Stickstoffdioxid über Europa (Bild: Copernicus Sentinel data (2018-19), processed by KNMI/ESA)

In der Astronomie sind wir ja auf der Suche nach der zweiten Erde und wir hoffen auch, mit den Großteleskopen des nächsten Jahrzehnts dort “Biomarker” zu finden. Also die Anzeichen bestimmter Gase in der Atmosphäre eines Planeten die auf die Existenz von Leben hinweisen können. Was bei den Planeten anderer Sterne noch nicht gelungen ist, klappt bei unserer Erde aber schon ziemlich gut.

Stickstoffdioxid über Europa (Bild: Copernicus Sentinel data (2018-19), processed by KNMI/ESA)

Da können wir mit Erdbeobachtungssatelliten sehr deutliche Anzeichen der menschlichen Existenz in der Atmosphäre beobachten. Leider. Denn das, was der Sentinel-5P-Satellit der Europäischen Weltraumagentur kürzlich gemessen hat, ist Stickstoffdioxid. Also das sehr giftige Gas, dass unter anderem durch die Verbrennung fossiler Energieträger entsteht. Und von denen verbrennen wir ja immer noch sehr und viel zu viel. All die Abgase der Fahrzeuge und Kraftwerke enthalten Stickstoffdioxid und trotz Katalysatoren und Filtern landet jede Menge davon in der Atmosphäre. Wie man in diesem Video sehen kann:

Es zeigt wie sich die Menge des Stickstoffdioxids zwischen August 2018 und Februar 2019 verändert. Man erkennt gut wie das ganze je nach Wetter und Jahreszeit variiert. Und man erkennt auch sehr gut die Regionen, die besonders viel von dem Zeug in die Atmosphäre pusten. Norditalien zum Beispiel. Und natürlich China. Aber auch die Benelux-Region und das Ruhrgebiet sind Dreckschleudern. Und auch überall sonst wo sich große Städte auf dem Planeten finden, ist die Konzentration an Stickstoffdioxid hoch. Die WHO schätzt dass die Luftverschmutzung weltweit für 8 Millionen vorzeitige Todesfälle verantwortlich ist. Pro Jahr.

Sentinel-5P ist seit 2017 im All und Teil des Copernicus-Erdbeobachtungsprogramms der ESA über das ich früher schon mal geschrieben habe. Es ist wichtig, dass wir nicht nur hinaus in die Tiefen des Alls schauen sondern auch unsere eigene Erde nicht aus dem Blick verlieren. Und aus einer Umlaufbahn hat man oft eine sehr viel bessere Übersicht über die Lage. Die uns durchaus zu denken geben sollte. Ich persönlich kann es ja immer noch nicht verstehen, wieso die Automobilindustrie sich für ihren Betrug bei den Abgaswerten hier in Deutschland nicht verantworten muss. Wieso zwar immer erklärt wird, dass man eh was gegen Luftverschmutzung tun will, aber die schmutzigen Autos weiter fahren und die schmutzigen Kraftwerke weiter brennen lässt. Rational ist das alles nicht. Das Sentinel-Video (und unzählige andere Daten) zeigen uns mehr als deutlich, dass wir hier ein Problem haben. Das kann man nicht ignorieren. Wir tun es aber trotzdem…

Kommentare (5)

  1. #1 orinoco
    20. Mai 2019

    Dumme Entscheidungen (auf youtube)
    h5MJn_Yy7aA&t=54m24s

  2. #2 Gerrit
    20. Mai 2019

    Neben den Städten kann man auch einzelne Kohlekraftwerke (z.B. Jänschwalde, Boxberg und Schwarze Pumpe an der deutsch-polnischen Grenze) und Schiffsrouten sehen. Die Satellitendaten sind übrigens frei verfügbar. Mehr Bilder gibt es auf der TEMIS-Seite.

