Perücken waren schon den alten Ägyptern bekannt, aber erst im Barock erlebten sie eine regelrechte Hochphase und avancierten zu einem wahren Repräsentationsstück. Vor allem in Frankreich wurde die Perücke zu einem wichtigen Standeszeichen und war fester Bestandteil der Hoftracht. Die zu Beginn -in Länge und Umfang- noch eher der natürlichen Haarpracht entsprechende Perücke, wurde im Laufe der Zeit jedoch voluminöser und länger.

Der König als (unbeabsichtigter) Trendsetter

Wohl eher unbeabsichtigt machte im 17. Jahrhundert der französische König Ludwig der XIII. die Perücke zum begehrten modischen Accessoire und Statussymbol. Da ihm sein spärliches eigenes Haar nicht gefiel bzw. um seine Kahlköpfigkeit zu kaschieren, so heißt es, behalf er sich mit einer Perücke und löste so am Hofe eine regelrechte Modewelle aus.

Im Jahr 1673 wurde die sogenannte Allongeperücke (allonge franz. = verlängern) von Ludwig dem XIV. zur Staatsperücke ernannt, die so zu einem Symbol für Macht und Status wurde. Der wie sein Vater mit Haarausfall geschlagene Sonnenkönig versuchte mit Hilfe der künstlichen Haarpracht nicht nur sein schütteres Haar zu verbergen, sondern angeblich auch seine geringe Körpergröße -ebenso wie durch das Tragen hoher Schuhabsätze- noch oben zu korrigieren. Bei der Allongeperücke handelt es sich um eine voluminöse, langhaarige, lockige Perücke, die ausschließlich von den Herren getragen wurde. Das Haar war in der Mitte des Kopfes gescheitelt und fiel teilweise bis auf die Hüfte hinunter. Ein schwerer Kopfschmuck, der da von den Herren damals herumgetragen wurde; denn die Lockenpracht konnte mitunter mehrere Kilogramm auf die Waage bringen.

Viel Staub auf dem Kopf

Die Perücken wurden aus in der Regel aus Tierhaaren hergestellt, meistens Pferde- oder Ziegenhaar. Aus Menschanhaaren gefertigte Perücken waren sehr teuer und nur den obersten Schichten vorbehalten. Die künstlichen Haare waren in verschiedenen Farben zu haben.

Anfangs trug man blonde, braune oder schwarze Perücken; angeblich waren aber auch rote und blaue Perücken nicht ungewöhnlich. Mit Beginn des 18. Jahrhunderts entsprachen weiße Perücken dem Schönheitsideal. Um den künstlichen Haaren zu ihrer weißen Farbe zu verhelfen, griff man auf Puder zurück, das aus Reis- oder Weizenmehl bestand und mit dem die Perücken täglich eingestäubt wurden. In eigens zu diesem Zweck eingerichteten Puderkammern wurde das weiße Pulver entweder in die Luft geworfen, von wo aus es auf die Perücke runterrieselte oder man bestäubte die Haare mit Hilfe eines Puderblasebalgs. Die Ausführung dieses täglichen Rituals oblag den Zofen oder den Perückenmachern. Angeblich beschäftigte Ludwig XIV. allein für seinen Hof 48 Perückiers. Die natürlichen Haare wurden unter dem mächtigen Haarschmuck meist kurz geschoren getragen.

Etwa fünf Jahre nach dem Tod Ludwigs verschwand die Allongeperücke wieder aus der Welt der Männermode und die Perücken wurden wieder dünner und kürzer.

Auch die Damen ließen sich nicht lumpen
Bei den Damen war eine reich verzierte Hochfrisur in Mode, die auch als Frisur à la Fontange bezeichnet wurde; ein Gebilde aus Spitze, Bändern und falschen Haaren. Die Frisur entwickelte sich angeblich aufgrund einer Notlösung, auf die eine junge Geliebte des Königs, die Herzogin von Fontange zurückgriff. Während eines Ritts, soll sie ihr zerzaustes Haar mit einem Strumpfband aus dem Gesicht gebunden haben; mit dem Ergebnis, dass der König von der neuen „Frisur” begeistert war. Für die Hofdamen Anlass genug, die Idee nachzuahmen und die Frisur à la Fontange ins Leben zu rufen. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts erreichte die Frisur mit einem Aufbau von circa 60 Zentimetern ihre höchsten Maße, dann wird sie allmählich wieder flacher. Rund 30 Jahre war dieses komplizierte Frisurengebilde à la mode, dann viel sie dem Geschmack des König selbst zum Opfer, der Ihrer inzwischen überdrüssig geworden war.

Quellen:

  • Böhme, S.: Die Bedeutung der französischen Mode im Zeitalter Ludwig XIV. in Bezug auf dessen Selbstdarstellung und Selbstinszenierung als absolutistischer Herrscher. Grin Verlag, München 2009
  • Kern, H.W.: Die Techniken der Haararbeiten und ihre Verwendung: Zopf, Tressen, Locken, Transformation, Perücke, Toupet, Tamburieren, Fontage, Chignon. Welz, Reinhard, Vermittlerverlag Mannheim, 2004
  • Schultz, U.: Der Herrscher von Versailles: Ludwig XIV und seine Zeit. Beck, München 2006
  • Geiger, A.: Der schöne Körper: Mode und Kosmetik in Kunst und Gesellschaft. Böhlau, Wien 2008
  • Huse, B.: Von Kopf bis Fuß: Ein Handbuch rund um Körper, Kleidung und Schmuck für die interkulturelle Unterrichtspraxis. Waxmann, Münster 2004
  • Rakewitz, G.; Krause, G. & Lenning, G.: Kleine Kostümkunde. Schiele & Schoen, Berlin 2003
  • Junkerjürgen, R.: Haarfarben: eine Kulturgeschichte in Europa seit der Antike. Böhlau, Wien 2009