Die Milchstraße ist nicht normal. Gut, es ist sowieso ein wenig vermessen, so eine gewaltige und grandiose Struktur als “normal” zu bezeichnen. Aber selbst wenn wir so tun, als wäre diese 100.000 Lichtjahre durchmessende Scheibe mit ihren hunderten Milliarden von Sternen ein völlig übliches Objekt im Universum, muss man feststellen, dass unsere Galaxis nicht so aussieht, wie man es eigentlich erwarten würde.

Da ist zum Beispiel das supermassereiche schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße. Verglichen mit ähnlichen Galaxien ist das unsrige deutlich kleiner als es typisch wäre. Der “Halo”, also der kugelschalenförmige Bereich der die Scheibe der Galaxie umgibt ist ebenfalls masseärmer als zu erwarten ist und die Sterne dort enthalten weniger schwere chemische Elemente (damit ist alles gemeint was kein Wasserstoff oder Helium ist), als vergleichbare Galaxien. Und dann haben wir noch eine Satellitengalaxie, die deutlich massereicher ist als bei anderen Galaxien: Die große Magellansche Wolke.

Paranal-Sternwarte der ESO mit den beiden Magellanschen Wolken (ESO/J. Colosimo)

Genau diese Große Magellansche Wolke (oder “LMC” für Large Magellanic Cloud) steht im Zentrum einer aktuellen wissenschaftlichen Facharbeit (“The aftermath of the Great Collision between our Galaxy and the Large Magellanic Cloud”). Marius Cautun von der Universität Durham in England und seine Kollegen haben sich angesehen, wie die Zukunft von Milchstraße und LMC aussehen wird.

Die Große Magellansche Wolke ist circa 170.000 Lichtjahre entfernt und enthält knapp 15 Milliarden Sterne. Sehen kann man sie nur wirklich gut von der Südhalbkugel der Erde und es handelt sich um eine sogenannte “Zwerggalaxie”. Sie ist eine der Satellitengalaxien der Milchstraße; die meisten großen Galaxien haben einen ganz Schwung kleinerer Begleitgalaxien – die LMC ist aber mit einem Durchmesser von 14.000 Lichtjahren ein ordentlicher Brocken.

Ein Brocken, der sich derzeit von der Milchstraße entfernt. Das bleibt aber nicht so, wie Cautun und seine Kollegen in einer umfassenden Computersimulation festgestellt haben. Die dynamische Wechselwirkung zwischen den beiden und vor allem der hohe Anteil an dunkler Materie in der LMC sorgen für eine Abbremsung der LMC. In circa einer Milliarde Jahre wird sie ihre Bewegungsrichtung umkehren und Kurs auf die Milchstraße nehmen. Und in circa 2,4 Milliarden Jahren mit unsere Galaxis verschmelzen.

So eine Kollision zwischen zwei Galaxien darf man sich nicht wie einen Zusammenstoß von zwei Autos vorstellen. Trotz ihrer Größe bestehen Galaxien ja doch zum Großteil aus Nichts, mit ein paar Sternen dazwischen. Die Galaxien durchdringen sich gegenseitig; es ist extremst unwahrscheinlich das dabei zwei Sterne konkret aufeinander treffen. Aber bei der Durchdringung vermischen sich die Bestandteile der Galaxien. Die Masse des supermassereichen schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße wird dabei ordentlich anwachsen und es wird danach 1,5 bis 8 Mal schwerer sein als zuvor. Die Scheibe der Milchstraße und die Struktur der Sterne in ihrem Zentrum wird bei der Kollision allerdings kaum verändert. Was bedeutet, dass das die Milchstraße danach endlich ein für ihre Größe passendes und typisches supermassereiches schwarzes Loch besitzen wird.

Diverse “Trümmer” der LMC nach der Kollision werden sich auch im Halo der Milchstraße verteilen. Die LMC-Sterne werden die Masse des Halo um das 3 bis 6fache anwachsen lassen. Und auch hier wird sich die Milchstraße nach der Verschmelzung von einer der Galaxien mit der geringsten Halo-Masse zu einer typischen Vertreterin ihrer Art gewandelt haben. Die Sterne der LMC enthalten tendenziell mehr schwere Elemente als die des Milchstraßen-Halo weswegen auch diese Absonderlichkeit unserer Galaxie korrigiert sein wird.

