Im Jahr 2028 wird das Weltraumteleskop ARIEL seinen Betrieb aufnehmen. Es wurde letzte Woche als vierte Mission der “Medium class” Projekte für das Cosmic Vision Programmder Europäischen Raumfahrtagentur ESA ausgewählt. Weltraumteleskope sind (vor allem für die Astronomen) immer eine tolle Sache. ARIEL finde ich persönlich aber besonders interessant. Denn es wird uns etwas über ein Phänomen sagen können, über das wir bis jetzt noch viel zu wenig wissen: Die Atmosphären extrasolarer Planeten.

ARIEL im Weltraum (Künstlerische Darstellung:  ESA/STFC RAL Space/UCL/Europlanet-Science Office)

ARIEL im Weltraum (Künstlerische Darstellung: ESA/STFC RAL Space/UCL/Europlanet-Science Office)

ARIEL steht für Atmospheric Remote‐sensing Infrared Exoplanet Large‐survey mission, was wie üblich ein ziemlich überladenes und umständliches Akronym ist. Aber es kommen darin ein paar Wörter vor, die äußerst viel versprechend sind: “Atmospheric”, “Exoplanet” und “Large-survey”. Man wird also die Atmosphären einer großen Anzahl von Exoplaneten untersuchen und das ist gut!

Wir haben zwar schon ein paar tausend Planeten anderer Sterne entdeckt. Aber unser Wissen über diese Planeten ist immer noch sehr mangelhaft. Wir wissen das sie da sind. Wir wissen (meistens und oft nicht sehr genau) wie schwer und groß sie sind. Wir kennen die Umlaufbahn um ihren Stern. Und das war es dann auch schon wieder. Mit diesen Informationen kann man viel anfangen, aber sehr viel auch nicht. Will man Planeten wirklich verstehen, dann muss man wissen, wie sie zusammengesetzt sind. Man muss wissen, ob und was für eine Atmosphäre sie haben. Dann können wir auch herausfinden, welche Temperaturen dort herrschen. Die Zusammensetzung der Atmosphäre verrät uns etwas über die Entstehung der Planeten und mit all diesen Informationen können wir probieren zu verstehen, wie die Vergangenheit des Planetensystems ausgesehen hat. Wir können anfangen, die Geschichte unterschiedlicher Planetensysteme zu vergleichen und allgemeine Regel zur Entstehung von Planeten in der Milchstraße ableiten. Und so weiter.

Kurz gesagt: Ohne Wissen über die extrasolaren Atmosphären kommen wir nicht weiter. Dieses Wissen kriegen wir aber nicht so einfach. Bis jetzt werden die meisten ja indirekt entdeckt (für Details siehe hier), das heißt man beobachtet nicht den Planeten selbst sondern den Stern den er umkreist und schließt aus den Eigenschaften des Sterns auf die Existenz des Planeten. ARIEL wird sich bei der Beobachtung auf Planeten konzentrieren, die von uns aus gesehen direkt vor ihrem Stern vorüber ziehen. Bei so einem Transit blockiert der Planet ein wenig des Sternenlichts und wenn man diese Lichtänderungen verfolgt, kann man auf diese Art Planeten entdecken und ihre Größe und Umlaufbahn bestimmen. Das ist es aber nicht, was ARIEL interessiert. Die Planeten die man beobachten will, wurden ja schon entdeckt.

Planeten durchleuchten! Bild: ESA

Planeten durchleuchten! Bild: ESA

ARIEL wird sich auf die kurzen Momente konzentrieren, in denen der Planet gerade kurz davor ist, am Stern vorüber zu ziehen. Dann wird – von uns aus gesehen – Sternenlicht durch die Atmosphäre des Planeten hindurch zur Erde gestrahlt. Und wenn dieses Licht dann auf den 1,1 Meter großen Spiegel von ARIEL trifft und von den Instrumenten an Bord analysiert wird, kann man nachsehen, wie es von den Bestandteilen der Planetenatmosphäre verändert wurde. Unterschiedliche chemische Elemente blockieren unterschiedliche Bestandteile des Lichts und so kann ARIEL herausfinden, wie die Atmosphäre zusammengesetzt ist, welche Temperatur dort herrscht, und so weiter.