  3. #3 Matthias Kneller
    Düsseldorf
    20. Mai 2019

    Florian schreibt „Das Sentinel-Video (und unzählige andere Daten) zeigen uns mehr als deutlich, dass wir hier ein Problem haben. Das kann man nicht ignorieren. Wir tun es aber trotzdem…“.

    Ich weiß nicht was hier ignorieren bedeuten soll. Es ändert sich nichts? Es wird schlimmer? Oder nur marginal besser?

    Das Video illustriert die Zeit von August bis Februar. Dass es sich hierbei in Mitteleuropa (und anderswo) um die Entwicklung in der Heizperiode handelt, sollte eigentlich klar sein, dass sich hierbei in der Atmosphäre eine Erhöhung der Werte ergibt.

    Für eine objektive Betrachtung der Entwicklung sind aber Jahreszahlen heranzuziehen und nicht ein Jahresausschnitt, bei dem es immer eine Erhöhung gibt. Interessant ist hierzu die Studie der Leopoldina zu Stickoxiden und Feinstaub, die im April erschienen ist.

    (www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/Leo_Stellungnahme_SaubereLuft_2019_Web.pdf).

    Auf Seite 12 gibt es hierzu die Abbildung 1.1 mit der Entwicklung verschiedener Luftschadstoffe. Aus dieser Grafik lese ich folgende Zahlen heraus. Meine Zahlen können pro Jahr immer etwa +/-1 abweichen, weil die Grafik nur ein Plot ohne exakte Zahlenangaben ist. Entscheidend ist die klare Tendenz.

    1990: 100% (Referenzjahr)
    1991: 92
    1992: 86
    1993: 82
    1994: 78
    1995: 77
    1996: 75
    1995: 73
    1996: 72
    1997: 71
    1998: 70
    1999: 69
    2000: 66
    2001: 64
    2002: 62
    2003: 60
    2004: 57
    2005: 54
    2006: 54
    2007: 52
    2008: 50
    2009: 46
    2010: 47
    2011: 46
    2012: 45
    2013: 45
    2014: 44
    2015: 43
    2016: 42

    Die stärkere Abnahme Anfang der 90er sind natürlich auch dem Niedergang der DDR-Industrie zurückzuführen. Ab selbst wenn man 1995 als Referenzjahr nimmt ergibt sich eine 43%ige Reduktion.

    Ich habe kein Problem mit der Meinung, dass hier immer noch (deutlich) mehr getan werden kann und muss. Aber ein Ignorieren ist das nicht. Die NOx-Situation in Deutschland wird erkennbar besser.

  4. #4 Gerrit
    20. Mai 2019

    Auf Seite 12 gibt es hierzu die Abbildung 1.1 mit der Entwicklung verschiedener Luftschadstoffe. […] Die NOx-Situation in Deutschland wird erkennbar besser.

    Grundsätzlich stimmt das, allerdings zeigt die Abbildung nicht die Entwicklung der NO2-Konzentrationen in der Atmosphäre, sondern die Entwicklung der Emissionen. Die NOx (= NO2 + NO) Emissionen sind in den letzten Jahres sehr stark zurückgegangen, weswegen auch die NO2 Konzentrationen seit 1995 von etwa 50 µg/m³ auf 37 µg/m³ im Mittel an verkehrsnahen Stationen abgenommen hat. Das ist Abbildung 1.2 auf der nächsten Seite. Zur Einordnung: Der Grenzwert für NO2-Jahresmittel ist 40 µg/m³.

    Das Problem sind mehr Ozon und Feinstaub, die durch chemische Reaktion von NOx mit anderen Stoffen entstehen. Ozon und Feinstaub sind beide gesundheitsschädlich und obwohl die Konzentrationen auch sinken, liegen sie immer noch sehr häufig über den Grenzwerten.

  5. #5 Nico
    Bremen
    23. Mai 2019

    Das kann man die sogenannte „blaue Banane“ ziemlich gut erkennen.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Blaue_Banane