Ich bin wieder mal nicht unterwegs! Die neue Show der Science Busters – “Global Warming Party” – war fix und fertig und nach den Vorpremieren bereit, überall in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf die Bühnen gebracht zu werden. Dann kam der Virus und jetzt findet gar nix mehr auf den Bühnen statt. Darum probiere ich die Tour zumindest hier im Blog weiterleben zu lassen und erzähle etwas über die Wissenschaft aller der Orte, an die ich nun nicht fahren werde. Ich war schon nicht in Wildon, dann nicht in Wien, danach nicht in Passau und nicht in München, nicht in Ingolstadt, nicht in Grafenwörth, nicht in Salzburg, nicht in Leipzig, nicht in Dresden und nicht in Berlin. Danach hatte ich ein bisschen Pause vom nicht durch die Gegend fahren. Aber heute ist es wieder so weit! Ich mache mich erneut nicht auf den Weg um nicht in Transdanubien aufzutreten.

Transdanubien (links)

Und vielleicht sollte ich gleich zu Beginn mal erklären, was “Transdanubien” in diesem Zusammenhang bedeutet. Nämlich keine offizielle geografische Bezeichnung, aber trotzdem etwas, was auf jeden Fall alle Wienerinnen und Wiener verstehen. Wien ist zwar bekanntlich die Stadt an der schönen blauen Donau. Aber wenn man es genau betrachtet, spielt die Donau in der österreichischen Hauptstadt eher eine Nebenrolle. Im Gegensatz etwa zu Budapest, wo der gleiche Fluss mitten durch die Stadt fließt, umsäumt von prächtigen Bauwerken und jeder Menge Trubel. Wer in Wien die typischen Altstadt-Touristenziele abklappert, wird die Donau nicht zu Gesicht bekommen. Der größte Teil der Stadt liegt südlich der Donau, an ihrem rechten Ufer. Das Zentrum der Stadt ist weit abseits des Flusses. Die längste Zeit über war die Donau nur eine Begrenzung von Wien, aber floß nicht hindurch. Erst 1904 wurden größere Gebiete nordöstlich der Donau an ihrem linken Ufer eingemeindet und seitdem ist die Donau auch ein Teil der Stadt. Heute findet man auf der anderen Seite der Donau die beiden Wiener Gemeindebezirke Floridsdorf und Donaustadt und zusammen werden sie gerne “Transdanubien” genannt, je nach Wohnort und Vorliebe mal liebevoll, mal ein bisschen verächtlich.

Ein Besuch in Transdanubien lohnt sich aber, auch für die, die sonst nur schwer aus den Bezirken innerhalb des Gürtels rauszukriegen sind. Da mag es zwar auch toll sein. Aber es fehlt eben der große Fluss. Und die Natur. Davon hat Transdanubien jede Menge und natürlich auch Kultur. Zum Beispiel das Orpheum Wien: Mitten in einer Straße die sich auf den ersten Blick kaum von einer der üblichen Vorortwohngegenden unterscheidet findet man dieses ziemlich coole Theater in dem auch die Science Busters heute Abend wieder einmal aufgetreten wären. Da dass nun aber leider nicht passieren kann, habe ich mal nachgesehen, was es in der Vorstadt von Wien sonst noch so für coole Wissenschaft zu finden gibt.

Orpheum Wien (mit halbem Biologen)

Und bin dabei auf den Herrn Guido von Pirquet gestoßen. Der wurde am 30. März 1880 in Hirschstetten geboren. Das war damals noch ein kleines Dorf im Norden von Wien, ist heute aber Teil des Bezirks Donaustadt. Guido von Pirquet aber wurde noch als echter Hirschstettener geboren, überquerte aber bald die Donau, um in Wien (und auch in Graz) Maschinenbau zu studieren. Und für was interessiert sich ein junger, technikaffiner Mensch an der Wende zum 20. Jahrhundert? Für Raketen natürlich! Die flogen damals zwar noch nicht ins All, aber überall tauchten die ersten Pioniere auf, die sich Gedanken darüber machten, wie man die Erde verlassen und im Weltraum zu anderen Himmelskörpern fliegen konnte. Pirquet war einer davon. 1926 war er Mitbegründer der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Höhenforschung in Wien, gemeinsam mit dem Verein für Raumschifffahrt (1927 gegründet) eine der ersten Gesellschaften in Europa die sich mit Raumfahrt beschäftigten. Und Pirquet beschäftigte sich intensiv damit!

1928 berechnete er zum Beispiel, wie groß eine Rakete sein müsste, um Menschen von der Erde bis zum Mars zu bringen. Sein damaliges Ergebnis: Das funktoniert nicht, das wäre zu viel Aufwand. Aber er hatte auch gleich eine Lösung parat: Man soll einfach eine Raumstation in einer Umlaufbahn um die Erde bauen und die als Basis für solche Projekte nutzen. Und er entwarf “Interplanetare Fahrtrouten”, also Flugbahnen für Raumsonden zu Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Pirquet wurde alt genug um den Start der ersten echten Raketen mitzuerleben; er sah den ersten künstlichen Satelliten und im Alter von 81 Jahren konnte er auch noch miterleben wie die Sowjetunion die Venussonde “Venera 1” auf den Weg zu unserem Nachbarplaneten schickte: Auf genau der Bahn, die er im Jahr 1928 berechnet hatte. Guido von Pirquet starb am 17. April 1966 – die bemannten Flüge zum Mond hat er also nicht mehr erlebt. Ebenso wenig wie den Bau einer großen Raumstation als Basis für einen Flug zum Mars. Aber das hat bis jetzt ja auch sonst niemand; dieses Projekt ist immer noch weit in der Zukunft.

Vintage Raumstation, leider nicht aus der Vorstadt (Bild: NASA)

Wenn wir heute Abend in der Donaustadt aufgetreten wären, hätte ich Guido von Pirquet vielleicht in unserer Show erwähnt. Denn da geht es zwar um den Klimawandel, aber unter anderem auch um die Frage, ob es sich lohnt wenn die Menschen andere Planeten kolonialisieren um vor dem Klimawandel zu flüchten. Das werde ich nun leider nicht erzählen können – aber irgendwann werden wir ja hoffentlich wieder vor Publikum auftreten!
Bis dahin werde ich weiter die abgesagte Tour virtuell weiter leben lassen. Das nächste Mal nicht auftreten werden wir am 8. Mai, wieder in Wien. Diesmal aber nicht in Transdanubien sondern in der Innenstadt. Auch dort gibt es aber jede Menge coole Wissenschaft. Bis dann!

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Die abgesagteste Tour des Wissenschaftskabaretts

Kommentare (1)

  1. #1 Martin
    5. Mai 2020

    Genau genommen floß die Donau die längste Zeit zwischen den Städten Buda und Pest durch, die bis 187x(?) nicht offiziell zusammen gehörten.