Ich hab so meine Probleme mit dem sogenannten “anthropischen Prinzip”. Simpel gesagt geht es dabei um die offensichtliche Tatsache, dass wir in einer Welt leben, in der wir leben können. Wenn man sich fragt, warum die Erde nicht so beschaffen ist wie zum Beispiel der Mars oder Jupiter, dann ist die Antwort einfach: Wäre die Erde so wie er Mars oder Jupiter, dann wäre dort kein Leben möglich und es gäbe keine Menschen die sich die Frage stellen können, warum die Erde so ist wie sie ist.

Wir leben also zwangsläufig auf einem Planeten der die passenden Bedingungen für Leben bietet. Auch wenn Planeten wie die Erde nach allem was bis jetzt wissen eher selten im Universum sind. Wir haben gar keine andere Wahl als an einem “untypischen” Ort zu leben; was uns aber noch lange nicht “besonders” macht. Es geht halt nicht anders. Das ist – vielleicht ein wenig zu vereinfacht ausgedrückt – das anthropische Prinzip: Das Universum ist so wie es ist, denn wäre es nicht so, dann wären wir nicht da um darüber nachzudenken. Oder, wie man es in Österreich sagen würde: Es ist so wie’s ist, weil wenn’s anders wäre, wär’s anders!

Das klingt jetzt nicht unbedingt nach echter Wissenschaft; das klingt trivial und es ist vor allem äußerst unbefriedigend. Was kann man denn daraus ableiten? Wir wollen wissen, warum das Universum so geworden ist, wie es wurde! Darüber sagt uns das anthropische Prinzip nichts. Es sagt übrigens auch nicht, dass “jemand” es so erschaffen hat, dass es für uns passend ist.

Wenn man es richtig anstellt, dann kann man aus dem anthropischen Prinzip aber durchaus den einen oder anderen vernünftigen Gedanken rausholen. Wie das geht erklärt der Astrophysiker Matt O’Dowd im aktuellen Video von “PBS Space Time”:

Ein wenig Skepsis bleibt aber irgendwie immer. Das antrophische Prinzip klingt halt einfach zu simpel, als das man es gleich beim ersten Mal ernst nehmen würde…

Kommentare (20)

  1. #1 Engywuck
    20. November 2019

    “Das Universum ist so, wie es ist, *weil* wir existieren. Denn wäre es anders würde es uns als Beobachter nicht geben” oder “Das Universum ist so, wie es ist, *damit* wir existieren. Denn wäre es anders würde es uns als Beobachter nicht geben”

    Was ein Wort für einen Unterschied ausmacht – und beides habe ich schon als Beschreibung des Anthropischen Prinzips gesehen. Letzteres meist von religiösen Menschen.

  2. #2 stefan
    20. November 2019

    Ist eine reine Tautologie und daher wissenschaftlich uninteressant. Tautologien mag für eine Beweisführung in der Logik zulässig sein, für die Naturwissenschaft sind Tautologien unbrauchbar, weil nicht gehaltvoll (deswegen sind sie ja Tautologien 😉 ).

  3. #3 stefan
    20. November 2019

    Also um es auf den Punkt zu bringen. Man mag sinnvolles aus dem antrophischen Prinzip ableiten können. Ich kann auch aus “Wenn A, dann A“ sinnvolles ableiten, aber wissenschaftlich im Sinne des Karl Popper ist das ganze nicht. Es reicht eben nicht die Widerspruchsfreiheit um wissenschaftlich zu sein.

  4. #4 DDG
    20. November 2019

    Nur zwecks Konsistenz, ich denke es ist anthropisch, und nicht antrophisch.

