Eine Schlagzeile im Online-Standard hat kürzlich meine Aufmerksamkeit erregt: “Klimawandel und Job-Unsicherheiten lassen Horoskop-Apps boomen”. Mehr Horoskope dank Klimawandel? Klingt auf den ersten Blick ein wenig dubios; andererseits bei genauerer Betrachtung auch irgendwie plausibel. Astrologie ist ja vor allem ein Instrument von dem sich Menschen Sicherheit und Entscheidungshilfen versprechen und der Klimawandel gehört zu den vielen Problemen der Gegenwart angesichts derer man sich leicht ein wenig hilflos fühlen kann. Aber leider handelt der entsprechende Artikel dann nicht von einer wissenschaftlichen Studie in der die Gründe für die Nutzung astrologischer Dienstleistungen analysiert werden. Sondern von einem neuen Trend in der Astrologie: Smartphone-Apps.

Die – zumindest wird das dort behauptet – boomen nämlich gerade und jede Menge Risikokapital wird in die Entwicklung neuer Apps gesteckt. Der Anbieter “Co-Star” hat zum Beispiel erst kürzlich 5 Millionen Dollar bekommen um eine Android-Version seiner App zu entwickeln in der man sich ein personalisiertes Horoskop erstellen lassen kann. Inklusive aller Buzz-Words die man heutzutage braucht. Da hilft nämlich eine “künstliche Intelligenz” bei der Erstellung der Horoskope und man nutzt Daten der NASA. Ich weiß zwar nicht, wozu man die braucht – der Himmel den die Astrologen nutzen hat nichts mit dem realen Himmel zu tun mit dem sich die NASA beschäftigt – aber es klingt natürlich gut. Auf der Homepage von Co-Star ist man aber auf Leute wie mich vorbereitet: “not convinced? check out ur chart” wird man da gefragt. Aber nachdem ich meine Daten und meine Mailadresse eingegeben habe, wurde mir nur gesagt, dass da ein Fehler vorliegt. Die künstliche Intelligenz macht wohl gerade Pause.

Der Blick zum Himmel verspricht Sicherheit (Bild: gemeinfrei)

Was nichts an den Millionen ändert die die App-Astrologie einnimmt. Nicht nur “Co-Star”, sondern auch jede Menge andere Apps, wie man zum Beispiel auch in diesem Artikel der New York Times lesen kann. Dort wird neben dem Klimawandel ein weiterer Grund für den Boom der Astrologie aufgeführt: Donald Trump. Die Wissenschaft habe sehr demonstrativ versagt, als sie einen klaren Sieg von Hillary Clinton bei der Wahl prognostiziert hat und die Menschen wurden offener für alternative Welterklärungssysteme. Von der Astrologie versprechen sie sich “Struktur, Hoffnung und Stabilität für ihr Leben”. Auch das ist in gewissen Sinne nachvollziehbar; auch das ist aber nicht das Resultat einer wissenschaftliche Studie. So wie die Sache mit dem Klimawandel handelt es sich auch hier um die Aussage einer Astrologin.

Aber nicht alle sehen die Sache mit den Apps so locker, berichtet der Standard. Die Apps seien nicht so intim und persönlich wie die “echte” Beratung von Person zu Person. Ich persönlich finde diese Diskussion irgendwie interessant. Rein objektiv gesehen ist die Sache ziemlich klar: Astrologie ist Unsinn. Astrologie funktioniert nicht. Das, was angeblich aus der scheinbaren Position der Planeten in Bezug auf die Sterne über die Persönlichkeit eines Menschen abgelesen werden kann, entspringt der Fantasie der Astrologinnen und Astrologen; ihrer Menschenkenntnis und scheint aus Sicht der Kundschaft nur deswegen zu stimmen, weil die Aussagen alle so vage gehalten sind, dass man sie immer als für sich selbst passend interpretieren kann wenn man möchte. Ob man das astrologische “Wissen” nun als per Sternzeichen-Horoskop in der Tageszeitung anbietet, in einer presönlichen Sitzung oder jetzt halt über eine App am Handy ist daher ziemlich egal.