Wer sich jetzt aber Hinweise auf die Existenz von außerirdischem Leben und endlich einen Erfolg bei der ewigen Suche nach der “zweiten Erde” erhofft, wird enttäuscht werden. Oder besser: Nicht enttäuscht werden! Denn ARIEL wird coole Arbeit machen – aber potentiell erdähnliche Planeten sind nicht das Ziel der Mission. Man konzentriert sich auf heiße, große Planeten. Mehrere 1000 Grad heiße Gasriesen wie Jupiter oder Neptun eignen sich besonders gut, weil die hohen Temperaturen eine Durchmischung der Gase in der Atmosphäre fördern. Moleküle aus den tieferen Schichten des Planeten steigen auf und können von ARIEL beobachtet werden – so kriegt man auch eine Idee, was sich im Inneren der Planeten tut.

ARIEL wird auch ein paar heiße Supererden beobachten (Planeten die größer als die Erde aber kleiner als Neptun sind) und bei einigen Planeten ganz genau und immer wieder hinsehen, um ein detailliertes Bild der Wolken- und Wetterzyklen zu gewinnen. Es ist ein wenig schade, das wir noch zehn Jahre auf den Start der Mission warten müssen. Immerhin muss ja auch noch die Ariane 6 Rakete gebaut werden, die das Teleskop an seine 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernten Bestimmungsort bringt. Und dann dauert es noch ein wenig länger, bis wir all die Daten haben. Aber in der Wissenschaft muss man eben geduldig sein. Und am Ende lohnt sich das Warten immer!

Kommentare (14)

  1. #1 pane
    27. März 2018

    Ich bin davon überzeugt, dass wieder eine Menge zweiter Erden entdeckt werden. Zuerst waren zweite Erden alles, was kleiner als Neptun war. Danach alles, was sich in der richtigen Entfernung zu seinem Stern befindet und mit ARIEL wird es alles sein, was mehr als 10% Sauerstoff in seiner Atmosphäre hat. Natürlich nicht Merkur. Dass der kaum eine Atmosphäre hat, ist egal, aber ein Exoplanet müsste es schon sein.

  2. #2 Mars
    27. März 2018

    und wenn…!
    sollten wir dann einen tollen planeten mit geeigneter atmosphäre finden – was dann, gut zu wissen, aber nie erreichbar

    da machen wir doch lieber unsere atmosphäre weiter kaputt – und entgegen unserem wissen, mit grossem eifer und alle sind beteiligt. da können wir bis 2028 noch einiges an dreck raushauen.
    ja, da können wir uns freuen, endlich in die ferne zu schweifen und von saubere luft zu träumen ….
    nix für ungut

  3. #3 René
    27. März 2018

    Hui das wird ja spannend. Immer wieder faszinierend, was wir mit “einfacher” Lichtbeobachtung eines Sterns indirekt alles sehen können. Was ich mich allerdings Frage: Der Stern selbst hat ja ebenfalls Spektrallinien. Wenn sagen wir die Athmosphäre der Planeten hauptsächlich aus Wasserstoff bestehen sollte, dann sieht man ja nichts oder? Wie will man diese Athmosphäre spektralanalytisch herausfinden?

  4. #4 Laie
    Unter dem Himmel
    27. März 2018

    ARIEL putzt die Sterne blank, und dann leuchten sie noch mal so schön

  5. #5 Florian Freistetter
    27. März 2018

    @Mars “nix für ungut”

    Ich frag mich, wieso jedesmal wenn es um Exoplaneten geht, irgendwer mit diesem “Machen wir nur weiter unsere Erde kaputt!”-Quatsch ankommt?!
    1) gehts bei ARIEL ganz explizit nicht um erdähnliche Planeten (hab ich auch geschrieben) und 2) hat die Exoplanetenforschung nix mit Umweltverschmutzung zu tun.

  6. #6 pederm
    27. März 2018

    Was mich fasziniert, ist die Präzision, mit der diese Messungen gemacht werden sollen. Mal so schnell überschlagen überdeckt die schmale Athmosphärensichel in der künstlerischen Darstellung gerade mal 2-3 Promille der Sternfläche. Und Athmosphären sind ja nun üblicherweise nicht besonders dicht, d.h. man hat auf einem im Vergleich riesigen Grundsignal ganz ganz kleine Abweichungen. Gibt´s da genauere Abschätzungen?