  5. #5 Alexander
    20. November 2019

    Man findet auch zahlreiche Folgen zum Thema auf dem wirklich gut gemachten Youtube-Kanal “Raumzeit”:

    https://www.youtube.com/user/ronblaess1/videos

    (Wobei ich aber die früheren Sendungen ansprechender finde, als die in letzter Zeit ausgebreiteten Phantasien eines Nick Bostrom)

  6. #6 orinoco
    20. November 2019

    Alles ist Zufall! i.S.v. engl. random und das Universum ist nur ein fraktales Abbilde desselben.
    Wenn man sich nicht von der arirtoteles’schen Logik gefangen nehmen lässt, dann kommt man konsequent zu Ende gedacht zu dem Schluß. Und dann braucht man eben keine Gott, keine Wunder und keine übernatürlichen Kräfte um die Welt vollständig zu erklären.
    Oder wie ich es kurz und knapp im Gegensatz zu der hin und her ruckelnden Labertasche im Video ausdrücke:
    Everything is random.
    No GOD required.
    Case closed.
    The rest is left to science as an exercise.

  7. #7 stefan
    20. November 2019

    Was bei der Vermischung von Tautologien wie dem anthropischen Prinzip und Naturwissenschaft rauskommt, sieht man bei der Stringtheorie.

    Warum sind die Konstanten so fein abgestimmt in unserem Universum? Na, weil es 10^1500 Universen gibt. Da wird schon was passendes dabei sein. Gerade Susskind gehört zu einem der größten Verfechter des anthropischen Prinzip, um auch nur irgendwie ein Argument für die sterbende Stringtheorie herbeizuzaubern. Das gleitet immer mehr ins Religöse ab.

    “Das ist nicht nur nicht richtig; es ist nicht einmal falsch!”, würde der Pauli sagen.

  8. #8 Wizzy
    20. November 2019

    Das anthropische Prinzip ist keine Tautologie. Und meines Erachtens kann man daraus durchaus sinnvolle Erkenntnisse ableiten.
    @stefan Warum meinst Du, das wäre anders?

  9. #9 stefan
    20. November 2019

    @Wizzy: Weil anthropische Prinzip auf diesen Satz reduziert werden kann:

    Jedes intelligente Lebewesen, welches ist, kann sich selbst nur dort vorfinden, wo intelligentes Leben möglich ist. (John Leslie)

    A kann nur dort vorkommen, wo A möglich ist.

    Das ist jetzt nicht die bahnbrechenste Erkenntnis …

    Und das starke anthropische Prinzip hat Carter mit cogito ergo mundus ren talis est paraphrasiert: “Das Universum muss so beschaffen sein, dass irgendwann Beobachter darin entstehen können.”

    Das ist jetzt auch nicht wirklich erkenntnisreich. Denn logischerweise musste das Universum Beobachter hervorbringen, wenn wir als Beobachter schon diese Frage stellen.

    Und wie ich schon geschrieben habe, natürlich kann man daraus Erkenntnisse ableiten, wie aus jeder tautologischen Aussage. Aber sie ist nicht gehaltvoll.

  10. #10 stefan
    20. November 2019

    @Wizzy: Vgl. https://www.physik.uni-regensburg.de/forschung/gebhardt/gebhardt_files/skripten/Strings.Landscapes.pdf

    “„Das Universum muss derart sein, dass es die Entstehung von Beobachtern in ihm in manchen Phasen erlaubt.“ (Brandon Carter, 1974) Im Prinzip ist diese Formulierung eine Tautologie – sie ist immer wahr – jedoch wird sie nur zur Beweisführung verwendet und nicht als eigene Aussage. Carter selbst betonte 1983, dass dieses Prinzip in seiner ursprünglichen Form nur dazu dienen sollte, Wissenschaftler vor möglichen Fehlern bei der Interpretation astronomischer und kosmologischer Daten zu warnen, falls biologische Randbedingungen des Beobachters nicht miteinbezogen würden.

    Das Anthropische Prinzip wurde aber sehr schnell zur „Beantwortung“ der Frage herangezogen, warum unser Universum so ist, wie es ist. Das verschwommen formulierte Prinzip lässt sich auf unterschiedlichste Art und Weise interpretieren.”

