sb-wettbewerb_kleinDieser Artikel ist Teil des ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerb 2018. Informationen zum Ablauf gibt es hier. Leserinnen und Leser können die Artikel bewerten und bei der Abstimmung einen Preis gewinnen – Details dazu gibt es hier. Eine Übersicht über alle am Bewerb teilnehmenden Artikel gibt es hier. Informationen zu den Autoren der Wettbewerbsartikel finden sich in den jeweiligen Texten.
————————————————————————————————————–
Warum die meisten außerirdischen Lebewesen wahrscheinlich Mikroorganismen sind

von Anonym

Woran denken sie zuerst, wenn sie an „außerirdisches Leben“ denken? Wahrscheinlich eher an außerirdische Wesen aus Filmen und Serien wie z. B. „Star Wars“, „Star Trek“, „Man in Black“, „Independence Day“, „Alien“, usw.
Dabei ist es viel wahrscheinlicher, dass sich auf den meisten der belebten Planeten und Monde im All nur Mikroorganismen befinden. Aber warum ist dies so? Um das zu verstehen, müssen wir uns zunächst auf unserer Erde umsehen.

Viele irdische Mikroorganismen können unter extremen Umweltbedingungen überleben

Wenn man sich ansieht, welche Lebensformen noch unter – aus Sicht der Menschen – extremen Umweltbedingungen überleben und/oder sich sogar fortpflanzen können, dann handelt es sich fast immer um Mikroorganismen.
Mikroorganismen sind einzeln kleiner als 0,01 mm. Die meisten Mikroorganismen sind Einzeller, es gibt aber auch einige, die mehrzellig sind und aus wenigen Zellen bestehen. Zu den Mikroorganismen gehören:
1.) Prokaryoten (Lebewesen ohne Zellkern). Diese unterteilt man in Bakterien (Bacteria) und Archaeen (Archaea), und
2.) kleine Eukaroyten (Lebewesen mit Zellkern), die einzellig oder wenigzellig sind. Diese bezeichnet man als Protisten. Dazu gehören z. B. kleine Algen, Pilze (z. B. Hefen) und Tiere (z. B. Amöben, Pantoffeltierchen).

Dagegen werden Viren meist nicht zu den Mikroorganismen und den Lebewesen gezählt, da Viren keinen eigenen Stoffwechsel haben und sich nicht selbstständig vermehren können.

Unter extremen Umweltbedingungen findet man auf der Erde eine erstaunlich große Anzahl an Lebewesen und Viren, die sich an diese Umweltbedingungen angepasst haben. Diese nennt man Extremophile.
Unter den Extremophilen sind vor allem viele Archaeen und Bakterien und einige Viren. Es gibt aber auch einige mehrzellige Pilze, Algen und Tiere, die extreme Bedingungen überleben.
Bei den Extremophile gibt es mehrere Gruppen, die man anhand ihrer Lebensweise unterteilt:

Thermophile Lebewesen kommen in Vulkangebieten und heißen Quellen, an heißen Tiefseeschloten und in tieferen Gesteinsschichten der Erdkruste vor. Thermophile können Temperaturen von 80 °C bis zum Teil 122 °C überleben, z. B. die Archaeen-Arten Methanopyrus kandleri und Pyrolobus fumarii (letztere Art bildet Kolonien, in deren Nähe es bis zu 350 °C heiß werden kann). Bärtierchen können unter bestimmten Bedingungen Temperaturen bis zu 151 °C überleben. [1, 2]

Auch in sehr kalten Regionen findet man Lebewesen, sogenannte Kryophile. Diese überleben sehr kalte Temperaturen von dauerhaft unter -10 °C und können sich dabei zum Teil auch vermehren. Ihre Lebensräume sind z. B. die Oberfläche und das Innere von Felsen in Polargebieten und Hochgebirgen, Permafrostböden, Gletscher und salzhaltige Seen (durch den Salzgehalt bleibt das Wasser auch bei Temperaturen von unter 0 °C flüssig) unter dem Eis.
Bakterien der Art Colwellia psychrerythraea haben sogar bis -196 °C noch Stoffwechselreaktionen [3].
Bärtierchen hielten während der Kryptobiose, einem Zustand in dem fast kein Stoffwechsel stattfindet, in Versuchen bis zu -273 °C aus [4].
Im tiefgefrorenen Zustand können manche Dauerformen wie Sporen (von Bakterien, Pilzen u. Sporenpflanzen), Samen (von Pflanzen), Zysten (von Protisten und Tieren) und Eier (von Tieren) zum Teil viele Jahrhunderte oder Jahrtausende überdauern. In Permafrostböden wurden in ca. 500000 Jahre alten Schichten Actinobakterien (Actinobacteria) gefunden, die nach dem Auftauen noch lebten. Die ältesten gefundenen Bakterien in der Arktis stammten aus bis zu 3 Millionen Jahre alten Schichten, in Antarktika aus bis zu ca. 5 Millionen Jahre alten Schichten. [5, 6]
Nematoden (Fadenwürmer) der Gattung Plectus aus ca. 42000 – 40000 Jahre alten Permafrostboden-Schichten in Sibirien wurden nach dem Auftauen wieder lebendig [7].

Halophile Organismen kommen in Salzseen vor und haben sich an sehr hohe Konzentrationen von Salzen angepasst, z. B. Archaeen der Gattung Halobacterium [8, 9].

Einige Lebewesen haben sich an sehr niedrige pH-Werte (Acidophile) oder an sehr hohe pH-Werte (Alkaliphile) angepasst.

Einige Lebewesen haben sich an sehr trockene Lebensräume angepasst, diese nennt man Xerotolerante. Auch manche Dauerformen wie Samen und Sporen können unter trockenen Bedingungen (z. B. in Wüsten und Eiswüsten) mehrere Jahrhunderte o. Jahrtausende überdauern.

Toxitolerante Mikroorganismen können hohe Konzentrationen von Stoffen ertragen, die für Menschen schon in zum Teil deutlich geringeren Konzentrationen giftig sind, z. B. Arsen, Schwefelwasserstoff, aromatische Kohlenwasserstoffe (z. B. Benzol), oder Schwermetalle wie Uran wie z. B. bei Bakterien der Gattungen Geobacter und Pseudomonas [10].

Radiotolerante Organismen können hohe Dosen von ionisierender Strahlung (z. B. Alpha-, Beta- u. Gammastrahlung, Neutronenstrahlung, Röntgenstrahlung, kurzwellige UV-Strahlung) überleben.
Z. B. kann sich das Bakterium Deinococcus radiodurans, welches unter anderem im Kühlwasserkreislauf von Atomreaktoren gefunden wurde, bei einer ständigen Strahlendosis von 60 Gray (Gy) / Stunde vermehren [11].
Deinococcus radiodurans kann kurzzeitige Strahlendosen bis zu 17500 Gy überleben (Menschen würden schon ab einer Strahlendosis von 7 bis 10 Gy sterben) [12].
Die Stämme LH5 und LH7a der Archaeen-Art Halobacterium sp. NRC-1 überleben sogar kurzzeitige Strahlendosen bis zu 25000 Gy [13]
Radiotrophe Pilze besitzen den schwarzen Farbstoff Melanin, welcher freie Sauerstoffradikale (die unter anderem durch ionisierende Strahlung entstehen können) unschädlich machen kann. Die Pilze können ionisierende Strahlung – wahrscheinlich mit Hilfe des Melanins – in für den Organismus nutzbare Energie umwandeln. In der Natur wurden solche Pilze in Bodenschichten mit erhöhter Radioaktivität gefunden. Im Unfallrektor von Tschernobyl wurden die Pilzarten Cryptococcus neoformans und Wangiella dermatitidis gefunden [14].

Bakterien der Art Deinococcus radiodurans, welche hohe Dosen von isolierender Strahlung überleben können.( Urheber: Laboratory of Michael Daly, Uniformed Services University, Bethesda, MD, USA.  , Bildrechte: public domain)

Bakterien der Art Deinococcus radiodurans, welche hohe Dosen von isolierender Strahlung überleben können.( Urheber: Laboratory of Michael Daly, Uniformed Services University, Bethesda, MD, USA. , Bildrechte: public domain)

Barophile Lebewesen überleben sehr hohe Drücke, wie sie z. B. in größeren Tiefen der Erdkruste und in der Tiefsee herrschen. In den tiefsten Minen und Tiefseegräben und in Bohrungen bis in 5 bis 10 km Tiefe wurden lebende Bakterien u. Archaeen gefunden.

Im Gestein lebende Mikroorganismen, so genannte Endolithen, gewinnen die zum Leben notwendige Energie aus der Oxidation von Schwefel- u. Eisen- oder Mangan-Verbindungen, in einigen Fällen auch aus der Umwandlung von Arsen- und Uranmineralen. Viele können Kohlenstoffdioxid binden und daraus nur mit chemischer Energie nur aus anderen anorganischen Verbindungen organische Moleküle aufbauen. Damit sind diese Lebewesen völlig unabhängig vom Sonnenlicht.

Endolithische Bakterien und Algen bilden eine grüne Schicht einige mm unter der Oberfläche eines Felsens aus klarem Gestein aus Antarktika. Durch das helle Gestein gelangt Licht für Photosynthese bis in eigene mm Tiefe. Luft und Wasser können durch feine Poren im Gestein eindringen. Der Felsen wurde aufgebrochenen, das Foto zeigt einen Ausschnitt von etwa 5 cm Breite. ( Urheber: Guillaume Dargaud.  , Bildrechte: GFDL (self made), Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 License.)

Endolithische Bakterien und Algen bilden eine grüne Schicht einige mm unter der Oberfläche eines Felsens aus klarem Gestein aus Antarktika. Durch das helle Gestein gelangt Licht für Photosynthese bis in eigene mm Tiefe. Luft und Wasser können durch feine Poren im Gestein eindringen. Der Felsen wurde aufgebrochenen, das Foto zeigt einen Ausschnitt von etwa 5 cm Breite. ( Urheber: Guillaume Dargaud. , Bildrechte: GFDL (self made), Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 License.)

Desulfurizierende Bakterien wie die Gattung  Desulfovibro gewinnen ihre Energie aus der Sulfatreduktion. Dazu benötigen sie weder Sauerstoff noch Sonnenlicht. In wässriger Umgebung gibt Eisen (Fe) Eisen(II)-Ionen (Fe2+) ab. Metalle wie Eisen geben leicht Elektronen (e-) ab, welche mit Wasserstoff-Ionen (H>+) zu Wasserstoff (H2) regieren. Die Bakterien bilden aus Wasserstoff und Sulfat-Ionen (SO42-) Schwefelwasserstoff (H2S). Diese Reaktion dient den Bakterien als Energiequelle. Schwefelwasserstoff reagiert mit Eisen‑2-Ionen zu Eisen(II)sulfid (FeS). (Urheber: William Crochot, Bildrechte: Creative Commons CC BY-SA 4.0)

Desulfurizierende Bakterien wie die Gattung Desulfovibro gewinnen ihre Energie aus der Sulfatreduktion. Dazu benötigen sie weder Sauerstoff noch Sonnenlicht. In wässriger Umgebung gibt Eisen (Fe) Eisen(II)-Ionen (Fe2+) ab. Metalle wie Eisen geben leicht Elektronen (e) ab, welche mit Wasserstoff-Ionen (H>+) zu Wasserstoff (H2) regieren. Die Bakterien bilden aus Wasserstoff und Sulfat-Ionen (SO42-) Schwefelwasserstoff (H2S). Diese Reaktion dient den Bakterien als Energiequelle. Schwefelwasserstoff reagiert mit Eisen‑2-Ionen zu Eisen(II)sulfid (FeS). (Urheber: William Crochot, Bildrechte: Creative Commons CC BY-SA 4.0)

Viele Bakterien-Arten bilden unter ungünstiger werdenden Umweltbedingungen Sporen, welche lange Zeiträume überdauern und bei günstigeren Bedingungen wieder auskeimen können. Diese Sporen enthalten nur wenig Wasser und haben eine sehr undurchlässige Wand, so dass sie z. B. Austrocknung, Hitze, Strahlung (z. B. UV-Strahlung) und toxische Chemikalien besser überstehen können. [15]

Neben den Lebewesen, die eine extreme Bedingung überleben können, gibt es auch solche, die mehrere Extrembedingungen überleben können, sogenannte Polyextremophilie. Die Allermeisten davon sind wiederum Bakterien (wie z. B. Deinococcus radiodurans) und Archaeen (z. B. Halobacterium) [16, 17, 18]. Polyextremophilie sind besonders interessant, da einige von ihnen die Bedingungen im freien Weltraum überleben könnten [19, 20].

Einige Mikroorganismen können mehrere Millionen Jahre als Dauerformen bzw. mit sehr niedriger Stoffwechselaktivität überleben

In 25 bis 40 Millionen Jahre altem Bernstein fand man im Hinterleib einer eingeschlossenen Biene Bakteriensporen der Gattung Bacillus. Diese brachte man in eine Nährlösung, wo sie auskeimten [21]
In einer Höhle in New Mexiko (USA) fand man in einem ca. 250 Millionen Jahre alten Salzkristall ebenfalls Bacillus-Sporen, welche wiederbelebt werden konnten [22]. Hier ist aber umstritten, ob die Sporen nicht doch zu einem späteren Zeitpunkt z. B. durch Sickerwasser in das Salz gelangten.
In sehr trockener Umgebung ist kaum Wasser für einen hydrolytischen Abbau der Erbsubstanz Desoxyribonukleinsäure (DNS, im Englischen DNA für deoxyribonucleic acid) vorhanden.