Kurz gesagt: Die Verschmelzung der Milchstraße mit der Großen Magellanschen Wolke wird aus ihr eine völlig normale Galaxie machen. All das, was derzeit nicht ganz zu einer typischen Galaxie passt, wird danach passen. Man könnte fast meinen, die Milchstraße hat nur darauf gewartet, endlich mit einer Zwerggalaxie wie der LMC verschmelzen zu können…

Die Kollision zwischen Andromeda und Milchstraße werden wir noch lange nicht am Himmel sehen können… (Künstlerische Darstellung: NASA, ESA, Z. Levay and R. van der Marel (STScI), T. Hallas, and A. Mellinger)

Es wird allerdings nicht die letzte Verschmelzung dieser Art sein. Nach der LMC wartet schon der nächste große Brocken: Die Andromedagalaxie; derzeit noch 2,5 Millionen Lichtjahre von uns entfernt und keine Zwerggalaxie sondern ein ausgewachsenes, der Milchstraße ebenbürtiges Sternensystems! Die Anwesenheit der Andromedagalaxie hat keinen Einfluss auf die Kollision zwischen LMC und Milchstraße, wie die Simualtion von Cautun und seinen Kollegen zeigt. Die Verschmelzung von LMC und Milchstraße aber sehr wohl Auswirkungen auf die späteren Ereignisse!

Die Fusion von LMC und Milchstraße und die dadurch verschobene Position des Massenschwerpunkts wird zu einer Kollision mit der Andromeda führen, die nicht so frontal ausfallen wird, wie man bisher dachte. Und die Kollision wird auch ein wenig später stattfinden als man bisher angenommen hatte. Keine 4,5 Milliarden Jahre in der Zukunft sondern erst in 5,3 Milliarden Jahren. Ob wir dann aber noch zusehen können wie sich unser Nachthimmel dramatisch verändert, ist zweifelhaft. Menschen in der heutigen Form wird es nicht mehr geben. Die Sonne und die Erde könnten noch existieren – aber es ist fraglich, ob die Erde dann noch ein lebenswerter Ort ist.

Wnn das supermassereiche schwarze Loch im galaktischen Zentrum nach der Verschmelzung mit der LMC massereicher wird, wird es vermutlich auch aktiv werden. Und so ein aktiver Galaxienkern kann jede Menge hochenergetische Strahlung durch die Gegend schleudern. Es ist aber unwahrscheinlich, dass diese Strahlung auch die Erde erreicht und dort etwa die Atmosphäre schädigt und für ein Massensterben sorgt. Ebenso unwahrscheinlich ist es, dass das gesamte Sonnensystem bei der Verschmelzung mit der LMC aus der Milchstraße geschleudert wird. So etwas kann zwar prinzipiell vorkommen, ist aber so selten, dass wir nicht damit rechnen müssen.

Wir müssen uns eher Sorgen um unsere eigene Sonne machen. Sie wird im Laufe der nächsten Jahrmilliarden ihre Temperatur beständig erhöhen. In etwa einer Milliarde Jahre wird es dadurch auf der Erde so heiß sein, das Leben nicht mehr möglich ist. Wenn wir uns bis dahin nichts überlegt haben (sofern es uns noch geben sollte), werden wir weder die Kollision mit der LMC noch die mit der Andromedagalaxie mitbekommen…

Kommentare (6)

  1. #1 eumenes
    7. Januar 2019

    Entfernung Andromedanebel, Mio!

  2. #2 Mimimat
    Baza (Spanien)
    7. Januar 2019

    “Es ist aber unwahrscheinlich, dass diese Strahlung auch die Erde erreicht und dort etwa die Atmosphäre schädigt und für ein Massensterben sorgt.” Das ist in der Tat unwahrscheinlich. In den genannten 5,3 Mia Jahren wird die Erde schon aufgrund der Sonne kein Leben mehr tragen können, wenn sie nicht bereits von dem roten Riesen namens “Sonne” geschluckt wurde. 😉

  3. #3 Florian Freistetter
    7. Januar 2019

    @Mimimat: “n den genannten 5,3 Mia Jahren wird die Erde schon aufgrund der Sonne kein Leben mehr tragen können, “

    Richtig – hab ich auch im Text erklärt (in ~1 Mrd Jahre ist Schluss bei uns)

  4. #4 Martin Hinterndorfer
    Wien
    7. Januar 2019

    Kleine Tippfehler:

    Vorletzter Absatz: Wnn

    Vorletzter Satz: so heiß sein, dasS Leben nicht …

  5. #5 trunk
    8. Januar 2019

    Wie ist das bei Jets von massreichen Schwarzen Löchern? Richten sich die Jets immer entlang der Rotationsachse aus (falls das Loch rotiert)? Oder nur senkrecht zur Einfallsbahn des Materials? In welche Richtung zeigt die Rotationsachse von Sg A*? Weiß man das schon?

  6. #6 walter
    9. Januar 2019

    Wisst ihr vor was ich mich am meisten fürchte? Nein, kein Asteroideneinschlag oder dass irgendwann die Sonne zu einem roten Riesen wird oder uns der Himmel auf den Kopf fällt. Alles kein Problem – die Fehleraufzeiger, DIE machen mir echt Angst. Lauern sie doch überall und dann, aus heiterem Himmel FERHLERAUFZEIGEN!!!!!!!!! Arrgh…… ich hab einen Fehler gemacht, was wird der Fehrlaufzeiger machen? Es übersehen, lautstark schreiben – FEHLER!!!!! Gnade vor Recht walten lassen? hrrmmgllllll

    Unheimlich, oder?

    Zitternd ab.