schon am hyperventilieren…

  50. #50 adent
    14. April 2018

    @Jolly
    Ja, ist schon Recht, du und foobar sind die Allgemeinheit, schönen Tag noch.

  51. #51 Metalgeorge
    14. April 2018

    @winnie

    Das kann er gar nicht beurteilen.
    Er weiß nicht, wie relevant sich eine Thematik entwickelt oder welches Umfeld es gib

    Ich glaube schon , dass zum Beispiel @Florian den Wert seiner Arbeit gut einschätzen kann.

    Wenn die Arbeit aber gar nicht allgemeinverständlich kommuniziert wird,
    kann auch niemand den Wert einschätzen.

    Definitiv nein!
    Der temporäre Wissensstand in einem Fachgebiet oder ob ich von etwas überzeugt bin, kann nicht ausschlaggebend dafür sein, ob man dort weiter forschen darf.

    Im Gegensatz zu dir (anscheinend) , bin ich sehr wohl der Meinung , dass es zum Beispiel
    ethische oder moralische Überwachungsinstanzen für Forschung geben muss.
    Ich bin nicht davon überzeugt, dass jede Art der Forschung in dieser Welt auch darauf
    angelegt ist dem Allgemeinwohl oder dem Fortschritt zu dienen.

  52. #52 foobar407
    15. April 2018

    Ein letzter Versuch noch, da ja hier auch andere Probleme haben, den Artikel zu verstehen.

    Die Frage ist, was Forschung wert ist.

    Das erste, was man dabei unterscheiden muss, über wen wir hier sprechen. Geht es um die Werte des einzelnen Forschers oder geht es um einen gesellschaftlichen Wert der Forschung. Beides muss man auseinanderhalten.

    Geht es nur darum, was den einzelnen Forscher antreibt, also seine Werte, dann kann die Antwort sehr vielfältig sein. Vielleicht möchte er nur Geld verdienen, vielleicht reizt ihn der intellektuelle Anspruch seiner Arbeit, vielleicht möchte er anderen Menschen mit seiner Forschung helfen, ich kann mir sogar vorstellen, dass er die Natur eforscht um Gott näher zu kommen – da kann man jetzt viel spekulieren und wenig miteinander vergleichen und vor allem keine Ansprüche stellen.
    Teilweise deutet Freistetter aber an, dass es ihm schon um die Beantwortung genau dieser Frage geht, zum Beipiel wenn er schreibt:

    Und genau das ist es, was sich alle Forscherinnen und Forscher überlegen sollen …

    Eine zweite Sichtweise auf die Frage, was Forschung wert ist, zielt darauf ab, was die Forschung für die Gesellschaft wert ist oder sein kann. Diese Frage kann unabhängig von der ersten Sichtweise gestellt werden, da der Forscher zum Beispiel einerseits bloß dicke Kohle machen will aber durch seine Pharmaforschung ein wichtiges Medikament entdeckt.
    Freistetters Überlegungen zum Faszinations-Potential scheinen eher in die zweite Richtung zu gehen:

    Wo finde ich das, dass zumindest prinzipiell alle interessiert

    Da stellen sich dann meines Erachtens zwei Fragen:
    1. Betrifft die Frage nach der gesellschaftlichen Relevanz nicht viel mehr den Punkt, was Wissenschaft ist? (Beispiel Bleistift-Experte: keine Faszination für alle -> keine Wissenschaft) Dass eine wiss. Disziplin um gesellschaftliche Anerkennung kämpfen mus, um als Wissenschaft anerkannt zu werden, sieht man zum Beipiel ganz aktuell am Beispiel der Gender Studies. Wenn sie es gesamtgesellschaftlich nicht schafft, sich dauerhaft durchzusetzen, wird man vermutlich irgendwann nicht mehr von Wissenschaft sprechen und die öffentlichen Gelder streichen.

    2. Hilft das Faszinationspotential-Kriterium von Freistetter jetzt irgendwie konkret weiter, diese gesellschaftliche Relevanz (oder von mir aus auch nur der hier angesprochene “Wert”) zu bestimmen? Ich denke nein. Wenn man den Menschen als ganz grundsätzlich neugieriges Wesen ansieht, kann man immer überall für alles Faszination unterstellen. Wenn man aber mehr meint, wird es schwierig diesen gesellschaftlichen Wert irgendwie anders festzustellen als es jetzt schon der Fall ist. Man wird ja jetzt nicht anfangen, Umfragen in der Gesellschaft über die mögliche Faszination an einem Thema festzustellen. Was also müsste man konkret ändern oder funktioniert eigentlich alles ganz gut?

  53. #53 foobar407
    15. April 2018

    PS: Ich finde auch Precht bringt diese Fragen in dem zitierten Teil durcheinander (bis an den Rand des Szientismus)

  54. #54 Florian Freistetter
    15. April 2018

    @foobar: Das Problem mit dem Verständnis liegt darin, dass du zwanghaft was anderes verstehen willst. Ich habs ja weiter oben schon gesagt. Es geht darum, dass sich Forscher überlegen sollen, WARUM SIE TUN, WAS SIE TUN! Und was daran für andere Menschen interessant sein KÖNNTE! Könnte. Nicht muss. Es war ein Aufruf: “Liebe Forscher! Denkt doch bitte auch mal nach, warum ihr das was ihr tut, so gerne tut. Und wenn ihr herausgefunden habt, warum euch an eurer Arbeit so wertvoll ist, dann überlegt euch doch mal, ob es nicht auch nett wäre, anderen Menschen davon zu erzählen”

    Mir gehts nicht um irgendeine hochphilosophen Wertvorstellung der Gesellschaft oder was auch immer du dir da zusammenfabulierst. Mir geht es nicht um finanziellen Wert. Aber das weist du ja alles. Du willst nur wieder um der Diskussion willen diskutieren (Genau das ist übrigens das (falsch verstandene) “philosophieren”, das mir so auf die Nerven geht. Ich hab ein wenig gebraucht um zu lernen, dass Philosophie durchaus interessant, faszinierend, wertvoll und wichtig sein kann. Aber halt nicht, wenn es “Philosophen” beteiligt sind, die nur um des Redens Willen reden wollen und sich extra bemühen, alles so kompliziert wie möglich darzustellen, mit möglichst vielen Bedeutungsebenen und “Ja, aber…”s.).