Es ist möglich, dass die Bakterien den langen Zeitraum von mehreren Millionen Jahren nicht die ganze Zeit über nur als Sporen überdauert haben, sondern dass die Bakterien sich zwischenzeitlich über längere Zeit in einem Stadium mit sehr niedriger Stoffwechselaktivität befanden, welches ihnen die Reparatur von Schäden an ihrer DNS ermöglichte [23].

Per „Panspermie“ durch die Galaxis?

Die Hypothese der sogenannten Panspermie besagt, dass sich Mikroorganismen oder andere Lebewesen über größere Entfernungen durch das Weltall von Himmelskörpern zu anderen Himmelskörpern bewegen können (z. B. mit Hilfe von Meteoroiden u. Asteroiden), so dass Leben von einem Himmelskörper auf einen anderen gelangen kann.
Für diese Hypothese gibt es noch keine Beweise, da die Menschheit bisher noch keine Lebewesen auf Himmelskörpern außerhalb der Erde gefunden hat, welche mit Lebewesen auf anderen Himmelskörpern (z. B. den Lebewesen auf der Erde) verwandt sind.

Das Leben auf der Erde entstand schon sehr früh

Die Erde entstand vor etwa 4,54 Milliarden Jahren [24]. Vor ca. 4,4 Milliarden Jahren hatte sich die Erdkruste abgekühlt und verfestigt [25].Offene Wasserflächen gab es bereits vor mindestens 4,3 Milliarden Jahren [26].
Die ersten Hinweise auf mögliches Leben gibt es schon vor ca. 4,1 Milliarden Jahren. In Zirkon-Kristallen wurden Kohlenstoff-Einschlüsse aus dieser Zeit entdeckt, in denen das Verhältnis der Kohlenstoff-Isotope C-12 und C-13 zueinander dem von Lebewesen entspricht.
Lebewesen bevorzugen das leichtere Isotop C-12 gegenüber C-13. Organische Reste von Lebewesen erhalten daher deutlich weniger C-13 als Kohlenstoffverbindungen, welche nicht durch Lebewesen durch rein chemische Reaktionen (z. B. im Gestein, im Wasser o. in der Luft) gebildet wurden [27]. Die ältesten bisher bekannten Fossilen auf der Erde stammen von Mikroorganismen und sind ca. 3,7 bis 3,8 Milliarden Jahre alt [28].
Damit entstand das Leben nur ca. 300 – 700 Millionen Jahre nach dem Festwerden der Erdkruste, die Entstehung geschah also relativ schnell.
Dies könnte ein Hinweis sein, dass die Entstehung von Mikroorganismen auch auf anderen Himmelskörpern möglicherweise nur eigene 100 Millionen Jahre bis knapp 1 Milliarde Jahre dauert.

Im frühen Sonnensystem gab es häufig Einschläge – und günstige Bedingungen auf dem Mars

Bis vor ca. 3 Milliarden Jahren gab es auf der Erde (und dem Mond) relativ häufig Einschläge von Meteoriten und Kometen [29]. Dabei wurden höchstwahrscheinlich auch Stücke der Erdkruste als Meteoroiden bzw. Asteroiden ins Weltall geschleudert. Dabei könnten auch im Gestein eingeschlossene Mikroorganismen ins All gelangt sein. Einige dieser Erd-Asteroiden u. -Meteoroiden könnten andere Himmelskörper, z. B. Planeten u. Monde des Sonnensystems, getroffen und mit Leben „angesteckt“ haben.

Auf dem Mars gab es vor ca. 3,8 Milliarden Jahren größere Mengen an fließendem Wasser, also Meere und Ozeane, da die Marsatmosphäre relativ dicht war und sich dort genügend Treibhausgase befanden, wodurch die Temperaturen höher waren als heute [30, 31, 32, 33].

Das Stücke der Erde andere Himmelskörper getroffen haben, ist sehr wahrscheinlich. Denn umgekehrt wurden auf der Erde einige Meteoriten gefunden, welche von anderen Himmelskörpern des Sonnensystems, z. B. vom Mars, stammten [34, 35, 36].

Können Mikroorganismen einen Einschlag überleben, bei dem sie ins All geschleudert werden?

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und das Fraunhofer Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut (EMI) haben Simulationen von Meteoriteneinschlägen durchgeführt. Aus den Ergebnissen kann man schlussfolgern, dass Organismen von der Erde einen Einschlag überleben können, welcher so heftig ist, dass irdisches Gestein samt der darin enthaltenen Organismen von der Erde getrennt und ins All geschleudert wird [37, 38].

Können Mikroorganismen einen Flug durchs All überleben?

Irdische Mikroben können im All überleben, und dass mindestens für mehrere Monate bis Jahre. Dies zeigten mehrere Experimente auf Raumstationen und Satelliten.
Auf der Internationalen Raumstation ISS wurden bei den Experimenten ADAPT und PROTECT Organismen und deren Dauerformen (z. B. Sporen) auf der Außenseite der ISS getestet.

Internationale Raumstation ISS, russisches Swesda-Modul, roter Pfeil: „Expose R“-Anlage. Dort können biologische oder chemische Proben angebracht und dem freien Weltraum ausgesetzt werden. Ähnliche Anlagen gab es auch am ISS-Modul Columbus der Europäischen Weltraumorganisation ESA. An den Anlagen können Daten aufgezeichnet werden, z. B. um während eines Versuchs die Summendosis der ionisierenden Strahlung und die UV-Strahlung zu messen.( Roskosmos, ESA, DLR-Institut für Planetenforschung, Bildrechte: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR))

Internationale Raumstation ISS, russisches Swesda-Modul, roter Pfeil: „Expose R“-Anlage. Dort können biologische oder chemische Proben angebracht und dem freien Weltraum ausgesetzt werden. Ähnliche Anlagen gab es auch am ISS-Modul Columbus der Europäischen Weltraumorganisation ESA. An den Anlagen können Daten aufgezeichnet werden, z. B. um während eines Versuchs die Summendosis der ionisierenden Strahlung und die UV-Strahlung zu messen.( Roskosmos, ESA, DLR-Institut für Planetenforschung, Bildrechte: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR))

Man testete Archaeen der Art Halococcus dombrowskii (die unter hohen Salzkonzentrationen lebt) und die Bakterien Anabaena cylindrica (welche Photosynthese betreiben) und Bacillus subtilis (Bodenbakterien, deren Sporen auf der Erde Austrocknung u. starke UV-Strahlung überleben).
Die Organismen u. Dauerformen wurden über 18 Monate verschiedenen Bedingungen ausgesetzt:

  1. Weltraum-Bedingungen mit Sonneneinstrahlung: Beinahe-Vakuum; kosmische Strahlung; und Temperaturen bis ca. -100 °C bis min. -156 °C wenn die ISS sich im Erdschatten befindet und von ca. 100 °C bis max. 121 °C wenn die ISS von der Sonne beschienen wird [39, 40]; und die extraterrestrische UV-Strahlung der Sonne.
  2. Weltraum-Bedingungen ohne Sonneneinstrahlung über 18 Monate: Wie oben, aber ohne die UV-Strahlung der Sonne.
  3. Simulierte Marsbedingungen über 18 Monate: Proben in geschlossen Behältern mit simulierter Marsatmosphäre (hauptsächlich Kohlenstoffdioxid bei Mars-ähnlichem Druck) und Marsstrahlung (UV-Filter reduzieren die UV-Strahlung auf Werte, die auf der Marsoberfläche gemessen wurden).

Nach den 18 Monaten erhielt man folgende Ergebnisse:

  1. Die UV-Strahlung der Sonne in Kombination mit Weltraumvakuum töteten Zellen und Sporen in der oberen Schicht der Proben ab. Wenn Zellen und Sporen in mehreren Schichten übereinander lagen, wurden in tieferen Schichten überlebende Zellen u. Sporen gefunden.
  2. Waren die Proben im Vakuum, aber nicht dem Sonnenlicht ausgesetzt, war die Überlebensrate höher. Hier überlebten auch 10 % der Mikroorganismen in der obstersten Schicht der Proben. Sporen, die von der UV-Strahlung der Sonne abgeschirmt waren, überlebten bis zu 10000-mal häufiger als Sporen, die der UV-Strahlung ausgesetzt waren.
  3. Unter simulierten Marsbedingungen (mit Marsatmosphäre) gab es die größten Überlebensraten. Hier überlebten deutlich mehr Organismen als bei den Proben, die dem Vakuum ausgesetzt waren. Dies zeigt, dass einige irdische Mikroorganismen auf dem Mars überleben könnten. [41]
ISS, Nahaufnahme der Anlage „Expose R“ am russischen Swesda-Modul, bestückt mit verschiedenen Organismen. .( ESA; IBMP Moskau; DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin, Köln; Universität Erlangen, Bildrechte: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR))

ISS, Nahaufnahme der Anlage „Expose R“ am russischen Swesda-Modul, bestückt mit verschiedenen Organismen. .( ESA; IBMP Moskau; DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin, Köln; Universität Erlangen, Bildrechte: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR))

Außerdem testete man auf der Außenseite der ISS bei den Experimenten R3D-E und SPORES Bakteriensporen von Bacillus subtilis und Pilzsporen über 22 Monate unter folgenden Bedingungen:

  1. Ungeschützt den Weltraumbedingungen und der UV-Strahlung der Sonne ausgesetzt.
  2. Ungeschützt den Weltraumbedingungen ausgesetzt, aber ohne UV-Strahlung.
  3. In bzw. unter Meteoritenmaterial eingebettet, im Vakuum, der UV-Strahlung der Sonne ausgesetzt.
  4. In bzw. unter Meteoritenmaterial eingebettet, im Vakuum, ohne UV-Strahlung.
  5. In simuliertem Marsboden in Einzelschicht oder in mehreren Lagen übereinander.

Die Ergebnisse dieser Tests waren folgende:
1.) Sporen von Bacillus subtilis, die der UV-Strahlung ausgesetzt waren, wurden an der Oberfläche komplett abgetötet. Wenn sie in mehreren Schichten übereinanderlagen, überlebten in den tieferen Schichten sehr wenige Sporen.

2.) Wenn sie vor der extraterrestrischen UV-Strahlung geschützt waren, überlebten ca. 50 % der Sporen von Bacillus subtilis und ca. 30 % der Pilzsporen.

3) bis 5): Im Vergleich zu den Sporen, welche dem Weltraum ungeschützt ausgesetzt waren, stieg die Überlebenswahrscheinlichkeit der Sporen etwa um das 10- bis 100‑fache an, wenn sie mit Meteoritenmaterial oder simuliertem Marsboden überdeckt waren.

Der Schutz durch Meteoritenmaterial oder simuliertem Marsmaterial erhöht die Wahrscheinlichkeit des Überlebens von Dauerformen von Mikroorganismen also deutlich [42].

Dies lässt sich damit erklären, dass Gestein einen Großteil der Stählung im All abhält. Schäden an der DNS der Mikroorganismen bzw. deren Dauerformen entstehen hauptsächlich durch ionisierende Strahlung und energiereiche elektromagnetische Strahlung. Strahlungen im Kosmos sind vor allem die UV-Strahlung von Sternen und die kosmische Strahlung.