  7. #7 Mars
    27. März 2018

    … @FF
    hast recht – heut ist nicht mein Tag.
    ging auch nicht gegen dich.

  8. #8 Bullet
    27. März 2018

    @pane:

    und mit ARIEL wird es alles sein, was mehr als 10% Sauerstoff in seiner Atmosphäre hat.

    DIE Nachricht würde allerdings wie eine Atombombe einschlagen. 10% Sauerstoff, der garantiert nicht einfach so in einer Atmosphäre herumlungert, weil er ja nur zu gern, ähm, irgendwas oxidiert?
    Mit 10% Sauerstoff in einer planetaren Gashülle werden noch ein paar andere Leute wach als nur die Spinner.

  9. #9 pane
    27. März 2018

    @Bullet: Merkur: 42% Sauerstoff

  10. #10 tomtoo
    28. März 2018

    @pane
    In einem Ultrahochvakuum sind 42% Sauerstoff , halt auch nicht so berauschend. ; )

  11. #11 mr. nice
    28. März 2018

    @ pederm, ff:

    mich interessiert die gleiche Frage. Wie hochpräzise müssen die Meßinstrumente bitte sein, daß man das Licht einer ca. 100 – 500 km Atmosphären-Schicht in beispielsweise 10 Lichtjahre Entfernung so isolieren kann, um die Atmosphäre zu untersuchen? Oder sind das eher Algorithmen?!? Kann FF evtl. hier ein wenig Einblicke gewähren?!?

  12. #12 pederm
    29. März 2018

    @mr. nice
    Es müssen schon die Instrumente sein, auch die besten Algorithmen können ja nur auswerten, was als Messgröße da ist.

  13. #13 Bullet
    29. März 2018

    @tomtoo: danke. Hier nochmal der Artikel in der wikiwiki:

    Der Merkur hat keine Atmosphäre im herkömmlichen Sinn, denn sie ist dünner als ein labortechnisch erreichbares Vakuum, ähnlich wie die Atmosphäre des Mondes. Die „atmosphärischen“ Bestandteile Wasserstoff H2 (22 %) und Helium (6 %) stammen sehr wahrscheinlich aus dem Sonnenwind, wohingegen Sauerstoff O2 (42 %), Natrium (29 %) und Kalium (0,5 %) vermutlich aus dem Material der Oberfläche freigesetzt wurden (die Prozentangaben sind ungenaue Schätzungen für die Volumenanteile der Gase). Der Druck der Gashülle beträgt nur etwa 10 ^ −15 Bar am Boden von Merkur und die Gesamtmasse der Merkuratmosphäre damit nur etwa 1000 Kilogramm.[1]

    Also etwa 400 kg Sauerstoff für die gesamte Atmosphäre des Merkurs. “Spurengas” ist da noch um Größenordnungen zu hoch gegriffen. Da die gesamte Merkuroberfläche etwa 300 Millionen km² groß ist und somit die Sauerstoffkonzentration etwa 1,33 mg / km² beträgt, brauchst du für einen Atemzug auf dem Merkur (der dieselbe Sauerstoffmenge wie ein normaler – unbewußter – Atemzug auf der Erde einsaugt) das gesamte Sauerstoffvolumen einer Fläche von schlappen 250 km² seiner Oberfläche.

  14. #14 Captain E.
    29. März 2018

    Ein 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernter Bestimmungsort? Das kann ja nur ein Lagrangepunkt sein, vermutlich L2 (Sonne-Erde-System).

    Und da hat mir vor Jahren ein Physikstudent mal verklickern wollen, man schickte Sonden nur so aus Spaß dorthin! Nein, falsch, denn man tut es, um sich einige Vorteile zu sichern wie etwas die ständige freie Sicht ins Weltall. Hubble im Erdorbit hat die nicht.

    Und nur mal zur Erinnerung: Man kann nichts in einem Lagrangepunkt platzieren und will es auch gar nicht. Auch Ariel wird L2 in vielen tausend Kilometern Abstand umkreisen, womöglich 500-600.000 km.