Die ganze Angelegenheit demonstriert aber sehr schön worum es bei der Sache eigentlich geht: Ums Geschäft! Natürlich sind die Astrologie-Apps ein Problem für die klassischen Vertriebswege der Wahrsager. Wenn ich einfach per Handy und Abo jeden Tag eine persönliche astrologische “Prognose” bekommen kann, dann ist das sehr viel bequemer als der persönliche Besuch irgendwo. Alte Geschäftsmodelle werden durch neue Techniken abgelöst – in anderen Branchen ist das völlig normal. Die Astrologie mag zwar bei ihrer Arbeit immer noch das geozentrische Bild des Himmels benutzen das schon seit mehr als 400 Jahren nicht mehr aktuell ist. Die Entwicklung der modernen Technik können sie aber vermutlich nicht so einfach ignorieren wie die Entwicklung der modernen Wissenschaft.

Wer in die falsche Richtung schaut, kann tief fallen (Bild: Public Domain)

So oder so: Mit Astrologie kann man auf jeden Fall Geld verdienen. Und solange sich das nicht ändert, werden sich auch Geldgeber finden die damit noch mehr Geld verdienen wollen. Um den Boom von Astrologie-Apps zu stoppen müsste man den Kapitalismus abschaffen und das ist mindestens so unrealistisch wie die Abschaffung der Astrologie selbst. Aber einen Punkt darf man auf keinen Fall ignorieren. Nämlich das, was die Astrologinnen in den zitierten Artikel über Klimawandel, Trump und die Unsicherheit gesagt haben. Da haben sie meiner Meinung nach nämlich völlig Recht!

Astrologie ist und war immer schon ein Weg für Menschen, um mit ihrer eigenen Unsicherheit angesichts der Welt umzugehen. Genau so wie Religion, Esoterik und so weiter. Wenn die Welt uns zu komplex erscheint, fühlen wir uns unsicher und suchen nach Erklärungen die alles einfacher und strukturierter machen und so die Unsicherheit mindern. Dabei ist es erst einmal egal, ob diese Erklärung wahr oder falsch ist. Es geht um vage Emotionen und nicht um konkrete Fakten. Wenn mir zum Beispiel die Medien Tag für Tag einreden, dass die EU böse ist oder die geflüchteten Menschen aus Afrika uns alle umbringen werden, dann werde ich unsicher. Am Ende gibt es dann sowas wie den Brexit oder die AfD, die diese vage Unsicherheit mit einfachen Erklärungen scheinbar strukturieren. Daraus folgt aber nicht, dass alle Menschen die etwa für den Brexit gestimmt haben, die AfD gewählt haben oder eben Menschen die Sicherheit bei der Astrologie suchen, dumme Idioten sind. Die wird es dort auch geben (so wie überall), aber erstmal sind die Menschen die an Astrologie glauben Menschen. Und es sind irrationale Menschen, weil ALLE Menschen irrational sind. Die Astrologie hat ihnen einfach nur das attraktivste Angebot zur Beseitigung der Unsicherheit gemacht! Das sollten all diejenigen nicht vergessen, die sich der Aufklärung verschrieben haben und die gerne möglichst viele Menschen davon überzeugen wollen, dass Astrologie Quatsch ist. Euer – beziehungsweise unser (ich zähle mich da ja auch dazu) – Angebot ist in diesen Fällen einfach schlechter als das der Astrologie.

Wir haben es nicht geschafft, die komplexe und sehr oft tatsächlich Angst einjagende Welt auf eine Weise zu erklären, die den Menschen die Sicherheit geben kann, die sie aus der Astrologie beziehen. Natürlich haben wir auch eine schwierigere Ausgangsposition: Die Astrologie muss sich nicht an die Realität halten; ich schon – zumindest wenn ich die meine Erklärung der Welt auf Wissenschaft basiere. Und manche Probleme lassen sich schlicht und einfach nicht durch simple Erklärungen lösen. Aber dann muss man sich eben bemühen um einen Weg zu finden, wie man das so vermitteln kann, dass es die Menschen erreicht.

Ja, eh. Aber das überzeugt leider niemanden, der nicht schon überzeugt ist…

Mit einem simplen “Astrologie ist Quatsch” ist es in Sachen Aufklärung nicht getan. Wenn man den Menschen das wegnimmt (bzw. probiert wegzuargumentieren) aus dem sie eine – wenn auch nur scheinbare – Sicherheit beziehen ohne ihnen ein besseres Angebot machen zu können, wird man keinen Erfolg haben. Meiner Ansicht nach ist der wissenschaftliche Blick auf die Welt dieses bessere Angebot. Keine Erklärung ist so faszinierend wie die Realität; nichts was sich die Astrologie oder eine andere Pseudowissenschaft ausdenken könnte, kann so beeindruckend sein wie all die Phänomene die das reale Universum für uns bereit hält. Wer die Welt versteht, hat weniger Angst vor ihr. Ich werde mich daher weiter bemühen, möglichst vielen Leuten die Faszination der Wissenschaft zu vermitteln. Selbst wenn ich dafür keine Millionen von Risikokapitalgebern bekomme 😉

Kommentare (19)

  1. #1 RPGNo1
    12. August 2019

    Die Apps seien nicht so intim und persönlich wie die “echte” Beratung von Person zu Person.