UV-Strahlung wird schon durch eine dünne Gesteinsschicht von einigen mm bis wenigen cm abgehalten.
Die kosmische Strahlung besteht zum einen aus geladenen Teilchen, z. B. schnellen Helium&#82094-Atomkernen (Alpha-Strahlung), schwereren Ionen (z. B. Lithium, Beryllium, Bor, Eisen usw.), Elektronen (Beta-Strahlung) u. Protonen. Diese Teilchen haben in Materie eine relativ kurze Reichweite von einigen Millimetern bis Zentimetern.
Zum anderen gehören zur kosmischen Strahlung auch sehr energiereiche elektromagnetische Strahlungen wie Gammastrahlung und Röntgenstrahlung. Diese Strahlungen dringen tiefer in Materie ein. Gamma- u. Röntgenstrahlung mit hohen u. niedrigen Energien wird umso besser absorbiert, je höher die Protonenzahl in den Atomkernen der Elemente der Materie ist. Um z. B. Gamma-Strahlung mit einer Energie von 100 Mega-Elektronenvolt (MeV) auf ein Zehntel abzuschwächen, braucht man 40,6 cm Beton, 6,96 cm Eisen oder 2,03 cm Blei. Bei Gamma- u. Röntgenstrahlung mit mittleren Energien gibt es zwischen den Elementen nur wenig Unterschiede in der Absorption. Mehrere Meter Gestein oder Eis absorbieren einen Großteil der kosmischen Strahlung.
Man kann schlussfolgern, dass die Überlebensrate von Mikroorganismen in Meteoriten über längere Zeiträume steigt, je dicker die Schicht des Meteoritenmaterials zwischen den Mikroorganismen und dem freiem Weltraum ist. Da die kosmische Strahlung hochenergetische Gammastrahlung enthält, stiegen die Überlebenschancen auch, wenn das Meteoritenmaterial viele schwere Elemente (z. B. Metalle) enthält. [43, 44, 45]

Mars-Meteoriten landeten auf der Erde

Marsmeteorit EETA79001 in Querschnitt. Dieser Meteorit wurde 1979 in Antarktika in der Region Viktorialand gefunden. Er besteht aus Basalt-Gestein mit dunklen Stellen aus ehemals geschmolzenem Glas, welches Spuren von Gasen der Marsatmosphäre enthält [46]. Der Würfel links unten ist 1 cm3 groß.( Urheber: NASA, USA. Public domain)

Marsmeteorit EETA79001 in Querschnitt. Dieser Meteorit wurde 1979 in Antarktika in der Region Viktorialand gefunden. Er besteht aus Basalt-Gestein mit dunklen Stellen aus ehemals geschmolzenem Glas, welches Spuren von Gasen der Marsatmosphäre enthält [46]. Der Würfel links unten ist 1 cm3 groß.( Urheber: NASA, USA. Public domain)

Auf der Erde findet man auch Meteoriten, die vom Mars stammen. Untersuchungen zeigten, dass ein Großteil der Materie dieser Mars-Meteoriten nie über 100 °C erhitzt wurde.
Mars-Meteoriten lagen meist schon längere Zeit auf o. unter der Erdoberfläche. Das heißt, selbst wenn man in einem solchen Meteoriten Lebewesen oder Spuren davon findet, kann man nicht sicher sein, dass diese nicht durch Kontamination von außen (z. B. durch Sickerwasser, das in feine Spalten eindringt) hineingelangt sein könnten. [47]

Höchstwahrscheinlich gibt es auch Meteoriten von der Erde auf dem Mars. Bisher wurden zwar noch keine gefunden, aber die Marssonden haben bisher nur einen winzigen Teil der Marsoberfläche und des Marsbodens genauer untersucht.

Können Mikroorganismen in einem Meteoriten den Weg durch die Atmosphäre und den Einschlag überleben?

Auf der Erde gefundene Meteoriten und Meteoritenbruchstücke wurden nur an der Oberfläche erhitzt und geschmolzen. Schon ab nur 1 cm Tiefe unter der Oberfläche wird das Meteoritenmaterial kaum erhitzt, so dass Mikroorganismen überleben würden.
Da heißt, Mikroorganismen im Inneren eines Meteoriten können den Durchtritt ihres Meteoriten durch die Atmosphäre und den Einschlag auf der Oberfläche überleben, solange der Meteorit größer als wenige cm ist und solange er kompakt genug ist, so dass er nicht in der Atmosphäre in zahlreiche zu kleine Stücke zerfällt. [48, 49, 50]

Schlussfolgerungen für unser Sonnensystem und das übrige Weltall:

Die Erde könnte andere Himmelkörper mit Leben „angesteckt“ haben, z. B. Venus, Mars, größere Jupitermonde (Wasserozean unter dem Eis von Europa ähnelt vermutlich salzigen Seen unter Gletschern auf der Erde), größere Saturnmonde (z. B. Titan, Enceladus) usw.

Vor kurzem wurde flüssiges (wahrscheinlich salzhaltiges) Wasser in ca. 1,5 km Tiefe unter der südlichen Polarkappe des Mars entdeckt [51]. Hier könnten Lebewesen bis heute überlebt haben.

Material von belebten Planeten könnte aber auch außerhalb ihres Heimat-Sternsystems gelangen.
Auch in unserem Sonnensystem tauchen ab und zu interstellare Objekte auf, wie z. B. 'Oumuamua (1I/2017 U1) im Jahr 2017.

Bis jetzt ist unbekannt, ob Mikroorganismen in einem Asteroiden oder Meteoroiden eine Reisedauer über viele 10000 Jahre bis mehrere Millionen Jahre von einem Planetensystem zu den Planetensystemen nahegelegener Sterne überleben können.

Die meiste Zeit gab es nur Mikroorganismen auf der Erde

Die meiste Zeit der Geschichte des Lebens auf der Erde gab es nur Mikroorganismen. Höhere, vielzellige Organismen traten erst viel später auf, vor ca. 600 bis 570 Millionen Jahren [52, 53]. Eine Zivilisation, welche Raumfahrt betreibt, gibt es auf der Erde sogar erst seit rund 6 Jahrzehnten (unbemannt seit 1957: Sputnik 1; bemannt seit 1961: Wostok&#82091 mit Juri Gagarin).

Daraus kann man folgende Hypothesen für Leben im All aufstellen:

1.) Wenn auf anderen Himmelskörpern Leben entstanden ist, wird es die meiste Zeit nur Mikroorganismen geben. Wenn die Umweltbedingungen über längere Zeiträume relativ extrem sind, ist es wahrscheinlich, dass sich dort nie kompliziert gebaute größere (vielzellige) Organismen entwickeln.

2.) In der Frühzeit von Planetensystemen gibt es die meisten Meteoriten- u. Kometen-Einschläge. Zu diesem Zeitpunkt ist es wahrscheinlich, dass es auf belebten Himmelskörpern nur Mikroorganismen gibt, die ins All befördert werden.

3.) Selbst wenn es später zum Zeitpunkt eines Einschlags außer Mikroorganismen schon größere vielzellige Organismen gibt, ist es weitaus wahrscheinlicher, dass nur Mikroorganismen einen Flug durchs All per Asteroid o. Meteoriod überleben.

Wie können wir außerirdische Mikroorganismen nachweisen?

Außerirdische Lebewesen ließen sich relativ leicht anhand ihrer chemischen Zusammensetzung identifizieren.
In allen irdischen Organismen kommen gemeinsame Moleküle vor, z. B. die Nukleinsäuren DNS und RNS und Proteine. Die Erbsubstanz DNS besteht bei allen Lebewesen aus den gleichen Molekülbausteinen, nämlich dem Zucker Desoxyribose, Phosphatgruppen, und den 4 organischen Basen Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin. Um die Information der DNS in Proteine zu übersetzten, benötigen alle Lebewesen Ribonukleinsäure (RNS, im Englischen RNA für ribonucleic acid), welche ebenfalls bei allen Lebewesen aus den gleichen Molekülbausteinen besteht: dem Zucker Ribose, Phosphatgruppen, und den 4 organischen Basen Adenin, Cytosin, Guanin und Uracil.

Der genetische Code irdischer Lebewesen dargestellt als „Code-Sonne“: Vom Mittelpunkt des Kreises nach außen gelesen codieren je 3 Basen der mRNA (A...Adenin, C…Cytosin, G…Guanin, U…Uracil) für je eine Aminosäure (Abkürzungen für die Aminosäuren im Dreibuchstabencode und im Einbuchstabencode) oder beenden die Proteinbildung („Stop“). Die Basengruppe AUG codiert für den Start eines Proteins mit der Aminosäure Methionin (Dreibuchstabencode: Met, Einbuchstabencode: M). Die Basengruppen UAA, UAG und UGA beenden die Bildung des Proteins („Stop“). ( Urheber: Mouagip. Bildrechte: gemeinfrei)

Der genetische Code irdischer Lebewesen dargestellt als „Code-Sonne“: Vom Mittelpunkt des Kreises nach außen gelesen codieren je 3 Basen der mRNA (A…Adenin, C…Cytosin, G…Guanin, U…Uracil) für je eine Aminosäure (Abkürzungen für die Aminosäuren im Dreibuchstabencode und im Einbuchstabencode) oder beenden die Proteinbildung („Stop“). Die Basengruppe AUG codiert für den Start eines Proteins mit der Aminosäure Methionin (Dreibuchstabencode: Met, Einbuchstabencode: M). Die Basengruppen UAA, UAG und UGA beenden die Bildung des Proteins („Stop“). ( Urheber: Mouagip. Bildrechte: gemeinfrei)

Alle Lebewesen auf der Erde haben den gleichen genetischen Code. Das heißt, in den Genen der DNS bestimmen je 3 aufeinanderfolgende Basen, welche Aminosäure in ein Protein eingebaut werden soll. Die Verschlüsselung, welche Basen-Dreiergruppe welche Aminosäure bestimmt, ist bei allen irdischen Lebewesen gleich (nur bei einigen Lebewesen gibt es ein paar Ausnahmen bei wenigen Basengruppen). Auch die Basen-Dreiergruppen, die anzeigen, wo ein Gen beginnt und wo es endet, sind bei allen Lebewesen auf der Erde gleich (nur bei einigen Organismen gibt es bei 1 -2 Basen-Dreiergruppen Ausnahmen).
Um die Information der DNS in Proteine zu übertragen, verwenden alle irdischen Lebewesen RNS. Ein Gen auf der DNA wird in eine Boten-RNS (englisch mRNA für messenger ribonucleic acid) umgeschrieben. Auch diese hat einen Code, der für alle Erd-Lebewesen gleich ist (nur bei einigen Organsimen gibt es Ausnahmen bei wenigen Basen-Dreiergruppen) [54].

Der genetische Code verschlüsselt 20 sogenannte proteinogene Aminosäuren, aus denen die Proteine aufgebaut werden (bei einigen Organismen kommen zusätzlich noch Selenocystein bzw. Pyrrolysin als proteinogene Aminosäuren vor). Das heißt, bei allen irdischen Lebewesen kann man überall die gleichen 20 – 22 verschiedenen Aminosäuren in den Proteinen finden.

Die 20 Aminosäuren, welche standardmäßig durch den genetischen Code verschlüsselt werden und in den Proteinen aller irdischen Organismen vorkommen. Diese proteinogenen Aminosäuren sind nach ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften gruppiert. Die Abkürzungen in Klammern sind die Dreibuchstaben- und Einbuchstabencodes für proteinogene Aminosäuren. (verändert nach:  Urheber: Sponk. Bildrechte: gemeinfrei)

Die 20 Aminosäuren, welche standardmäßig durch den genetischen Code verschlüsselt werden und in den Proteinen aller irdischen Organismen vorkommen. Diese proteinogenen Aminosäuren sind nach ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften gruppiert. Die Abkürzungen in Klammern sind die Dreibuchstaben- und Einbuchstabencodes für proteinogene Aminosäuren. (verändert nach: Urheber: Sponk. Bildrechte: gemeinfrei)

Außerirdische Lebensformen, die unabhängig von den Organismen auf der Erde entstanden sind, werden sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit deutlich in ihrer chemischen Zusammensetzung von allen irdischen Lebewesen unterscheiden. Vielleicht ist bei außerirdischen Organismen die Erbsubstanz komplett anders aufgebaut. Der genetische Code wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit anders sein. Außerirdische Lebewesen haben vielleicht gar keine Proteine. Falls sie doch Proteine haben sollten, enthalten diese wahrscheinlich auch Aminosäuren, welche nicht in Proteinen von irdischen Lebewesen vorkommen. Denn es sind insgesamt über 400 Aminosäuren bekannt, die in der Natur vorkommen, aber nicht in Proteinen irdischer Lebewesen [55, 56].

Wenn also Lebensformen gefunden werden, kann man durch Untersuchungen ihrer chemischen Zusammensetzung herausfinden, ob es sich um außerirdisches Leben handelt.

Aber was wäre z. B., wenn Mikroorganismen in der Frühzeit der Erde auf den Mars oder andere Himmelskörper gelangt sind und sich seitdem dort weiterentwickelt haben?
Diese Lebewesen außerhalb der Erde hätten dann auch DNS und den gleichen (oder sehr ähnlichen) genetischen Code wie die irdischen Lebewesen, und sie hätten auch Proteine.
Doch wir könnten sie trotzdem von den irdischen unterschieden: Denn je länger Lebewesen räumlich isoliert sind und je unterschiedlicher die Umweltbedingungen in ihren Lebensräumen sind, desto mehr entwickeln sie sich im Laufe der Zeit auseinander (schon einige 100 bis 10000 Jahre können ausreichen, dass sie sich in neue Arten entwickeln).

Wenn Mars-Lebewesen mehrere Milliarden Jahre oder viele Millionen Jahre von den Lebewesen auf der Erde getrennt waren, müssten sich die Mars-Organismen deutlich von denen der Erde unterscheiden. Die DNS-Sequenz, also die Reihenfolge der Basen der gesamten DNS, die man in den Mars-Organismen findet, würde höchstwahrscheinlich so einzigartig sein, dass sie auf der Erde nirgendwo vorkommt. Auch wäre es eher unwahrscheinlich, auf der Erde Lebewesen zu finden, deren DNS-Sequenz zumindest sehr ähnlich ist. Von der Erde auf den Mars „ausgewanderte“ Organismen, die schon (sehr) lange auf dem Mars leben, müssten auch Proteine entwickelt haben, die ihnen helfen, sich besser an die Mars-typischen Umweltbedingungen (z. B. dünne Atmosphäre mit höherer Kohlendioxid-Konzentration, niedrigere Temperaturen) anzupassen. Es müsste daher auch Proteine geben, die einzigartig sind und die man in irdischen Lebewesen nicht findet.