  55. #55 foobar407
    15. April 2018

    @Freistetter

    Es geht darum, dass sich Forscher überlegen sollen, WARUM SIE TUN, WAS SIE TUN! Und was daran für andere Menschen interessant sein KÖNNTE!

    Ich hab dir doch gerade geschrieben, warum man das auseinanderhalten muss. Wieso schreibst du nichts dazu?

    KÖNNTE! Könnte. Nicht muss.

    Ja. Ich schreibe doch von Faszinations-POTENTIAL. Potential. Nicht Pflicht.

    Mir gehts nicht um irgendeine hochphilosophen Wertvorstellung der Gesellschaft oder was auch immer du dir da zusammenfabulierst.

    Ich zeige dir nur, dass das, was du vermutlich willst, auf allgemeinere Grundsätze zurückgeführt werden kann. Und dann wäre es vielleicht besser, dass man darüber diskutiert. Vor allem zeigt es aber, dass der Wissenschaft in dem Falle keine Sonderrolle gegenüber anderen Dingen eingeordnet werden kann.

    Du willst nur wieder um der Diskussion willen diskutieren […] nur um des Redens Willen reden

    Einen Dialog führen bedeutet Verstehen. Und, ja das will ich. Wie soll ich das denn deiner Meinung nach anders machen?

  56. #56 Florian Freistetter
    15. April 2018

    ” Wieso schreibst du nichts dazu?”

    Weil es dazu aus meiner Sicht nicht mehr zu sagen gibt, als das was ich geschrieben habe.

    ” Vor allem zeigt es aber, dass der Wissenschaft in dem Falle keine Sonderrolle gegenüber anderen Dingen eingeordnet werden kann.”

    Die ich zum Glück auch nirgendwo eingefordert habe.

  57. #57 foobar407
    16. April 2018

    @Freistetter

    Weil es dazu aus meiner Sicht nicht mehr zu sagen gibt, als das was ich geschrieben habe.

    Danke. Dann hätten wir wenigstens geklärt auf welcher Seite das Interesse zum Verständnis verloren gegangen ist.

    ” Vor allem zeigt es aber, dass der Wissenschaft in dem Falle keine Sonderrolle gegenüber anderen Dingen eingeordnet werden kann.”

    Die ich zum Glück auch nirgendwo eingefordert habe.

    Na ist doch gut, dass du das klar stellst. Ich hab das bei dir zwischen den Zeilen nämlich (ohne böse Absicht) schon mit reingelesen. Und bei anderen Kommentatoren hier habe ich immer noch das Gefühl, dass sie mit der Wissenschaft auf der Fahne gegen Leute mit anderen politischen Einstellungen vorgehen wollen.

  58. #58 Florian Freistetter
    16. April 2018

    @foobar: “dass sie mit der Wissenschaft auf der Fahne gegen Leute mit anderen politischen Einstellungen vorgehen wollen.”

    Wissenschaft ist keine Politik. Wenn ich – wie schon getan – erkläre, das HC Strache oder die AfD-Typen Unsinn reden, wenn sie den Klimawandel leugnen, dann hat das nichts damit zu tun, dass beide mMn widerliche rechtsextreme Ideologien vertreten sondern damit, dass sie wissenschaftlich erwiesen Unsinn reden.

  59. #59 foobar407
    16. April 2018

    @Freistetter

    Wissenschaft ist keine Politik. Wenn ich – wie schon getan – erkläre, das HC Strache oder die AfD-Typen Unsinn reden, wenn sie den Klimawandel leugnen, dann hat das nichts damit zu tun, dass beide mMn widerliche rechtsextreme Ideologien vertreten sondern damit, dass sie wissenschaftlich erwiesen Unsinn reden

    Da bin ich ja auch ganz bei dir.

    Aber würdest du dafür den “March of science” als geeignetes Mittel zur Kommunikation ansehen?
    Ich meine, die AFD hat ja jetzt kein wissenschaftliches Paper veröffentlicht, dass nach ihrem eigenen Modell es keinen Klimawandel gibt. Das wäre etwas, worauf dann der Wissenschaftler selbst ein Paper zu schreiben könnte.
    Aber wenn es nur um den Klimawandel als Politikum geht, kann man ja an einer Demontration der Grünen teilnehmen.
    Ich persönlich vermute ja, dass das einfach politisches Kalkül der AFD ist, um Aufmerksamkeit zu erhaschen und einfach ihre eigenen finanziellen Prioritäten zu verschleiern. Der Wissenschaftler wird in seiner Wissenschaftlichkeit doch gar nicht angegriffen und ist in meinen Augen eher auf einen Troll-Versuch hereingefallen, wenn er deswegen an einem “wissenschaftlichen Protestmarsch” teilnimmt.