    Da ploppt bei mir prompt die Homöopathie auf, wo es ähnliche Diskussionen gibt.

    Der “echte” Hahnemann-zertifizierte Homoöpath beharrt auf einer individuellen Anamnese, um somit die korrekte “Behandlungs”methode einer Krankheit zu ermitteln. Im Gegensatz dazu wollen manche Verbände und Personen homöopathische Haus- und Reiseapotheken mit x plus Mittelchen gegen alles Mögliche und Unmögliche an den Mann/die Frau bringen, womit das Prinzip der homöopathischen Anamnese ad absurdum geführt wird.

  2. #2 Christian Berger
    12. August 2019

    Ich hab da bei denen gerade auf die Stellenangebote geklickt, und alter, die zahlen für einen Webdesigner das Doppelte was hier ein Ingenieur kostet.

  3. #3 schorsch
    12. August 2019

    Ein alter Sack mit zynischem Grinsen und sauber gebundener Krawatte wird von der Astrologin Börsentipps bekommen. Sein sorgenvoll zerunzelter Bruder Schlabberhose hingegen Neuigkeiten über die Gesundheit seiner Frau, die der Arzt ihm nicht liefern konnte.

    Die App hingegen wird beiden möglicherweise eine neue Liebe empfehlen – was der eine als höchst zynisch empfinden wird, der andere hingegen als höchst überflüssig, da mit neuen Börsengewinnen neue Liebe eh kaufbar ist.

    Erfolgreiche Astrologie ist in erster Linie gutes social engineering, das lässt sich bislang noch kaum an Apps oder an künstliche sogenannte Intelligenz *1 auslagern. Wenn allerdings die App mit einem einschlägigen Callcenter im Hintergrund arbeitet, ließen sich die Vertriebswege der ‘klassischen’ Astrologie (Ruf mich an-Nummern) und moderne IT durchaus gewinnbringend konvergieren.

    ‘*1) In der Praxis besteht der Unterschied zwischen ‘künstlicher Intelligenz’ KI und einem Callcenter eh nur darin, dass bei der ‘KI ‘das Callcenter durch eine zusätzliche Abstraktionsschicht vor dem Anwender verborgen wird

  4. #4 tomtoo
    12. August 2019

    Super Idee. Gleich noch ein paar Werbeverträge mit der Homöopathie und anderen Esoterikvereinen! Das erklärt vorzüglich das Geschäftsmodell, und die daraus resultierende Bezahlung. @Christian Berger KOHLE egal wie. Dafür bedarf es keiner Wissenschaftler oder Ingenieure. Webdesigner und Marketing Experten sind da erheblich gefragter.

  5. #5 Ingo
    12. August 2019

    Achja –
    – die alte Astrologie- und Esoterikdiskussion.

    Immer wieder gerne 🙂

    Ich denke bei der Betrachtung “aufgeklärter Mensch” versus “realitätsüberforderter leichtgläubiger Mensch” machen es sich viele Leute etwas zu einfach.

    Folgende (vereinfachte) Beobachtung: Jemand der Professor für die Evolution der Dinosaurier ist kann gleichzeitig gläubiger Katholik sein.
    Während seiner Arbeit wird er selbstverständlich annehmen, dass es eine langsame Evolution gegeben hat und er wird Darvins Werke auswenig kennen und für korrekt befinden.
    Am Sonntag sitzt der selbe Mensch aber in der Kirche und hört sich in der Predigt an, dass die Welt in 6 Tagen erschaffen worden ist, und auch dies wird er als wichtig und richtig erachten, da er gläubig ist.