Beim Vergleich der DNS und der Proteine der Marsbewohner mit denen der Erdbewohner würde man auf der Erde evtl. einige sehr entfernte Verwandte der Mars-Organismen finden.

Es könnte aber auch sein, dass die Gruppe der Lebewesen, von denen die Mars-Organismen abstammen, auf der Erde später komplett ausgestorben ist. Denn nach Schätzungen (anhand der als Fossilen bekannten Arten) sind ca. 99,9 % der Arten, die jemals auf der Erde gelebt haben, ausgestorben. Während der Erdgeschichte gab es mehrere Massenaussterben, bei denen größere Gruppen verwandter Lebewesen ausgelöscht wurden [57, 58, 59].

Lebewesen, welche erst vor kurzem von der Erde auf andere Himmelskörper gelangt sind, würden sich kaum unterscheiden. Bei Mikroorganismen, die erst vor kurzem z. B. von der Erde auf den Mars oder andere Himmelskörper gelangt sind, wäre die DNS-Sequenz sehr ähnlich oder sogar identisch zu einigen heute auf der Erde lebenden Organismen.
In den ersten Jahrzehnten der unbemannten Missionen zum Mars ging man davon aus, dass der Mars unbelebt ist. Mehrere Marssonden, die in diesem Zeitraum auf dem Mars gelandet oder dort abgestürzt sind, wurden vor ihrem Start nicht sterilisiert.
Heute werden Raumsonden vor dem Start gründlich sterilisiert, um eine Kontamination von anderen Himmelskörpern zu verhindern [60, 61, 62].

Müssen wir heute Angst vor einer Alien-Invasion – z. B. durch Mikroorganismen – haben?

Im Science-Fiction-Komödienfilm „Evolution“ (von 2001) stürzt ein Meteorit, welcher außerirdische Mikroorganismen enthält, auf die Erde. Einige der außerirdischen Einzeller mutieren schnell zu mehrzelligen und größeren Organismen, welche im Schnelldurchlauf eine Evolution durchmachen und Menschen angreifen. Doch diese Handlung ist zum Glück komplett unrealistisch.

Erstens ist unsere Erde schon dicht mit irdischen Lebewesen und Viren besiedelt. Auf der Erde neu eintreffende außerirdische Lebewesen sind den irdischen Viren, Mikroorganismen u. Parasiten noch nie begegnet und konnten daher keine Abwehrkräfte entwickeln. Daher würden außerirdische Lebewesen höchstwahrscheinlich schnell an Krankheiten zugrunde gehen, die durch Erreger verursacht werden, von denen die meisten für uns Menschen und die Tiere völlig harmlos sind.
Raumfahrende Außerirdische bräuchten auf der Erde mit hoher Wahrscheinlichkeit Schutzeinrichtungen der höchsten Biologischen Sicherheitsstufe 4 (also Schutzanzüge, virendichte Luftfilter usw.), wenn sie dort überleben wollten.
Umgekehrt bräuchten auch Menschen, die einem (potentiell) durch außerirdische Lebewesen bewohnten Himmelskörper betreten, solche Schutzeinrichtungen.

Zweitens sind auf der Erde auch kaum ökologische Nischen frei, die neue Organismen besetzen könnten. Fast alle irdischen Lebensräume sind dicht besiedelt, jedenfalls mit Mikroorganismen. Irdische Organismen sind in der Regel auch sehr gut an die Umweltbedingungen in ihrem Lebensraum angepasst. Außerirdische Organismen sind an die Bedingungen ihrer heimatlichen Umwelt angepasst, welche sich wahrscheinlich von denen der Erde unterscheiden. Wenn außerirdische Lebewesen neu auf der Erde eintreffen, wären sie mit großer Wahrscheinlichkeit schlechter an die hiesigen Bedingungen angepasst. Dadurch hätten sei einen Nachteil im Wettbewerb mit irdischen Lebewesen um den gleichen Lebensraum.

Drittens ist eine sehr schnelle Evolution von Lebewesen unwahrscheinlich, wenn man davon ausgeht, wie langsam sich auf das Leben auf der Erde entwickelt hat. So dauerte es z. B. nach der Entstehung der ersten Mikroorganismen ca. 3,53 – 3,1 Milliarden Jahre bis zur Entwicklung größerer vielzelliger Tiere. Die ersten zeitweise an Land lebenden Wirbeltiere gab es im Devon vor ca. 416 – 359  Millionen Jahren [63, 64, 65, 66]. Die ersten Säugetiere erschienen erst in der oberen Trias bis zum mittleren Jura vor ca. 235 – 170 Millionen Jahren. Die ältesten bekannten Primaten-Fossilen sind ca. 55 Millionen Jahre alt, die ersten Menschenaffen gab es vor ca. 18 – 15 Millionen Jahren [67]. Die Gattung des Menschen (Homo) erschien erst vor ca. 2,5 – 2 Millionen Jahren [68] und die heutige Menschenart Homo sapiens entwickelte sich vor ca. 300000 Jahren [69, 70, 71].
Auch die Bildung neuer Arten dauert auf der Erde relativ lange, bei einfachen Organismen meist min. einige 100 bis 1000 Jahre, bei größeren Organismen oft mehrere 10000 bis Millionen Jahre. dauert die vollständige Trennung zweier neu entstandener Arten bei Säugetieren mit mittlerer Größe meist min. 1,4 Millionen Jahre [72].


Literaturverzeichnis

1 Lovley, D. & Kashefi, K. (2003): Extending the upper temperature limit for life. Science. Bd. 301, S. 934–524

2 Cowen, D.A. (2004): The upper temperature of life – where do we draw the line? In: Trends Microbiol. Bd. 12, S. 58–60.

3 https://microbewiki.kenyon.edu/index.php/Colwellia_psychrerythraea

4 Neil A. Campbell et al. (2011): Biologie. 8., aktualisierte Auflage.

5 David Gilichinsky et al. (2008): Bacteria in Permafrost, in Book: Psychrophiles: from Biodiversity to Biotechnology S. 83-102.

6 Rachel Sussman (2015): Die ältesten Lebewesen der Erde.

7 V. Shatilovich et al. (2018): Viable Nematodes from Late Pleistocene Permafrost of the Kolyma River Lowland, Doklady Biological Sciences, Vol. 480, Issue 1, S. 100–10.

8 Sergiu Fendrihan et al. (2006): Extremely halophilic archaea and the issue of long-term microbial survival. In: Reviews in Environmental Science and Bio/Technology. Band 5, Nr. 2–3, Juli, S. 203–218.

9 Helga Stan-Lotter (2002): Extrembiotope – Mikroorganismen in permischen Salzsedimenten. S. 10–13 in: Spektrum der Wissenschaft – Dossier Leben im All. Monat: 3, Spektrum-d.-Wiss.-Verl., Heidelberg.

10 https://www.scinexx.de/wissen-aktuell-21529-2017-06-07.html

11 KS Makarova, et al. (2001): Genome of the extremely radiation-resistant bacterium Deinococcus radiodurans viewed from the perspective of comparative genomics. In: Microbiol. Mol. Biol. Rev. Band 65, Nr. 1, März, S. 44–79.

12 MJ Daly, KW. Minton (1997): Recombination between a resident plasmid and the chromosome following irradiation of the radioresistant bacterium Deinococcus radiodurans. In: Gene. Band 187, Nr. 2, März, S. 225–229.

13 Linda DeVeaux et al. (2007): Extremely Radiation-Resistant Mutants of a Halophilic Archaeon with Increased Single-Stranded DNA-Binding Protein (RPA) Gene Expression. Radiation Research 168(4): S. 507-514.

14 Ekaterina Dadachova et al. (2007): Ionizing Radiation Changes the Electronic Properties of Melanin and Enhances the Growth of Melanized Fungi. PLoS ONE 2(5), e457.

15 https://www.spektrum.de/lexikon/

16 Lynn Rothschild et al. (2001): Life in extreme environments. Nature 409, S. 1092–1101.

17 Lynn Rothschild (2009): A biologist’s guide to the Solar System. In: Constance M. Bertka: Exploring the origin, extent, and future of life. Cambridge University Press, Cambridge, S. 132.

18 Joseph Seckbach, et al. (2013): Polyextremophiles – life under multiple forms of stress. Springer, Dordrecht.

19 Ricardo Cavicchioli (2002): Extremophiles and the Search for Extraterrestrial Life. Astrobiology, August, Vol. 2, Issue 3, S. 281–292.

20 spaceref.com (2001): Comparative Survival Analysis of D. radiodurans, N. magadii, and H. volcanii Exposed to Vacuum Ultraviolet Irradiation, 5. Oktober.

21 Cano, Raul J. & Monica K. Borucki (1995): Revival and Identification of Bacterial Spores in 25- to 40-Million-Year-Old Dominican Amber. Science Nr. 268, 19 Mai, S. 1060.

22 Russel Vreeland et al. (2000) : Isolation of a 250 million-year-old halotolerant bacterium from a primary salt crystal. Nature, Vol. 407, 19. Oktober., S. 897-900.

23 Johnson S. S. et al. (2007). Ancient bacteria show evidence of DNA repair. PNAS. 104 (36) September, S. 14401–5.

24 https://www.spektrum.de/news/gibt-es-seit-mehr-als-vier-milliarden-jahre-leben-auf-der-erde/1569952

25 John W. Valley et al. (2014): Hadean age for a post-magma-ocean zircon confirmed by atom-probe tomography. Nature Geoscience Vol. 7, S. 219–223

26 Stephen J. Mojzsis et al. (2001) Oxygen-isotope evidence from ancient zircons for liquid water at the Earth’s surface 4,300?Myr ago. Nature Vol. 409, S. 178 – 181.

27 Elizabeth Bell et al. (2015): Potentially biogenic carbon preserved in a 4.1 billion-year-old zircon. PNAS November 24. 112 (47) S. 14518-14521.

28 Allen P. Nutman et al. (2016) Rapid emergence of life shown by discovery of 3,700-million-year-old microbial structures. Nature Vol. 537, S. 535–538.

29 Thomas Kenkmann (2007), Erde auf Kollisionskurs: Meteoriteneinschläge als geologischer Normalfall, Museum für Naturkunde Berlin.

30 V. R. Baker et al. (1991): Ancient oceans, ice sheets and the hydrological cycle on Mars. Nature. 352, Nr. 6336, S. 589.

31 Clifford, S. M. & Parker, T. J. (2001): The evolution of the Martian hydrosphere: Implications for the fate of a primordial ocean and the current state of the northern plains. Icarus, Vol. 154: 40-79

32 Michael H. Carr, James W. Head (2003): Oceans on Mars: An assessment of the observational evidence and possible fate. In: Journal of Geophysical Research (Planets). 108, S. 5042.

33 Gaetano Di Achille, Brian M. Hynek (2010): Ancient ocean on Mars supported by global distribution of deltas and valleys. In: Nature Geoscience. 3, Nr. 7, 14. Juni, S. 459–63.

34 M. K. Weisberg et al. (2006): Meteorites and the early solar system II. University of Arizona Press, Tucson, Systematics and Evaluation of Meteorite Classification, S. 19–52

35 Rainer Kayser (2002): Rätsel um Herkunft der Marsmeteoriten gelöst. In: astronews. 22. November.

36 D. D. Bogard, P. Johnson (1983): Martian gases in an Antarctic meteorite. In: Science. 221, S. 651–654.

37 Thomas Kenkmann (2007), Erde auf Kollisionskurs: Meteoriteneinschläge als geologischer Normalfall, Museum für Naturkunde Berlin.

38 https://www.wissenschaft.de/astronomie-physik/mit-dem-meteoriten-taxi-durchs-sonnensystem-2/

39 https://www.astronews.com/frag/antworten/3/frage3203.html

40 https://www.welt.de/wissenschaft/article160308461/Wie-warm-ist-es-im-Weltraum.html

41 https://www.dlr.de/dlr/desktopdefault.aspx/tabid-10337/1342_read-10770/#/gallery/15532

42 https://www.dlr.de/dlr/desktopdefault.aspx/tabid-10337/1342_read-10766/#/gallery/15527

43 https://www.uni-siegen.de/uni/publikationen/extrakte/ausgaben/200701/artikel4_superenergien_aus_dem_all.html

44 Krieger, H. (2004): Grundlagen der Strahlungsphysik und des Strahlenschutzes. Springer Fachmedien, Wiesbaden.

45 https://www.zw-jena.de/energie/schutz.html#gamma

46 https://www.lpi.usra.edu/publications/slidesets/marslife/slide_12.html

47 Curt Mileikowsky et al. (2000): Natural Transfer of Viable Microbes in Space: 1. From Mars to Earth and Earth to Mars. In: Icarus. Band 145, Nr. 2, 2000, S. 391–427.

48 Gerda Homeck et al. (2002): Viable Transfer of Microorganisms in the Solar System and Beyond. In: Astrobiology UT: The Quest for the Conditions of Life. S. 57-76.

49 Curt Mileikowsky et al. (2000): Natural Transfer of Viable Microbes in Space: 1. From Mars to Earth and Earth to Mars. In: Icarus. Band 145, Nr. 2, 2000, S. 391–427.