    Und der Autor argumentiert mit dieser Tautologie eben für die Stringtheorie (wie ich oben weiter geschrieben habe): “Wie schon erwähnt, stellt das Konzept des Landscape eine Anwendung des anthropischen Prinzips auf die Stringtheorie dar. Dies ist auch einer der Kritikpunkte – oft verstärkt allein die Erwähnung vom anthropischen Prinzip den Skeptizismus. Wie man aber sieht, kann das Prinzip auch sinnvoll und produktiv zur Argumentation verwendet werden, obwohl es alleine offensichtlich und manchmal fast schon dumm klingt”.

  11. #11 Karl-Heinz
    20. November 2019

    Warum sind die Konstanten so fein abgestimmt. Das ist eine sehr sinnvolle Frage. Daraus kann man jetzt ableiten, dass es sehr viele Universen mit unterschiedlichen Eigenschaften gibt. Und des weiteren darf man durchaus folgern, dass nur Universen mit fein abgestimmten Konstanten Beobachter hervorbringen können, die sich blöderweise wiederum fragen, warum die Konstanten in ihrem Universum so fein abgestimmt sind.
    Mit Tautologie hat das nichts zu tun.

  12. #12 Karl-Heinz
    20. November 2019

    Fehlschlüsse
    Verteilung der Einschusslöcher bei zurückgekehrten Flugzeugen.

    Der Begriff geht auf die Arbeit Alliierter Ingenieure im Zweiten Weltkrieg zurück, welche die Panzerung der Flugzeuge verbessern und somit die Überlebensrate der Piloten steigern wollten. Sie verstärkten zunächst die Panzerung der zurückgekehrten Maschinen an den Stellen mit den meisten Einschusslöchern. Allerdings verbesserte sich dadurch die Überlebensrate nicht. Der Mathematiker Abraham Wald erkannte schließlich den Irrtum und regte an, die Flugzeuge dort stärker zu panzern, wo sie keine Einschusslöcher aufwiesen, da Treffer an diesen Stellen offensichtlich einen Absturz auslösten und somit die Rückkehr unmöglich machten.

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Survivorship_Bias

  13. #13 schlappohr
    21. November 2019

    Eine Tautologie im Sinne der Aussagenlogik ist z.B. A=>A (A impliziert A). Das Anthropische Prinzip sagt sinngemäß etwas anderes aus:

    Die Konsequenzen, die sich aus der Existenz von A ergeben, werden beschränkt durch die Voraussetzungen, die für die Existenz von A erfüllt sein müssen.

    Beispiel: Die Beobachtbarkeit von Neutronensternen durch Erdenmenschen unterliegt Einschränkungen, die sich daraus ergeben, dass Erdenmenschen auf einem geigneten Planeten in der habitablen Zone eines mittelgroßen Sterns leben. Diese Voraussetzungen schließen die Existenz eines Neutronensterns in der Nähe der Erde aus. Folglich müssen alle
    Neutronensterne sehr weit entfernt sein, was ihre Beobachtbarkeit durch Erdenmenschen einschränkt.

    Das AP liefert uns also eine erstklassige Erklärung dafür, warum wir niemals einen Neutronenstern aus Nähe betrachten können. Gleiches gilt für Schwarze Löcher und Universen mit anderen Naturkonstanten. Das AP macht keine Aussagen darüber, welche Dinge im Universum existieren und warum. Es macht hingegen eine Aussage darüber, was wir beobachten können und was nicht. Das AP ist weder eine Tautologie noch hat es irgendeinen Bezug zu religiösen Glaubenssystemen.

  14. #14 stefan
    21. November 2019

    @schlappohr: Das Neutronensternbeispiel mit dem AP zu verbinden, sagt nur etwas über die Erweiterung (Neutronensternbeispiel) und dem AP aus.

    Wie ich geschrieben habe: Die logischen Beiweisfpührung anhand des AP sind ja zulässig und durchaus sinnvoll – es ist aber unbrauchbar zu erklären, warum wir in dem Universum leben, in dem wir leben. Aus genannten Gründen.