    (Das ganze ist etwas vereinfacht,- mir ist schon klar, dass mittlerweile die katholische Kirche die sachen auch nicht mehr so wörtlich nimmt,- und ein Priester den BigBang entdeckt hat, und das der Vatikan ein Obervatorium betreibt etc etc etc)

    Ist dies nun ein Wiederspruch.
    Streng genommen: ja?
    Aber so ist der Mensch nuneinmal,- Menschen sind zum Doppeldenk fähig, und können mehrere Wahrheiten gleichzeitig in verschiedenen Situationen anehmen.

    Ich glaube daher, ass es auch den Astronomen gibt, der gleichzeitig Astrologische Horroskope liesst.
    Er wird wissen wie die sich das Universum nach aktuellen Theroien beschreibe lässt, und er wird wissen wie die Horroskope in der Redaktion (oder in der Smartphone-App) entstehen.

    Und er wird sie trotzdem lesen.

    Oft sind die Menschen die zum Doppeldenk fähig sind die entspanteren Leute.
    Sie sind in der Lage die Perspektive zu wechseln,- selber wenn sie wissen, dass die andere Perspektive völliger Unsinn ist.

    Schwierig wird es erst, wenn man glaubt “die Wahrheit” zu kennen, und gewaltsam “den Unsinn” nicht akzeptieren kann.

    Schwierig wird es, wenn der Esoterker sich nicht impfen lässt, weil er nicht in der Lage ist die andere nicht-esoterische Perspektive einzunehmen.
    Schwierig wird es wenn der Religiöse denkt, andere erleuchten zu müssen.
    Schwierig wird es, wenn der Theoretiker seine Theorie verteidigt ohne empirische beobachtungs-Beweise von seiner Theorie einzufordern.

    Enspannung tut gut !
    Ohmmm !

  6. #6 Crazy Eddie
    12. August 2019

    Warum nicht eine Astrologie neu erfinden, welche sich am realen Himmel orientiert? Wo die Sonne im März tatsächlich im Wassermann steht und nicht in den Fischen?

  7. #7 felix
    Niederbayern
    12. August 2019

    Hallo cracy eddy
    Kann man machen ist aber genau so untauglich und esoterisch. Die Anthroposophen berufen sich übrigens auf die “echten ” Sternbilder – das Ergebnis ist Hardcore – Esoterischer Schwurbel.
    Und den Sternen ist es sowieso wurscht……
    Derweil ist der Sternenhimmel ohne diesen ganzen Horoskop-Kram wunderschön – man braucht noch nicht mal ein Fernglas um unsere Heimatgalaxie zu bestaunen – ein dunkler Himmel abseits der Siedlungen ist allerdings nicht schlecht..

    Klare Nächte wünscht
    felix

  8. #8 PDP10
    12. August 2019

    @Crazy Eddie:

    Warum nicht eine Astrologie neu erfinden, welche sich am realen Himmel orientiert? Wo die Sonne im März tatsächlich im Wassermann steht und nicht in den Fischen?

    Weil man dann nur um 30 Winkelgrad verschobenen Unfug hätte?

  9. #9 Uli Schoppe
    12. August 2019

    Donald Trump. Die Wissenschaft habe sehr demonstrativ versagt, als sie einen klaren Sieg von Hillary Clinton bei der Wahl prognostiziert hat und die Menschen wurden offener für alternative Welterklärungssysteme.

    Ich hab mal zum Spaß herumgegoogelt. Ich finde haufenweise Astrologen die genau das gleiche prognostiziert haben ^^ So spontan gesagt waren die genau so schlecht ^^

  10. #10 Crazy Eddie
    13. August 2019

    Aber, aber, meine Damen und Herren. Als begeisterter Pokerspieler lasse ich mich doch nur vom obersten Gebot dieses Spiels leiten, welches nur zum geringsten Teil etwas mit Glück zu tun hat: Es ist unmoralisch, Idioten ihr Geld zu lassen.

    Wenn die Leute für solchen Aberglauben Geld ausgeben wollen, herzlich willkommen! Besser, als wenn sie Drogen nehmen, gell?
    Mit humorvollen Grüßen, CE

  11. #11 Florian Freistetter
    13. August 2019

    @Crazy Eddie: “s ist unmoralisch, Idioten ihr Geld zu lassen.”

    Vor allem aber ist es unmoralisch alle Menschen die Horoskope lesen als “Idioten” zu bezeichnen. Zumindest ist es absolut nicht hilfreich und zielführend, wenn man Interesse daran hat, Wissenschaft zu vermitteln.