50 https://www.wissenschaft.de/astronomie-physik/mit-dem-meteoriten-taxi-durchs-sonnensystem-2/

51 R. Orosei et al. (2018): Radar evidence of subglacial liquid water on Mars. Science. 03 Aug; Vol. 361, Issue 6401, S. 490-493.

52 Matthias Glaubrecht et al. (2007), Als das Leben laufen lernte. Prestel Verlag.

53 Shuhai Xiao et al. (2014): The Weng’an biota and the Ediacaran radiation of multicellular eukaryotes. National Science Review. Vol. 1, Issue 4, 1. 12., S. 498–520.

54 Katharina Munk (2008): Biochemie – Zellbiologie. Georg Thieme Verlag.

55 Peter Nuhn (1990): Naturstoffchemie, S. Hirzel Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart.

56 G. Genchi (2017): An overview on D-amino acids. In: Amino Acids. Band 49, Nr. 9, September, S. 1521–1533.

57 https://www.scinexx.de/dossier-detail-43-4.html

58 Steven M. Stanley (2009): Evidence from ammonoids and conodonts for multiple Early Triassic mass extinctions. In: Proceedings of the National Academy of Sciences USA. Vol. 106, Nr. 36, S. 15264–15267.

59 David M. Raup (1991): A kill curve for Phanerozoic marine species. In: Paleobiology. 17(1), S. 37–48.

60 https://www.esa.int/ger/ESA_in_your_country/Austria/Keine_Chance_fuer_irdische_Invasoren/(print)

61 https://www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2015/August/raumsonden-keimfreier-start-ins-all.html

62 https://planetaryprotection.nasa.gov/about

63 Robert Carroll (2009): The Rise of Amphibians: 365 Million Years of Evolution. Johns Hopkins University Press.

64 Philippe Janvier & Gaël Clément (2010): Palaeontology: Muddy tetrapod origins. Nature. Vol. 463, Nr. 7277, , S. 40–41.

65 Grzegorz Nied?wiedzki et al. (2010): Tetrapod trackways from the early Middle Devonian period of Poland. Nature, Vol. 463, S. 43–48.

66 Jennifer Clack (2012): Gaining Ground: The Origin and Evolution of Tetrapods. Second Edition. Indiana University Press.

67 Terry Harrison (2010): Apes Among the Tangled Branches of Human Origins. Science. Vol. 327, S. 532–534.

68 Wolfgang Maier (2004): Primates, Primaten, Herrentiere. In: Wilfried Westheide, Reinhard Rieger (Hrsg.): Spezielle Zoologie. Teil 2: Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum Akademischer Verlag.

69 Mark Stoneking & Himla Soodyall (1996): Human evolution and the mitochondrial genome. Current Opinion in Genetics & Development, Vol. 6, Issue 6, Dezember, S. 731-736.

70 Carina Schlebusch et al. (2017): Ancient genomes from southern Africa pushes modern human divergence beyond 260,000 years ago. https://www.biorxiv.org/content/early/2017/06/05/145409.article-info, 5. Juni.

71 Pontus Skoglund et al. (2017): Reconstructing Prehistoric African Population Structure. Cell, Vol. 171, issue 1, P59-71.e21, 21. September.

72 Jean-Jacques Hublin (2014): How to build a Neandertal. In: Science. Band 44, Nr. 6190, S. 1338–1339.

—————

————————————————————

—————

————————————————————

Kommentare (55)

  1. #1 rolak
    27. Oktober 2018

    Umfassendes Plädoyer für ein Anpassen der gefühlten Vorlieben an realistische Szenarien. Evtl etwas zu weit bzw detailliert gefaßt für einen einzigen Text, dafür aber mit einem humoristischen Highlight:

    hohe Dosen von isolierender Strahlung

  2. #2 Leser
    27. Oktober 2018

    @ Anonym

    Du hast dir Mühe gegeben. Und uns mit Fremdwörtern zugeballert. Aber die kälteliebenden Lebewesen haben keine “Kryptobiose” sondern nur eine “Kryobiose”.

    Es ist eigentlich unwichtig, daß wir wissen, das extreme Zustände liebende Lebewesen Extremophile heißen, daß hitzeliebende Lebewesen Thermophile heißen, daß es Halophile, Acidophile, Alkalophile und Xerotolerante Lebewesen gibt. Es ist eigentlich nur wichtig zu wissen, daß all diese unwirklich wirkenden Lebensräume auch wirklich mit einfachem Leben besetzt sind.

    Wenn man von toleranten (z.B. radiotolerant) Lebensformen spricht, heißt das nicht, daß diese Lebensformen unter Radioaktivität gedeihen, sondern nur, daß sie die Radioaktivität bis zu einem gewissen Maß ertragen und überleben. Das Leben drängelt sich wie ein Gas in jede Ritze oder Spalte in unserer Umwelt. Gut angepaßte Lebensformen können auch in sehr ungünstig erscheinenden Spalten unserer Umwelt überleben und gedeihen.

    Man sollte die Lebensdauer der DNS nicht überbewerten. Das Mammut ist erst seit weniger als 10 000 Jahren ausgestorben. Trotzdem hat man bisher in den gefrorenen Mammutleichen keine lebensfähigen und vermehrungsfähigen Zellen gefunden. Einfache Zellen (Algen, Bakterien) mögen solche Zeiträume überstehen, komplexes Leben nicht. Ich vergleiche so etwas gerne mit einer Maschine. Eine einfache Maschine funktioniert möglicherweise teilweise auch noch im verbeulten und verbogenen Zustand, eine komplizierte Maschine ist dann nur noch Schrott.

  3. #3 Hajo
    27. Oktober 2018

    Für mich einer der besten Artikel im Wettbewerb, der mit einem hohen Informationsgehalt überzeugt.
    Daneben erfährt man auch vieles über den genetischen Code und dessen fundamentale Bedeutung für das Leben. Der Autor oder die Autorin hat gute Arbeit geleistet (aber weshalb anonym?).

  4. #4 Novidolski
    27. Oktober 2018

    Der Phantasie ein Küchl.
    Gute Zusammenfassung.

  5. #5 Karl-Heinz
    27. Oktober 2018

    Grossartiger Artikel, Gratulation.
    Sicher sind im Artikel viele Fremdwörter verwendet worden, aber man darf nicht übersehen, dass es Fachbegriffe sind, welche sehr sehr wertvoll sind, falls man weiterrecherchieren oder das Ganze auf seine Richtigkeit prüfen will. Allein der Umfang der Quellenangabe zeigt, dass hier sehr sorgfältig recherchiert wurde. Deshalb zolle ich Respekt für diesen Artikel. 😉

  6. #6 Hoffmann
    27. Oktober 2018

    Sauber recherchiert und schlüssig begründet. Von mir einen erhobenen Daumen für diesen informativen Überblicksartikel, auch wenn ich gegenüber den Extrapolationen der ISS-Experimente skeptisch eingestellt bin.

  7. #7 gaius
    27. Oktober 2018

    Tolle Faktensammlung. Sehr gehaltvoll, sicher gut geeignet zum Weiterrecherchieren, dafür aber ziemlich trocken geschrieben.

    Ein Gedanke noch dazu: Unter allen extraterrestrischen Lebensformen, die uns erreichen, könnten möglicherweise diejenigen auf technischer Basis gar nicht so unwahrscheinlich sein, denn sie dürften die geringsten Probleme mit Weltall-Bedingungen sowie langen Zeiträumen haben. Ob wir extrem weit evolviertes Leben allerdings noch als solches erkennen würden, wage ich zu bezweifeln.

    Vielleicht sind sie ja schon hier. Vielleicht spielt das Konzept “Ort” auch einfach keine Rolle mehr für sie …

  8. #8 Leser
    27. Oktober 2018

    @ Anonym

    Schade, daß du dich hinter Anonym verkriechst. Um deinen Beitrag zu bewerten, müßte man wissen, ob du Schüler, Student, interessierter Laie bist oder sogar eine wissenschaftliche Ausbildung hast.

    Die Panspermie ist ja ein zur Zeit extrem heiß diskutiertes Thema. Aber die Möglichkeiten, die Entwicklung des Lebens auszuloten, sind noch längst nicht alle ausgelotet. Für mich (ich bin auch nur interessierter Laie auf diesem Gebiet) ergeben sich viele unbeantwortete Fragen. Wie z. B. :
    – Gibt es Prokaryoten, die ohne RNA (und DNA) auskommen ?
    – Wie funktioniert die Eiweißsynthese in Zellen, die 150 Grad Celsius heiß sind ? Viele Eiweiße halten keine 50 Grad Celsius aus. Hält RNA 150 Grad Celsius aus ?
    – Gibt es in den Prokaryoten (Extremophilen) RNA, DNA oder beides ?
    – Unter welchen Bedingungen polymerisiert der Zucker in der RNA von selbst ?
    – Warum ist in der DNA Thymin an der Stelle von Uracil ? Kann man daraus eine Entwicklung herleiten ?

    Dein Artikel ist eine gute Zusammenfassung der Literatur. Leider unterscheidest du nicht immer deutlich zwischen Fakt und Vermutung. Es mag durchaus eine deutliche Warscheinlichkeit dafür geben, daß es auf der Erde Meteoriten vom Mars (Mond, Merkur, Ganymed …. extrasolaren Planeten ….) gibt. Belegen (beweisen) läßt sich das aber für einen bestimmten Meteoriten nicht, es bleibt eine Vermutung. Die Dinger haben eben keinen Flugschreiber.

  9. #9 Mars
    27. Oktober 2018

    ja, es ist schon spannend was es allein auf diesem planet schon an anpassung und lebensnischen gibt
    … weiterdenken geht immer, auch wenn es viele wäre, hätte und wenns gibt.

    mir scheint es auch ein wenig zu ausführlich, aber so hat man mit einem gezielten rundumschlag doch auch vieles abgedekt.
    bin zufrieden, wenn ich neues wissen als input bekomme.
    .

    ein kleiner punkt :
    “”Lebewesen bevorzugen das leichtere Isotop C-12 gegenüber C-13. Organische Reste von Lebewesen erhalten daher deutlich weniger C-13 als Kohlenstoffverbindungen …””

    ich denke das war ein kleiner fehler im ablauf und verständnis – bitte nochmal prüfen.
    ein organismus unterscheidet -rein chemisch – nich zwischen C12 oder C13. aber nach dem ableben ‘zerlegt’ sich das C13 und das verhältnis verändert sich. was dann auch zur messung herangezogen wird.

    die aber auch nur in messbereiche an die 100.000 jahre reicht, da nach gut 5000 jahren schon mal die hälfte weg ist, und nach 10x 5000 jahren das rauschen im prozentbereich untergeht.

  10. #10 gaius
    27. Oktober 2018

    Noch ein Gedanke zur Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, wer uns erreichen kann: Wir wissen, dass es am Anfang der Entwicklung des Lebens lange Zeit nur Mikroorganismen gibt. Wir kennen aber das andere Ende nicht!

    Selbst, wenn die Entwicklung einer technikproduzierenden Zivilisation unwahrscheinlich sein sollte: Ich halte es nicht für unmöglich, dass Zivilisationen, die einen gewissen Flaschenhals überwunden haben (in dem wir gerade stecken könnten, z.B. mit dem Risiko, sich ökologisch selbst zu vernichten), für sehr lange Zeiten stabil sein könnten und die Gelegenheit haben könnten, sich weit auszubreiten.

  11. #11 Karl-Heinz
    27. Oktober 2018

    @Mars

    C12 und C13, beide sind stabil. 😉

  12. #12 Leser
    27. Oktober 2018

    Aber C14 nicht !

  13. #13 Karl-Heinz
    27. Oktober 2018

    @Mars

    Der kinetischer Isotopeneffekt bei Kohlenstoff ist wohl nicht so groß wie beim Wasserstoff, aber dennoch vorhanden. 😉

  14. #14 Karl-Heinz
    27. Oktober 2018

    @Leser

    Es geht um C12 und C13.
    Die Aussage „Ein Organismus unterscheidet -rein chemisch – nich zwischen C12 oder C13“ ist wegen des Isotopeneffekt, so nicht ganz korrekt.

  15. #15 Mars
    27. Oktober 2018

    @all #10 – …

    na klar, da war ich auf dem einen holzauge blind
    und bin in die eigenen denkfalle getappt
    C13 liest man so selten, dass ich voll darauf reingefallen bin
    natürlich hat das genaze nichts mit dem zerfall von C14 zu tun – an das ich dachte.

    ohh – erst denken, dann schreiben, werd es mir zu herzen nehmen!

  16. #16 Karl-Heinz
    27. Oktober 2018
  17. #17 Dampier
    27. Oktober 2018

    Großartig! Das Thema hatte ich immer nur am Rande verfolgt, wollte aber schon lage mal gern die ganze Geschichte erfahren. Dieser Artikel lässt keine Wünsche offen. Schön ausführlich, und er behandelt alle Fragen, die ich mir dazu gestellt habe. Zum Beispiel, wie sich außerirdische DNA von terrestrischer unterscheiden könnte.

