Meißner Porzellan – ein Inbegriff von Schönheit, Eleganz und Exklusivität. Die weltbekannte Manufaktur ist in diesem Jahr 300 Jahre alt geworden. Als sie am 23. Oktober die Türen anlässlich der Feier für Besucher geöffnet hat, war ich zufällig in der Stadt. Ein tolle Gelegenheit also, mal einen intensiveren Blick auf das weiße Gold zu werfen.

In den Verkaufsräumen der Manufaktur herrschte reges Treiben: Engländer, Japaner, Franzosen – ein buntes Sprachgewirr. Keine Frage, Meißner Porzellan ist weltbekannt und offenbar noch heute ein Inbegriff von Qualität und Luxus. Denn trotz der Preise, drängelten sich die Besucher um die Verkaufstische, begutachteten die zarten Stücke und verließen mit Tüten beladen das Haus. Eigentlich hatte auch ich überlegt eine Kleinigkeit zu erstehen -eine Teetasse vielleicht. Ich sah mich schon genüsslich meinen Tee aus dem feinen, weißen Porzellan schlürfen. Die Tasse die mir gefiel kostete leider knapp 200 Euro – ein Schnäppchen 2er Wahl …


Konzentration auf das Wesentliche
Verlässt man die modernen Verkaufsräume und betritt das eigentliche Herz der Manufaktur, die Herstellungsräume, befindet man sich in einer anderen Welt. Hier scheint die Zeit irgendwann stehengeblieben zu sein. Alles konzentriert sich auf das Wesentliche – das Porzellan. Die wichtigsten Werkzeuge sind noch immer die Hände. Nicht anders verhält es sich im  Archiv. Wer hier durch die Tür tritt, taucht ein in vergangene Zeiten. Bis zur Decke reichen die Regale mit Formen aus 300 Jahren, die noch aus der Zeit des sächsischen Kurfürsten und Königs von Polen –August des Starken– stammen.

Sammelwütiger König
Er war es auch, der die erste Porzellanmanufaktur Europas am 23. Januar 1710 ins Leben rief. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das begehrte Porzellan für viel Geld aus Asien importiert, um die Tische und Sammlungen der Fürstenhäuser zu schmücken. Das weiße Gold Meißens, war das erste Hartporzellan Europas und schon bald eines der begehrtesten Luxusgüter der damaligen Zeit.

Vor allem zwischen 1710 und 1815 boomten Entwicklung und Herstellung des Porzellans, welches zu einem unverzichtbaren Statussymbol europäischer Fürstenhäuser avancierte. August der Starke galt als einer der leidenschaftlichsten Porzellansammler. Er war den edlen Stücken angeblich regelrecht verfallen. Seiner “Porzellansucht” endete in einer der größten Sammlungen der Welt.

35 000 Objekte soll der König zeitlebens gesammelt haben, darunter nicht nur Meißner Porzellan, sondern auch chinesische und japanische Stücke.

Jahrelange Forschungsarbeit
Zu verdanken hat Meißen das weiße Gold dem Forscher Ehrenfried Walther von Tschirnhaus und dem Apothekerlehrling Johann Friedrich Böttger. Seit etwa 1680 tüftelte Tschirnhaus -wie ganz Europa- an der Herstellung des Porzellans. Circa 20 Jahre später stieß -wohl nicht ganz freiwillig- der junge Böttger dazu. Der Apothekerlehrling hatte angeblich behauptet Gold herstellen zu können. Eine sehr wagemutige Behauptung, die ihm eine jahrelange Gefangenschaft in der Albrechtsburg einbrachte. Gold gegen Freiheit hieß die Devise des Königs; nur wenn Böttger die Herstellung des begehrten Goldes gelingen sollte, sollte er auch seine Freiheit wiedererlangen. Seine Versuche blieben jedoch erfolglos und vermutlich hätte ihm das Schlimmste gedroht, hätte Tschirnhaus den König nicht überzeugt, lieber auf das weiße Gold zu setzen.

Böttger wurde Tschirnhaus als Gehilfe zur Seite gestellt und von diesem angeleitet, forschten sie nun zu zweit an der Verwirklichung des Traums vom weißen Porzellan. Dieser wurde circa 1708 zur Wirklichkeit; erstmals gelang es nun ein Gefäß aus Hartporzellan herzustellen. Wer von den Beiden das Porzellan aber tatsächlich erfunden hat, scheint jedoch bis heute nicht vollständig geklärt zu sein.

Hart durch Kaolin
Seine Festigkeit erhält das Porzellan durch das Kaolin, das auch in unserer Zeit noch immer im wohl kleinsten und ältesten Bergwerk Deutschlands -in Seilitz- abgebaut wird. Das Kaolin ergibt angeblich einen besonders harten und weißen Scherben, der wiederum Grundlage für die leuchtenden Farben der Bemalung ist. Inzwischen existieren mehr als 10.000 Rezepte zur Farbherstellung, die von der Manufaktur streng gehütet werden.

Barock, Rokoko, Jugendstil oder Moderne; die Formen und Bemalung des Porzellans spiegeln die Kultur aus drei Jahrhunderten wider. Bis heute ist hier wirklich alles Handarbeit -bis zum letzten Pinselstrich. Selbst die berühmten, blauen Schwerter werden mit vier eleganten Pinselstrichen von einer sogenannten “Schwerterin” per Hand auf das weiße Porzellan gesetzt. Sie symbolisieren die gekreuzten Kurschwerter, die August der Starke als Oberhaupt des sächsischen Kurstaates im Wappen trug. Seit 1722 werden sie als Kennungszeichen für das berühmte Porzellan genutzt.

Schönheit im Akkord
Produziert wird die Schönheit im Akkord – zwei Begriffe, die sich eigentlich nur schwer in Einklang bringen lassen …

Bei den Malern darf eine Kanne 54 Minuten dauern, ein Kaffeeservice für sechs Personen zwei Tage und bei komplizierten Stücken dürfen es auch mal bis zu sechs Tagen sein. Da muss jeder Pinselstrich sitzen. Dabei ist es vor allem ihre Handarbeit, die das Porzellan so wertvoll macht.

Fast vier Stunden war ich im Werk unterwegs; ein wirklich beeindruckendes Erlebnis. Formenhersteller, Maler, Dreher, Brenner; der Weg von der Form bis zum vollendeten Stück ist nicht nur faszinierend, sondern auch unglaublich zeitaufwendig. Wenn man sieht, mit welchen Aufwand und welcher Präzision die Stücke gefertigt werden, kommt einem das Porzellan erstaunlicherweise doch plötzlich nicht mehr ganz so teuer vor.

Ich bin übrigens trotzdem ohne Teetasse nach Hause gegangen …

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