  12. #12 Uli Schoppe
    13. August 2019

    Wie hoch ist denn der Anteil derer die nicht nur Horoskope lesen sondern auch daran glauben und ihr Handeln danach ausrichten die man mit wissenschaftlichen Argumenten überzeugen kann? Und wie nennt man am Besten die die solcher Argumentation nicht zugänglich sein wollen? (ja, wollen! Denen geht ja nun ganz sicher nicht allen die Intelligenz und die Bildung ab!),

  13. #13 Florian Freistetter
    13. August 2019

    @Uli Schoppe: “(ja, wollen! Denen geht ja nun ganz sicher nicht allen die Intelligenz und die Bildung ab!),”

    Dass ist schon eine Weltsicht die ein bisschen elitär ist. JEDER Mensch ist irrational. Auch du. Auch ich. Sie äußerst sich unterschiedlich und Menschen sind sich ihr unterschiedlich stark bewusst. Aber irrational sind wir alle. Und – wie ich im Artikel ja auch probiert habe zu erklären – es gibt nachvollziehbare Gründe, warum Menschen sich von der Astrologie angezogen fühlen. Die Astrologie befriedigt ganz konkrete Bedürfnisse (die wir alle haben). Sie tut es auf eine unwissenschaftliche und oft unredliche Weise. Und man könnte das Bedürfnis auch auf wissenschaftliche und redliche Weise befriedigen. Jetzt hängt es davon, was man selbst für Ansprüche hat. Man kann natürlich alle, die diese Bedürfnise durch Astrologie befriedigen als “Idioten” bezeichnen. Dann hat man sich Luft gemacht und fühlt sich selbst besser, weil man kein Idiot ist… Aber wenn man – und das ist mein Anspruch und davon handelt auch mein Artikel – gerne dafür sorgen will, dass Menschen sich von der Astrologie ab- und einer rationaleren Weltsicht zuwenden, dann bringt das exakt gar nix. Dann muss man sich eben damit auseinandersetzen warum die Menschen wirklich zur Astrologie greifen (und nicht auf “Sind halt alles Deppen!” reduzieren) und überlegen, wie man BESSERE Angebote schaffen kann um diese Bedürfnisse zu befriedigen.

  14. #14 Alisier
    13. August 2019

    @FF
    Toller Beitrag, den Du so mit ziemlicher Sicherheit vor ein paar Jahren noch nicht geschrieben hättest.
    “Euer – beziehungsweise unser (ich zähle mich da ja auch dazu) – Angebot ist in diesen Fällen einfach schlechter als das der Astrologie.”
    Nicht unbedingt schlechter, aber weitaus weniger attraktiv für die Mehrheit.
    Und Du stellst die überaus wichtige Frage was wir denn besser machen können.
    Eine meiner Erfahrungen der letzten Jahre, wenn es um Wissensvermittlung geht, und darum, althergebrachte (aber aus heutiger Sicht nicht mehr haltbare) Vorstellungen und Überzeugungen zumindest ins Wanken zu bringen:
    Erzähle gute Geschichten, und zwar so, dass sie die Menschen fesseln. Nur sollten die Geschichten im Gegensatz zum Astrologie-, Religions- und sonstigem Gedöns eben wahr sein.
    Mit nackten Fakten kann man uns irrationale Wesen aber nicht packen. Eine richtig gute Erzählung, die Emotionen weckt und bedient muss es schon sein.
    So wie Du inzwischen schreibst (ich beziehe mich konkret auf Deine Bücher) machst Du schon vieles richtig, um Menschen zu erreichen.
    Es geht aber nichts über den direkten Auftritt und die direkte Ansprache (eine Erfahrung, die Du inzwischen vielleicht auch schon gemacht hast). Das gilt besonders für den Umgang mit Phänomenen wie der AfD.
    Und nichts ist kontraproduktiver als das Gegenüber als Vollidioten und Nichtschnaller zu brandmarken, und sich gleichzeitig selber für den (absolut rationalen) Hort allen Wissens zu halten, und das auch jede Sekunde heraushängen zu lassen.
    Zudem irren wir uns alle, fast jeden Tag.
    Wenn man sich selbst als irrationaler, fehlbarer Mensch zu erkennen gibt, ist hier schon mal Augenhöhe hergestellt und dem Dialog steht dann oft nichts mehr im Wege.
    Und ausflippen und sich die Haare raufen, wenn es gar zu arg wird mit der Esoterik oder sonstigem Blech ist trotzdem manchmal nicht zu vermeiden. Geistiges Entschlacken halt 🙂

  15. #15 tomtoo
    13. August 2019

    Es geht ja nicht darum die Opfer anzugehen, sondern darum die Scharlatane anzugehen.
    Jede Zeitung die Horoskope abdruckt, sollte sich bewusst sein Scharlatane zu unterstützen.
    Wissenschaft kann nicht leisten was Astrologie vorgibt zu leisten, geht nicht.