    Was fehlt? Vielleicht noch der “fun fact”, dass Deinococcus radiodurans von der Wissenschaftsgemeinde den herrlichen Beinamen Conan the Bacterium verpasst bekam …

    Höchstwertung von mir.

  18. #18 leo
    ASTROBIOLOGIE
    27. Oktober 2018

    Die Wissenschaft ohne Untersuchungsgegenstand.

    Genauso wie die Theoretische Kosmologie.

    Nur Spekulation !

  19. #19 Karl-Heinz
    27. Oktober 2018

    @Leo

    Willst du uns mitteilen, dass du kein kleiner Organismus sondern ein Alien bist? 😉

  20. #20 Hoffmann
    27. Oktober 2018

    @ Mars:

    ein organismus unterscheidet -rein chemisch – nich zwischen C12 oder C13.

    Doch, das tut er. Im Verlauf der Dunkelreaktion der Photosynthese bindet das Enzym Ribulose-Bis-Phosphat-Carboxylase (kurz: Rubisco) bevorzugt das 12-C-Isotop, da sich CO2 mit 12-C leichter in Wasser löst als CO2 mit 13-C. Daraus resultiert ein 13-C/12-C- Isotopenverhältnis, welches niedriger ist als das natürliche, welches u.a. über Kalksteinproben ermittelt wird (auch Delta-13-C-Verhältnis bezeichnet).

    Hier ein Artikel, wo das Delta-13-C-Verhältnis zur Klimarekonstruktion verwendet wird:

    https://www.helmholtz-muenchen.de/fileadmin/HZM/pdf/publikationen/jahresberichte/2002/025_032_ifh_akt.pdf

    @ Leser:

    – Gibt es Prokaryoten, die ohne RNA (und DNA) auskommen ?
    – Wie funktioniert die Eiweißsynthese in Zellen, die 150 Grad Celsius heiß sind ? Viele Eiweiße halten keine 50 Grad Celsius aus. Hält RNA 150 Grad Celsius aus ?
    – Gibt es in den Prokaryoten (Extremophilen) RNA, DNA oder beides ?
    – Unter welchen Bedingungen polymerisiert der Zucker in der RNA von selbst ?
    – Warum ist in der DNA Thymin an der Stelle von Uracil ? Kann man daraus eine Entwicklung herleiten ?

    Ohne dem Autor hier vorgreifen zu wollen, kann ich vielleicht etwas zur Klärung beitragen.

    Sämtliche Prokaryoten enthalten DNA als Erbmaterial. Es gibt keinen Organismus – auch nicht den allerprimitivsten, wie z.B. Mycoplasma genitalium, den Craig Venter als Modellorganismus verwendet hatte – der ohne DNA als Erbmaterial auskommt.

    Wenn man Viren einbezieht (die jedoch keine Lebewesen sind!), gibt es neben DNA-Viren auch RNA-Viren, aber beide Sorten greifen auf Nucleinsäuren zurück, weil sie sich des genetischen Codes ihrer Wirtsorganismen bedienen müssen (und damit zugleich auch des Proteinbiosynthese-Apparats, der mit den Basensequenzen der Viren etwas anfangen kann, damit daraus neue Viren entstehen können.

    Die Eiweißsynthese in Zellen funktioniert bei 150 Grad Celsius am oberen Limit, weil die Reparaturenzyme gerade noch hinterherkommen, den Schäden durch beschleunigt ablaufende Hydrolyse Herr zu werden. Ansonsten läuft der Prozess analog wie in moderat temperierten Umgebungen ab. Die Hitzebeständigkeit der Proteine in den hyperthermophilen Organismen ist das Resultat der Selektion. Diese Anpassung ist in den meisten Fällen dadurch “erkauft” worden, dass solche Organismen unter 80 Grad Celsius in “Kältestarre” verfallen.

    In den extremophilen Prokaryoten gibt es als Erbmaterial wie in allen anderen Organismen stets nur DNA. RNA übernimmt dort ebenso wie in anderen Organismen die “Vermittlerrolle” zwischen Genom und Proteom, indem sie entweder in die Proteinbiosynthese involviert ist oder die Ablesefrequenz des Genoms reguliert.

    Zucker in der RNA polymerisiert nicht, da die einzelnen Zuckermoleküle durch Phosphatgruppen voneinander getrennt sind.

    Thymin hat zum einen eine größere Stabilität als Uracil. Weiterhin stabilisiert die Methylgruppe im Thymin durch ihren hydrophoben Charakter die Doppelhelixstruktur der DNA, da sich durch das Ineinander-Verschieben der Basen im Zuge der Doppelhelixbildung zusätzliche hydrophobe Wechselwirkungen ergeben, die die Struktur als Ganze stärker fixieren. Dadurch wird die Wirkung der freien Ketogruppe des Thymins etwas ausgeglichen.

    Zur Erinnerung: Das Basenpaar Adenin-Thymin hat nur zwei Wasserstoffbrücken, so dass eine Ketogruppe des Thymins ungebunden bleibt und damit eine etwas stärkere Polarität im Innern der Doppelhelix entfaltet als das beim Paar Guanin-Cytosin der Fall ist, wo beide Seitengruppen des Cytosins mit Wasserstoffbrücken belegt sind.

    Eine Entwicklung kann man insofern annehmen, dass DNA erst später als RNA entstanden ist, da Uracil einfacher entsteht und Thymin erst nachträglich biochemisch über Enzyme mit einer Methylgruppe versehen wird, so dass daraus dann Thymin wird. Hinzu kommt, dass der Zuckeranteil der DNA – also die Desoxyribose – ebenfalls erst nachträglich enzymatisch aus Ribose (also dem Zuckeranteil der RNA) durch Ersetzung einer Hydroxylgruppe mit einem Wasserstoffatom biochemisch produziert wird.

    Es gibt aber auch Forscher, die das anders sehen. In diesem Bereich der Forschung ist das aber nichts Ungewöhnliches …

  21. #21 Hoffmann
    27. Oktober 2018

    Kleine Korrektur meiner selbst:

    Eine Entwicklung kann man insofern annehmen, dass DNA erst später als RNA entstanden ist, da Uracil einfacher entsteht und Thymin erst nachträglich biochemisch über Enzyme mit einer Methylgruppe versehen wird, so dass daraus dann Thymin wird.

    Richtig muss es heißen:

    Eine Entwicklung kann man insofern annehmen, dass DNA erst später als RNA entstanden ist, da Uracil einfacher entsteht und Uracil erst nachträglich biochemisch über Enzyme mit einer Methylgruppe versehen wird, so dass daraus dann Thymin wird.

  22. #22 Florian
    28. Oktober 2018

    Ein guter Artikel mit umfassenden Informationen und Ideen. Einzig die vielen Rechtschreibfehler machen es schwer den Artikel flüssig zu lesen. Aber ansonsten gehört es zu den TOP Artikeln im Schreibwettbewerb.

  23. #23 Leser
    28. Oktober 2018

    @ Hoffmann

    Danke, für deine ausführliche Antwort auf die Fragen, die ich Anonym gestellt hatte. Ich selbst bin ja – wie beschrieben – nur interessierter Laie. Aber auch als solcher macht man sich viele Gedanken über die Entstehung des Lebens.

    Die Frage nach der spontanen Polymerisation hatte ich nur gestellt, um zu verstehen, wie ein RNA- oder DNA-Molekül spontan von selbst entstehen kann. Das ist ja doch eine recht komplizierte Molekülstruktur. Und wenn man an eine Alternative zur Panspermie denkt, muß man sich überlegen, wie so etwas zufällig entstehen kann. Leider haben wir nicht die Zeit, einfach die Ursuppe in sterile dichte Glaskolben zu füllen und 300 Millionen Jahre zu warten.

  24. #24 Hoffmann
    28. Oktober 2018

    @ Leser:

    Die Polymerisation als solche ist das geringere Problem. Die ergibt sich, sobald eine Möglichkeit besteht, das entstehende Reaktionswasser abzuführen. Das kann u.a. durch periodisches Austrocknen des Reaktionsraumes geschehen (z.B. in einer Gezeitenzone, wo periodisch während der Ebbe eine Austrocknung erfolgt, so dass sich einzelne Nucleotide zu RNA-Strängen verketten können).

    Das eigentliche Problem bei der Entstehung des Lebens ist die Reproduktion funktionsfähiger Polymere, um die beginnenden Stoffwechselkreisläufe des Fließgleichgewichts zu stabilisieren. Hier kommt es auf analoge Faltungsmuster an, um die katalytischen Prozesse in ihrer Abfolge zu stabilisieren.

    Vor dem Einsetzen der Translation (und damit der Möglichkeit, Sequenzen von Proteinen auf der Grundlage einer RNA-Vorlage auf codierte Weise zu reproduzieren) musste diese Reproduktion auf andere Weise erfolgen, damit das Fließgleichgewicht nicht ständig kollabierte und über Zufallsprozesse jedesmal neu mühsam wieder in Gang kommen musste.

    Hier haben wir eine Hürde, deren Lösung (Finden eines Translationsmechanismus) aus rein chemischer Sicht nicht ableitbar ist, weil es hierbei nicht primär um passende Chemikalien geht, sondern um passende Formen (und damit um mechanische Eigenschaften, die sich aus den Molekülformen ergeben), die mit passenden Sequenzen zusammenhängen.

    Da die Abfolge von Sequenzmustern aus chemischer Sicht jedoch beliebig sein kann, ergibt sich über die Chemie keine kanalisierende Wirkung, die das wiederholbare Finden von passenden Sequenzen zur Notwendigkeit werden lässt.

    Somit ergibt sich aus dem Vorhandensein eines passenden Mixes von Ausgangsmaterielien (“Ursuppe”) und eines Zeitrahmens von mehreren Hundert Millionen Jahren unter reduzierenden bis neutralen chemischen Bedingungen keine Möglichkeit, das Eintreffen der Entstehung des Lebens vorab in seiner Wahrscheinlichkeit zu bestimmen. Und daraus folgt dann die prinzipiell gegebene Unmöglichkeit, das Vorhandensein von außerirdischem Leben aus den auf der Erde gegebenen Fakten zu bestimmen.

    Dennoch: Falls es außerirdisches Leben gibt (man kann es ja aus denselben Gründen nicht ausschließen, da vorab unkalkulierbar!), dann ist der hier dargebotene Übersichtsartikel eine gute Grundlage, um darüber zu spekulieren.

  25. #25 Novidolski
    28. Oktober 2018

    Dem Leben auf der Spur.
    Wenn ich das richtig verstanden habe, dann versteht man den Translationsmechanismus noch nicht.
    Vereinfacht formuliert: Warum will sich die DNA vervielfältigen? Ist das so zu verstehn, wie es Leser mit dem einfachen Beispiel der Polimerisation meint, dass die sich zwangsläufig aus den eigenschaften eines ungesättigten Moleküls ergibt, dann wäre die DNA auch ungesättigt, natürlich auf einer höheren komplexen Ebene.

  26. #26 Leser
    28. Oktober 2018

    @ Hoffmann

    Danke. Das mit der Spekulation sehe ich auch so. Und wenn man in Betracht zieht, daß das Leben auf der Erde 3 Milliarden Jahre gebraucht hat, um komplex (mehrzellig) zu werden, und nochmal rund 500 Millionen Jahre gebraucht hat um intelligent zu werden, hat Anonym mit seiner außerirdischen Mikroorganismensuppe wahrscheinlich recht. Darüber, wie repräsentativ die Zeiträume auf der Erde für fremdes Leben sind, kann man auch nur spekulieren.

    Nicht teilen tue ich die Spekulation, daß außerirdisches Leben für uns auf der Erde ungefährlich sei. Da gibt es so viele Gefahren, angefangen damit, daß wir für die außerirdischen Mikroben Nahrung sein könnten, bis dahin, daß einzelne Stoffwechsel-Produkte der Außerirdischen für uns oder unsere Nahrungskette gefährlich sein könnten. Schon unsere Geschichte der Entdeckung der neuen Welt zeigt die Gefahren auf.

  27. #27 zimtspinne
    28. Oktober 2018

    @ Hoffmann

    die Viren sind so eine Sache…. sie einfach mit “keine Lebewesen” abzustempeln, finde ich unpassend.
    An der Grenze zum Leben wäre viel zutreffender. Aber auch misslich.
    Es kann doch nicht sein, ja, ich prangere das (schon immer!) an, etwas, das fremde Zellen (Wirtszellen) kapert, um sich zu reproduzieren einfach als “kein Leben” definiert wird.
    Nur weil ihnen die Fähigkeit zur Proteinbiosynthese fehlt.
    Was ich eigentlich damit sagen möchte: Wenn die Definition davon, was Leben/ein Lebewesen ist, so eng gefasst wird, dann werden die möglichen extraterrestischen Lebensformen (Kristalle vielleicht? wie in dem Roman “Raumkundschafter Katman” 😉 ) ja auch kaum unter unsere Begriffe von Leben fallen.
    Was die Fähigkeit zur Replikation besitzt, muss auch irgendwie dem Leben zugeordnet werden können. Und nicht nur “dem Leben nahe”.
    Entweder, es lebt, oder es lebt nicht.
    Sonst erinnert mich das an das berühmte “bisschen Schwangersein”.

    vom wem stammt der Artikel denn nun?
    bei einem anonym dafür bedanken, ist ja genauso doof wie die Viren-Leben-Sache.

