Der Artikel ist Teil einer Serie zum Buch ”Die Himmelsscheibe von Nebra – Der Schlüssel zu einer untergegangenen Kultur im Herzen Europas”* von Harald Meller und Kai Michel. Die restlichen Artikel der Serie findet man hier.
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Wo kommt das Gold der “Himmelsscheibe von Nebra” her? Um dieses einzigartige Objekt zu verstehen, musste man nicht nur feststellen wo es vergraben war und seine astronomische Bedeutung entschlüsseln. Sondern auch verstehen, aus welchen Materialien sie hergestellt wurde und vor allem wo diese Materialen herkommen. Ein langer Gerichtsprozess hatte ja einwandfrei geklärt, dass die Scheibe echt ist. Die Herkunft der Materialien kann der Wissenschaft also verraten, wo und vielleicht auch zu welchem Zweck sie gebaut wurde. Und am auffälligsten unter den Materialie ist das Gold!

Gold. So liegt es heute in den Tresoren der Banken. Aber irgendwann war es auch mal in der Erde und den Flüssen Bild: Public domain

Das Gold, aus dem die astronomischen Applikationen der Himmelsscheibe gemacht sind, ist kein reines Gold. Es enthält auch Silber und das kann bei der Identifizierung des Ortes helfen, von dem das Gold stammt. Gold das aus dem Gestein gegraben wird, enthält einen hohen Anteil von Silber, da Silber gerne gemeinsam mit Gold auftritt. Gold, das man in Flüssen findet hat dagegen einen geringen Silberanteil, da das Silber im Wasser ausgewaschen wird. Dafür reichert es sich gerne mit Zinn an, das ebenfalls schwer wie das Gold ist und vom Wasser an den gleichen Orten angespült wird.

Das Problem an der Sache: Das Gold der Himmelsscheibe hat einen hohen Silberanteil UND einen hohen Zinnanteil. Das Problem war nicht einfach zu lösen. Vor allem weil man heute schwer herausfinden kann, wo in prähistorischen Zeiten überall Gold zu finden war. Bzw. weil damals ÜBERALL Gold zu finden war. Das Edelmetall hat die Menschen allerdings lange Zeit nicht interessiert. Es war zu weich um irgendwelchen nützlichen Waffen oder Werkzeuge damit zu bauen. Und das Gold zu schmelzen um daraus Kunst zu machen, hatte man noch nicht gelernt.

Wo kommt dieses Gold her? (Bild: Dbachmann, CC-BY-SA 3.0)

Die Flüsse der Welt waren damals also voll mit all dem Gold, das im Laufe der Jahrmillionen vom Wasser aus dem Gestein gewaschen worden ist. Heute ist davon so gut wie nix mehr da; wir haben in kurzer Zeit alles ausgeräumt, was da ist. Aber Gold wird weiterhin von den Flüssen transportiert – nur eben in sehr viel geringeren Mengen und es war noch nicht genug Zeit, damit sich wieder große Mengen ansammeln können.

Es kommt also im Prinzip jeder Fluss als Goldquelle der Himmelsscheibe in Frage (bzw. auch jedes erzhaltige Gestein). Und jedes Gold unterscheidet sich in seiner Zusammensetzung leicht von jedem anderen; je nach Geografie. Man muss also zuerst einmal alle Goldvorkommen “kartografieren” und genau das hat Gregor Borg von der Universität Halle getan um die Spur der Himmelsscheibe zu finden. Über 50 Flüsse haben er und seine Studenten untersucht; allerdings ohne Erfolg. Den brachte erst der Zufall.

Der kleine Carnon River in Cornwall – die Quelle des Goldes der Himmelsscheibe! (Bild: John Gibson, CC-BY-SA 2.0)

Borgs Ehefrau arbeitet an der Universität Exeter in England. Und bei jedem Besuch dort nahm sich Borg in seiner Freizeit auch die englischen Flüsse der Umgebung vor. Darunter war auch der kleine “Carnon River” und das Gold das er dort fand passte exakt zur Himmelsscheibe. Noch besser: Der Carnon River ist keine 10 Kilometer lang! Das heißt, er ist viel zu kurz, als das nenneswerte Mengen an Silber aus dem Gold gewaschen werden können. Das Zinn reichert sich aber bei der Ablagerung der Goldpartikel trotzdem an. So war also auch das Problem der seltsamen Zusammensetzung des Himmelsscheibengolds geklärt.

Die glänzenden Sterne, der Mond, die Horizontbögen und die Sonnenbarke, die auf der dunklen Himmelsscheibe zu sehen sind, haben ihren Ursprung also im Süden von England! Und nicht in Böhmen, in Österreich und anderen Orten in der weiteren Umgebung des Fundortes in Mitteldeutschland, wo die Forscher zuerst nach dem Gold gesucht hatten. Es muss also schon vor fast 4000 Jahren eine irgendwie geartete Beziehung zwischen der britischen Insel und Mitteleuropa gegeben haben. Und wie die genau aussieht: Das war eine der großen Erkenntnisse die bei der Erforschung der Scheibe gewonnen wurde. Aber dazu mehr später in meiner Artikelserie über die Himmelsscheibe von Nebra!

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Kommentare (5)

  1. #1 Captain E.
    5. März 2019

    Hättest du nicht bei einer Supernova oder Neutronensternkollision als Ursprung des Goldes beginnen müssen? 😉

  2. #2 Karl-Heinz
    5. März 2019

    @FF

    Gold, das man in Flüssen findet hat dagegen einen geringen Silberanteil, da das Silber im Wasser ausgewaschen wird. Dafür reichert es sich gerne mit Zinn an, das ebenfalls schwer wie das Gold ist und vom Wasser an den gleichen Orten angespült wird.

    Wusste gar nicht, dass Gold und Zinn ähnlich schwer sind. 😉

  3. #3 pederm
    5. März 2019

    Gold: 19,3 g/cm^3
    Zinn: 5,7 bzw 7,6 g/cm^3
    Silber: 10,5 g/cm^3
    So wird das nix, muß irgendwie anders funktionieren.

  4. #4 Pjotr
    Salzburg
    8. März 2019

    Die Scheibe könnte ein Kompass sein. Sind die “Bögen” am Scheibenrand etwa Winkelmaße ? Hat man damit Kreisanlagen (“Sonnenuhren”) geeicht ? Stonehenge könnte wie Greenwich gewesen sein.

  5. #5 Florian Freistetter
    8. März 2019

    @Pjotr: Bitte beachte auch die restlichen Teile dieser Serie; da steht einiges darüber drin was die Scheibe ist (und nicht ist): https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/category/himmelsscheibe/