  16. #16 Roland B.
    13. August 2019

    “Die Wissenschaft habe sehr demonstrativ versagt, als sie einen klaren Sieg von Hillary Clinton bei der Wahl prognostiziert hat ”

    Ich tu mir echt schwer, Wahlprognosen als Wissenschaft zu betrachten.
    Mal ganz abgesehen davon, daß ihre Veröffentlichung ja durchaus auch Folgen hat, daß Menschen sich umentscheiden oder überhaupt erst entscheiden, wählen zu gehen (oder auch nicht).
    Es gibt aber auch genügend Potential, daß die Befragten lügen wie gedruckt. Vor allem wenn sie Schmuddelparteien wählen und vielleicht noch in Anwesenheit von Bekannten befragt werden.

  17. #17 Tina_HH
    14. August 2019

    Wir haben es nicht geschafft, die komplexe und sehr oft tatsächlich Angst einjagende Welt auf eine Weise zu erklären, die den Menschen die Sicherheit geben kann, die sie aus der Astrologie beziehen.

    Das ist meiner Meinung nach auch prinzipiell schwierig. Denn wer Angst vor der Welt hat, wird nicht unbedingt dadurch beruhigt, dass man sie ihm wissenschaftlich erklärt.

    Da funktionieren die unseriösen esoterischen Angebote “besser”, weil sie auf eine ganz andere Ebene abzielen und mit irgendwelchen aus der Luft gegriffenen falschen Versprechungen, auch wenn diese nicht eingelöst werden, trotzdem in der Lage sein können, die Angst zumindest kurzfristig zu reduzieren.

    Die wissenschaftlich korrekte Aussage, dass unser Universum 13,8 Milliarden Jahre alt ist und sich beschleunigt ausdehnt, ist zwar für interessierte Menschen faszinierend, wird aber jemandem, der Angst hat, nicht weiterhelfen.

    Die redliche Vermittlung von Wissenschaft und die Aufklärung über alle möglichen Formen von Scharlatanerei sind natürlich trotzdem richtig und wichtig.

  18. #18 Alisier
    14. August 2019

    @ Tanja_HH
    Ich bin tatsächlich der Meinung, dass man Angst am besten mit direkter Ansprache und wahren, aber gut erzählten Geschichten begegnet.
    Die emotionale Ebene mit anzusprechen kann Angst zumindest mildern und das Hirn wieder für Argumente öffnen.
    Das Problem mit Esoterik aller Art besteht aus meiner Sicht vor allem darin, dass es die von uns vernachlässigte emotionale Ebene anspricht und besetzt, so wie Heilpraktiker der Abfertigung durch Allgemeinärzte Interesse am Patienten, ob echt oder nicht ist irrelevant, entgegensetzen.
    Kant hat wirklich etwas zu sagen aber Dale Carnegie wurde und wird gelesen. Das zu bedenken und entsprechende Konsequenzen zu ziehen könnte wichtig sein.

  19. #19 Stefan
    Bochum
    20. August 2019

    Mal eine mit dem Thema zwar lose verbundene, aber etwas anders gelagerte Frage:

    Im Urlaub hat unsere kleine Tochter bei der Betrachtung des Nachthimmels mittels Sky Guide festgestellt, dass ihr „eigentliches“ Sternzeichen Krebs ja total doof ist. Sie wäre lieber „Sternbild“ Pegasus (Mädchen halt ;-).
    Da dieser ganze Sternzeichen-Quatsch halt eben sowieso Quatsch ist, warum nicht beliebige Sternbilder/zeichen für sich aussuchen? Meine Frage: kennt hier jemand eine Quelle, wo man beliebige Sternbilder zB als Kette/Anhänger beziehen kann? Die üblichen Eso-Quellen und Schmuckbuden kennen natürlich nur die 12 Tierkreiszeichen, aber der Himmel hat doch so viel mehr zu bieten …

    Danke euch vorab!
    Stefan