  28. #28 Hoffmann
    28. Oktober 2018

    @ Novidolski:

    Wenn ich das richtig verstanden habe, dann versteht man den Translationsmechanismus noch nicht.

    Man versteht diesen Mechanismus schon, aber man kann aus den chemischen Grundbestandteilen, die die beteiligten Makromoleküle aufbauen, nicht ableiten, dass sich die passenden Moleküle zu einem funktionierenden Translationsmechanismus zusammenfinden. Und das macht dann die Entstehung des Lebens zu einer im Hinblick auf Wahrscheinlichkeiten unkalkulierbaren Tatsache, von der man nicht vorab sagen kann, ob sie außerhalb der Erde ebenfalls Tatsache geworden ist oder lediglich potentielle Möglichkeit geblieben ist.

    Warum will sich die DNA vervielfältigen?

    Das will sie ja nicht. Sie wird vervielfältigt, weil es im Rahmen der organisiert ablaufenden Prozesse im Zellinneren möglich ist und sich aus dem übergreifenden Kontext des Zellgeschehens dann auch notwendigerweise vollzieht. Aber wohlgemerkt: DNA ist kein Leben, sondern für sich genommen nur totes Material, welches der Organismus zum Aufrechterhalten seiner Lebensfunktionen verwertet.

    @ Leser:

    Nicht teilen tue ich die Spekulation, daß außerirdisches Leben für uns auf der Erde ungefährlich sei.

    In Anbetracht der zu erwartenden Unterschiede in der Ausstattung mit biochemisch aktiven Stoffen, erwarte ich hier keinerlei Passfähigkeit, die sich zu einer krankmachenden bis tödlichen Auswirkung auf Menschen oder Tiere ausweiten würde.

    Mit eindringenden Fremdmikroben, die von unserem Immunsystem wegen der komplett verschiedenen biochemischen Ausstattung zugleich als Fremdkörper identifiziert würden, käme unser Immunsystem sehr gut zurecht.

    Es ist zu erwarten, dass solche Mikroben sich gar nicht erst auf der Erde etablieren könnten, da sie der hier aufgewachsenen und angepassten Konkurrenz nichts entgegensetzen könnten. Dazu sind sie nicht hinreichend adaptiert, um mit den Konkurrenzdrücken mithalten zu können. Sie würden durch irdische Mikroben verdrängt werden, bevor sie sich eine eigene Nische erschließen könnten, um eigene Nahrungsquellen zu erschließen.

  29. #29 zimtspinne
    28. Oktober 2018

    …. und woher kommt der Drang der Zelle zur Vervielfältigung? Dieses “Programm”, das sie auszuführen versucht (bis zum Exzess und Selbstvernichtung —> Karzinogenese), muss doch irgendwo seinen Ursprung haben.
    da bereits Viren dieses Programm haben und abfahren, ganz ohne Zellen, muss der Replikationswahn-Ursprung irgendwo anders liegen. Wo denn?
    Doch bei einem Schöpfer? öhhhhm….. 😀

  30. #30 Hoffmann
    28. Oktober 2018

    @ Zimtspinne:

    Nur weil ihnen die Fähigkeit zur Proteinbiosynthese fehlt.

    Und Stoffwechsel, und Reizbarkeit, und Motilität, und … und …

    Kurz: Viren sind lediglich eingepackte Nucleinsäuren, aber nichts was lebt. Es gibt zwar Grenzfälle (Riesenviren), aber die kann man als degenerierte Zellparasiten auffassen, die es immer noch schaffen, irgendwie “mitgeschleppt” zu werden, wenn sich die Wirtszelle teilt. In der Regel haben wir aber lediglich in Capside verpackte DNA bzw. RNA, die passiv von Wirtszelle zu Wirtszelle übertragen werden, wenn sie vermehrt werden.

    Wenn die Definition davon, was Leben/ein Lebewesen ist, so eng gefasst wird, dann werden die möglichen extraterrestischen Lebensformen (Kristalle vielleicht? wie in dem Roman “Raumkundschafter Katman”) ja auch kaum unter unsere Begriffe von Leben fallen.

    Waren es beim “Raumkundschafter Katman” Kristalle? Ich habe dunkel in Erinnerung, dass es sich bei der invasiven “Yoga-Zivilisation” um Humanoide handelte, aber möglicherweise irre ich mich da nach 30 Jahren ein wenig in meiner Erinnerung …

    Zur Definition von Leben – Leben ist immer etwas Prozessuales, also ein System, das lebt (wobei “leben” hier durchaus als Verb, also als Tätigkeitswort verstanden werden muss), weil Prozesse ablaufen, die das System am Leben erhalten, so dass es ein lebendes System ist.

    Da Lebewesen gegen den Trend zum Zerfall der Prozessordnung aktiv am Wirken sind, stellen sie Systeme dar, die unter Energieverbrauch lokal Ordnung aufrecht erhalten und dadurch in der Umgebung die Unordnung erhöhen (aktive Entropietrennung).

    Das erfordert zum einen eine semipermeable Abgrenzung zur Umgebung und zum anderen eine Umsetzung energiereicher Nahrungsstoffe zu energiearmen Abfallstoffen, wobei über die Zwischenschritte die innere Prozess- und Strukturordnung reproduziert wird.

    Kurz: Stoffwechsel ist für Lebewesen essentiell – egal, auf welcher chemischen Basis er beruht. Das trifft dann auch auf hypothetisches außerirdisches Leben zu, welches erst noch von uns entdeckt werden müsste, so es denn vorhanden ist.

    Außerirdisches Leben wäre also grundsätzlich dadurch erkennbar, dass es sich um abgegrenzte Gebilde handelt (Zellen), die eine innere Ordnung aufweisen (Zellstrukturen), welche über Stoffwechselprozesse reproduziert wird (Nahrungsstoffaufnahme und Abfallstoffabgabe).

    Kristalle hingegen bewirken keine aktive Entropietrennung, sondern eine passive unter Energiefreisetzung, wenn sie die Lücken im Kristallgitter mit Elementarbestandteilen ausfüllen. In Kristallen entfällt somit der Stoffwechsel.

    Wegen der physikalisch feststehenden Kristallgitter erübrigt sich die Evolutionsfähigkeit, denn der Phänotyp eines Kristalls kann sich wegen der festgelegten Gestalt des Kristallgitters nicht verändern. Also sind Kristalle keine Lebewesen.

    Was die Fähigkeit zur Replikation besitzt, muss auch irgendwie dem Leben zugeordnet werden können.

    Da Viren diese Fähigkeit nicht aus sich selbst heraus besitzen, sondern lediglich vermehrt werden, ohne sich selbst zu vermehren (das übernimmt ja die “gekaperte” Zelle!), kann man Viren nicht dem Leben zuordnen. Auch nicht irgendwie …

  31. #31 Hoffmann
    28. Oktober 2018

    @ Zimtspinne:

    …. und woher kommt der Drang der Zelle zur Vervielfältigung?

    Worauf begründet sich Deine Tatsachenbehauptung? Zellen teilen sich aufgrund biochemischer Reaktionskaskaden, die immer dann ausgelöst werden, wenn ein bestimmter Wachstumsgrad erreicht worden ist. Wenn Dir dieser Vergleich behagt: Die Zelle “fühlt” sich ausgewachsen und “meint”, dass sie sich besser teilen sollte, bevor sie platzt. Aber das ist lediglich ein anthropomorhisierender Vergleich. Bitte nicht wörtlich nehmen …

    da bereits Viren dieses Programm haben und abfahren

    Nö, Viren fahren nichts ab. Das übernehmen die befallenen Zellen. Wieder in übertragenem Sinne: Viren nutzen sich bietende Gelegenheiten, ohne selbst etwas dafür zu tun, dass sie sich ergeben. Typische Trittbrettfahrer eben …

  32. #32 felix
    28. Oktober 2018

    Was mir in diesem Zusammenhang bisweilen auffällt ist daß aus der Tatsache daß Leben extrem wiederstandsfähig ist oft geschlossen wird dass es deshalb auch “überall” vorkommt (z.B. Mars, Monde, Kometen, …).
    Das würde vorraussetzen dass es unter solchen Bedinungen auch entstehen kann, für mich kaum vorstellbar.

    Gibt es diesbezüglich Erkenntnisse? D.h. welche Bedingungen müssten wie lange herrschen?

  33. #33 Hoffmann
    28. Oktober 2018

    @ Felix:

    Ja, das ist ein beliebter Trugschluss, den man recht oft findet. Voriges Jahr hatte ich mich am Wettbewerb mit einem Beitrag zur Frage: “Entsteht Leben einfach?” beteiligt. Da ging es darum, ob es sich bei der zeitigen Entstehung des Lebens auf der Erde lediglich um einen Auswahleffekt handeln könnte und nicht um einen Beleg dafür, dass Leben relativ einfach entsteht. Da die Entstehung des Lebens unkalkulierbar ist, lassen sich auch keine verbindlichen Zeiträume abstecken, die für eine Lebensentstehung notwendig sind.

  34. #34 zimtspinne
    28. Oktober 2018

    @ Hoffmann
    Bei Katman waren das Kristalle mit einem ziemlich ungebremsten (Kristall)teilungszyklus, und manche waren gutartig, andere bösartig (wie Tumore halt).
    Bei mir ist das erst ca 15 Jahre her und ich erinnere mich genau an die Kristallsache, da ich die Idee ziemlich gut fand. Besser als die üblichen Aliens oder mutierten Viecher.

    Ich weiß gerade nicht, wie ich meine Ansichten am besten verdeutlichen kann, die im Grunde nur leicht von deinen abweichen…..
    mir geht es darum, dass Viren nicht einfach nur zufällig mal zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind und als Trittbrettfahrer auftreten, sondern durchaus aktiv am Geschehen teilnehmen. Auf ihre Art und nach ihren Möglichkeiten halt.
    diese vagabundierende DNA hat die Evolution mal so richtig angetrieben, vermutlich beschleunigt, da bei den von dir angesprochenen Selektionsdrücken Viren eine tragende Rolle zukam (und es noch immer tut). Parasiten und deren Wirte im stetigen Wettrüsten. Viren werden ja sogar von anderen Viren parasitiert und müssen sich dagegen wappnen und wehren.
    Wenn das kein Zeichen von Leben ist…
    oder wo agiert unbelebte Natur so oder ähnlich?

    … und was heißt hier “Tatsachenbehauptung”?
    Ich dachte eigentlich, das sei so ungefähr Konsens in der Biologie, dass Zellen sich nicht einfach teilen, wenn sie das Gefühl haben, zu fett geworden zu sein (mal salopp ausgedrückt), sondern vielmehr die Zelle auf Vervielfältigung programmiert ist und dabei regulierend durch ein ausgeklügeltes Zellzyklus-Kontrollsystem eingegriffen werden muss, zum Wohle des Gesamtorganismus.

  35. #35 zimtspinne
    28. Oktober 2018

    … ansonsten würde die Zelle sich einfach mal wild und egoistisch drauflos teilen….. wenn sie nicht effizient daran gehindert wird. Also muss das ja wohl das Wesen der Zelle sein, sich teilen zu wollen (durch Evolution geformt, dieser “Drang”).
    Genau das ist ja das Problem bei der Tumorentstehung – dabe fallen entscheidende Kontrollmechanismen aus oder ganz weg (durch Mutationen).

  36. #36 Anders
    29. Oktober 2018

    Schöner und umfassender Übersichtsartikel mit nur kleinen Schwächen. Hat mir gut gefallen. Die anschließende Diskussion finde ich ebenfalls gut und erkenntnisfördernd.
    Die Frage wie man Leben definiert, ist freilich eine schwierige, jedenfalls für mich. Ich sehe es grundsätzlich auch so dass Lebewesen stoffwechseln müssen um sich selbst zu erhalten und zu reproduzieren.

    Daher würde ich Viren auch nicht als Lebewesen bezeichnen. Was mich schon immer interessiert hat: Viren müssten, da sie Wirte benötigen, eigentlich erst später entstanden sein als Zellen oder sind sogar degenerierte Abkömmlinge (degeneriert im Sinne von “mal Lebewesen gewesen” nach obiger Definition).
    Gibt es hierüber Einigkeit bei den Biologen? Liege ich richtig oder nicht?

  37. #37 roel
    29. Oktober 2018

    @zimtspinne

    “ansonsten würde die Zelle sich einfach mal wild und egoistisch drauflos teilen….. wenn sie nicht effizient daran gehindert wird. Also muss das ja wohl das Wesen der Zelle sein, sich teilen zu wollen (durch Evolution geformt, dieser “Drang”).”

    Bezieht sich das noch auf Viren?

  38. #38 Wizzy
    29. Oktober 2018

    Sehr guter Artikel!