    @Karl-Heinz: Das ist genau eine Beschreibung einer Tautologie. Einfach die Aussage in mathematische Logik übersetzen.

  15. #15 Bullet
    21. November 2019

    Dabei ist alles so einfach: unsere Lebensfähigkeit ist eine Konsequenz aus der Beschaffenheit des Universums.

  16. #16 Holger Gronwaldt
    22. November 2019

    Passt zwar nicht so ganz hierher, aber da das Stichwort Feinabstimmung schon einmal gefallen ist:

    Da gibt es christliche Fundamentalisten, die erheben die Tatsache der Feinabstimmung zum Gottesbeweis, erzählen aber im gleichen Atemzug, dass die Erde nur 6000 Jahre alt wäre und radiometrische Datierung deshalb nicht funktionieren würde, weil die Halbwertszeiten noch vor Jahrhunderten viel kürzer gewesen wären, so dass alle Untersuchungen heute ein viel zu hohes Alter vorgaukeln würden.

    Dass mit der Feinabstimmung aber auch die Halbwertszeiten der einzelnen Isotope unverrückbar festgelegt sein müssen, kommt ihnen nicht in den Sinn.

  17. #17 Karl-Heinz
    22. November 2019

    @stefan

    Das ist genau eine Beschreibung einer Tautologie. Einfach die Aussage in mathematische Logik übersetzen.

    In etwas so?
    Dass wir hier sind, weil wir hier sind.

  18. #18 schlappohr
    22. November 2019

    @Holger Gronwaldt

    Aber nein. Der Allmächtige hat natürlich in seiner Allmächtigkeit mitten im Film die Halbwertszeiten geändert. Praktischerweise kurz bevor wir herausgefunden haben, dass es überhaupt Halbwertszeiten gibt. Und da er gerade dabei war, in die Geschichte einzugreifen, hat er auch gleich ein paar Dinosaurierknochen vergraben. Und das alles, um uns Deppen auf perfide Art und Weise in die Irre zu führen und herauszufinden, wer des rechten Gaubens ist.

    Man fragt sich nur, warum er nicht von Anfang an alle seine Schäfchen so konstruiert hat, dass sie erst gar nicht auf die Idee kommen, dumme Fragen zu stellen. Anscheinend steckt da doch noch der eine oder andere Bug im “Intelligent Design”, der halt jetzt aufwändig gefixt werden muss. Aber wer sagt, dass man nicht auch als Allmächtiger auch noch etwas dazulernen kann.

  19. #19 bote
    24. November 2019

    Die Ursache allen Forschens ist die Futtersuche.
    Wer schon vorher darüber nachgedacht hat, dass z.B. die Rehe am Morgen oder am Abend den Wald verlassen um auf den Wiesen nach Gräsern zu suchen, der ist im Vorteil. Der kluge Jäger hat also die größere Übelebenschance.
    Die Heuschreckenplage konnte in Ägypten dadurch gemildert werden, als man große Flächen mit Folien abdeckte. Die Heuschrecken hielten sie für Wasser und landeten nicht.
    Der Mensch nimmt die Welt nicht so wie sie ist, sondern er überlegt, warum sie so ist, wie sie ist.
    Was gibt es jetzt noch zu faseln ?
    Gott selbst hat uns mit Geist ausgestattet, damit wir uns die Welt zunutze machen können.
    Ohne den Geist, müssten wir wie die Schlammspringer Millionen von Jahre warten, bis die Evolution ihnen Lungen wachsen lies. Es gibt also zwei Entwicklungslinien, den der geistigen Erkenntnis und
    den der biologischen Anpassung. Ist doch klug oder ?

  20. #20 René
    28. November 2019

    Was für eine Heuschreckenplage in Ägypten? Wann soll die denn stattgefunden haben? Was für Folie wurde dagegen verwendet?