    Eine Ergänzung: Komplexes vielzelliges Leben wurde früher nachgewiesen: Vielzelliges Leben vor 3–3,5 Milliarden Jahren: Grosberg, RK; Strathmann, RR, 2007), und komplexes vielzelliges Leben vor 2,1 Milliarden Jahren:
    “Discovery of a complex, multicellular life from over two billion years ago
    June 30, 2010 (Pressemitteilung) –> Paper “Large colonial organisms with coordinated growth in oxygenated environments 2.1 Gyr ago”, Nature 2010

    Weiterer Fund in Nature 2016: “Decimetre-scale multicellular eukaryotes from the 1.56-billion-year-old Gaoyuzhuang Formation in North China”

  39. #39 Wizzy
    29. Oktober 2018

    Und noch eine weitere Ergänzung: Die Spekulation über die “Stufe-4-Sicherheitsanzüge” für Aliens ist aus Sicht der Astrobiologie so nicht haltbar. Genauso gut könnte es nämlich sein, dass die Struktur außerirdischen Lebens so fremd ist, dass einheimische Mikroorganismen sich damit zunächst schwertun. Zudem könnte (ohne Schutzanzug) das Immunsystem des Außerirdischen stark genug entwickelt sein für die noch verbliebenen biologischen Bedrohungen. Umgekehrt genauso für uns, wenn wir z.B. auf einen Planeten mit Leben in einer früheren Phase stoßen: Unser Immunsystem wird mit den primitiven Erregern eventuell spielend fertig – zumindest könnte das sein. Ohne bisher erfolgte Empirie ist das keineswegs klar.

  40. #40 Hoffmann
    29. Oktober 2018

    @ Zimtspinne:

    mir geht es darum, dass Viren nicht einfach nur zufällig mal zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind und als Trittbrettfahrer auftreten, sondern durchaus aktiv am Geschehen teilnehmen.

    Dann mach es doch mal konkret. In welcher Weise nehmen Viren aktiv am Vermehrungsgeschehen teil? Und nein, Bakteriophagen, die ihre DNA in das Bakterium injizieren, zählen nicht als aktiv, denn die Kompression des Phagenhalses ergibt sich über rein molekulare Wechselwirkungen, sobald der Phage auf der Zellwand fixiert ist. Also: Wo konkret tut ein Virus selbst etwas und ist nicht nur passiv?

    Viren werden ja sogar von anderen Viren parasitiert und müssen sich dagegen wappnen und wehren.

    Auch hier hätte ich gern einen konkreten Beleg dafür, dass Viren parasitiert werden und dass sie sich aktiv dagegen zur Wehr setzen.

    diese vagabundierende DNA hat die Evolution mal so richtig angetrieben, vermutlich beschleunigt, da bei den von dir angesprochenen Selektionsdrücken Viren eine tragende Rolle zukam (und es noch immer tut).

    Das weist den Viren eine Rolle als Evolutionsfaktor zu, aber macht sie damit noch lange nicht zu Lebewesen, die dazu in der Lage wären, etwas aktiv zu tun, um ihren Bestand zu erhalten.

    Ich dachte eigentlich, das sei so ungefähr Konsens in der Biologie, dass Zellen sich nicht einfach teilen, wenn sie das Gefühl haben, zu fett geworden zu sein (mal salopp ausgedrückt), sondern vielmehr die Zelle auf Vervielfältigung programmiert ist und dabei regulierend durch ein ausgeklügeltes Zellzyklus-Kontrollsystem eingegriffen werden muss, zum Wohle des Gesamtorganismus.

    Das betrifft Zellen in einem mehrzelligen Organismus. Aber auch hier ist es nicht eine Programmierung, sondern der Zellteilungszyklus, der sich über rein biochemische Reaktionskaskaden ergibt und nicht über eine “Programmierung”, die auf ein Ziel ausgerichtet wäre, welches es zu erreichen gilt.

    Konsens ist, dass sich Zellen teilen, sobald die Reaktionskaskade über molekulare Rückkopplungen ausgelöst worden ist. Konsens ist auch, dass der Zellteilungszyklus in Mehrzellern enzymatisch reguliert wird. Konsens ist aber nicht, dass eine Zelle programmiert wäre, sich zu teilen.

    Das ist populärwissenschaftliche Metaphorik, die als Terminus technicus zwar weit verbreitet ist, aber mit den zellbiologischen Tatsachen nichts zu tun hat. Von der Programm-Metapher ist man schon lange weggekommen, nachdem sich erweisen hat, dass die Dinge doch etwas komplizierter sind, als man es sich in den 1960er Jahren gedacht hatte.

    Also muss das ja wohl das Wesen der Zelle sein, sich teilen zu wollen (durch Evolution geformt, dieser “Drang”).

    Nur, dass dieser “Drang”, sich teilen zu “wollen” eine anthropomorphisierende Metapher ist, mit der ein Vorgang beschrieben wird, bei dem es ganz ohne “Drang” und “Wollen” abläuft. Darum ist Deine Tatsachenbehauptung vom “Drang” eben keine Beschreibung von Tatsachen, sondern eine Zuschreibung, die fiktiv ist und durch die Tatsachen nicht gedeckt ist.

    Ein “sieht aus wie” bedeutet nicht notwendigerweise ein “also ist es auch dasselbe”. Analogieschlüsse sind nicht zwingend.

    Genau das ist ja das Problem bei der Tumorentstehung – dabe fallen entscheidende Kontrollmechanismen aus oder ganz weg (durch Mutationen).

    Ja, und das betrifft dann die Ebene der Enzyme, die hier regulierend wirken. Dann teilt sich die Zelle unreguliert, so lange es die Nährstoffzufuhr zulässt. Also potenziell unbegrenzt, wobei sie jedesmal erst “satt” werden muss, um die Teilungsprozesse einzuleiten.

  41. #41 Hoffmann
    29. Oktober 2018

    @ Anders:

    Gibt es hierüber Einigkeit bei den Biologen?

    Nein, aber es gibt eine Hypothese, gemäß der Viren parallel mit den ersten Zellen entstanden sind und über den dadurch möglichen horizontalen Gentransfer zu einer beschleunigten Nivellierung der Genbestände der Zellenpopulationen geführt haben. Weiterhin könnten sie zur Entstehung der Eukaryoten nach erfolgter Fusion zwischen Bakterien und Archaeen beigetragen haben.

    https://biologydirect.biomedcentral.com/articles/10.1186/1745-6150-1-29

  42. #42 Hoffmann
    29. Oktober 2018

    @ Wizzy:

    Vielzelliges Leben vor 3–3,5 Milliarden Jahren: Grosberg, RK; Strathmann, RR, 2007),

    Im Abstract findet sich kein Hinweis auf so altes vielzelliges Leben. Was sich hinter der Paywall befindet, weiß ich nicht, aber das Abstract informiert über eine Hypothese, die die Entstehung der Vielzelligkeit beschreibt. Einige notwendige Prozesse haben sich wohl bereits auf einzelligem Niveau herausgebildet.

  43. #43 roel
    29. Oktober 2018

    @Hoffmann “Was sich hinter der Paywall befindet, weiß ich nicht, aber das Abstract informiert über eine Hypothese, die die Entstehung der Vielzelligkeit beschreibt.”

    Ich hoffe der Link funktioniert:

    https://www.researchgate.net/profile/Richard_Grosberg/publication/234149174_The_Evolution_of_Multicellularity_A_Minor_Major_Transition/links/004635397b1af1f35c000000/The-Evolution-of-Multicellularity-A-Minor-Major-Transition.pdf?origin=publication_detail

  44. #44 Wizzy
    29. Oktober 2018

    @Hoffmann
    Aus dem Paper:
    “Here, we focus on the evolutionary transition from unicellular to multicellular organization. The first evidence of this transition comes from fossils of prokaryotic filamentous and mat-forming Cyanobacteria-like organisms, dating back 3 to 3.5 billion years (Knoll 2003, Schopf 1993), with signs of cell differentiation more than 2 billion years ago.”
    Es geht also wohl um eine Zwischenform zu multizellularen Organismen.
    Ich schrieb, was ich oben schrieb wegen folgendem Zitat: “The first evidence of multicellularity is from cyanobacteria-like organisms that lived 3–3.5 billion years ago.” aus https://en.wikipedia.org/wiki/Multicellular_organism#Occurrence
    aber das ist möglicherweise dann nicht richtig.

  45. #45 roel
    29. Oktober 2018

    @Hoffmann Und dann daraus

    “Here, we focus on the evolutionary transition from unicellular to multicellular organization. The first evidence of this transition comes from fossils of prokaryotic filamentous and mat-forming Cyanobacteria-like organisms, dating back 3 to 3.5 bil-
    lion years (Knoll 2003, Schopf 1993)”

  46. #46 Wizzy
    29. Oktober 2018

    @roel Rofl. 😀

  47. #47 roel
    29. Oktober 2018

    @Wizzy Warum “Rofl”?

  48. #48 Hoffmann
    29. Oktober 2018

    @ Wizzy:

    The first evidence of this transition comes from fossils of prokaryotic filamentous and mat-forming Cyanobacteria-like organisms, dating back 3 to 3.5 billion years …

    Das ist aber noch kein vielzelliges Leben. Bakterienkolonien bilden zwar mattenförmige Schichten, aber die einzelnen Zellen sind für sich völlig autonom in ihrer Funktionalität. Vielzelligkeit geht mit Gewebedifferenzierung einher. Darum kann man redlicherweise nicht davon sprechen, dass es vor 3 bis 3,5 Milliarden Jahren bereits mehrzelliges Leben gegeben habe. Und die Deutung, dass diese Bakterienmatten erste Evidenzen für den Übergang von der Einzelligkeit zur Vielzelligkeit darstellen, halte ich für ziemlich gewagt.

  49. #49 Herr B
    29. Oktober 2018

    Zum Thema Viren erinnere ich mich an einen Artikel vor ein paar Monaten in “Spektrum der Wissenschaft”. Da wurde die Virenzelle, also die von der Viren-DNA gekaperte Zelle, ebenso als Teil des Phänomens Virus aufgefasst wie das Virion, also das, was man sonst als das eigentliche Virus versteht. Damit würden Viren dann wieder als Leben zählen. In dem selben Artikel wurde, wenn ich mich richtig erinnere, auch die Vermutung geäußert, dass DNA überhaupt zum ersten Mal in Viren aufgetreten sei und Zellkerne auf “steckengebliebene” Viren zurückgingen.

  50. #50 Wizzy
    30. Oktober 2018

    @roel Vergleiche Beiträge #44 mit #45. Zwei Dumme…

  51. #51 roel
    30. Oktober 2018

    @Wizzy ach so, ja klar. Ich geh mal runter vom Schlauch.

    Ich hatte in #43 auf das Paper verlinkt, das du in #38 angesprochen hast. #44 und #45 haben sich dann überschnitten. Das waren Sekunden.

  52. #52 Captain E.
    30. Oktober 2018

    @Herr B:

    Zum Thema Viren erinnere ich mich an einen Artikel vor ein paar Monaten in “Spektrum der Wissenschaft”. Da wurde die Virenzelle, also die von der Viren-DNA gekaperte Zelle, ebenso als Teil des Phänomens Virus aufgefasst wie das Virion, also das, was man sonst als das eigentliche Virus versteht. Damit würden Viren dann wieder als Leben zählen. In dem selben Artikel wurde, wenn ich mich richtig erinnere, auch die Vermutung geäußert, dass DNA überhaupt zum ersten Mal in Viren aufgetreten sei und Zellkerne auf “steckengebliebene” Viren zurückgingen.

    Zellkerne führt man meines Wissens darauf zurück, dass irgendwann einmal ein Archaeum ein α-Proteobacteria gefressen hat, dieses aber nicht verdauen konnte. Und da wohl die Ausscheidungen des α-Proteobacteria Nahrung darstellten, kam e szu einer Symbiose, die zu den Eukaryoten geführt hat. Viren müssen als nicht unbedingt daran beteiligt gewesen sein. Die mitochondriale DNA stellt dabei natürlich die (allmählich mutierte) DNA des gefressenen α-Proteobacteria dar.

  53. #53 Anders
    30. Oktober 2018

    Danke @Hoffmann und die anderen über die sehr spannende Hypothese bezüglich der Virenentstehung.

  54. #54 spiritus
    2. November 2018

    Ich würde es auch für plausibler halten, wenn irdische Bakterien, Viren, Parasiten usw. eben keinen Zugang zu extraterrestrischen Organismen finden.
    Betrachtet man die Eintritts- und Andockmechanismen, so sind diese doch ziemlich speziell und dürften wahrscheinlich bei andersartigen Strukturen nicht funktionieren.
    Und damit wäre ein Vergleich mit der Entdeckung neuer Regionen auf dem gleichen Planeten auch nicht zulässig.
    Ich denke aber nach wie vor, dass die gewaltigen Distanzen im Weltraum (auch zeitlich) eine Kommunikation oder gar ein Zusammentreffen zwischen zwei intelligenten Lebensformen unmöglich machen.

  55. #55 Gerhard M.
    4. November 2018

    >Mikroorganismen sind einzeln kleiner als 0,01 mm.
    Keine Regel ohne Ausnahme. Es gibt viel größere Bakterien als einzelne Zellen. Bisher bekannt:
    0,6 mm:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Epulopiscium_fishelsoni
    0,75 mm:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Thiomargarita_namibiensis